DE6052C - Electro-telephonischer Apparat zur Diagnose der Herz- und Pulsbewegung - Google Patents
Electro-telephonischer Apparat zur Diagnose der Herz- und PulsbewegungInfo
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Description
1878.
Klasse 30.
S. TH. STEIN in FRANKFURT a. M. Elektro-telephonischer Apparat zur Diagnose der Herz- und Pulsbewegungen.
Patentirt im Deutschen Reiche vom 8. November 1878 ab.
Die medicinische Diagnostik hat in jüngster Zeit aus den epochemachenden Resultaten der
Physik sofort einen reichlichen Nutzen gezogen. So ist z. B. das Mikrophon von Seiten des
Herrn Dr. Thompson in London zu chirurgischdiagnostischen Zwecken angewendet worden. In
Deutschland haben Prof. Dr. Maas in Freiburg
und Dr. Ladendorf in St. Andreasberg auf diesem Gebiete gearbeitet und sowohl verschiedene
Sonden als auch das Stethoskop mit dem Mikrophon in Verbindung gesestzt (siehe Berlin, klin. Wochenschrift No. 30 und 38. 1878).
Ich habe diese und verschiedene andere Apparate geprüft und gefunden, dafs man wohl
die feinsten Bewegungsdifferenzen, welche in unfafsbar kleinen Schwingungen das Kohlenstäbchen
des Mikrophons erschüttern, mittelst des Telephons hörbar machen kann, aber auch
die Ueberzeugung gewonnen, dafs die meisten Anwendungsarten des Mikrophons zu ärztlichen
Zwecken, sei es auf dem Gebiete der Chirurgie oder der medicinischen Diagnose bei der hohen
Empfindlichkeit des Mikrophons selbst, bedeutende Fehler in sich schliefsen. Die geringste
Bewegung oder Reibung der Leitungsdrähte wird neben den gewünschten Explorationstönen
im Telephon mit gehört und die Explorationstöne selbst sind nur sehr schwach vernehmbar.
Wenn man sich nun klar macht, worauf eigentlich die eigenartigen akustischen Erscheinungen
in dem mit dem Mikrophon verbundenen Telephon beruhen, so sind es die rascheren oder weniger rascheren Unterbrechungen des
elektrischen Stromes, welche in der Platte des Telephons in hörbare Schwingungen umgesetzt
werden und durch Vermittelung unseres Trommelfells zur Empfindung der Hörnerven gelangen.
Für bestimmte Probleme, dachte ich mir nun, könnte man die Unterbrechung des elektrischen
Stromes ohne Mikrophon bewerkstelligen und solche mittelst des Telephons allein ebenso gut
hörbar machen. Ich fand bei meinen Versuchen, dafs man zu ärztlich-diagnostischen
Zwecken gar kein Mikrophon nöthig hat, sondern dafs das Telephon allein unter geeigneter
Anwendung vollkommen ausreicht, um die geringsten Bewegungen im menschlichen Körper
zu hören.
Als Beispiel führe ich den Pulsschlag an, dessen Bewegung man, wenn man den Radialpuls
mit dem Telephon durch eine Drahtleitung in Verbindung setzt, so laut im Telephon hört,
dafs, wenn in einem Zimmer nur einigermafsen Ruhe herrscht, man die Töne, ohne das Ohr
an das Instrument zu halten, im ganzen Zimmer vernimmt, und zwar macht sich nicht allein ein
einfacher Pulsschlag hörbar, oder bei der Doppelschlägigkeit der meisten Pulse, ein Doppelschlag,
sondern man vernimmt bei vielen Pulsen kleine Unterschläge.
Ich gebe anbei die Abbildungen zweier PuIscurven, Fig. 1 und 2 der beiliegenden Zeichnung,
welche mit dem von mir vor drei Jahren erfundenen »Photo -Sphygmographen« gewonnen
worden sind. Man sieht aus diesen graphischen Darstellungen, dafs auf die aufsteigende Systole
des Herzens eine Diastole folgt, welche zwei Unterabtheilungen hat, entsprechend den von
dem Herzen beeinflufsten Schwingungen des Arterienrohres. Diese Unterabtheilungen nun,
welche man mit dem fühlenden Finger kaum diagnosticiren kann, und die unter Umständen
ein wichtiges Argument zu irgend einer Diagnose geben können, hört man mittelst meines neuen
Apparates und des Telephons so deutlich und scharf begrenzt, wie selbst die Zeichnung des
Sphygmographen (automatischen Pulsaufzeichnungsapparates) den Eindruck nicht besser wiedergeben
kann.
Es ist in der That ganz erstaunlich, mit welcher Feinheit der Differenzirung und wie
vernehmlich die Pulstöne durch das Telephon dem Ohr zugeführt werden.
Der von mir zu diesem Zweck construirte ■ Apparat ist höchst einfach. Ich schnalle nämlich,
wie dies die beiliegende Abbildung zeigt, ein kleines, metallisches, federndes Knöpfchen
um das Handgelenk an die Stelle, wo der Radialpuls am fühlbarsten ist; über diesem
Knöpfchen befindet sich ein kleiner Bügel, der wiederum ein metallisches Knöpfchen trägt, das
mit einer feinen Platinspitze versehen ist, und welche Spitze man mit einer feinen Mikrometerschraube
dem auf der Arterie aufsitzenden Knöpfchen nähern kann. Das untere Knöpfchen ist mit dem positiven Pol, das obere mit
dem negativen Pol eines galvanischen Elements in Verbindung gebracht.
Der obere Stift ist natürlich von dem unteren Knöpfchen metallisch isolirt, so dafs der elektrische
Strom ohne Berührung von Stift und Knopf nicht geschlossen ist.
Die Schliefsung des elektrischen Stromes nimmt nun der Puls selbst vor und zwar wird
der Strom durch die feinsten Bewegungen des Arterienrohres in minimaler, längerer oder kürzerer
Zeit unterbrochen und diese Unterbrechungen werden einem in die Drahtleitung eingeschalteten
Telephon mitgetheilt und dort in Tonschwingungen umgesetzt.
Das Instrument ist in der beiliegenden Zeichnung dargestellt.
Fig. 3 zeigt eine perspectivische Ansicht des Apparates.
Fig. 4 zeigt die Anbringung desselben zur Untersuchung des Pulses auf dem Vorderarm.
Das kleine Instrument besteht aus einem Metallrahmchen A, welches man vermittelst der beiden
Gummibänder so um das Handgelenk schnallt, dafs das Knöpfchen c auf der Radialis
aufruht. Auf dem Rähmchen ist ein Bügel befestigt, der jedoch von dem ersteren elektrisch
isolirt ist, und zwar befindet sich eine Isolirung auf jeder Seite. An dem Bügel befindet sich
eine feine Mikrometerschraube, welche in eine Spitze ausläuft und zur Handhabung ein Knöpfchen
und zur Feststellung eine Bremsmutter enthält. Das Knöpfchen c befindet sich auf
einer Lamellfeder, die mit dem einen Ende auf dem Rähmchen aufgeschraubt ist. Die Klemmschraube
b wird mit dem positiven Pol des Elementes B durch einen Leitungsdraht verbunden.
Von dem negativen Pol des Elementes geht ein Leitungsdraht nach dem Telephon C
und von diesem zu dem kleinen Pulsapparat nach der Klemmschraube zurück.
Das Metallknöpfchen c ruht auf der Radialis, die Spitze der Mikrometerschraube befindet sich
darüber und kann mittelst der Mikrometerschraube dem auf der Feder aufgelötheten
Platinplättchen auf ein Minimum genähert oder entfernt werden. Der Grund dieser Vorrichtung
ist die verschiedene Lage der Radialis bei verschiedenen Menschen. Liegt die Radialis tiefer,
so mufs natürlich die Spitze der Mikrometerschraube dem Platinplättchen (dem Knöpfchen c)
genähert werden.
Wenn nun der Apparat in Gang gesetzt wird, so nähert der Pulsschlag das Knöpfchen c bezw.
das an der Feder angelöthete Platinplättchen der Spitze der Schraube, und während dieser minimalen
Bewegung wird eine mehrmalige Unterbrechung des elektrischen Stromes in ganz geringen Zeitintervallen
vorgenommen, welche so gering sind, dafs sie Schwingungen entsprechen, die sich in
der Hörplatte des Telephons als Töne charakterisiren. Und zwar machen sie genau den
Eindruck sehr lauter Herztöne, wie man solche mit einem auf das Herz aufgesetzten Stethoskop
aber nur sehr leise vernimmt.
Die in den Fig. ι und 2 graphisch dargestelllten
Pulse machen auf das Öhr folgenden Eindruck. Man hört jedesmal tim ti ti — tim.
ti ti etc., entsprechend dem Dikrotismus der Curven.
Will man diese feinen Bewegungen des Arterienrohres hören, so mufs natürlich der Stift
äufserst genau mittelst der Mikrometerschraube eingestellt sein, was sich nach einiger Uebung
im Auf- und Abschrauben der genannten Vorrichtung rasch erlernt. Das gleiche Instrument
kann man auch auf die Herzgegend mittelst eines längeren Bandes, welches um den Brustkorb
herumgeht, aufschnallen; ebenso auch auf andere Körpertheile, bei welchen man eine
Minimalbewegung mittelst des Gehörs controliren will.
Selbstverständlich können durch Einschaltung einer gröfseren Anzahl von Telephonen in den
Leitungsdraht so viel Personen, als man wünscht, an der Untersuchung sich betheiligen, ganz abgesehen
davon, dafs man, wenn es im Zimmer ruhig ist, auch die Puls- und Herztöne eines einzelnen Telephons, das auf dem Tisch stehen
kann, im ganzen Zimmer deutlich und ziemlich laut hört.
Bei Einschaltung mehrerer Telephone mufs selbstverständlich eine stärkere Batterie benutzt
werden. Je mehr Elemente angewendet werden, desto lauter ist der Höreffect. Zu starke Ströme
aber beeinträchtigen das Experiment, weil" der Funken an der Unterbrechungsstelle am Pulse
auf eine zu weite Entfernung überspringen würde.
Ich habe dieses Instrument, analog der Bezeichnung Sphygmograph, aufzeichnender Pulsmesser,
Sphygmophon, den sprechenden Pulsmesser, genannt.
Claims (2)
1. Die Herztöne und Pulsschläge des normalen und kranken menschlichen Körpers in ihren
charakteristischen Schwingungen vermittelst des Telephons in Verbindung mit dem oben
beschriebenen Apparat für das Gehör laut und vernehmbar zu machen, so dafs man
die Natur der Schwingungen rasch und leicht in höchst einfacher Weise beurtheilen
kann.
2. Der oben beschriebene Apparat, um dieses zu bewerkstelligen, wie beschrieben.
Hierzu I Blatt Zeichnungen.
Publications (1)
Publication Number | Publication Date |
---|---|
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Family
ID=284318
Family Applications (1)
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DE (1) | DE6052C (de) |
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