-
Kompensierte Wechselstromleitung Wesentliche. Nachteile der Wechselstromübertragung
sind auf den Einfluß des induktiven Widerstandes der Leitung zurückzuführen. Er
bewirkt zusätzliche Spannungsabfälle, die nicht selten ein Vielfaches des Ohmschen
Spannungsabfalles betragen. Die Induktivität bildet außerdem die Hauptursache für
die Unstabilität der Energieübertragung auf langen Leitungen. Bei Fernübertragung
erweist es sich daher als notwendig, den induktiven Spannungsabfall durch Blindleistungsmaschinen,
Kondensatoren o. dgl. zu kompensieren.
-
Die übliche Art der Kompensation besteht darin, derartige Kompensationseinrichtungen
parallel zur Leitung einzubauen. Dies bedingt ständige. Regelung bei Lastschwankungen,
da die magnetische Energie der Leitung dem Quadrat des hindurchgehenden Stromes
proportional ist.
-
Dieser Nachteil des Nachregelns kann dadurch vermieden werden, daß
ein Kondensator oder eine Einrichtung mit den Eigenschaften eines Kondensators statt
parallel zu- in Reihe mit der Leitung geschaltet und so bemessen wird, daß die von
ihm aufgenommene kapazitive Blindleistung der induktiven Blindleistung der Leitung
entspricht (vgl. Abb. i und a).
-
Da sich hierbei die Kondensatorblindleistung ebenso wie die induktive
Blindleistung der Leitung mit denn Quadrat des hindurchgehenden Stromes ändert,
so bleibt die Leitung auch bei Lastschwankungen ohne Nachregelung kompensiert. Der
Spannungs-. abfall der Leitung wird praktisch nur noch durch den Wirkwiderstand
bestimmt. Diesem Vorteil steht der Nachteil gegenüber, daß' bei Überlastung und
insbesondere bei Kurzschlüssen in der Leitung die Klemmenspannung an dem Kondensator
in dem gleichen Verhältnis wie die Stromstärke ansteigt,- daß also beispielsweise
bei einem Kurzschluß von 3ofacher Normalstromstärke der Reihenkondensator der 3ofachen
Normalspannung ausgesetzt ist. Dies führt zu außerordentlich teuren Kondensatoren
und vergrößert damit die ohnehin schon großen Kosten der Kondensatoren normaler
Leistung.
-
Die zum Schutz gegen derartige Überspannungen vorgeschlagenen Mittel
(Funkenstrecken, Kurzschlußschalter, Zuschaltung der Kondensatoren über Transformatoren
oder Parallelschalten von Drosselspulen, wobei von der Sättigung des Eisens Gebrauch
gemacht wird) stellen eine vom Betriebsstandpunkt unerwünschte Verwicklung dar und
erreichen außerdem nur teilweise den beabsichtigten Zweck, ganz abgesehen davon,
daß die an sich hohen Kondensatorkosten durch derartige Schutzeinrichtungen noch
weiter verteuert werden.
-
Erwähnt sei ferner die sog. Wellenwiderstandskompensation, bei der
die Betriebsspannung entsprechend der Belastung derart geregelt wird, daß jeweils
die vom Strom abhängige induktive Blindleistung gleich ist der von der Betriebsspannung
abhängigen kapazitiven
Ladeleistung der Leitung. Hierbei wird also
auf den Einbau besonderer Kondensatoren verzichtet und die kapazitive Eigenschaft
der Leitungen zur Kompensation verwertet. Diese Arbeitsweise führt zu einem Betrieb
mit veränderlicher Betriebsspannung und ist daher für das heute allgemein gebräuchliche
Leitungssystem nicht geeignet.
-
Die Erfindung vermeidet die vorerwähnten Nachteile. Sie verzichtet
ganz oder teilweise auf den Einbau besonderer Kondensatoren, nutzt als Kondensator
vielmehr ähnlich wie in dem zuletzt erwähnten Fall die kapazitive Eigenschaft der
Leitungen aus, ohne daß dabei die Betriebsspannung verändert zu werden braucht oder
besondere Regeleinrichtungen erforderlich sind. Zu dem Zweck wird eine zusätzliche
kapazitive Wirkung der Leitungen dadurch geschaffen, daß die stromführenden Leiter
in zwei oder mehrere Teilleiter aufgespalten werden, wie dies bereits heute bei
verschiedenen Stromschutzsystemen üblich ist, und daß diesen Teilleitern über -die
Sekundärwicklung eines in die Hauptleitung geschalteten Reihentransformators Spannung
zugeführt wird, deren Höhe dem Stromdurchgang durch die Leitung proportional ist.
-
In einfachen Fällen wird man, statt den Hauptleiter aufzuspalten,
einen besonderen Hilfsleiter neben dem Hauptleiter verlegen und bei sonst grundsätzlich
gleicher Schaltung nur dessen Kondensatorwirkung für die Kompensation ausnutzen
und auf -seine Beteiligung an der Übertragung von Wirkleistung verzichten. Ein Beispiel
für eine solche Kompensation zeigt Abb.3. a bedeutet den Hauptleiter, b den im bestimmten
Abstand parallel dazu verlegten Hilfsleiter. Dieser ist mit dem Hauptleiter a nur
einmal, und zwar über den Reihentransformator T galvanisch verbunden. Die gegenseitige
Kapazität zwischen Haupt- und Hilfsleiter ist durch C angedeutet. Die primäre und
sekundäre Spannung des Reihentransformators T sind dem Stromdurchgang durch a proportional.
Infolgedessen wirkt die Kapazität C zwischen den Leitern a und
b so, als ob ein gleichwertiger Reihenkondensator (bei der Umrechnung ist
natürlich das Übersetzungsverhältnis des Transformators T zu berücksichtigen) unmittelbar
an Stelle des Reihentransformators T in die Hauptleitung a eingeschaltet
wäre. Damit ist die Kompensation für alle Belastungsverhältnisse .gesichert, ohne
daß die Betriebsspannung verändert zu werden braucht oder eine Regelung der Kompensationseinrichtung
nötig ist.
-
Abb. q. zeigt ein anderes Beispiel unter Verwendung von Kabeln. Die
Kapazität von Kabeln beträgt bekanntlich ein Vielfaches der Kapazität von Freileitungen.
Infolgedessen genügen hierbei kleinere Spannungen oder kürzere Längen, was in gewissen
Fällen von Vorteil ist.
-
Die folgenden Beispiele gemäß den Abb. 5 bis 8 zeigen Anordnungen,
bei denen beide Beläge der Zusatzkapazität C für die :Stromleitung nutzbar gemacht
werden, so daß Mehraufwendungen für Leistungsmaterial fortfallen.
-
In Abb. 5 ist der Hauptleiter L auf der Strecke in zwei Teilleiter
a und b gespalten und am Ende wieder zusammengeführt. TI, Ti und T4,
T4 bedeuten je einen Reihentransformator am Anfang und Ende der Leitungen bzw. an
-einer beliebigen Stelle auf der Zwischenstrecke; T2, T2 und T., T.' sind
Transformatoren, deren Primärwicklung T2 bzw.- T3 in der Mitte angezapft ist. An
diese Anzapfstellen wird die Hauptleitung L angeschlossen. Die Sekundärwicklungen
Ti' und T2 bzw. T3 und T4 sind in Reihe geschaltet, und zwar derart, daß die Spannung
zwischen den gespaltenen Leitern a und b in beiden Fällen gleichsinnig verläuft.
Bei dieser Schaltung sind in den Leitungen a und b zwei Ströme einander überlagert,
nämlich einmal der Nutzstrom der Leitung L, und zwar kann dieser die Primärwicklungen
T2 und T, ungehindert durchlaufen, da sich die Amperewindungen in den beiden Hälften
der Primärwicklungen jeweils gegenseitig aufheben, und zweitens der durch Pfeile
angedeutete Ladestrom über C, dessen Leistung transformatorisch auf die Primärwicklungen
T1 und T4 übertragen wird und hier die Kompensation der Leitung in der vorbeschriebenen
Weise bewirkt. Man hat es dabei in der Hand, die Kapazitätsleistung durch Abstand
und Durchmesser der Spaltleiter und durch das Übersetzungsverhältnis der Transformatoren
nach Wunsch zu bemessen und dadurch eine Teil-, Voll- oder Überkompensation der
induktiven Blindleistung der Leitung herbeizuführen.
-
Naturgemäß genügt in vielen Fällen der Einbau einer derartigen Einrichtung
an nur einer Stelle. Damit würden beispielsweise die T ransformatorwicklungen
l',', T4 und T4 fortfallen und die Wicklung T3 würde einen induktiven
Spannungsteiler bilden.
-
Abb. 6 stellt eine ähnliche Schaltung wie Abb. 5 dar, jedoch fehlen
hier die Wicklungen T2 und T3 ; und dies Transfornnatorwicirlungen T,' und T4 sind
unmittelbar an die Spaltleiter angeschlossen. T2" und T3 bilden hierbei einfache
Drosselspulen mit zwei Wicklungshälften, deren gute magnetische Verkettung in bekannter
Weise durch die Art der Ausführung-gewährleistet ist. Die Wirkungsweise
ist
hierbei die ,gleiche wie diejenige der Schaltung gemäß Abb. 5, so daß sich eine
weitere Erklärung erübrigt.
-
Abb.7 stellt eine noch weitere Vereinfachung der Schaltung dar. Hierbei
ist je Kompensationsstelle lediglich ein Reihentransformator R bzw. R' erforderlich.
Dabei führt das Ende der Primärwicklung R,, bzw. RI' zur Mittenanzapfung der Sekundärwick-1.ung
R2 bzw. R'2. Bei der Anordnung der Abb.7 sind zwei Reihentransformatoren R und R'
vorhanden. Wird auf den Reihentransformator R' verzichtet, so genügt an dieser Stelle
eine einfache Drosselspule mit Mittenanzapfung für den Anschluß der Hauptleitung.
-
Abb. 8 zeigt die gleiche Einrichtung unter Verwendung eines Kabels.
Dabei entsprechen der Bleimantel und der Leiter des Kabels den Spaltleitern der
vorherigen Beispiele. Es wird also hierbei der- Bleimantel für die Stromleitung
ausgenutzt.
-
Naturgemäß kann der Grad der Kompensation auch durch Zu- oder Abschalten
von Kapazitäten oder Induktivitäten in Reihe oder parallel zu den Spaltleitern eingestellt
werden. (Gegenüber den bekannten Anordnungen, bei denen die Kompensation im wesentlichen
durch Kondensatoren allein erfolgt, werden hierbei die Kondensatoren viel kleiner
und damit wesentlich billiger.) Man hat es somit in der Hand, den Grad der Kompensation,
ohne ihre Selbstregelung gegenüber Stromschwankungen zu beeinträchtigen, zu verstellen.
Dies kann beispielsweise dann erwünscht sein, wenn in einem Netzteil zur Zeit der
Spitzenlast Überkompensation und bei Grundlast Unterkompensation verlangt wird,
um damit die Größe der Spannungsschwankungen in anschließenden, nicht oder unvollständig
kompensierten Leitungsstrecken zu verringern.
-
Um zu hohe Beanspruchungen der Transformatoren und unzulässig hohe
Spannungen zwischen den Spaltleitern bzw. den Haupt-und Hilfsleitern zu vermeiden,
wird die Sättigung der Transformatoren zweckmäßig so gewählt, daß die Magnetisierungslinie
bis zur Vollastleistung angenähert gerade verläuft, jedoch bei Überlastung und insbesondere
bei Kurzschlüssen das Knie überschreitet und dadurch den weiteren Anstieg der Spannung
begrenzt.