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Verfahren zur Herstellung biegsamer Folien Wenn man plastische Massen,
die aus Polymerisationsprodukten des Vinylchlorids bestehen oder diese enthalten,
z. B. nachchloriertes Polyvinylchlorid oder Mischpolymerisate aus Vinylchlorid und
Acrylsäureestern oder aus Vinylchlorid und Vinylacetat, nach den in der Celluloidindustrie
üblichen Verfahren verarbeitet, d. h. mit Lösemitteln knetet, walzt, zu Blöcken
verpreßt und von diesen Blöcken Folien herunterschneidet und dann trocknet, so erhält
man Folien, die eine verhältnismäßig große Sprödigkeit zeigen. Infolgedessen treten
bei raschem Einreißen dieser Folien schon bei Zimmertemperatur, besonders leicht
aber bei niedrigen Temperaturen, zackige Risse und seitliche Sprünge auf. Auch die
mit einem Pendelschlagwerk in bekannter Weise gemessene Stoßfestigkeit solcher Folien
ist gering. Diese Nachteile sind um so merkwürdiger, als derartige Folien eine weit
bessere Knitter- bzw. Falzfestigkeit haben als Celluloid- und Celluloseacetatfolien
von entsprechender Stärke und ihre Zugfestigkeit keineswegs geringer ist als die
des Celluloids und erheblich besser als die des Celluloseacetats. Die Sprödigkeit,
die sich bei scharfem, ruckartigem Einreißen solcher Folien zeigt, ist also eine
Eigenschaft des Stoffes, die durch die zuletzt genannten Bestimmungsmethoden nicht
erfaßt werden kann. Nur die bereits erwähnte Stoßfestigkeit gibt eine gewisse zahlenmäßige
Vergleichsmöglichkeit in bezug auf die Sprödigkeit, jedoch kann von einer gewissen
Parallelität zwischen diesen Zahlen und der obenerwähnten Art des Einreißens auch
nur insoweit gesprochen werden, als man sich für die vergleichende Stoßfestigkeitsprüfung
auf Folien aus chemisch gleichartigen Stoffen beschränkt, während schon die verschiedene
Sprödigkeit von Celluloid- und Acetylcellulosefolien durch die Stoßfestigkeit keineswegs
genügend charakterisiert wird.
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Nun ist aber das Verringern dieser Sprödigkeit der Polymerisationsprodukte
auf der Basis des- Vinylchlorids von größter Bedeutung, da spröde und schlecht reißende
Folien insbesondere bei niedrigen Temperaturen große Schwierigkeiten bei der Verarbeitung
ergeben und sich für manche praktischen Zwecke als unbrauchbar erweisen. So läßt
sich beispielsweise eine Folie, die zackig und #.3plitternd reißt, nicht oder nur
mit großem Ausschuß stanzen oder ziehen und ist für solche Verwendungszwecke, bei
denen mit Erschütterungen, Stößen und anderen mechanischen Beanspruchungen sowie
mit Kälteeinflüssen zu rechnen ist, z. B. für Autoverdeckscheiben, Sicherheitsglas
und ähnliche Zwecke, nicht geeignet.
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Gemäß der Erfindung werden biegsame Folien der Polymerisationsprodukte
auf der
Basis von Vinylchlorid, insbesondere aus nachchloriertem
Polyvinvlchlorid und Polyvin N-lchlorid enthaltenden l\Iischpolymerisaten, die nicht
spröde sind, dadurch erhalten, daß die Polymerisationsprodukte özie Anwendung von
Lösungsmitteln, zweckmäßig unter Zusatz einer geringen Menge eines Gleit- oder Verfestigungsmittels,
auf erhitzten Walzen zu Fellen ausgezogen «-erden und dann, zweckmäßig nachdem sie
noch senkrecht zur Walzrichtung in der Wärme gestreckt wurden, einzeln oder zu mehreren,
entweder parallel oder im Winkel zur Walzrichtung geschichtet, heiß gepreßt werden.
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Überraschenderweise lassen sich die Polvmerisationsprodukte . auf
genügend heißen Walzen ' in trockenem Zustande sehr gut zu glatten dünnen Fellen
von gleichmäßiger Stärke auswalzen, während beim Auswalzen trockener Cellulosederivate
nur sehr wellige, meist knotige, nicht durchgelatinierte und außerordentlich spröde
Felle entstehen.
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Durch das -Auswalzen der 'von Lösungsmitteln freien Polymerisate wird
deren Sprödigkeit senkrecht zur Walzrichtung weitgehend beseitigt. Werden nämlich
die dünnen, beim Abziehen von der Walze nach einer Richtung stark gestreckten Felle
heiß gepreßt, beispielsweise in der beim Celluloidpolieren üblichen Weise zwischen'
Nickelblechen, so reißen die so erhaltenen Folien zwar noch splitternd in der Zugrichtung,
sind aber senkrecht zur Zugrichtung außerordentlich zäh und geben nur bei ganz raschem
Reißen einen zackigen Riß, der aber ebenfalls in der Walzrichtung verläuft.
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Diese durch den Walzvorgang bewirkte Verminderung der Sprödigkeit
in der Walzrichtung läßt sich aber auch auf die ganze Folie ausdehnen. Zu diesem
Zweck werden zwei oder mehr der gestreckten Felle, wie es beim Herstellen von Sperrholz
und in der Kautschukindustrie bekannt ist, senkrecht oder im Winkel zur Walzrichtung
übereinandergeschichtet in der Hitze zusammengepreßt. Der Winkel, in dem die Felle
über-,. einandergeschichtet werden, kann beliebig gewählt werden; zweckmäßig richtet
man sich nach der Zahl der Folien, wählt also bei zwei Folien einen Winkel von 9o°,
bei drei Folien einen solchen von 6o° zu der Walzrichtung der einzelnen Folien usw.
Beim Zerreißen so hergestellter Folien bei Zimmertemperatur treten keine seitlichen
Sprünge und Zacken auf.
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Einen ähnlichen Erfolg erreicht man, «renn man die auf der erhitzten
Walze hergestellten Felle senkrecht zur Walzrichtung stark streckt (z. B. um 50
oder ioo oio) und dann einzeln oder in mehreren Lagen beliebig geschichtet in der
Hitze preßt. Auch in diesem Falle zeigen die fertigen Folien eine wesentlich geringere
Sprödigkeit und verhalten sich beim Reißen 'in allen Richtungen gleichartig. Wenn
auch, wie bereits erwähnt, die Sprödigkeit durch die Stoßfestigkeit des Ausgangsstoffes
nur bedingt zahlenmäßig erfaßt werden kann, so lassen doch folgende Angaben den
günstigen Einfluß der neuen Arbeitsweise auf die mechanische Festigkeit der Folien
erkennen. Die Stoßfestigkeit einer durch Schichten von trockenen, dünnen Fellen
aus einem Mischpolymerisat aus Vinylchlorid und Acrylsäureester nach dem neuen Verfahren
erzeugten Folie übertrifft die Stoßfestigkeit einer nach dem Celluloidverfahren
unter Verwendung von Lösemitteln vom Block geschnittenen Folie gleicher Stärke aus
dein gleichen Stoff um das drei- bis vierfache. Dabei ist die Stoßfestigkeit der
nach dem neuen Verfahren hergestellten Platte nach allen Richtungen annähernd gleich
groß.
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Als besonders zweckmäßig. hat es sich erwiesen, wenn beim Walzen des
trockenen Stoffes geringe Mengen von Stoffen beigegeben werden, die man als Gleitmittel
oder als Verklebungs- bzw. Verfestigungsmittel betrachten kann.
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Solche Stoffe, die sich den Polymerisaten in ,Beißplastischem Zustande
(beispielsweise auf der Walze) homogen einverleiben lassen, sind z. B. gewisse,
sonst als Emulgiermittel verwendete Stoffe, wie Kondensationsprodukte aus Äthylenoxyd
mit gesättigten oder ungesättigten höheren Alkoholen (Octodecylalkohol, Stearylalkohol,
Oleylalkohol), ferner Stearinsäureäthanolamid bzw. Stearinsäureäthanolamidester,
Wollfettalkohole, Kautschuk, Hydrokautschuk, endlich aber auch gewisse niedrigmolekulare
Gleitmittel, wie Glycerin und Glycerinätheralkohol. Fügt man z. B. einem Mischpolymerisat
aus Vinylchlorid und Acrylsäureester auf der heißen Walze nur z °/o eines der genannten
Emulgiermittel zu, so ist der Riß eines so erzeugten Felles wesentlich besser als
ohne einen solchen Zusatz. Die sprödigkeitsvermindernde Wirkung solcher Zusätze
zu den Polymerisaten @virkt sich naturgemäß auch darin aus, - daß Formstücke, die
man aus den damit versetzten Polymerisationsprodukten preßt, wie z. B. Kämme, bei
einer scharfen Prüfung auf Zerbrechlichkeit weit weniger Bruch ergeben als Polymerisate,
die ohne solche Zusätze verpreßt werden.
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Die Wirkung solcher Zusätze ist um so erstaunlicher, als die Beimischung
von größeren Mengen der üblichen Weichmachungsmittel zu gerade entgegengesetzten
Ergebnissen führt. Setzt man nämlich z. B. 5 bis zo °% Phthalsäuredibutylester oder
Tributylphosphat oder Kampfer beim Walzen zu, so ist die
Sprödigkeit
der aus diesen Massen erzeugten Folien erheblich größer als die der reinen Polvinerisationsprodukte
und geht auch die Stoßfestigkeit der Folien auf die Hälfte und noch weiter zurück.