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Verfahren zur Herstellung von Thioharnstoff aus Rhodanammonium Es
ist bekannt, daß Rhadanammonium durch Erhitzen auf geeignete Temperaturen in Thioharnstoff
umgewandelt werden kann. Nach der herrschenden Theorie findet dabei molekulare Umlagerung
nach der Gleichung N H4 C N S = C S (N H,), statt.
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Der Umfang dieser Umlagerung hängt im wesentlichen von der Zeit und
der Höhe der Erhitzung des Rhodansalzes ab. Bei 1q.0° z. B. wird ein Gleichgewichtszustand
erreicht, bei dem die Masse etwa 28 % Thioharnstoff enthält. Es ist aber eine Erhitzung
von 8 Stunden erforderlich, um .diesen Zustand zu erreichen. Bei r8o° liegt dagegen
das Gleichgewicht bei etwa 2i-% Thioharnstoff, die Erhitzüngsdauer beträgt dann
,nur etwa 1/2 Stunde.
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Bei 18o° treten jedoch Zersetzungen auf, die einen Verlust von etwa
3 bis 5 % des gesamten Rhodanammoniums zur Folge haben, entsprechend 2o bis 30 %
des bei der Erhitzung. gewinnbaren Thioharnstoffes. -Dagegen ist der Verlust bei
14o° verhältnismäßig gering. -Die Zersetzung,des Thioh.arnstoffes erfolgt wahrscheinlich
gemäß folgender Gleichung: C S (N H2)2 --H2 S -j- C N # N H,
Das- Cyanamid
reagiert mit Rhadanammoniurn -unter Bildung von Guanidinrhodanid, das die Umwandlungsmasse
verunreinigt, wobei folgende Reaktion stattfindet: CN # NH2 --f- NH,CNS - CNS #
CN,Ho Guani.dinrhodani,d. Wenn der Zersetzungsschwefelwasserstoff nicht entfernt
wird, reagiert er mit N H4 C N S und bildet Ammoniumtrithiocarbonat nach dem Formelschema:
NH4CNS+2H2S-CS (SNH4) 2, das leicht absublimiert oder sich unter Bildung von Schwefelkohlenstoff
und Schwefelammonium zersetzt. Da :die aus einer Erhitzung erhältliche Ausbeute
an Thioharnstoff nur 15 bis 18 Gewichtsprozente der Masse beträgt, ist es
notwendig, die nicht umgewandelten Rückstände mehrmals zu behandeln, um eine möglichst
vollständige Umwandlung im Thioharnstoff zu erreichen. Durch die wiederholte Behandlung
vervielfachen sich die Verluste infolge Zersetzung. Daher kommt es, daß man nach
,den bisherigen Verfahren meistens praktisch nur 5o bis 6o °;o des Rhodanids als
Thioharnstoff gewinnen kann.
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Brei den bisher Verfahren, soweit sie die Darstellung von Thioharnstoff
aus Rhodanammonium zum Ziele haben, wird das Rhodanammonium-auf eine Temperatur
zwischen 14o° und z8oa erhitzt
und auf dieser Temperatur so lange
gehalten, als zur Erreichung des Gleichgewichts notwendig ist. Die Masse wird dann
in Wasser aufgelöst, vorzugsweise, während sie noch flüssig ist. Die Lösung wird
in ein doppelmanteliges Kühlgefäß übergeführt und mittels Eiswassers auf etwa 25'
und schließlich mittels Kältelauge auf etwa o° gekühlt.
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Unterhalb 25' beginnt ein Doppelsalz aus Thioharnstoff und Rhodanammonium
in langen feinen Nadeln auszukristallisieren. Beim Fortschreiten der Kühlung und
Kristallisation führen diese nadelförmigen Kristalle eine starke Verdickung des
Breies herbei, was die Verarbeitung desselben erheblich erschwert. Nach Beendigung
der Kristallisation wird das Doppelsalz abfiltri.ert, von neuem gelöst und wieder
gekühlt, um Thioharnstoff kristallisiert zu gewinnen.
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Gegenüber diesen bekannten Verfahren zur Gewinnung von Thioharnstoff
aus Rhodanammonium besteht das Verfahren gemäß der vorliegenden Erfindung im wesentlichen
darin, daß das Rhodanammonium, vorzugsweise unter vermindertem Druck, schnell auf
16o' erhitzt und dann verhältnismäßig langsam, zweckmäßig in einem doppelmanteligen
oder gut isolierten- Reaktionsbehälter, bis knapp oberhalb des Erstarrungspunktes
(iio bis i20') abgekühlt wird.
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Ferner wird gemäß der Erfindung die geschmolzene, gekühlte Reaktionsmasse
auf eine gekühlte, rotierende Scheibe oder Walze so aufgetragen, daß sie darauf
in Flocken oder kleinen Teilchen erstarrt.
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Gemäß der Erfindung wird das flockige oder schuppenförmige Reaktionsprodukt
in Wasser oder Mutterlauge von io bis 1q.' eingetragen, bis die entstehende Lösung
etwa 535 911 RZodanammonium enthält.
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Von den technischen Vorteilen des erfindungsgemäßen Verfahrens gegenüber
dem Bekannten ist in erster Linie die überraschend hohe Ausbeute an Thioharnstoff
zu nennen, die 85 % und mehr beträgt. Ein anderer technischer Fortschritt
liegt darin, daß zur Gewinnung von kristallisiertem Thioharnstoff aus der erstarrten
Reaktionsmasse eine besondere Kühlung der Salzlösung nicht notwendig ist. Aus der
in Flocken oder Schuppen, d. h. in fein verteilter Form, erstarrten Reaktionsmasse
löst sich das Rhodanammonium unter erheblicher Wärmebindung, die eine beträchtliche
Abkühlung der Lösung zur Folge hat. Bei einer Wassertemperatur von io bis 1q.' sinkt
so die Lösungstemperatur auf etwa io', bei einer Vorkühlung des Wassers auf q.'
sogar auf etwa 2o'. Bei io' hat aber Thioharnstoff in Wasser nur eine Löslichkeit
von 35 9/l, während Rhodanammonium sich zu 535 9/l löst. Die Ausbeute an
Thioharnstoff aus der Lösung ist also außerordentlich hoch, ohne daß eine kostspielige,
besondere Tiefkühlung der Lösung wie bisher notwendig ist.
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Schließlich liegt ein wichtiger Vorteil der Erfindung gegenüber der
bisherigen Thioharnstoffgew innung aus Rhodanammonium noch darin, daß das Doppelsalz
von RhodanaÜimonium und Thioharnstoff in Form eines feinen, pulverigen Niederschlages
erhalten wird, der leicht filtrierbar und in sonstiger Weise zu behandeln ist. Bei
den bisher bekannten Verfähren fällt das Doppelsalz in Form nadelförmiger Kristalle
an, die den Salzbrei sehr dick, unter Umständen sogar fest machen.
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Bei der Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird folgendermaßen
vorgegangen: Das zu verarbeitende Rhodanammonium wird schnell auf 16o' erhitzt und
etwa 2 Stunden auf dieser Temperatur gehalten. Dann wird über Nacht die Temperatur
allmählich auf i io' gesenkt. Die noch flüssige Masse wird auf einem Kühlapparat,
ähnlich einem Walzentrockner, zur Estarrung in Schuppen oder Flocken gebracht und
die letzteren mit Wasser, mit Mutterlauge aus der Kristallisation von Thioharnstoff
oder mit einem Gemisch beider bei einer Temperatur von io bis 1q.' behandelt. Die
Flüssigkeitsmenge wird so bemessen, daß die entstehende Lösung etwa 535 gil Rhodanammonium
enthält. Das als weißes, feines Pulver zurückbleibende Doppelsalz aus Thioharnstoff
und Rhodanammonium wird abfiltriert und zwecks Umkristallisation in heißem Wasser
gelöst, wobei gegebenenfalls ein entfärbendes und ein das Filtrieren erleichterndes
Mittel zugefügt werden. Nach Filtrierung in der Wärme wird gekühlt und der auskristallisierende
Thioharnstoff von der Mutterlauge getrennt. Die Kristallisation kann, wie üblich,
wiederholt werden.
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Die Mutterlauge vom Doppelsalz wird zur Trockne eingedampft und der
Rückstand mit frischem Rhodanammonium aufgearbeitet. Die Mutterlauge von der ersten
oder zweiten Thioharnstoffkristallisation kann zur Behandlung der in Schuppenform
erstarrten Reaktionsmasse dienen.
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Auf der Zeichnung ist teilweise in schematischer Ansicht und zum Teil
in einem senkrechten Schnitt eine zur Ausführung der Erfindung geeignete Anlage
dargestellt. Hierbei wird kristallinisches Rhodanammonium in einem doppelmanteligen
Schmelzgefäß I geschmolzen. Das Schmelzen erfolgt vorzugsweise unter vermindertem
Druck, wobei die Vakuumpumpe durch ein Rohr 2 an das Gefäß i angeschlossen ist.
Dem Hohlmantel des
-Gefäßes i wird Dampf durch ein Rohr 3 zugeführt.
Das Kondensat wird durch ein Rohr 4 abgeführt.
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Nach Erreichung der gewünschten Temperatur von i6o° wird die geschmolzene
Masse durch das Rohr 6 in- den Behälter 7 mit Hilfe von Druckluft, welche durch
ein Rohr 8 zugeführt wird, gedrückt. Der Behälter 7 ist isoliert oder mit einem
Doppelmantel versehen. Im letzteren Falle kann jede gewünschte Temperatur
innerhalb des Behälters genau eingehalten werden. Dem Mantelhohlraum wird durch
ein Rohr 9 Wasserdampf zugeführt, der durch ein Rohr io wieder abströmt.
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Nachdem die geschmolzene Masse in dem Behälter 7 bis zur Erreichung
der gewünschten Umwandlung verblieben und die Temperatur danach bis nahe an d'en
Erstarrungspunkt gefallen ist, wird die Masse durch ein Rohr 12 auf eine die Masse
in Flocken oder Schuppen zerteilende Walze 13 abgelassen.
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Die Walze 13 wird mit Hilfe eines Motors 14 und eines Riemens 15 in
langsame Umdrehung versetzt und auf einer zur vollständigen Verfestigung der Umwandlungsmasse
ausreichend tiefen Temperatur mit Hilfe von Kühlwasser, das dem Innern der Wälze
durch ein Rohr 16 zugeführt wird, gehalten. Die geschmolzene Masse wird in einer
dünnen Schicht über die Walzenoberfläche verteilt, auf der sie in einer dünnen Schicht
erstarrt, die mittels eines Schabers 17 von der Walze in Form dünner Schuppen entfernt
wird, welche von einem Becherwerk 18 in einen Trichter 2o übergeführt werden.
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Die in Schuppenform anfallende Umwandlungsmasse wird aus dem Trichter
2o in einen Auflösungsbehälter 2i entleert und hier mit einer geeigneten Menge von,
Wasser oder Mutterlauge gemischt. Die Flüssigkeit wird mit einer Temperatur von
io bis 14° aus einem Behälter 23 durch ein Rohr 24 in den Auflösungsbehälter eingelassen.
Während des Mischens mit Wasser wird das Ammoniumthiocyanat schnell aufgelöst, wobei
sich die Lösung auf etwa io° abkühlt.
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Das Doppelsalz von Rhodanammonium und Thioharnstoff ist bei dieser
Temperatur sehr wenig löslich und bleibt ungelöst in Form eines weißen Niederschlags.
Der Salzbrei wird mittels einer Pumpe 25 einem Filter 26 zugeführt, in dem das Doppelsalz
von der Mutterlauge getrennt wird. Die Mutterlauge besteht hauptsächlich aus Rhodanammoniumlösung
und wird durch das Rohr 27 in den Eindampfer 28 übergeführt, während das Doppelsalz
in einen Trichter 29 und von dort in den Auflösungsbehälter 31 gelangt.
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In dem Behälter 31 löst man das Doppelsalz in Wasser, das durch ein
Rohr 33 zugeführt wird, oder in einer durch ein Rohr 34 zugeführten Mutterlauge
aus einer späteren Stufe des Verfahrens. Die Flüssigkeit wird auf eine Temperatur
erwärmt, bei welcher das Doppelsalz gut löslich ist, z. B. auf etwa 6o°. Die Erwärmung
erfolgt mittels einer in dem Behälter liegenden Dampfschlange 35. Eine Rührvorrichtung
36 dient dazu, die Auflösung des Doppelsalzes zu erleichtern.
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Der Lösung kann Entfärbungskohle oder ein anderes, das Filtrieren
erleichterndes Mittel zugesetzt werden, um die Entfernung von organischen färbenden
Stoffen und anderen Verunreinigungen, wie Kohlenstoff oder Schwefel, zu befördern.
Mittels Druckluft, die durch ein Rohr 37 zugeführt wird, wird die heiße Lösung durch
ein Rohr 38, ein Filter 39, in welchen die Feststoffe entfernt werden, und ein Rohr
40 in einen Kühlbehälter 42 gedrückt.
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In dem Behälter 42 wird die Lösung durch eine Kühlschlange 43 auf
etwa o ° abgekühlt, um den Thioharnstoff zur Kristallisation zu bringen. Mittels
Druckluft, welche durch ein Rohr 44 zugeführt wird, wird der Kristallbrei sodann
durch ein Rohr 46 zu einem Filter 48 übergeführt, in welchem der kristallisierte
Thioharnstoff zurückgehalten wird. Die Thioharnstoffkristalle enthalten gewöhnlich
95 % oder mehr Thioharnstoff und sind für die meisten technischen Zwecke
schon genügend rein.
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Die Mutterlauge läuft von dem Filter 48 durch die Rohre 49 und 5o
zu dem Behälter 23. Sie dient zur Auflösung einer weiteren Menge des in Schuppen-
oder Flockenform übergeführten Umwandlungsgutes. Die Mutterlauge kann dabei vorher
mit Wasser gemischt werden, das dem Behälter 23 durch ein Rohr 52 zugeführt wird.
Wie bereits angegeben, soll das Wasser oder die Lauge vorzugsweise eine Temperatur
zwischen io und 14° bei ihrer Verwendung haben. Wenn es erforderlich ist, sie auf
diese Temperatur zu kühlen, so kann diese Kühlung durch eine Kühlschlange in dem
Behälter 23, durch Zusatz von Eis zu der Lauge oder in sonst geeigneter Weise erfolgen.
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Zwecks weiterer Reinigung des in dem Filter 48 gewonnenen Thioharnstoffes
werden die Kristalle von neuem, vorzugsweise in frischem Wasser, gelöst. Dazu dient
ein Behälter 54, der mit einem Doppelmantel oder mit einer Schlange 55 zur Erwärmung
und Kühlung versehen ist. Die Thioharnstoffkristalle werden dem Kessel 54 aus einem
Trichter 56 zugeleitet und vermittels eines Rührers 58 mit Wasser gemischt, das
durch ein Rohr 59 zutritt. Die Mischung wird erwärmt, bis die Kristalle vollständig
gelöst sind. Die Lösung wird dann wieder gekühlt, um den Thioharnstoff erneut zur
Kristallisation
zu bringen, worauf der Schlamm durch ein Rohr 6o
mit Hilfe von Luft, die durch ein Rohr 63 zu dem Kessel 54 tritt, einen Filter 62
zugeführt wird.
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Die in dem Filter 62 gewonnenen Thioharnstoffkristalle sind sehr rein
und haben trocken einen Thioharnstoffgehalt von 991/0 oder mehr. Die Endlauge wird
aus dem Filter durch ein Rohr 65 abgezogen, aus welchem sie durch Rohre 66 und 5o
dem Behälter 23 oder durch Rohre 34 dem Behälter 31 zufließt. In jedem Falle
wird die Lauge in einer früheren Stufe des Verfahrens wieder benutzt oder aufgefrischt.
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In dem Eindampfer 28 wird ein Vakuum mit Hilfe einer nicht dargestellten
Vakuumpumpe aufrechterhalten, die mit dem DampfauslaP 72 verbunden ist. Der Eindampfer
wird durch Wasserdampf erhitzt, der durch ein Rohr 73 zutritt und durch ein Rohr
74 austritt.
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Frisches Rhodanammonium wird zu den Feststoffen der Mutterlauge in
dem Kessel i zugesetzt. Die Mischung wird geschmolzen und auf die Umwandlungs,temperatur
erhitzt, worauf sie, wie oben beschrieben, auf Thioharnstoff verarbeitet wird.