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Mehrfachexpansionskolbendampfmaschine mit Kondensation für großes
Druckgefälle Die Erfindung bezweckt, 'eine Mehrfachexpansionskolbendampfinaschine
für großes Druckgefälle zu schaffen, die besonders bei kleinen und mittleren Leistungen
von etwa zoo bis 5ooo PS bei Hochdruck wirtschaftlich arbeitet und eine weitgehende
Regel- und Steuerbarkeit besitzt, also für Schiffe vorzüglich geeignet ist. Bisher
hat man Hochdruckdampfantrieb nur für Schiffe großer Leistung' vorgesehen, weil
man bei diesen Hochdruckturbinen verwenden konnte, von denen man die . geringsten
Betriebsschwierigkeiten erwartete. Nach einem bekannten Vorschlag soll der Hauptmaschine
eine Hochdruckkolbendampfmaschine höherer Drehzahl vorgeschaltet und die niedere
Druckstufe in einer Abdampfturbine ausgenutzt werden.
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Will man iil einer Kolbenmaschine das gesamte Druckgefälle von 3o
at und höher bis zum Kondensatordruck ausnutzen, so wird der Inhalt des Niederdruckzylinders
im Verhältnis zum Inhalt des Hochdruckzylinders sehr groß. Schon verhältnismäßig
kleine Leistungen erfordern bei der üblichen Bauweise zwei oder mehr Niederdruckzylinder
von großen Abmessungen, ohne daß sich die gleiche Wirtschaftlichkeit wie bei einer
Kolbendampfmaschine mit nachgeschalteter Niederdruckturbine erreichen läßt. Weitere
Nachteile, insbesondere für Schiffsmaschinen, sind ' die große Baulänge der Maschine
und die großen Massen, welche die Niederdruckzylinder und. deren Gestänge ergeben.
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Die Erfindung ermöglicht es, das große Druckgefälle in einer Kolbendampfmaschine
wirtschaftlich auszunutzen und dabei die Abmessungen der Maschine kleiner zu halten,
als dies bei bisher bekannten Bauarten möglich ist. Die Erfindung besteht darin,
daß die Druckstufen auf zwei mit mindestens je zwei Kurbeln versehene Kurbelwellen
verteilt und die Wellen durch ein Übersetzungsgetriebe miteinander verbunden sind,
das für die Kurbelwelle der Niederdruckstufe eine um so viel höhere Drehzahl ergibt,
daß das Verhältnis der auf die Zeiteinheit bezogenen Hubinhalte der letzten und
der ersten Druckstufe der Maschine mindestens 3o beträgt, während das absolute Verhältnis
der Zylinderinhalte der letzten und der ersten Druckstufe etwa ein viertel bis einhalb
so groß ist.
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Um eine so weitgehende Dampfdehnung in einer Kolbenmaschine mit gleicher
Umdrehungszahl für die Kurbeln aller Zylinder zu erreichen, müßte man sehr große
Niederdruckzylinder verwenden oder aber die Niederdruckstufe in so viele Zylinder
unterteilen, daß der durch die höhere Dampfdehnung
erzielte Vorteil
durch die mechanischen Verluste und den zwischen dem niedriggespannten Arbeitsdampf
und den großen Kolben-und Zylinderflächen entstehenden schädlichen Wärmeaustausch
wieder verlorenginge. Ilie-Erfindung ermöglicht dagegen, die Dampf= dehnung in der
Niederdruckstufe bis auf etwa o,a ata Expansionsenddruck zu treiben und trotzdem
die Niederdruckstufe je nach Leistung der Maschine mit ein. oder zwei Niederdruckzylindern
von verhältnismäßig kleinen Abmessungen auszuführen, so daß bei den in Frage kommenden
Leistungen thermodynamische Wirkungsgrade in der Niederdruckstufe erreicht werden,
die denjenigen von Abdampfturbinen nicht nur gleichkommen, sondern sie unter Umständen
sogar überschreiten: Bei einem Verhältnis von i :30
der auf die Zeiteinheit
bezogenen Hubinhalte der ersten und letzten Druckstufe würde' sich als mittlerer
Wert für das absolute Verhältnis der Zylinderinhalte bei einem zwischen r : .I und
z : z liegenden Übersetzungsverhältnis ein Wert zwischen z :7,5 und i :
15
ergeben,'also ein üblicher Wert. Geht man mit dem Verhältnis der Hubinhalte
beispielsweise bis auf z : 6o, so würde der mittlere Wert der Zylinderinhalte zwischen
z : 15 und z : 3o liegen.
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Eine Kolbendampfmaschine mit zwei durch ein Übersetzungsgetriebe verbundenen
Kurbelwellen und mit schneller laufendem Niederdruckteil ist an sich bereits vorgeschlagen
worden. Diese Maschine ist aber nur für geringen Druck und Auspuffbetrieb bestimmt
und hat außerdem eine sehr verwickelte Dampfverteilung, um dadurch gleiche Abmessungen
der Arbeitszylinder zu erhalten. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei der Erfindung
um die Ausnutzung eines großen Druckgefälles vom Hochdruck bis zu einer üblicherweise
nur bei Abdampfturbinen zweckmäßig verwendbaren Luftleere. Ferner wird der Abdampf
der einen Druckstufe in üblicher Weise der nächstfolgenden Druckstufe zugeleitet
und in dieser verarbeitet. Bei einfacher Bauart wird dabei eine besonders kurze
Baulänge .der Maschinenanlage erreicht. Die Baulänge wird kürzer als bei einer gewöhnlichen
Vierfachexpansionsmaschine oder als bei einer -Einheit, die aus einer Kolbenmaschine
mit nachgeschalteter Turbine besteht.
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Infolge der höheren Umlaufzahl des Niederdruckteiles erhalten die
Niederdruckzylinder wesentlich kleinere Abmessungen als bei un= mittelbarem Abtrieb
auf die Kurbelwelle der Hochdruckstufe. Gegebenenfalls können die dampfseitig parallel
geschalteten Niederdruckzylinder dieselbe Größe erhalten wie der zweite dampfseitig
hinter den ersten Mitteldruckzylinder geschaltete Mittel druckzylinder. Dadurch
wird auch ein enger Zusammenbau der Maschinenanlage in der Breite ermöglicht. .
Nach einer vorteilhaften Ausführungsform @d1@ r Erfindung erfolgt die Verbindung
der '=hoden Kurbelwellen durch ein an einem Wellenende angeordnetes Getriebe, dessen
Übertragungsräder durch lösbare Kupplungen mit den Kurbelwellen verbunden sind.
Es kann dann jede der Maschinenhälften auch für sich allein auf die abtreibende
Getriebewelle arbeiten und die Leistung der Maschine wahlweise von der langsam laufenden
oder der schneller laufenden Welle oder auch von beiden zugleich abgenommern werden.
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Bekannt ist eine Dreifachexpansionsmaschine, deren Kurbelwelle so
unterteilt ist, daß an der einen Wellenhälfte zwei Hochdruckzylinder und an der
anderen Wellenhälfte der Mitteldruck- und der NTiederdruckzylinder angreifen. Nach
Lösen der die beiden Wellenhälften verbindenden Kupplung kann für kleinere Leistung
eine der Wellenhälften für sich betrieben werden, wobei der Mitteldruck- und der
Niederdruckzvlinder Frischdampf erhalten können. Eine so vielseitige Benutzungsweise
wie nach der Erfindung ist aber bei der bekannten Maschine nicht möglich.
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Die erfindungsgemäße Verwendung zweier Zylindersätze mit verschiedener
Umdrehungszahl ergibt auch ein sehr gleichmäßiges Drehmoment, selbst wenn die Zylinderfüllung
wesentlich kleiner gewählt wird, als dies sonst bei Schiffsmaschinen üblich ist.
Über das Tangentialdruckdiagramm des langsamer laufenden Hochdruckteils lagert sich
das Tangentialdruckdiagramm des schneller laufenden Niederdruckteils. Durch zweckmäßige
Versetzung der Kurbeln läßt sich das Tangentialdruckdiagramm besonders günstig gestalten.
Bei einer Vierzylindermaschine werden beispielsweise die Kurbeln der beiden zusaminengehörigen
Zylinder unter 7o bis .go° zueinander versetzt. Die neue Maschine läuft auch ohne
besondere Schwungmasse mit gutem Gleichförmigkeitsgrad, was die Ausbildung von Torsi:onsschwingungen
zumindest stark herabmindert. Um den Gleichförmigkeitsgrad der Maschine noch zu
verbessern, wird erfindungsgemäß eine zusätzliche Schwungmasse auf der rascher laufenden
Kurbelwelle angeordnet. Für Schiffsmaschinen ist dies deshalb besonders wichtig,
weil sich gezeigt hat, daß Drehschwingungen der Schraubenwellen, verursacht durch
ein stark schwankendes Drehmoment der Kurbelwelle, den ganzen Schiffskörper in Schwingungen
versetzen, die durch dämpfende Zwischenmittel nicht beseitigt werden können. Besonders
stark treten diese Schwingungen dann
in Erscheinung, wenn, was unvermeidlich
ist, durch Drehzahlschwankungen zwischen beiden Schraubenwellen Schwebungen entstehen,
die den Schiffskörper zusätzlich beanspruchen. Auch hier bietet die Erfindung Vorteile.
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Maschinen größerer Leistung werden nach der Erfindung so ausgebildet,
daß bei mehr als vier Zylindern und ungerader Zylinderzahl die größere unter gleichen
oder nahezu gleichen Kurbelwinkeln auf der rasch laufenden Kurbelwelle angeordnet
ist. Dadurch werden die freien Massenkräfte auf der schnell laufenden Niederdruckseite
gut ausgeglichen.
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Durch entsprechende Wahl der Zähnezahlen der Übertragungsräder lassen
sich die Drehschwingungen der Kurbelwelle vermeiden. Es ist dazu notwendig, daß
das übersetzungsverhältnis keine gerade Zahl darstellt. Wählt man das Übersetzungsverhältnis
als mehrstelligen oder unendlichen Dezimalbruch, dann erreicht man, daß die beiden
Kurbelwellen entweder drst nach einer größeren Zahl von Umdrehungen oder überhaupt
nicht mehr die gleiche Stellung zueinander einnehmen. Daraus ergibt sich aber, daß
das Tangentialdruckdiagramm innerhalb einer bestimmten oder einer beliebigen Drehzahlreihe
sich ändert.
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Auf der Zeichnung sind Ausführungsbeispiele des Erfindungsgegenstandes
dargestellt. Abb. i zeigt die Seitenansicht einer vierzylindrigen Maschine und Abb.2
die zugehörige Draufsicht. Abb.3 zeigt die Draufsicht einer fünfzylindrigen Maschine,
und Abb. 4. veranschaulicht Drehkraftbilder einer Maschine mit gebrochenem Übersetzungsver
hältnis dur Kurbelwellen.
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Es bezeichnet H den Hochdruckzylinder, 311 den ersten Mitteldruckzvlinder,
112 den zweiten Mitteldruckzylinder und N den oder die Niederdruckzylinder.
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Nach Abb. i und 2 arbeiten der Hochdruckzylinder und der erste Mitteldruckzylinder;
welche die Hochdruckstufe bilden, auf die Kurbelwelle i und der zweite Mitteldruckzvlinder
und der Niederdruckzylinder,welche die Niederdruckstufe bilden, auf die Kurbelwelle
2. Die beiden Kurbelwellen i und 2 sind durch die Zahnräder 3, 4 miteinander verbunden.
Das kleinere Zahnrad 4 sitzt auf der Welle 2 der Niederdruckstufe, so daß diese
mit höherer Drehzahl läuft als die Hochdruckstufe. Die beiden Kurbeln jeder Welle
sind unter etwa 7o bis 9o° gegeneinander versetzt. Die Maschinensätze der Hochdruckstufe
und der Niederdruckstufe sind an sich voneinander unabhängig. Sie haben ihre eigene
Steuerung.
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Die Gleitführungen der Kreuzköpfe zweier in der gleichen Ebene stehenden,
auf verschiedene Kurbelwellen wirkenden Arbeitsstufen sind an einem gemeinschaftlichen
Ständer angeordnet. Abb. i läßt die an einem Ständer 5 angebrachten Gleitführungen
6, 7 der Kreuzköpfe 8, 9 des Hochdruckzylinders und des Niederdruckzylinders erkennen.
Diese Anordnung der Gleitführungen ergibt eine schmale Bauweise. Ferner wird ein
ruhiger Gang der Maschine erzielt, denn die waagerechten Kräfte und die Massenkräfte
heben sich zum großen Teil auf. Dies ist besonders wichtig bei Schiffsanlagen mit
zwei Wellen, wo die in waagerechter Richtung wirkenden Kräfte der Maschine den Schiffskörper
stark in Schwingungen versetzen können.
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Nach Abb. 3 sind der Hochdruckzylinder H und der Mitteldruckzylinder
.1T1 auf der langsamer laufenden Hochdruckkurbelwelle i und der Mitteldruckzylinderll/I'
und zwei Niederdruckzylinder N, also zusammen drei Zylinder, auf der Niederdruckkurbelwelle
2 angeordnet. Die beiden Kurbelwellen sind wieder durch Übersetzungsräder 3, 4.
verbunden. Die Hochdruckwelle i läuft mit der üblichen Drehzahl der Schiffsschraube
um, und die Niederdruckwelle hat eine höhere, beispielsweise die zwei- bis dreifache
-Drehzahl. In der Niederdruckstufe sind die drei Kurbeln um etwa i2o° gegeneinander
versetzt. Es ergibt sich auf diese Weise ein sehr gleichmäßiges Drehkraftdiagramm,
und es besteht keine Gefahr, daß Schwingungen des Schiffskörpers durch freie Massenkräfte
erzeugt werden.
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Die an dem einen Wellenende angeordneten Getrieberäder sind durch
lösbare Kupplungen mit den Kurbelwellen verbunden. In Abb. 3 sind' beispielsweise
Zahnkupplungen io, 12 dargestellt. Man hat es dadurch in der Hand, beide Maschinensätze
gemeinsam oder jeden Maschinensatz für sich allein auf die abtreibende Getriebewelle
arbeiten zu lassen. Im Falle eines Maschinenschadens wird der betreffende Maschinensatz
entkuppelt und mit dem anderen Maschinensatz weitergefahren. Gegebenenfalls wird
dann die Niederdruckstufe mit gedrosseltem Frischdampf betrieben. Bei geringer Belastung,
beispielsweise bei kleiner Fahrt oder bei Rückwärtsfahrt, wird der Hochdruckteil
allein mit entsprechend kleiner Füllung betrieben. Dadurch wird die Wirtschaftlichkeit
der Maschinenanlage wesentlich verbessert.
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Die Leistung kann entweder von der schnell laufenden oder von der
langsam laufenden Welle abgegeben werden. Die Abgabe der Leistung gleichzeitig von
beiden Wellen kommt etwa in Frage, wenn neben der Schraubenwelle noch besondere
Hilfsmaschinen mit großer Leistung, z. B. eine Feuerlöschpumpe o. dgl., betrieben
werden sollen.
In dem in Abb. 4. veranschaulichten Tangentialkraftdiagramm
bezeichnet der Linienzug a die Tangentialkräfte der Niederdruckwelle, der Linienzug
b die Tangentialkräfte der Hochdruckwelle und der Linienzug c die sich durch die
Zusammensetzung ergebenden Tangentialkräfte. Die Zähnezahlen der Übertragungsräder
zwischen Hochdruck- und Niederdruckwelle sind dabei so gewählt, daß das Übersetzungsverhältnis
etwa i : 2,1 beträgt. Daraus ergibt sich bei den aufeinanderfolgenden Umdrehungen
eine fortlaufende Verschiebung der Tangentialkräfte an der Niederdruckwelle gegenüber
den Tangentialkräften an der Hochdruckwelle und damit ein sich ständig änderndes
Diagramm c, wie dies aus den drei dargestellten Schaubildern für verschiedene Umdrehungen
ersichtlich ist. -Wie bereits erwähnt, können bei Schiffen mit zwei Schraubenwellen
durch kleine Drehzahlunterschiede Schwebungen auftreten, die durch ihren Rhythmus
starke Schwingungserscheinungen des Schiffskörpers verursachen. Der Grund liegt
in den periodisch wiederkehrenden Überlagerungen der Drehschwingungen der Schraubenwellen,
die von den mit jeder Umdrehung rhythmisch wechselnden Drehkräften der Maschinen
herrühren. Erfindungsgemäß werden diese Schwebungen dadurch vermieden, daß jede
Schraubenwelle durch die neue Mehrfachexpansionskolbendampfmaschine mit zwei Zylindersätzen
angetrieben wird und die Übersetzungsverhältnisse der Kurbelwellen dieser beiden
Maschinen verschieden gewählt werden. Bei dieser Ausführung der Maschinenanlage
ist ein von den Drehkräften herrührender Schwingungsrhythmus nicht vorhanden, besonders
wenn das Übersetzungsverhältnis ein mehrstelliger oder unendlicher Dezimalbruch
ist.