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Verfahren zur Herstellung von Vulkanfiber Die Erfindung bezieht sich
auf die Behandlung.von Cellulose, um diese zu gelatinieren oder zu lösen, und findet
insbesondere bei der Herstellung von Vulkanfiber o. dgl. Anwendung. .
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Man hat bereits. vorgeschlagen, die lösenden Eigenschaften von Calciumthiocyänatlösungen
gegenüber der Cellulose bei der Herstellung von Vulkanfiber auszunutzen, um Cellulose
zu gelatinieren. Gemäß diesem älteren Vorschlag wird cellulosehaltiges Material,
z. B. Baumwollumpenpapier, mit Calciumthiocyanatlösungen von solcher Konzentration
behandelt, daß sie bei i57° C sieden, und zwar vorzugsweise mit solchen, die saure
Reaktion zeigen. Das Papier wird mit einer solchen Lösung etwa 30 Sekunden
lang bei einer Temperatur von 13o° behandelt und darauf in der üblichen Weise gewaschen
und getrocknet. Eine Herabsetzung der Behandlungstemperatur ist dabei nicht möglich,
da die Calciumrhodanidlösüngen so konzentriert sind, daß sie bei Herabsetzung der
Temperatur zu zähflüssig oder sogar - bei Zimmertemperatur - fest werden, insbesondere,
wenn sie eine saure Reaktion aufweisen. Beim Arbeiten mit den :genannten hohen Temperaturen
der älteren Verfahren tritt aber sehr leicht eine Beschädigung des behandelten Materials
ein. Man erhält vielfach ein Endprodukt, das in bezug auf Festigkeit und Aussehen
sehr zu wünschen übrigläßt.
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Gemäß der. Erfindung wird nun bei der Herstellung von Vulkanfiber
durch Behandeln von cellulosehaltigem Material mit Calciumrhodanidlösungen so vorgegangen,
daß das cellulosehaltige Material bei gewöhnlicher Temperatur mit einer Calciumrhodanidlösung
behandelt wird, die einen gewissen Zusatz von Formaldehyd enthält. Überraschenderweise
hat sich nämlich herausgestellt, daß ein Zusatz von Formaldehyd zu der Calciumrhodanidlösung
die Behandlung des cellulosehaltigen Materials zwecks Herstellung von Vulkanfiber
auch bei gewöhnlicher Temperatur gestattet.
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Das erfindungsgemäße Verfahren wird vorzugsweise so "durchgeführt,
daß die Behandlung in einem einzigen Arbeitsgang mit einer neutralen oder alkalischen
Calciumrhodanidlösung durchgeführt wird, die bei gewöhnlicher Temperatur im wesentlichen
frei von Kristallbildung ist. Man benutzt hierfür eine Lösung, die bei etwa 13o
bis 14o° siedet und etwa 15 bis 3004 Formaldehyd enthält. Es ist zweckmäßig,
die Faser nicht bis zur vollständigen Gelatinierung in dem Behandlungsbad zu lassen,
sondern-sie nach kurzer
Zeit daraus zu entfernen und dann flach
ausgebreitet liegenzulassen, bis eine -Gelatinierung in dem gewünschtem Maße eintritt.
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Es ist ersichtlich, daß die Art der Behandlung der Faser gewissen
Abänderungen unterliegen kann, beispielsweise hinsichtlich der Behandlungsdauer,
der Konzentration der Lösung, der Art und Beschaffenheit des cellulosehaltigen Stoffes,
des Druckes u. dgl., je nach dem durch das Verfahren zu erreichenden Ergebnis. Beispielsweise
wird folgendermaßen vorgegangen: Baumwollumpen- oder Holzschliffpapier wird durch
ein Bad geführt, das drei Teile einer 8o°;oigen Lösung von Ca (CNS)2-3 H20 und einen
Teil Formaldehyd enthält. Die Reaktion der Lösung ist vorzugsweise neutral oder
schwach alkalisch, und die Temperatur der Lösung wird auf einem beliebigen Punkt
innerhalb des annähernden Bereichs von 2o bis q.0° C gehalten. Höhere Temperaturen
müssen vermieden werden. Das Papier wird durch das Bad mit einer Geschwindigkeit
geführt, die eine vollständige Durchnässung ermöglicht, ohne .daß das Papier längere
Zeit in dem Bad bleibt. Es wird dann, wie bei dem älteren Verfahren, auf eine große
Trommel gewickelt; die jedoch nicht geheizt wird. Nachdem eine genügende Anzahl
von Papierschichten auf die Trommel gewickelt worden ist, uin ein Blatt von gewünschter
Stärke zu erhalten, nimmt man es ab, schneidet es auf die gewünschte Größe und läßt
es 30 Minuten bis zu mehreren Stunden flach ausgebreitet liegen, damit Gelatinierung
eintreten kann, und es wird dann mit oder ohne Anwendung von Wärine gepreßt, gewaschen,
vorzugsweise nach dem Gegenstromprinzip, getrocknet und .nochmals gepreßt, so daß
es ein flaches Blatt aus harter Faser bildet, das gebohrt, mit Werkzeugen bearbeitet
und poliert werden kann.
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Obwohl ein Anhaften zwischen den aufeinandergel.egten Schichten oder
Lagen der Faser vor dem erstem Preßvorgang eintreten kann, ist eine solche Pressung
erwünscht, um ein inniges Anhaften der Schichten aneinander zu sichern.
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Die für die Gelatini.erung erforderliche Zeit wechselt erheblich,
je nach der Beschaffenheit des behandelten Ausgangsstoffes und den gewünschten Eigenschaften
und wird am besten für die jeweiligen Bedingungen durch einen Vorversuch bestimmt.
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Die Behandlung der Cellulose gemäß der Erfindung bietet zahlreiche
Vorteile. Es sind keine hohen Temperaturen erforderlich. Heiße Lösungen von Calci.umthiocyanat
wirken viel stärker korrodierend, besonders wenn sie sauer sind, als die kalten,
weniger konzentrierten und neutralen oder alkalischen Lösungen, die im vorliegenden
Verfahren bevorzugt werden. Kalte Calciumthiocyanatlösungen verursachen -weniger
berufliche Schädigungen als heiße Lösungen. Außerdem vermindert die Anwesenheit
von Formaldehyd in der Lösung deren korrodierende Wirkung.
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Die früher vorgeschlagenen Lösungen werden in der Kälte fest, besonders
wenn sie saure Reaktion zeigen, und erfordern Heizschlangen, isolierte Rohrleitungen
u. dgl.
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Die in dem älteren Verfahren bevorzugte Calciumthiocyanatlösung mit
einem Siedepunkt von i57° C ist sehr zähflüssig und würde, wenn sie auch bei 13ö°
C auf das Papier gebracht wird, auf dessen Oberfläche schnell abkühlen und dabei
noch zähflüssiger oder sogar auskristallisieren, wodurch das Abnehmen von den Formwalzen
erschwert wird. Auf diese Weise gelangt viel überschüssige Lösung in die Waschbottiche.
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Es hat sich ergeben, daß neutrale öder alkalische Calciumthiocyanatlösungen
sehr viel weniger leicht kristallisieren als saure LÖ-sungen. Außerdem sind die
hier bevorzug ten Calciumthiocyanatlösungen mit einem Siedepunkt von etwa 13.I°
C zwar zähflüssig, haben- aber keine Neigung, bei gewöhnlicher Temperatur zu kristallisieren.
Der Zusatz von Formaldehyd vermindert die Zähflüssigkeit einer solchen Lösung und
verstärkt erheblich ihre gelatinierende Wirkung.
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Außerdem findet bei dem erwähnten älteren Verfahren und ebenso bei
dem bekannten Zinkcbloridverfahren die Gelatinierung der Cellulose im Behandlungsbad
statt. Infolgedessen ist die Faser beim Austritt aus dem Bad sehr empfindlich und
erfordert außerordentliche Sorgfalt bei der Behandlung, damit sie nicht beschädigt
wird.
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Gemäß der vorliegenden Erfindung dagegen tritt die Gelatinierung in
dem Behandlungsbad nicht in irgendeinem wesentlichen Maße ein. Die austretende Faser
hat noch einen großen Teil ihrer ursprünglichen mechanischen Festigkeit. Die Blätter
können ohne Schwierigkeit von der Formwalze entfernt werden. Außerdem zeigt die
gemäß dem Verfahren erhaltene härte Faser nicht die Neigung, Blasen zu ziehen, die
bisher die Ursache vieler Störungen und Verluste bei der Hefstellung vulkanisierter
Fasern bildete. Die Blasenbildung wird dadurch verursacht, daß in dem Papier Stellen
vorhanden sind, die nicht in demselben Maße wie die umgebenden Flächen gelatiniert
worden sind und infolgedessen in dem Faserblatt nicht an den benachbarten Schichten
anhaften. Besonders wird bei dem Zinkchloridverfahren infolge der außerordentlich
kurzen, für die Einwirkung des Bades auf das Papier zulässigen
Zeit
die Gleichförmigkeit des Gelatinierungsgrades sehr unsicher. Eine dichte Fläche
in dem behandelten Papier wird ungenügend gelatiniert, weil sie verhältnismäßig
weniger absorptionsfähig ist als das umgebende Papier.
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Das Verfahren gemäß der Erfindung hat einen weiteren Vorteil gegenüber
dem erwähnten bekannten Zinkchloridverfahien, weil die Entwicklung von Pilzen, die
bei der gemäß dem älteren Verfahren behandelten Faser besonders in den warmen Monaten
auftritt und zur Bildung weißer und bröckliger Stellen führt; bei der Behandlung
der Faser gemäß der Erfindung aber nicht auftritt. Offenbar gestatten Fasern, die
mit Hilfe von Thiocyanatlösungen mit einem Gehalt von. etwa 250/, Formaldehyd
hergestellt worden sind, eine Entwieklung von Pilzen nicht.