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Verfahren zur Unschädlichmachung von Härtebildnern und Salzen bei
Seifvorgängen Für viele, insbesondere gewerbliche Zwecke, bei welchen Seifvorgänge
vorgenommen werden müssen, bringt die Gegenwart von Härtebildnern oder Salzen in
den zur Verwendung gelangenden natürlichen Wässern schwere Störungen mit sich. Es
gibt freilich Verfahren, um diese Wässer künstlich von der Härte zu befreien (Kalksoda-,
Permutitverfahren usf.), aber diese Verfahren bedingen nicht nur besondere Einrichtungen
und ständige Aufsicht bei ihrem Betriebe, sondern es ist meistens eine wirtschaftliche
Unmöglichkeit, derartig gereinigtes Wasser in den erforderlichen, oft überaus großen
Mengen herzustellen oder in Vorrat zu halten. In der Textilindustrie ist es sehr
häufig notwendig, die Ware durch eine Seifoperation zu reinigen oder sonstige Effekte
-durch Behandlung mit Seifenlösungen zu erzielen. Nun ist es vielleicht noch
möglich, reines Wasser in solchen Mengen bereitzustellen, um den Seifvorgang als
solchen unbehindert von Störungen durch Härtebildner durchzuführen, es muß aber
dem Seifvorgang immer noch ein Waschvorgang folgen, um die Seife bzw. die von ihr
aus der Ware herausgeholten Verunreinigungen von der Ware zu entfernen. Dieses Auswaschen
erfordert ein Vielfaches jener Wassermenge, die für die Seifoperation erforderlich
war, und zum Spülen muß dann fast ausschließlich natürliches, mit Härtebildnern
beladenes Wasser verwendet werden. Bei diesem Waschvorgang sind nun die für die
Ware schädlichsten, weil für die Bildung von Kalk- und anderen Seifen günstigsten
Bedingungen vorhanden, denn durch das Ausspülen verringert sich ständig die an und
in der Ware aufgespeicherte Seifenmenge, während die Menge der Härtebildner in den
großen Spülwassermengen immer steigt. Hierbei wird die Seife, welche sich in der
Ware noch befand, vollständig in Kalkseife verwandelt, und diese verleiht der Ware
einen harten Griff, macht sie klebrig und bringt bekannte Störungen hervor. Schon
seit vielen Jahren sind nun Körper bekannt, welche den eigentlichen Seifen chemisch
nahestehen und die mit den Härtebildnern, wie Kalk oder Magnesia, wasserlösliche
Verbindungen bilden, denen auch eine weitgehende Salzunempfindlichkeit innewohnt
und die sich ferner durch gute Netzkraft und sonstige gute, den Veredelungsprozeß
fördernde Eigenschaften auszeichnen. Als Urtyp derartiger Körper ist die Monopolseife
anzusehen. Diesem Erzeugnisse ist eine große Reihe ähnlicher, wenn auch chemisch
verschiedener Körper gefolgt, welche gleichfalls in der Industrie Eingang fanden
und die gleichen, hier in Betracht kommenden Eigenschaften gegenüber Härtebildnern
und Salzlösungen zeigen. Es ist durchaus möglich, die Schäden durch die Härtebildner
zu beseitigen, wobei aber diese Körper in Mengen anzuwenden sind, welche mindestens
ebenso groß sein müssen, wie es die chemische Gleichung für die Reaktion zwischen
Härtebildnern und Fettsäure verlangt. Dem steht aber entgegen, daß der wesentlich
höhere Preis derartiger Körper ihre Anwendung in der Praxis unwirtschaftlich macht,
abgesehen davon, daß derartige kalk- und salzunempfindliche Ölpräparate
in
Schaumkraft und manchen sonstigen, den reinen Seifen innewohnenden Eigenschaften
gegenüber diesen stark zurückstehen.
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Es wurde nun die überraschende Beobachtung gemacht, daß die günstigen
Wirkungen dieser Körper auch dann voll zur Geltung kommen, wenn Mischungen von Seifen
und derartigen Körpern verwendet werden, wobei aber die Zusätze an diesen Körpern
sehr weit unter den durch die stöchiometrischen Gesetze vorgeschriebenen Mengen
stehen. Ein Beispiel möge dies erläutern: Beispiel i In einem Wasser von 12' deutscher
Härte soll Ware geseift werden, welche sonst in Kondenswasser mit Zugabe von 49
Seife von 6o0/, Fettsäuregehalt behandelt wird. Bei Benutzung des angeführten Wassers
von i2° deutscher Härte wird der gleiche Erfolg erzielt, wenn auf 1 1 Wasser genommen
werden: 3 g Seife und o,6 g eines gegenüber Kalk und Salzen unempfindlichen Ölpräparates,
das ungefähr 6o0/, Fettsäure und 4,30/, SO.. enthält.
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Hieraus geht hervor, daß der Zusatz an Ölpräparat, mit welchem die
gewünschten Effekte erzielt werden, nur etwa ein Drittel und noch weniger so groß
sein muß, wie den stöchiometrischen Gesetzen entspräche. Bei diesem Verfahren zeigt
sich zwar bereits eine Ausscheidung infolge der Wechselwirkung zwischen Seife und
Härtebildnern, doch unterscheidet sich diese Ausscheidung ganz wesentlich von der
bekannten, klebrigen und in geballter Form sich abscheidenden Kalkseife u. dgl.
Sie stellt nämlich einen leichten, in den Händen zerreiblichen und immer wieder
zur Schaumbildung neigenden Körper vor, dem die Klebrigkeit der Kalkseife fast vollständig
fehlt und welcher von der Ware leicht abzuspülen ist, während dies bei Kalkseife
bekanntlich nur durch chemische Beeinflussung, nämlich Zersetzung mit Säure und
nachträgliche Verseifung, gelingt.
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Ferner zeigt sich als ganz besonders auffällige Erscheinung, daß beim
Arbeiten nach diesem Verfahren die Menge gewöhnlicher Seife erheblich herabgesetzt
werden kann, derart, daß auch bei härteren Wässern mit geringeren Seifenmengen,
als solche sonst erforderlich sind, das Auslangen gefunden wird. Man muß daher annehmen,
daß der entstandene Komplex zwischen Kalkseife und Ölpräparat sich direkt am Waschvorgang
beteiligt. .
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Eine Erklärung des ganzen Verfahrens und der letzterwähnten, gleichfalls
auffälligen und überraschenden Erscheinung geben die Lehren der Kolloidchemie, wie
überhaupt das geschilderte Verfahren auf kolloidchemischen Grundsätzen und systematischen
wissenschaftlichen Untersuchungen aufgebaut wurde. Als bekannt darf vorausgesetzt
werden, daß jede Ausfällung von Kolloiden, zu deren spezifischen Vertretern die
Seifenlösungen gerechnet werden dürfen, zur Vorbedingung hat, daß ein gewisser Dispersitätsgrad
unterschritten werde. Bei der Einwirkung von Härtebildnern, z. B. Kalksalzen, auf
Seife findet diese Unterschreitung sehr rasch statt. Die kleinen Teilchen treten
zu gröberen zusammen, bis ein gewisses Maximum erreicht wird und demzufolge die
Ausscheidung erfolgt. Während diese Ausscheidung infolge der Vergröberung der Teilchengröße
bei der Einwirkung von Härtebildnern auf Seife sehr leicht stattfindet, geben die
erwähnten Ölpräparate mit Härtebildnern überhaupt nur Teilchen von erheblich feinerem
Dispersitätsgrad, bei welchem nach den kolloidchemischen Gesetzen zu einer Ausscheidung
keine Ursache vorliegt. Es wurde nun der Versuch unternommen, ob es nicht möglich
sei, die Teilchengröße der Komplexe aus Härtebildnern und Fettsäure durch Zugabe
von Ölpräparat derart zu beeinflussen, daß die Dispersität dieser Mischung bis zu
einem Ausmaße gesteigert werde, um die Zusammen= ballung der gewöhnlichen Kalkseifen
und deren Ausfällung oder deren Abscheidung in der schädlichen, schmierigen Form
zu verhüten. Es hat sich in der Tat gezeigt, daß dieser Erfolg sich einstellt, und
zwar, was den kolloidchemischen Erfahrungen durchaus entspricht, nicht bei den gleichen
Mischungsverhältnissen, wie es den stöchiometrischen Gesetzen entspricht, sondern
bei anderen Mischungsverhältnissen, und zwar bei solchen, in welchen die durch die
stöchiometrischen Gesetze gegebenen Gewichtsverhältnisse weit unterschritten sind.
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Eine volle Bestätigung fanden diese Erfahrungen durch Messungen, welche
am Ultramikroskop gemacht wurden. Hierbei ergab sich unter bestimmten, in allen
Fällen einer vergleichenden Untersuchung gleichen Bedingungen, daß, wenn man Lösungen
von Seife in hartem und von Seife in destilliertem Wasser als Grenzpunkte annimmt,
bei weit unter den stöchiometrischen Grenzen liegenden Mischungen von Seife mit
Ölpräparat die Teilchenzahl in hartem Wasser sich überaus stark jener der Lösungen
von Seife in destilliertem Wasser nähert. Diese Erscheinung ist der Peptisation
von Kolloiden durchaus analog. Schon verhältnismäßig kleine Mengen von Ölpräparat
wirken der Kalkseife gegenüber als Peptisationsmittel. Die genannten Stoffe besitzen
diese Fähigkeiten einerseits dank ihrer Neigung zur Komplexbildung mit der Kalkseife,
anderseits dank ihrer Beziehungen zum Lösungsmittel (Hydratation), welche dem kolloiden
System die Stabilität verleiht. Die- kolloiden Kalkseifenteilchen werden also schon
durch geringe Mengen Ölpräparat, mit welchen sie Komplexe bilden, vor dem Zusammentreten
und Ausscheiden geschützt, aber auch wenn durch weiteres
Verdünnen
mit hartem Wasser eine Ausscheidung erfolgt, wird die Feinstruktur des Niederschlages
eine für das Wegspülen geeignete Beschaffenheit erlangen.
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Es war daher im Einklange mit der Theorie, daß in der Praxis bei Verwendung
derartiger Mischungen sich bei Seifvorgängen ähnliche Erfolge einstellten wie bei
der Verwendung von enthärtetem Wasser. Gegenüber diesem ergaben sich aber weitere,
überaus wichtige Vorteile. Die bewußten Ölpräparate sind durch ihren hohen Dispersitätsgrad
mit der Eigenschaft ausgezeichnet, die Fasern bis in den Kern zu durchdringen, indem
sie überaus leicht osmotisch ins Faserinnere diffundieren. Gewöhnliche Seifenlösungen,
insbesondere aber Kalkseifen usf., bleiben an der Außenseite der Fasern haften und
können nicht in das Innere gelangen. Wenn man nun mit früher beschriebenen Gemischen
von Seife und Ölpräparat den Seifvorgang durchführt, lagert sich anscheinend letzteres
im Faserinnern ein, und wenn dann beim Waschvorgang die die Ware imprägnierende
Seifenlösung verdünnt wird, so wird zunächst die an der Außenseite der Fasern abgelagerte
gewöhnliche Seifenlösung bzw. die Ausscheidung abgespült und von dem langsam aus
der Faser herausdiffundierenden Ölpräparat von der Faser abgelöst. Das Ölpräparat
bildet also eine Art Schutzmittel, damit der außerordentliche Kalküberschuß, der
sich beim Waschen durch das Zubringen der großen Flüssigkeitsmengen ergibt, auf
der Faser - sich in keiner Weise als Metallseife festsetzen kann. Ähnliche Vorgänge
spielen sich auch bei salzhaltigen Wässern ab. Das Verfahren ist daher auch bei
Seif- und Waschvorgängen, die mit Meerwasser durchgeführt werden, hervorragend gut
anwendbar.
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Wenn in alten Druckschriften, z. B. in der amerikanischen Patentschrift
585 347, davon gesprochen wird, daß Ölpräparate im Gemenge mit Seife verwendet werden
können, um die schädlichen Wirkungen der Härtebildner hintanzuhalten, so wurde bei
diesem Verfahren niemals zum Ausdruck gebracht, daß die Wirkungen auch dann erreicht
werden können, wenn mit Mengen des Zusatzes von Ölpräparat gearbeitet wird, die
weit unter den stöchiometrischen Grenzen liegen. Nur die kolloidchemischen Forschungen
neuester Zeit gestatteten überhaupt, an ein Verfahren der beschriebenen Art zu schreiten,
und sie haben hierfür sowohl die wissenschaftliche Grundlage als auch die Erklärung
des überraschenden Vorganges geschaffen.
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Eine weitere Verbesserung des beschriebenen Verfahrens erreicht man,
wenn den angegebenen :Mischungen zwischen Seife und Ölpräparat Stoffe einverleibt
werden, die die günstigen kolloidchemischen Eigenschaften fördern, d. h. den Dispersitätsgrad
derartiger Lösungen zu erhöhen oder, mit anderen Worten, die Stabilität der Suspension
zu sichern imstande sind bzw. als Peptisationsmittel wirken. Als solche Körper haben
sich vorteilhaft- erwiesen: Harnstoff, Aminosäuren, Abbauprodukte der Gelatine,
lösliche Laktate, Phosphate, Borate, Silikate u. dgl. Diese Körper werden dem Seifengemisch
in geringer Menge zugefügt. Beispiel 2 Es liegt ein Wasser von 40' deutscher Härte
vor. Während bisher zur Ausführung des Seifvorganges bei billiger und leichter Ware
6 g Seife mit 6o0/0 Fettsäure auf den Liter genommen werden mußten, wobei Störungen
durch Kalkseifen in erheblichem Maße auftraten, lassen sich diese Störungen praktisch
vollständig vermeiden, wenn der gleiche Seifvorgang nur mit 4,5 g der angeführten
Seife unter Zugabe von o,66 g eines kalkunempfindlichen -Ölpräparates ausgeführt
wird. Diese o,66 g Ölpräparat entsprechen Z0°/0 der den Härtebildnern stöchiometrisch
äquivalenten Menge. Diese geringe Menge genügt, um auch dem sonst erheblichen Anfall
von Kalkseife beim Spülvorgang in wirksamer Wise zu begegnen. Beispiel 3 Es liegt
wieder (s. Beispiel i) ein Wasser von 12' deutscher Härte vor, in dem Webware gewaschen
werden soll. Man führt den Seifvorgang mit 3 g Seife mit 6o 0/0 Fettsäure, o,45
g Ölpräparat und o,i g Harnstoff auf jeden Liter Wasser durch. Beispiel 4 Wie Beispiel
3. Als Zusatz dient 0,o8 g neutrales Natriumlaktat. Beispiel 5 Wie Beispiel 3. Zusatz
io ccm einer Lösung, welche durch Abbau von Glutin in i°/°iger Lösung durch Einwirkung
einer normalen Lauge im Autoklav, i Stunde lang bei drei Atmosphären Druck, gewonnen
wurde. Beispiel 6 Bei einem Wasser von 24° deutscher Härte werden beim Seifen von
billiger und leichter Ware 3,5 g einer Seife mit 6o0/0 Fettsäure auf den Liter Wasser
genommen, wobei störende Kalkseifenbildung eintritt. Fügt man auf den Liter Wasser
nur 3 g Seife zu und versetzt außerdem mit o,45 g des Ölpräparates sowie mit der
in den Beispielen 3 bis 5 angegebenen Menge von Stabilisatoren, so werden die Störungen
durch Kalkseifenbildung vermieden. In diesem Beispiele beträgt die angewendete Menge
des kalkunempfindlichen Ölpräparates 1/$ der den Härtebildnern stöchiometrisch äquivalenten
Menge.