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Verfahren zur Erhöhung der Festigkeitseigenschaften von Kupferstahl
Es ist bekannt, daß im allgemeinen die Zugfestigkeit und die Streckgrenze von kalt
verformtem Kohlenstoffstahl durch Anlassen bei Temperaturen oberhalb von.etwa 35o°
C mit steigender Anlaßtemperatur und -dauer stetig sinken, während die Formänderungswerte
entsprechend der Entfestigung ansteigen. Durch Anlassen unterhalb 35o° C wird bei
kalt verformten C-Stählen die Festigkeit erhöht, während gleichzeitig Dehnung und
Zähigkeit sinken. Dieser Vorgang ist als die Folge der bekannten Alterung kalt verformten
Stahles anzusprechen, wobei man annimmt, daß diese Eigenschaftsänderungen auf Ausscheidungsvorgänge,
zunächst noch unbekannter Art, zurückzuführen sind. Die Ausscheidung von instabil
gelöstem Stickstoff wird bekanntlich durch Kaltverformung beschleunigt. Weiter ist
es bekannt, die Festigkeitseigenschaften von kupferhaltigen Stählen mit niedrigem
Kohlenstoffgehalt nach dem Warmwalzen oder normalisierenden Glühen durch ein Anlassen
oberhalb 35o° zu erhöhen: Demgegenüber wurde gefunden, daß auch die Festigkeitseigenschaften
seines kalt ver= formten, -also unterhalb seines A,-Punktes und vorzugsweise unter
55o° C verformten Stahles, welcher Kupfer in einer Menge von höchstens 5 °/o, zweckmäßig
0,4 bis 3. °% enthält, durch längeres, z. B. i bis 6 Stunden, andauerndes Anlassen
bei Temperaturen zwischen etwa 350 bis 600° C in wirksamem Grade erhöht werden.
Der Verlauf der Zugfestigkeit, der Streckgrenze und der Dehnung bei steigenden Anlaßtemperaturen
ist für einen C-Stahl aus der beiliegenden Abb. i, für einen i % igen Cu-Stahl aus
der Abb. 3 und für einen Cr-Cu;-Stahl aus der Abb. 4 zu entnehmen.
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Bei dem gemäß Abb. i untersuchten Stahl handelt es sich um einen tun
6% kalt gezogenen Rundstahl mit o,290/" Kohlenstoff. Die Kurven lassen den Verlauf
der Festigkeitseigenschaften und der Dehnung bei 2stündigem Anlassen erkennen. Je
nach der chemischen Zusammensetzung und dem Grad der Kaltverformung beobachtet man
bis zu einer Anlaßtemperatur von etwa 3oo° mitunter eine gewisse Steigerung von
Festigkeit und Streckgrenze über ihre Ausgangswerte. Diese Erscheinungen gehören
in das Gebiet des Alterns.
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Die Abb. 2 bezieht sich auf einen Kupferstahl mit o,ii % C,
o,22 % Si, 0,48 % Mn, I,o2 0/p Cu, der ohne Kaltverformung je i Stunde bei
den angegebenen Temperaturen angelassen und bei Raumtemperaturen geprüft wurde.
Zwischen 300 und Soo° zeigt sich eine starke Erhöhung der Zugfestigkeit und
der Streckgrenze, der nur eine schwache Abnahme der Dehnung gegenübersteht.
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Wird nun der gleiche i°/oige Kupferstahl um io% kalt gezogen und dann
ebenfalls je i Stunde angelassen, so ergeben sich die in Abb. 3 in Abhänäigkeit
von der Anlaßtemperatur angegebenen Festigkeitseigenschaften. Die gleiche Wirkung
wird erzielt, wenn der
Stahl neben Kupfer auch noch Chrom enthält.
So bezieht sich die Abb. 4 auf nahtlose Rohre aus # Chrom-Kupfer-Stahl mit o,2 °/°
C, 0,3°/° Si, 0,8°/o Mn, 0,4°/o Cr und o,80/0 Cu. Die Rohre sind um 8 ojo kalt gezogen
und i Stunde bei steigenden Temperaturen angelassen und bei Raumtemperatur geprüft.
Die Kurven lassen den Verlauf der Streckgrenze bzw. der o,2-Grenze, der Zugfestigkeit
und der Dehnung in Abhängigkeit von der Anlaßtemperatur erkennen. Dem bei etwa 3500
einsetzenden Entfestigungsvörgang überlagert sich hier bei 400 bis 55o° eine Steigerung
von Streckgrenze und Zugfestigkeit, während gleichzeitig Dehnung und Zähigkeit stark
ansteigen. Bei entsprechender Anpassung von Anlaßtemperatur und -dauer wurden z.
B. nach 6stündigem Anlassen bei q.50° 75 kg/mm= Streckgrenze, 84 kg/mm= Zugfestigkeit
und i2°/"Dehnung (cS1°) erreicht. Gleichzeitig wird auch die Schwingungsfestigkeit
durch das Anlassen erheblich erhöht.
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Wie Untersuchungen .der Erfinderin ergeben haben, ist die Steigerung
der Festigkeitseigenschaften des kalt verformten kupferlegierten Stahles auf die
Ausscheidungshärtung durch überschüssig gelöstes Kupfer zurückzuführen, die sich
dem-normalen Entfestigungsvorgang überlagert. Die beste Anlaßtetnperatur und -dauer.
werden durch die Menge des überschüssig gelösten Kupfers und den Grad der Kaltverformung
bestimmt, und zwar wirken beide Faktoren in der gleichen Richtung: Je höher die
überschüssig gelöste Kupfermenge und der Grad der Kaltverformung ist, bei desto
tieferen Temperaturen wird bei entsprechender Zeitdauer ein Opti-. mum der Festigkeitseigenschaften
erreicht. Als untere Grenztemperatur kann 35o° C, als obere 60o° angesehen werden.
Im allgemeinen werden unter 50o° C liegende Temperaturen und aus betriebstechnischen
Gründen Zeiten von i bis 6 Stunden zweckmäßig sein. Durch Kombination verschiedener
Anlaßtemperaturen und -zeiten ist eine weitgehende Abstufung in den Festigkeitseigenschaften
möglich. Besondere Kennzeichen der auf diesem Wege erreichten Eigenschaften sind
immer ein hohes Streckgrenzenverhältnis und verhältnismäßig hohe Formänderungswerte.
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Formgebung und Anlassen können außerdem zweckmäßig auch im gleichen
Arbeitsgang erfolgen,.was mit wirtschaftlichen Vorteilen verbunden ist. Gleichzeitige
Verformung und Ausscheidungshärtung führen also zu einer ganz außerordentlich starken
Steigerung von Streckgrenze und Zugfestigkeit. So wurden durch ein io°/"iges Recken
eines kulr ferlegierten Stahles mit 0,i8 °/° C, o,9 °% Mn und o,80/° Cu bei 45o°,
der im Walzzustand eine Streckgrenze von 38 kg/mm= und Zugfestigkeit von 55 kg/mm'
besaß, 6o kg/mm°-Streckgrenze und 67 kg/tnm22 Zugfestigkeit bei guter Dehnung und
Zähigkeit erreicht.
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Der Kohlenstoffgehalt der kupferlegierten Stähle soll zweckmäßig 0,4%
nicht überschreiten, da der Ferrit der Träger der Anlaßliärtung ist. Am Wesen des
Verfahrens wird nichts geändert, wenn die kupferlegierten Stähle noch gewisse Mengen
anderer Mischkristallbildner (Mangan, Silicium. Chrom, Nickel, Molybdän, Vanadin,
"Titan) in Mengen von höchstens 20/0 einzeln oder kombiniert enthalten, was mit
Rücksicht auf eine hohe Zähigkeit erwünscht" ist.
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Die Kaltverformung kann in üblicher Weise und in den üblichen Grenzen,
z. B. durch Ziehen, Walzen, Stauchen oder Pressen erfolgen.