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Verfahren zum Kühlen eines mit geschmolzener Glasmasse gefüllten Hafens
Die bisherigen Kühlverfahren bei der Herstellung von optischem Glas ergeben eine
verhältnismäßig geringe Ausbeute an optischem Glas I. Wahl, weil Verluste dadurch
entstehen, daß man beim Abkühlen der geschmolzenen Glasmasse den Zufall walten läßt.
Es wird der Hafen mit dem fertig geschmolzenen und geläuterten optischen Glas im
Schmelzofen bis auf Zähflüssigkeit abgekühlt, dann aus dem Schmelzofen ausgefahren
und unter eine Kühlhaube gesetzt, unter der er mit seinem Inhalt im Verlauf von
etwa to Tagen langsam abkühlt. Nach Entfernen der Kühlhaube ist der Hafeninhalt
erstarrt und in Stücke gesprungen, auf deren Größe man keinen Einfluß hat. Diese
einzelnen Stücke werden auf Schlieren roh untersucht, die unbrauchbaren Stücke werden
gleich ausgeschieden, die nach der Prüfung brauchbaren in rechteckige Senkformen
gelegt und so weit erwärmt, daß die willkürlich geformten Stücke gerade zerfließen
und die Form gleichmäßig ausfüllen. Dann werden die Senkstücke auf gegenüberliegenden
Seiten angeschliffen und anpoliert und einer Feinuntersuchung auf Schlieren unterzogen,
wobei nur ein verhältnismäßig kleiner Anteil des gesamten Hafeninhalts die letzte
Prüfung besteht. Denn es kann vorkommen, daß sich oft eine Schliere durch eine ganze
Reihe von einzelnen Rohglasbrocken hindurchzieht und diese für die weitere Verwendung
uÜbrauchbar macht. Weiterer Verlust entsteht dadurch, daß die kohglasbrocken infolge
des willkürlichen Zerspringens oft so unregelmäßig begrenzt sind, daß man gute Glasstücke
von ihnen abschlagen muß, damit beim Senkvorgang nicht Luftwände eingeschlossen
werden.
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Mit diesen Ausschußmöglichkeiten will das neue Herstellungsverfahren
aufräumen und sogar die Zahl der Schlieren herabsetzen. Das neue Verfahren will
nicht ein Rohglas in Form von willkürlichen Stücken als Zwischenerzeugnis haben,
sondern einen im ganzen erstarrten großen Glasblock. Das Erstarren des Hafeninhalts
zu einem großen Glasblock wird heute noch gefürchtet, weil derartig große Glasblöcke
meistens völlig verspannt sind, da bei ihnen zunächst die äußere Hülle erstarrt
ist und nachher erst das Innere erkaltet und sich so zusammenzieht, daß die Außenhaut
unter einer großen Druckspannung steht. Bei einer Verletzung der Außenhaut zerspringt
dann der ganze Glasblock ähnlich wie die bekannten Glastränen.
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Nach dem neuen Verfahren wird ein gefahrloses Erstarren des Hafeninhalts
zu einem einzigen großen Glasblock in der Weise erreicht, daß der Hafen nach dem
Ausfahren aus dem Ofen vom Boden und von den Seitenwänden her rasch künstlich abgekühlt
wird, während man die Oberfläche des Glases durch eine darübergelegte Wärmesperr-
oder Heizplatte möglichst bis zuletzt in erweichtem Zustande hält. Erforderlich
ist dabei, daß der Abkühlungsvorgang so geführt wird, daß die Oberfläche des Glases
im Hafen stets
heißer ist als der übrige Hafeninhalt. Die Erstarrung
des Glases findet also vom Rand und vom Boden her statt, die Glasoberfläche gibt
infolge des Warmhaltens durch die Heizplatte nach und erhält in der Mitte allmäh-;_
lich eine' sehr starke Vertiefung. Wenn man; die Abkühlung des Glases derartig leitet,
so vermeidet man auch, was überaus wesentlich ist, das Entstehen von Schlieren nach
Entfernung ,des Glases aus dem Schmelzofen. Bei der heute noch gebräuchlichen Art
der Abkühlung ist immer der Boden oder zumindest die Mitte des Schmelzhafens heißer
als die Oberfläche. Das dort befindliche Glas ist also leichter als das an der Oberfläche
befindliche, und es ergeben sich daher im Hafen während seines Aufenthalts unter
der Kühlhaube zunächst noch Strömungen von oben nach unten, ähnlich wie bei einer
sich abkühlenden Flüssigkeit. Durch diese Strömungen, die bis zur völligen Erstarrung
des Glases anhalten, wenn auch sehr gebremst durch die Zähflüssigkeit des Glases,
werden dauernd Schlierenschichten vom Boden in das Glas hineingezogen. Durch das
neue Verfahren einer sehr raschen Abkühlung des Hafenrandes und -bodens frieren
die tonerdereichen, aus der Hafenauflösung stammenden Glasschichten dort fest und
können nicht mehr das im Schmelzofen fertig geläuterte Glas verunreinigen.
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Das neue Verfahren läßt sich etwa folgendermaßen durchführen. Der
Hafen wird zunächst in eine Eisenform gesetzt, damit beim Zerspringen des Hafens-
kein Unheil geschehen kann. Über die Oberfläche des Glases wird die Heizplatte oder
vorgewärmte Wärmesperrplatte gelegt, sodann wird der Eisenmantel schnell und stark
gekühlt, etwa durch Wasser, bis die an der Hafenwand anliegenden Glasschichten auf
die untere Entspannungstemperatur des Glases gekommen sind. Diese erste Kühlung
kann man denkbar rasch vornehmen; denn solange das Glas oberhalb der Entspannungstemperatur
ist, kann es keine Risse bekommen. Die Temperatur der Glasoberfläche wird dabei
stets über der Temperatur der Hafenmitte gehalten. Zur Temperaturmessung kann man
in das Glas eingetäuchte Platin - Platiniridium - Thermoelemente benutzen. Sobald
die mit den Hafenwandungen in Berührung stehenden Glasschichten die Entspannungstemperatur
erreicht haben, ist die Gefahr von aufsteigenden Schlierenschichten vorbei, und
man kann das Glas nun langsam weiter abkühlen, wobei man die Temperatur der Heizplatte
erheblich senken kann. Das Glas kommt dann zweckmäßig unter eine elektrisch beheizte
Kühlhaube und wird für mehrere Stunden auf genau gleichbleibender Temperatur, nämlich
seiner unteren Entspannungstemperatur, gehalten, damit sich die Temperatur innerhalb
.des Glases ausgleicht. Dann läßt man den :Glasblock zunächst langsam, dann rascher
:abkühlen. Man erhält so fast den ganzen ..Hafeninhalt als einen einzigen großen
Glasblock mit verhältnismäßig wenig Spannung, kann diesen nun im ganzen, auf Schlieren
untersuchen,und die Aufteilung so vornehmen, daß die etwa noch vorhandenen Schlieren
günstig zu den Teilungsflächen liegen. Da man die Zerlegung dabei so vornehmen kann,
daß ' die Teilungsflächen nicht willkürlich sind, sondern überwiegend eben, spart
man auch den Senkvorgang und kann die auseinandergeschnittenen oder geschlagenen
einzelnen Glasblöcke ohne Senkformen der Feinkühlung unterziehen, weil man ja nicht
mehr die Erweichungstemperatur, sondern nur die obereEntspannungstemperatur erreichen
muß. Das neue Verfahren gibt vor allen Dingen die Möglichkeit, den Hafeninhalt auf
bestimmte Stückgrößen hin aufzuteilen, was für die Herstellung großer Linsen von
besonderer Bedeutung ist. Das neue Verfahren ist weit einfacher als das bisherige,
ergibt größere Ausbeuten, größere Einzelstücke und erspart Arbeit.
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Man hört zweckmäßig mit der künstlichen schnellen Kühlung des Hafeninhalts
erst dann auf, wenn eine etwa um 2 cm vom Hafenrand entfernte Glasschicht die untere
Entspannungstemperatur erreicht hat, denn die äußerste Randschicht des Glases ist
im allgemeinen schlecht.
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Die Aufteilung des in einem Stück erstarrten Hafeninhalts kann entweder
durch Zersägen geschehen oder billiger durch Schlag nach Anritzen der Oberfläche,
wobei man die Sprungstellen führen kann durch Ansetzen bestimmter Druckpunkte und
Kerben am Rande des Glasblocks. Man kann aber auch einen Glasblock durch langsames
Hindurchführen eines auf Weißglut erhitzten Platindrahtes zerteilen und muß nur
durch geeignete Mittel verhindern, daß die von dem Draht zerschmolzene Glasschicht
wieder zusammenschmilzt.