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Verfahren zur Veränderung des Hubes bei Pressen und ähnlichen Maschinen
bei unveränderlichem Kurbelradius Bei der Verformung von Werkstoffen mittels Pressen
richtet sich der Hub der Presse nach der Art der Verformung. Die günstigste Ausnutzung
der Presse erzielt man, wenn der Hub der Presse genau der Verformung angepaßt ist,
die Leerwege also auf das Mindestmaß beschränkt sind. Je größer der Hub sein muß,
desto größer muß auch der Radius der Kurbel oder die Exzentrizität des Exzenters
sein. Diesen Werten sind aber verhältnismäßig enge Grenzen gesetzt, einesteils deswegen,
weil mit Zunahme des Hubes die Abmessungen der Presse in solchem Ausmaße zunehmen,
daß sie in keinem Verhältnis mehr zu den Beanspruchungen der Presse stehen, andererseits
arbeiten Pressen mit hohem Hub unwirtschaftlich, weil, beispielsweise bei Kurbelpressen,
der große Kurbelradius die Kurbelkraft ungünstig auf den Werkzeugstößel überträgt.
Die Übertragung der Kurbelkraft auf den Stößel ist nicht verlustlos; je größer die
Schräglage der Kurbel gegenüber der Verschiebungsrichtung des Stößels ist, desto
größer ist der Druckverlust, weil dabei die rechtwinklig zur Verschiebungsrichtung
gerichtete Druckkomponente immer größer wird und dadurch für die Arbeitsleistung
viel Druck verlorengeht. Bei Pressen wechselt die Stößelgeschwindigkeit dauernd
zwischen Null und einem gewissen Maximum. Je größer letzterer Wert ist, welcher
von der Größe des Hubes abhängt, desto größer ist der Geschwindigkeitsunterschied.
Bei vielen Preßarbeiten, beispielsweise beim Ziehen oder Pressen von langen Hohlkörpern,
ist eine derart ungleichmäßige Geschwindigkeit des Stößels schädlich, weil dabei
während eines Teiles des Arbeitsvorganges der Werkstoff zu stark, während eines
andern Teiles nicht stark genug angegriffen wird. Die günstigste Kraftübertragung
und -ausnutzung erzielt man jedenfalls bei Pressen mit möglichst geringem Hub. Da
aber die Arbeitsbedingungen vielfach einen größeren Hub erfordern, so hat man bisher
die geschilderten Übelstände in Kauf nehmen müssen. Um die ungünstig auf das Werkstück
einwirkende Anfangs- und Endgeschwindigkeit eines normalen Kurbeltriebes wirkungslos
zu machen, hat man schon Pressen gebaut, bei welchen man die die niedrigen Preßstempelgeschwindigkeiten
erzeugenden Abschnitte der Kurbelkreisbewegung zu Beginn und am Ende des Arbeitshubes
aus der eigentlichen Preßarbeit ausschaltet. Dadurch geht natürlich ein Teil des
Kurbelhubes für die Stößelbewegung verloren, für einen bestimmten Kurbelhub ist
ein um soviel größerer Kurbelradius notwendig, wodurch wieder die Kraftübertragung
ungünstiger wird.
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Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren und eine Vorrichtung, gemäß
welchem es möglich ist, den Stößelhub unabhängig von dem Kurbelradius während des
Betriebes zu
verändern, und zwar ihn auf das Vielfache des Kurbelradius
zu erhöhen oder ihn gegebenenfalls auch zu verringern. Es ist dies durch eine während
des Betriebes schaltbare Kupplung zwischen dem Kurbelgestänge und dem Stößel erreicht.
Die Schaltung der Kupplung kann zu jeder beliebigen Zeit während des Kurbelweges
erfolgen; es ist daher möglich, die Kupplung nur während eines Teiles des Kurbelweges
wirken zu lassen. Läßt man beispielsweise die Kupplung nur während eines Teiles
des Arbeitshubes des Stößels wirken, dann wird der Stößelhub geringer als der sich
durch die l"'-urbelabmessungen ergebende Normalhub der Maschine. Man kann auf diese
Weise die die niedrigen Preßstempelgeschwindigkeiten erzeugenden Abschnitte der
Kurbelkreisbewegung ausschalten. Unterbricht man nach Beendigung eines Arbeitshubes
die Kupplung, dann kehrt das Kurbelgestänge leer in seine Ausgangslage zurück, während
der Stößel in seiner Lage verharrt. Wird die Kupplung bei Beginn des nächsten Kurbelhubes
wieder geschlosssen, dann wird der Stößel wieder mitgenommen und dadurch dem ersten
Stößelhub ein zweiter angereiht. Durch mehrfache Wiederholung dieses Vorganges kann
man den Stößelhub nach Belieben vervielfachen.
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Es ist bei Pressen an sich bekannt, mehrere Kurbelhübe zu einem Arbeitshub
zu addieren, der das Vielfache eines Kurbelhubes darstellt, und zwar dadurch, daß
man den teleskopartigen Stößel nach jedem vollendeten Kurbelhub bei stillstehender
Presse um ein bestimmtes Maß verlängert und den verlängerten Stößel wieder auf das
Werkstück einwirken läßt. Da die Verlängerung des Stößels nur bei stillstehender
Presse vorgenommen werden kann, bedeutet dies einen erheblichen Leistungsausfall.
Es ist bei. diesen Pressen auch nicht möglich, den Arbeitshub auf jede beliebige
Zwischenstufe einzustellen und ihn während des Betriebes beliebig zu unterbrechen;
man kann also beispielsweise hier nicht die ungünstig wirkende geringe Anfangs-
und Endgeschwindigkeit des Kurbelhubes ausschalten.
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In der Zeichnung sind einige Anwendungsbeispiele des neuen Verfahrens
schematisch dargestellt.
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Die Abb. i bis 3 veranschaulichen in schematischer Anordnung eine
Ziehpresse. Der Ziehstempel i ist hier durch eine Stange z unverrückbar am Maschinengestell
gehalten. Die Ziehringe 3, q. und 5 werden von einem Zylinder 6 getragen und sind
mit diesem gegenüber dem Stempel i in dem Maschinengestell 7 verschiebbar, Die Verschiebung
des Zylinders 6 wird eingeleitet durch eine im Maschinengestell bei 8 gelagerte
Doppelkurbel 9 und an diese angelenkte Kurbelstangen io. Das andere Ende der Kurbelstangen
io greift gelenkig an einem den Zylinder 6 umgebenden Ring i i an, welcher die Kupplung
zwischen dem Gestänge und dem Zylinder darstellt. Zu diesem Zweck ist der Zylinder
i i im Querschnitt hohl, und es sind dessen Wandungen so bemessen, daß die dem Zylinder
6 zugekehrte Wandung dünner gehalten ist als die übrigen. Der Hohlraum des Ringes
i i steht in Verbindung mit einer nicht gezeichneten Zuleitung von einer hydraulischen
Pumpe, die außerhalb der Presse angebracht, aber, auch unmittelbar mit dem Ring
ii verbunden sein kann. Der in dem Hohlraum des Ringes i i durch die Pumpe erzeugte
hydraulische Druck verursacht eine Verformung des Ringes nach der Seite, welche
den geringsten 'Widerstand bietet, d. h. nach dem Zylinder 6 zu. Die dem Zylinder
6 zugekehrte Wandung des Ringes i i wird dadurch fest gegen den Zylinder gepreßt
und dadurch eine Kupplung zwischen Zylinder 6 und Ring i i geschaffen, welche so
lange starr ist, wie der hydraulische Druck im Ring i i anhält. Läßt man die Kupplung
dauernd wirken, dann entspricht der Stößelhub dauernd dem doppelten Kurbelradius;
die Pressewürde wie eine gewöhnliche Presse arbeiten. Dadurch, daß man aber die
Angriffsstelle des Ringes i i an dem Zylinder 6 beliebig ändern kann, hat man die
Möglichkeit, in der einfachsten Weise die Entfernung zwischen Ziehring und Stempel
zu regeln. Diese Regelung kann man sogar während des Betriebes vornehmen, indem
man die Kupplung in dem Augenblick, schließt, wenn der Ziehring dem Stempel gegenüber
die richtige Lage eingenommen hat.
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Da man die Kupplung während des Betriebes beliebig schließen und unterbrechen
kann, kann man den Kurbelhub auch nur teilweise auf den Zylinder einwirken lassen,
also den Stößelhub geringer halten als den Kurbelhub. Von dieser Möglichkeit wird
man beispielsweise dann Gebrauch machen, wenn man die ungünstig wirkende geringe
Stößelgeschwindigkeit bei Beginn und am Ende des Kurbelhubes ausschalten will. In
der Hauptsache ist jedoch das neue Verfahren dazu bestimmt, den Stößelhub gegenübendem
Kurbelhub zu vergrößern. Dies erreicht man dadurch, daß man nach Beendigung eines
Arbeitshubes die Kupplung zwischen dem Ring i i und dem Zylinder 6 ausschaltet;
es gleitet alsdann bei weiterer Drehung der Kurbel der Ring i i lose über den stillstehenden
Zylinder abwärts und kuppelt mit diesem erst wieder in der Tiefstlage, so daß beim
nächsten Hochgang des Gestänges der Zylinder wieder mitgenommen wird. Diesen Vorgang
kann man beliebig oft wiederholen und dadurch den
Gesamthub des
Stößels innerhalb der durch die Bauart der Maschine zulässigen Grenzen vergrößern,
ihn also gegenüber dem Kurbelhub vervielfachen.
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Ein besonderes Anwendungsgebiet findet das neue Verfahren beim Tiefziehen
von Hohlkörpern in mehreren Ziehringen. Diese Ziehringe können hier, wie die Abb.
i bis 3 erkennen lassen, hintereinander angeordnet werden, und es wird der Ziehstempel
nacheinander durch die verschiedenen Ziehringe geführt. Um den Zylinder nach Fertigstellung
des Werkstückes wieder in seine ursprüngliche Ausgangslage zurückzubringen, hat
man nur nötig, die Kupplung zwischen dem Ring i i und dem Zylinder 6 jeweils bei
Beginn der Abwärtsbewegung der Kurbel zu schließen und sie bei Beginn der Aufwärtsbewegung
zu unterbrechen.
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Die Befestigung der Ziehringe 3, 4 und 5 in dem Zylinder 6 kann auf
irgendeinem mechanischen Wege erfolgen; man kann aber auch die Verbindung der Ziehringe
mit dem Zylinder nach dem Prinzip der Kupplung zwischen dem Ring i i und dem Zylinder
6 vornehmen, indem man jeden Ziehring mit einem hohlen Ring 12 umgibt, welcher mit
seinem Außenrand an der inneren Zylinderwand anliegt. Bläht man diesen Ring durch
eingeleiteten hydraulischen Druck auf, dann legt er sich einerseits fest gegen den
Ziehring und anderseits gegen die Zylinderwandung, wodurch eine unbedingt sichere
Verbindung geschaffen ist. Diese Art der Verbindung bietet den Vorteil, daß der
Ziehring an jeder beliebigen Stelle des Zylinders ohne mechanische Mittel, wie Schrauben
u. dgl., unverrückbar festgehalten werden kann, was die Einstellung der Werkzeuge
sehr erleichtert.
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Bei der Ausführung nach der Abb.4 sind die Ziehringe 13 im Maschineilgestell
festgehalten, und es bewegt sich der Stößel i gegenüber den Ziehringen. Die Veränderlichkeit
des Hubes ist hier in die Kurbelstange verlegt, die zu diesem Zweck aus zwei teleskopartig
ineinander verschiebbaren Teilen, einer rohrförmigen Stange 14 und einer an ' der
Kurbel 15 angelenkten massiven Stange 16, besteht. Letztere führt sich mit einem
hohlen Kolben 17 in der hohlen Stange 14, wobei der Kolben wieder als Blähkörper
ausgebildet ist und über eine nicht gezeichnete Zuleitung mit einer hydraulischen
Pumpe in Verbindung steht. Auch hier ist man in der Lage, die Kupplung zwischen
dem Kolben 17 und der Stange 14 nach Belieben zu schließen und zu unterbrechen und
so die bereits geschilderte Wirkung zu erzielen.
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Auch beim Stanzen von Löchern oder beim scherenartigen Zerschneiden
von Werkstoffen findet das neue Verfahren vorteilhafte Anwendung, indem man beispielsweise
beim Lochen den Stempel bei jedem Hub nur eine Teilschneidbewegung ausführen läßt
oder beim Schneiden mittels Schere den Gesamthub des Scherenmessers in einzelne
Teilhübe zerlegt. In allen diesen Fällen ist man in der Lage, mit geringerem Kraftaufwand
große Leistungen zu erzielen.
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In Abb. 5 ist ein Fallhammer dargestellt, der nach dem neuen Verfahren
arbeitet. Hier erfolgt die Kupplung des Ringes i i mit dem Schaft 18 des Hammers
i9 beim Hochgehen der Kurbeln g und das Entkuppeln in der Höchststellung der Kurbeln.
Die Arbeitswirkung erfolgt durch freien Fall des Hammers. Da man auch hier die Kupplung
zu jeder beliebigen Zeit unterbrechen kann, kann man den Hub des Hammers ganz fein
abstufen, um so die Schlagwirkung feinstufig zu regeln.
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Die Abb. 6 zeigt schließlich noch die Verbindung eines Stempels mit
der Stößelstange durch einen an letzterer befestigten Blähkörper 2o, welcher wieder
durch eingeleiteten hydraulischen Druck den Stempelei festhält. Durch Unterbrechung
des hydraulischen Druckes wird die Verbindung zwischen Stößelstange und Stempel
aufgehoben; es ist also hier möglich, bei geeigneter Länge des Schaftes 22 des Stempels
21 dieselbe Wirkung zu erzielen wie in den bereits geschilderten Beispielen, d.
h. beliebig viele Hübe der Kurbel oder des Exzenters auf die Arbeitsbewegung des
Stempels zu addieren. Die Steuerung der Kupplung kann in allen Fällen entweder von
Hand oder auch selbsttätig, beispielsweise in Abhängigkeit von der Kurbelbewegung,
erfolgen.