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Verfahren zur Darstellung von Dioxyaceton durch bakteriell bedingte
Umwandlung von Glycerin In der Literatur finden sich mehrere Angaben über die Bildung
von Dioxyaceton aus Glycerin unter der Einwirkung von Bakterien. Einige sind sehr
lückenhaft. So wird nach Comptes rendues hebdomadaires des seances de 1`Academie
des Sciences, Bd. 13 7, S. 90 ff ., ein derartiger Bazillus in Essigarten
vorgefunden. Ferner beschreibt Portier (Comptes rendues hebdom.adaires, Bd. r65,
S.197 und 268) Mikroorganismen, die im Innern der Zellen von Larven wohnen,
und von denen er beiläufig erwähnt, daß sie Glycerin in Dioxyaceton umzuwandeln
vermögen. Diese Eigenschaften werden jedoch nur zur Charakterisierung der neu entdeckten
Kleinlebewesen angeführt. Irgendeine Handhabe für die praktische Durchführung der
Dioxyaceto.nbildung ist damit nicht gegeben. Über die angewandten Nährlösungen werden
überhaupt keine Angaben gemacht.
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In anderen Literaturstellen werden dagegen schon brauchbare Verfahren
beschrieben. So ist es bekannt, aus Glycerin Dioxyaceton in der Weise herzustellen,
daß man das Glycerin einer Abkochung von Hefe zusetzt und dann diese Flüssigkeit
mit Bakterium Xylinum beimpft. Bei dem darauf einsetzenden Wachstum und der Vermehrung
dieser Bakterien in der als Nährboden dienenden Hefeflüssigkeit wird ein Teil des
zugesetzten Glycerins zu Dioxyaceton umgewandelt, welches dann nach bekannten Methoden
aus der Maische gewonnen werden kann (Be r t r a n d, Comptes rendues de 1`Academie
des Sciences, 126, S. 843 und 98q., i898). Weitere Untersuchungen haben dann
gezeigt, daß auch eine andere Bakterienart, nämlich Acetobakter suboxydans, auf
demselben Nährboden wachsend Glycerin in Dioxyaceton umzuwandeln vermag (K 1,u y
-ver, Donker & Visser't Hooft, Biochem. Zeitschrift 161, 361, t925). Schließlich
ist neuerdings bekannt geworden, daß noch eine dritte, aus Rübensaft gewonnene,
nicht näher beschriebene Bakterienart dieselbe chemische Umwandlung hervorbringt,
wenn man sie mit Glycerin in einem Preßhefeextrakt als Nährlösung züchtet (Biochem.
Zeitschrift 1926, S. 169).
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Sämtliche drei biologischen Verfahren zur Umwandlung von Glycerin
in Dioxyaceton haben den Nachteil, daß die Umsetzung nur mit einer ganz bestimmten
Bakterienart durchzuführen ist, daß weiterhin das für die Züchtung der Bakterien
notwendige Nährsubstrat aus einem relativ teuren Produkt, nämlich Hefe, hergestellt
werden muß, ferner daß bei Aufarbeitung des Dioxyacetons teilweise Schwierigkeiten
dadurch entstehen, daß die Nährflüssigkeit stark schäumt und daß schließlich bei
der Umwandlung des Glycerins störende Nebenprodukte an Stelle des Dioxyacetons entstehen
(beispielsweise Dimnethylketol). Hiervon abgesehen, ist aber auch der Erfolg dieser
biologischen Darstellungsweise
des Dioxyacetons insofern technisch
unzureichend, als die Ausbeute durchschnittlich nur 330/6 des verwandten Glycerins
beträgt und nur bei dem zuletzt geschilderten Verfahren unter Verwendung eines aus
Rübensaft gewonnenen unbekannten Bakteriums unter Umständen nur um geringes höhere
Ausbeuten erzielt werden. Infolgedessen kommen diebisher bekannten biologischen
Verfahren für die technische Darstellung des Dioxyacetons im großen nicht in Frage.
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Es wurde nun gefunden, daß man in der Auswahl der Bakterienarten weniger
be-:;chränkt ist, wenn man statt der bisher verwandten Nährlösungen eine solche
benutzt, welche eine Abkochung fester vegetabilischer Stoffe, wie Stroh, ausgenommen
Holz, Heu, Kleie, Laub o. dgl., enthält. Auf diesem Nährboden sind nicht nur die
schon bekannten Bakterienarten, nämlich Bakterium @ylinum -und Acetobakter suboxydans,
imstande, Glycerin in Dioxyaceton umzuwandeln, sondern es ergab sich die überraschende
Beobachtung, daß man den gleichen Effekt auch durch Beimpfen mit einer ganzen Anzahl
von Wurzelbazillen .erzielen kann, wie man diese aus Heu, Stroh, Laub, Kleie, Sägemehl
rund ähnlichen festen pflanzlichen Stoffen, welche eine Gärung durchgemacht haben,
jederzeit leicht und bequem gewinnen kann. Durch Verwendung des bisher nicht gebrauchten
Nährbodens wird man also von einzelnen seltenen Bakterienarten unabhängig.
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Weiter gelingt @es nunmehr auf diesem Nährboden das zugesetzte Glycerin
durch die genannten Bakterienarten in einem viel höheren Prozentsatz umzuwandeln
als auf den früher benutzten Nährböden. Es werden regelmäßig rund i oo % Glycerin
in kalt reduzierende Substanz umgewandelt. Diese vollständige Umwandlung des Glycerins
wird auf dem beschriebenen Nährboden beispielsweise innerhalb ¢ bis 5 Tagen durchgeführt,
während ein, gleichgroßer Ansatz nach der bekannten Methode erst innerhalb 21 Tagen
auf das Maximum (33%) ansteigt. Die chemische Aufarbeitung des so auf biologischem
Wege dargestellten Dioxyacetons wird in keiner Weise mechanisch gehemmt durch schäumende
Substanzen, auch ist mit dem Auftreten von flüchtigen, kalt reduzierenden Substanzen
statt des Dioxyacetons hier nicht zu rechnen.
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An Stelle dererwähnten Abkochungen von billigen Vegetabilien kann
man auch einfache Lösungen der in den Abkochungen @enthaltenen Salze verwenden nach
Zusatz einfacher kohlenstoff- und stickstoffhaltiger Substanzen, wie milchsaures
Ammoniak, Glykokoll, Asparagin o. dgL Beispiele i. i Teil Buchenholzspäne wird mit
ioTeilen Wasser gekocht und die erhaltene Flüssigkeit mit Glycerin, beispielsweise
mit z %, versetzt. Die klare, abgekühlte Flüssigkeit wird dann in Schalen mit großer
Oberfläche gefüllt, mit einer der wirksamen Bakterienarten beimpft und bei ungefähr
28° gehalten. Die fortlaufende quantitative Bestimmung der Reduktion von Kupfersulfat
in der Kälte gibt an, wann der Umwandlungsprozeß des nicht reduzierenden Glycerins,
in das kalt reduzierende Dioxyaceton i oo % erreicht hat. Zu diesem Zeitpunkt, also
beispielsweise nach 5 Tagen, wird die Maische in bekannter chemischer Weise aufgearbeitet.
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z. Ein Nährboden, bestehend aus i o 1 'destilliertem Wasser mit Zusatz
von o, 5 % Asparagin, o,25% Kal. biphosphat, o,25% Magn. citric., 0,7 % Magn. sulfat.,
3 % Glycerin und 7-Ccm 1/1o n .Natronlauge wird mit einer der wirksamen Bakterienarten
beimpft und bei Temperaturen zwischen 25 und 3o° gehalten. Nachdem die fortgesetzte
Bestimmung des Kältereduktionswertes gezeigt hat, daß die Umwandlung des Glycerins
durch die: aufgeimpften Bakterienarten beendet ist, was in diesem Beispiel nach
7 bis io Tagen erreicht ist, wird die Flüssigkeit zur chemischen Aufarbeitung abgesetzt.
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An Stelle des Asparagins in dem obigen Nährboden kann auch Glykokoll
verwandt werden. Schließlich gelingt @es, auch, eine analoge Vergärung des Glycerins
durch die aufgeimpften Bakterienarten in einem Nährboden durchzuführen, welcher
@0,5% Kochsalz, o,2% eines Natrium-Phosphat-Gemisches enthält, das eine Wasserstoffionenkonzentration
von etwa PH = 7,5 garantiert, und o,6% ioo%iges Ammonium lactat.
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Die zur Beimpfung der einzelnen Nährböden benutzten Bakterienarten
der oben angegebenen Gruppen werden vorher auf diesen Nährböden auf ihre Eignung
geprüft und dadurch ausgelassen.