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Verfahren zum Kühlen großer Massen geschmolzenen Glases Die vorliegende
Erfindung betrifft ein Verfahren zum Kühlen großer Massen geschmolzenen Glases.
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Die meisten Glassorten mit großem Kieselsäuregehalt entglasen oder
kristallisieren bis zu einem gewissen Grad, wenn das Glas genügend lange innerhalb
eines Temperaturbereiches gehalten wird, der nachstehend als Kristallisationsbereich
bezeichnet wird. Eine derartige Kristallisation tritt zuerst an oder in der Nähe
der Glasoberfläche ein, und das hieraus entstehende ungleichartige Gefüge ist insbesondere
bedenklich für Glasgußstücke, die für Teleskopspiegel benutzt werden sollen, da
der Unterschied in der Härte und dem Ausdehnungskoeffizienten der Kristalle und
der umgebenden Glasmasse beim Polieren eine Oberfläche hervorruft, die, uneben ist
und bei Temperaturänderungen zu Verziehungen neigt.
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Ein rasches Kühlen durch den Kristallisationsbereich wird im allgemeinen
das Auftreten einer bedenklichen Entglasung in diesem Temperaturbereich verhindern,
und eine solche Behandlung kann mit Erfolg bei Gegenständen angewandt werden, die
dünn genug sind, daß sie durch und durch in einem nahezu gleichförmigen Maße abkühlen.
Bei großen geschmolzenen Glasmassen, die so dick sind, daß bei einer raschen Abkühlung
ihre inneren Teile erst lange nach dem Festwerden der äußeren Teile die Erstarrungstemperatur
erreichen, treten jedoch häufig luftleere Blasen auf. Daher bildet bei der Herstellung
großer Glasgußstücke, beispielsweise eines 5oo-cm-Teleskopspiegels, die rasche Zerstreuung
der großen, in der geschmolzenen Glasmasse enthaltenen Wärmemenge eine schwierige
Aufgabe. Es wurde jetzt festgestellt, daß ein vorbildliches Abkühlen derartiger
großer Massen geschmolzenen Glases auf die Temperatur, bei der der Kühlvorgang beginnen
kann, darin besteht, daß das Innere rascher als das Äußere abgekühlt wird, d. h.
mit anderen Worten, daß der äußere oder obere Teil des Gußstückes auf einer höheren
Temperatur gehalten wird als der innere oder untere Teil, der näher am Boden der
Form ist. Da die feuerfeste Form selbst ein wärmesperrendes Mittel für den unteren
Teil des Gußstückes bildet und diesen hindert, ebenso rasch wie der obere und freiliegende
Teil abzukühlen, erscheint es unmöglich, den obenerwähnten vorbildlichen Zustand
zu erhalten.
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Trotz der vorhandenen technischen Schwierigkeiten wurde jetzt ein
Verfahren erfunden, welches das Abkühlen dicker Massen geschmolzenen
Glases
in einer solchen Weise möglich mächt, dä.ß sowölil eine Entglasung als auch die
Bildung von luftleeren Blasen verhindert und gleichzeitig die überschüssige Hitze
rasch und zufriedenstellend abgeleitet wird.
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Die Erfindung besteht darin, daß die große ?Masse geschmolzenen Glases
rasch durch ihren Kristallisationsbereich hindurch auf eine unter ihrem Erweichungspunkt,
aber über ihrem Anfangspunkt für den Kühlvorgang liegende Temperatur abgekühlt wird,
die freiliegende Oberfläche der Masse wieder erwärmt wird, so daß der äußere Teil
nachgeben und das Einschrumpfen des inneren Teiles ausgleichen kann und die Masse
dem Kühlvorgang unterworfen wird.
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Bei der vorzugsweisen Ausführung der Erfindung wird das geschmolzene
Glas zuerst in eine verhältnismäßig kühle Form aus feuerfestem Stoff geschöpft,
so daß der untere Teil des Gußstückes einen Teil seiner Wärme an die Form abgibt
und bei Beendigung des Gießens kühler ist als der obere Teil. Das Gußstück kann
dann rasch abkühlen, bis seine Oberfläche fest geworden ist und eine unter dem Erweichungspunkt,
aber,über dem Anfangspunkt für den Kühlvorgang liegende Temperatur besitzt, auf
der die Oberfläche notfalls durch Anwendung genügender Hitze gehalten wird. Wenn
der untere Teil des Gußstückes nahezu auf die gleiche Temperatur angekühlt ist,
wird die .freiliegende Oberfläche zur Minderung innerer Spannungen rasch wieder
auf eine Temperatur über dem Erweichungspunkt des Glases erhitzt, worauf das Gußstück
in der üblichen Weise weiter dem Kühlen unterworfen wird.
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Die Temperatur, bei der die Kristallisation des Glases am raschesten
eintritt, hängt in großem Maße von der Zusammensetzung des Glases ab und entspricht
dem sogenannten Liquides. Für Glassorten mit großem Kieselsäuregehatt und niederem
Ausdehnungskoeffizienten liegt der Kristallisationsbereich ungefähr zwischen io5o°
C und iioo° C, während er für gewöhnliches Natronkalk-oder Bleiglas ungefähr zwischen
935° C und 95o° C liegt. Das Abkühlen soll so rasch wie möglich durch den Kristallisationsbereich
bis zum Erweichungspunkt des Glases herab erfolgen; der Erweichungspunkt wird durch
diejenige Temperatur bestimmt, bei der ein Glasstab von i mm Durchmesser und 23
cm Länge, der über die oberen 9 cm seiner Länge erhitzt wird, sich durch sein eigenes
Gewicht um i mm je Minute verlängert.
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Nachstehend wird als Beispiel zur Ausführung der Erfindung ein Verfahren
zum Gießen und Kühlen einer Scheibe beschrieben, die einen Durchmesser von ungefähr
5 m und eine Dicke von ungefähr 65 cm besitzt und aus einem Glas mit grö#ßem Kieselsäuregehalt
und einem von 2,45 X io-6 besteht, wobei der Erweichungshünkt des Glases bei ungefähr
830° C und der Punkt zum Beginn des Kühlvorganges hei ungefähr 52o° C liegt.
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In der Zeichnung ist eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens
gemäß der Erfindung dargestellt. Es zeigen Abb. i eine Ansicht einer Vorrichtung
zum Gießen und Kühlen großer Teleskopscheiben, die aus einem Heizofen, einer feuerfesten
Form und einem Kühlofen besteht, Abb.2 eine Ansicht, teilweise im Schnitt, des Heizofens
und der feuerfesten Form nach Abb. i, Abb. 3 eine Ansicht, teilweise im Schnitt,
des Kühlofens nach-Abb. i.
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Der Heizofen io besitzt Gasbrenner i i und eine Türöffnung 12 zum
Einführen von (nicht dargestellten) Schöpfkellen. Der Heizofen io ist mittels der
Träger 13 unmittelbar über einer feuerfesten Form 14 aufgehängt. Der Boden der Form
14 besitzt eine Anzahl eingebauter elektrischer Heizkörper 15 und aufwärts ragender
feuerfester Kerne 16. Die Form wird von einer mit vier Spindeln versehenen Aufwindevorrichtung
17 getragen, die ihrerseits auf einem vierräderigen Wagen 18 angebracht ist, der
auf einer Bahn i g bewegt werden kann. Ein oberes Therrnoelement 2o ragt durch den
oberen Teil der Formwandung, und ein unteres Thermoeleinent 21 ist durch die Formwandung
an einem tiefer gelegenen Punkt eingeführt, so daß seine Lötstelle in der Nähe des
Formbodens an der Innenfläche der Wandung liegt.
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Ein Kühlofen 22 ist mittels Träger 23 ungefähr i m oder etwas mehr
vom Heizofen 1o in nahezu derselben Ebene wie dieser über eine Fortsetzung der Bahn
i9 aufgehängt. Im Inneren des Kühlofens 22 sind oben mehrere elektrische Heizkörper
24- und längs der Seitenwand Heizkörper 25 angeordnet. Ein großer feuerfester Formdeckel26,
der etwas kleiner ist als der Innendurchmesser des Kühlofens 22, ist senkrecht beweglich
innerhalb des Kühlofens in dessen oberem Teil aufgehängt. Der Boden des Kühlofens
22 ist zur Aufnahme der Form 14 offen, die gemäß Abb. 3 nach erfolgter Einsetzung
den feuerfesten Deckel 26 auf ihren Wandungen in unmittelbarer Berührung trägt.
Der auf der Form sitzende Deckel 26 schützt die Heizkörper 24 vor der von
dem in der Form 1.1 befindlichen geschmolzenen Glas ausgestrahlten Hitze. Gemäß
Abb. 3 ist die Form in dieser Lage völlig von elektrischen Heizkörpern umgeben.
Die
feuerfeste Form lq. wird in dem Heizofen io mittels der Brenner ii vorgewärmt, bis
die Temperatur am oberen Thermoelement 20 ungefähr 8oo° C beträgt, zu welcher Zeit
die Temperatur am unteren Thermoelement 21 ungefähr 65o° C ist. Das Glas wird alsdann
von dem auf ungefähr 155o° C erhitzten Schmelzbehälter in die Form geschöpft, und
zwar ungefähr eine Kelle voll oder o,o85 m3 je 4. Minuten, bis die Form voll ist.
Die zuerst eingeschöpften Glasmengen werden durch die Berührung mit der verhältnismäßig
kühlen Form rasch abgekühlt und geben einen Teil ihrer Wärme an die Form ab. Der
Wärmeaustausch zwischen dem Glas und der Form dauert auch an, wenn weitere Glasmassen
zugefügt werden, wobei jedoch die späteren Glasschichten verhältnismäßig heißer
bleiben als die unteren, da das Glas eine geringe Wärmeleitfähigkeit besitzt. Im
Verlaufe des Gießens steigt auch die Temperatur des Ofens über der Form, und wenn
die am oberen Thermoelernent 20 gemessene Temperatur ungefähr iioo° C erreicht,
wird das Feuer im Ofen io durch Regeln der Gasbrenner i i verringert, um diesen
Zustand bis zum Ende des Gießens beizubehalten. Wenn die Form ld so mit geschmolzenem
Glas angefüllt worden ist, beträgt die am unteren Thermoelement 2l gemessene Temperatur
ungefähr goo' C. Um das geschmolzene Glas sich setzen und läutern zu lassen und
seine Oberfläche über den Kristallisationspunkt zu erhitzen, wird alsdann das Feuer
im Ofen verstärkt, bis das obere Thermoelement 20 ungefähr i25o° C oder mehr anzeigt.
In diesem Augenblick beträgt die Temperatur am unteren Thermoelement 21 ungefähr
iooo° C. Nunmehr wird das Feuer des Ofens völlig abgestellt und die Ofentüren weit
geöffnet, damit das Gußstück frei und so rasch als möglich abkühlen kann. Wenn die
Temperatur im Ofen über der Form so weit herabgesunken ist, daß das obere Thermoelement
2o ungefähr 575' C anzeigt, werden die Ofentüren geschlossen und das Feuer
wieder angemacht, um die Ofentemperatur auf -5o' C am oberen Thermoelement 2o, d.
h. gerade bis unter den Erweichungspunkt, ansteigen zu lassen. Ein solches rasches
Abkühlen läßt die obere Schicht des Gußstückes erstarren und verursacht auch eine
raschere Abkühlung des inneren und unteren Teiles des Gußstückes, als es anderenfalls
möglich wäre. Die am oberen Thernioelement 2o angezeigte Temperatur wird alsdann
gleichmäßig auf ungefähr 750° C gehalten, bis der untere Teil des Gußstückes gemäß
der Anzeige am unteren Thermoelement 21 nahezu auf die gleiche Temperatur abgekühlt
ist und daher praktisch völlig fest geworden ist. Das Einschrumpfen des Inneren
des Gußstückes mit'Bezug auf das Äußere, welches beim Fortschreiten des Festwerdens
eintritt, läßt einen Zustand voll Zugspannungen in den inneren und unteren Teilen
des Gußstückes entstehen, der, wenn er gemäß der früher üblichen Verfahren beibehalten
wird, zur Bildung von luftleeren Blasen und auch insbesondere zur Bildung von Hohlräumen
in den an die Kerne 16 angrenzenden Teilen neigt. Um ein Nachgeben des Äußeren zu
ermöglichen und die Zugspannungen zu mindern, wird das Feuer wieder verstärkt und
die am oberen Thermoelement 2o angezeigte Temperatur des oberen Teiles des Gußstückes
so rasch als möglich auf ungefähr goo° C, d. h. gut über den Erweichungspunkt, gesteigert.
Infolge der geringen Wärmeleitfähigkeit des Glases wird die Temperatur des inneren
Teiles des Gußstückes bei diesem schnellen Erhitzen nicht merklich erhöht, und das
Gußstück befindet sich daher hinsichtlich des inneren und äußeren Temperaturunterschiedes
im vorteilhaftesten Zustand zum Beginnen des Kühlvorganges. Die Form 1¢ wird alsdann
mit ihrem Gußstück aus dem Ofen io entfernt und in den Kühlofen 222 gebracht,
wobei der Boden der Form mit den Heizkörpern 15 einen Abschluß für den Boden des
Kühlofens 22 bildet. Das Gußstück wird mittel der durch selbsttätige elektrische
Schalter und Stromsteller (nicht dargestellt) gesteuerten Heizkörper 15, 24 und
25 in bekannter Weise dem Kühlen unterworfen.
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Der Unterschied zwischen dem ohenerwähnten Kristallisationsbereich
von Glas mit großem -Kieselsäuregehalt und geringem Ausdehnungskoeffizienten und
dem Kristallisationsbereich von durchschnittlichen Natronkalk- oder Bleiglassorten
beträgt ungefähr ioo9 C, und der Unterschied zwischen den jeweiligen Erweichungspunkten
besitzt ungefähr dieselbe Größe. Demnach müssen die oben in der Beschreibung erwähnten
Temperaturen jeweils um ungefähr ioo° geringer sein, wenn das Verfahren zum Kühlen
voll großen Gußstücken aus Natronkalk- oder Bleiglas angewandt werden soll. Infolge
der größeren Ausdehnung von Natronkalk- oder Bleiglas können jedoch derartige Glasarten
nicht so sehr abgekühlt werden, daß sie in einem entsprechenden Maße unter ihre
Erweichungspunkte gebracht werden, da die diesen Glasarten mit größerem Ausdehnungskoeffizienten
:eigene größere Einschrumpfung zur Erzeugung von Rissen neigt. Daher soll bei derartigen
Glasarten die niedrigste Temperatur, auf die sie vor dem Wiedererhitzen gebracht
werden, nur wenig unter ihren jeweiligen Erweichungspunkten liegen.