DE60118418T2 - Maurotoxin, pi1 und hstx1 derivate - Google Patents
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Description
- Die Erfindung betrifft Derivate von Maurotoxin, einem auf K+-Kanäle wirkenden kurzkettigen Skorpiontoxin, das durch vier Disulfidbrücken vernetzt ist. Die Derivate der Erfindung können bei der Behandlung von neurologischen Störungen von Nutzen sein, einschließlich immunologischer neurologischer Störungen, assoziiert mit ihrer Wirkung auf die Modulierung oder Blockierung von spezifischen K+-Kanälen der Subtypen Ca2+-aktiviert und/oder spannungskontrolliert. Die Erfindung umfaßt auch Arzneimittel, die die Derivate der Erfindung enthalten.
- Maurotoxin (MTX), ein Toxin aus dem Gift des tunesischen Chactidae-Skorpions Scorpio maurus palmatus, ist ein 34-mer-Peptid, das durch vier Disulfidbrücken vernetzt ist. Die Sequenz der Aminosäurereste in MTX ist VSCTGSKDCYAPCRKQTGCPNAKCINKSCKCYGC-NH2 [SEQ. ID NO. 1]. MTX gehört zu einer bestimmten Familie von kurzkettigen Skorpiontoxinen mit weniger als 40 Resten, die bei mehreren Kaliumkanalsubtypen aktiv sind (Kv- und KCa-Kanäle). Im Gegensatz zu den meisten auf K+-Kanäle wirkenden kurzkettigen Skorpiontoxinen kann diese Familie durch die Anwesenheit einer zusätzlichen Disulfidbrücke unterschieden werden (vier anstelle der üblicherweise in solchen Toxinen vorhandenen drei). Diese Strukturklasse umfaßt auch Pi1 [SEQ. ID NO. 2] und HsT×1 [SEQ. ID NO. 3] aus den Giften der Skorpione Pandinus imperator bzw. Heterometrus spinnifer. Diese Toxine sind bei der Sequenz zwischen 53 bis 68% identisch mit MTX, zeigen aber unterschiedliche pharmakologische Selektivitäten. Zum Beispiel sind MTX und Pi1 beide aktiv bei einigen Ca2+-aktivierten K+-Kanälen, z.B. Apaminsensitiven SK-Kanälen, wohingegen von HsT×1 berichtet wird, daß es bei diesen Kanaltypen inaktiv ist. Es wurde auch gefunden, daß MTX im Gegensatz zu synthetischem Pi1 bei Kv1.3-Kanälen der Ratte aktiv ist. Interessanterweise unterscheidet sich MTX durch sein einzigartiges Disulfidbrückenmuster strukturell von Pi1 und HsT×1, aber auch von anderen "klassischen" Skorpiontoxinen mit drei Disulfidbrücken. Bei den Toxinen mit drei Disulfidbrücken sind die halb-Cystin-Paarungen vom Typ C1–C4, C2–C5 und C3–C6 (z.B. Charybdotoxin, P05, Agitoxin 2, Leiurotoxin 1). Bei den kurzkettigen, mit vier Disulfidbrücken verknüpften Toxinen ist dieses Muster durch die Inserierung von zwei zusätzlichen halb-Cystinen innerhalb der Aminosäuresequenz verändert, eine liegt nach C3 und die andere nach C6. Als Resultat werden in Abhängigkeit vom Toxin experimentell zwei neue Muster von Disulfidbrücken gefunden: (i) ein Muster des Typs C1–C5, C2–C6, C3–C7 und C4–C8 bei Pi1 und HsT×1 (welches einer Organisation entspricht, die der ähnlich ist, wie sie bei den Toxinen mit drei Disulfidbrücken beobachtet wird), und (ii) ein ungewöhnliches Muster des Typs C1–C5, C2–C6, C3–C4 und C7–C8 in MTX. Diese beiden Muster besitzen gemeinsam die ersten beiden Disulfidbrücken, unterscheiden sich aber bei den restlichen zwei Disulfiden. Obwohl die Unterschiede bei den pharmakologischen Eigenschaften zwischen den kurzkettigen, mit vier Disulfidbrücken verknüpften Toxinen offensichtlich auf ihren unterschiedlichen Aminosäuresequenzen beruhen, ist es auch möglich, daß Veränderungen bei den halb-Cystin-Paarungen zu dramatischen oder diskreten Konformationsänderungen und Repositionierung der entscheidenden Reste beitragen, die in die Toxinselektivität involviert sind. Auf der pharmakologischen Ebene zeigt MTX eine ungewöhnlich erhöhte Spezifität, indem es – im picomolaren oder nanomolaren Konzentrationsbereich – bei Ca2+-aktivierten K+-Kanälen, d.h. Apamin-sensitiven, Ca2+-aktivierten K+ (SK)-Kanälen mit niedriger Leitfähigkeit und mehreren spannungskontrollierten (Kv) K+-Kanalsubtypen, einschließlich Kv1.2, aktiv ist.
- In J. Biol. Chem., Bd. 275, No. 18, S. 13605–13612, 2000, haben Fajloun et al. ein MTX-Derivat mit drei anstelle von vier Disulfidbrücken beschrieben, das durch Substitution der Cys-Reste, die an den Positionen 19 und 34 liegen bezogen auf die Zahlen entsprechend den Positionen C4 und C8), durch α-Aminobutyrat (Abu)-Reste entsteht. Dieses Derivat nimmt das α/β-Gerüst mit nun herkömmlichen halb-Cystin-Paarungen ein, die C1–C5, C2–C6 und C3–C7 verbinden, bleibt aber bei Mäusen bei intracerebroventrikulärer Injektion tödlich (LD50: 0,25 μg/Maus).
- Die Erfindung stellt ein Maurotoxinderivat bereit, bei dem ein oder zwei der Aminosäurereste von Maurotoxin durch unterschiedliche Aminosäurereste ersetzt wurden, was darin resultiert, daß das native Disulfidbrückenmuster (Cys3–Cys24, Cys9–Cys29, Cys13–Cys19, Cys31–Cys34) geändert ist zu Cys3–Cys24, Cys9–Cys29, Cys13–Cys31, Cys19–Cys34. Solche Derivate haben ein neues, hoch potentes und selektiveres pharmakologisches Profil.
- Wenn keiner der Reste an den Positionen 32 und 33 ein Gly- oder Pro-Rest ist, ist die Faltung auf eine solche Weise verändert, daß das MTX-Derivat das herkömmliche C1–C5, C2–C6, C3–C7 und C4–C8 von Pi1 und HsT×1 annimmt. Insbesondere der Ersatz des Gly-Rests an der Position 33 durch eine Ala-Rest-Substitution unter Bildung von [A33]-MTX [SEQ. ID NO. 4] ist wirksam. Die Substitution von Arg14 und/oder Lys15 durch Gln unter Bildung von [Q14]-MTX [SEQ. ID NO. 5], von [Q15]-MTX [SEQ. ID NO. 6] oder von [Q14, Q15]-MTX [SEQ. ID NO. 7] induziert auch halb-Cystin-Paarungen zwischen Cys3–Cys24, Cys9–Cys29, Cys13–Cys31 und Cys19–Cys34. Insbesondere [Q15]-MTX war 1000-mal potenter als [Abu9, 19, 29, 34]-MTX bei dem spannungskontrollierten Kv1.2 des Säugers (IC50=47 PM).
- Im Gegensatz zu natürlichem MTX, das bei C57/BL6-Mäusen tödlich ist (LD50 = 4 mcg/kg) sind MTX-Derivate wie [Q15]-MTX weder tödlich noch toxisch, wenn sie mit aktiven Konzentrationen intracerebroventrikulär in diese Mäuse injiziert werden. Die MTX-Derivate der Erfindung sind somit von potentiellem therapeutischem Wert für die Behandlung von Erkrankungen von Säugern (einschließlich des Menschen), die assoziiert sind mit einer Dysfunktion von Ca2+-aktivierten und/oder spannungskontrollierten Kv-Kanal-Subtypen. Solche Erkrankungen umfassen Immun- und/oder neurologische Krankheiten wie multiple Sklerose, die Parkinson- oder Alzheimerkrankheit, wobei bei beiden angenommen wird, daß sie mit einer Dysfunktion eines/von Ca2+-aktivierten und/oder spannungskontrollierten K+-Kanalsubtyps/Kanalsubtypen assoziiert sind. Die axonale Impulsverbreitung stellt eine kontinuierliche Übertragung von Nervensignalen zu entfernten Zielen sicher. Bei einer Reihe von Neuropathien ist die Nervenleitung entweder verlangsamt oder blockiert. Dies könnte mit einer Änderung oder funktionellen Veränderung von myelinisierten Fasern zusammenhängen (Demyelinisierung oder Änderung der Membraneigenschaften von Ranvier-Knoten). Unter diesen Neuropathien befinden sich die multiple Sklerose (zentrales Nervensystem; ZNS) und das Guillain-Barré-Syndrom (peripheres Nervensystem). Es ist jetzt allgemein anerkannt, daß die Veränderung der axonalen Funktion mit der Anwesenheit von spannungskontrollierten (Kv) K+-Kanälen (es gibt eine breite Verteilung von Kv1.1- und Kv1.2-Kanalsubtypen in Nervenenden im ganzen Gehirn, wohingegen man von Kv-Kanälen – unabhängig von ihren Subtypen – annimmt, daß sie ubiquitär sind, einschließlich im peripheren Nervensystem), und möglicherweise Ca2+-aktivierten K+-Kanälen zusammenhängt. Bei den vorstehend zitierten Neuropathien sind die Ca2+-aktivierten K+-Kanäle und die Kv-Kanäle entweder abnormal in demyelinisierten oder Entzündungsläsionen ausgesetzt oder überexprimiert. Daher sind selektive K+-Kanalblocker, einschließlich auf Ca2+-aktivierte K+-Kanäle wirkende und/oder auf Kv wirkende, von MTX abgeleitete Peptide wie [Q15]-MTX von potentiellem therapeutischem Wert bei der symptomatischen Therapie von multipler Sklerose und verwandten Neuropathien ebenso wie für die Verwendung als selektive immunsupprimierende Wirkstoffe durch ihre blockierende Wirkung auf Ca2+-aktivierte und/oder Kv-Kanäle. Es kann des weiteren spekuliert werden, daß solche Peptidblocker im ZNS die Freisetzung von Transmittern bei Übertragungswegen erhöhen könnten, die durch progressive neurodegenerative Krankheiten wie der Alzheimer-Krankheit betroffen sind.
Claims (7)
- Maurotoxinderivat, in dem ein oder zwei der Aminosäurereste von Maurotoxin durch andere Aminosäurereste ersetzt worden sind, so dass das native Disulfidbrückenmuster (Cys3–Cys24, Cys9–Cys29, Cys13–Cys19, Cys31–Cys34) zu Cys3–Cys24, Cys9–Cys29, Cys13–Cys31, Cys19–Cys34 geändert wird.
- Maurotoxinderivat nach Anspruch 1, in dem der Arg-Rest an Position 14 durch einen Gln-Rest ersetzt wurde ([Q14]-MTX) [SEQ ID NO: 5].
- Maurotoxinderivat nach Anspruch 1, in dem der Lys-Rest an Postion 15 durch einen Gln-Rest ersetzt wurde ([Q15]-MTX) [SEQ ID NO: 6].
- Maurotoxinderivat nach Anspruch 1, in dem der Arg-Rest an Position 14 und der Lys-Rest an Position 15 beide durch Gln-Reste ersetzt wurden ([Q14, Q15]-MTX) [SEQ ID NO: 7].
- Maurotoxinderivat nach Anspruch 1, in dem keiner der Reste an den Positionen 32 und 33 ein Gly- oder Pro-Rest ist.
- Maurotoxinderivat nach Anspruch 1 oder Anspruch 5, in dem der Gly-Rest an Position 33 durch einen Ala-Rest ersetzt wurde ([A33]-MTX) [SEQ ID NO: 4].
- Arzneimittel, umfassend ein Maurotoxinderivat nach einem der vorangegangenen Ansprüche im Gemisch mit einem pharmazeutisch akzeptablen Verdünnungsmittel oder Träger.
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