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Verfahren zur Herstellung von Cellulosederivaten Es wurde gefunden,
daß neue Celluloseabkömmlinge entstehen, wenn man Cellulose bzw. solche Cellulosederivate,
welche durch geeignete Behandlung teilweise verestert oder veräthert worden sind,
mit solchen Alkylenoxyden behandelt, die noch bewegliche Halogenatome enthalten.
Die Reaktion, die darin besteht, daß die Cellulose unter Aufspaltung des Oxydringes
der Oxydverbindung in einen Oxyalkyläther verwandelt wird, wird zweckmäßig durch
die Gegenwart geeigneter Katalysatoren (wie z. B. Schwefelsäure oder Borsäure bzw.
deren Ester, wie die Ester, die diese beiden Säuren mit den halogenierten Alkylenoxyden
bilden) beschleunigt.
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Die neuen Produkte unterscheiden sich durch ihr Verhalten wesentlich
von den Ausgangsstoffen, vor allem dadurch, daß sie dank der Gegenwart eines beweglichen
Halogenatoms durch Umsetzung oder Addition mit Ammoniak und dessen Abkömmlingen
in neue stickstoffhaltige Cellulosederivate übergeführt werden, welche neben einer
fast durchweg erhöhten Affinität zu substantiven Farbstoffen noch .eine vorzügliche
Affinität zu sauren Farbstoffen besitzen. Dabei ist noch zu betonen, daß in beiden
Fällen die erzielten Färbungen sich durch ihre Echtheitseigenschaften auszeichnen
können.
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Vorliegende Verfahrensweise kann sowohl auf Baumwolle oder Cellulosefäden
wie auch auf gelöste Cellulosederivate angewendet werden. Man kann auch von Rohbaumwolle,
Linters oder Cellulose anderen Ursprungs, wie S@ulfitcellulose, ausgehen.
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Beispiel i i oo g Epichlorhydrin werden unter guter Kühlung allmählich
mit 3 g konzentrierter Schwefelsäure versetzt. Die so' erhaltene Lösung des Chlorhydrinschwefelsäureesters
in Epichlorhydrin wird in einem Druckgefäß mit i o g mercerisiertem Baumwollgarn
während 35 Stunden auf 13o bis 140° erhitzt. Nach beendigter Reaktion wird das Garn
abgepreßt und sorgfältig ausgewaschen. Das Garn ist reinweiß und enthält nun einen
Celluloseäther, der ein bewegliches Halogenatom enthält.
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Beispiel 2 In einem geeigneten Rührapparat wird i kg Epichlorhydrin
mit -- 5 g Borsäure versetzt und
darin bei Siedetemperatur
des Epichlorhydrins während 5o Stunden partiell acetylierte Cellulose in Form von
Garn umgezogen. Das Garn wird nach beendeter Reaktion mit einem organischen Lösungsmittel,
z. B. Benzol, und hierauf mit Alkohol und Wasser gewaschen. Man erhält ein Produkt,
das dieselben Eigenschaften besitzt wie das Produkt des Beispiels i. Beispiel 3
Zog partiell acetyliertes Garn werden mit einer ioo/oigen wäßrigen Borsäurelösung
bei 6o bis 7o' imprägniert, gut abgepreßt und dann getrocknet. Das so vorbehandelte
Garn wird in einem geeigneten Apparat während 5o Stunden bei einer Temperatur von
i 2o bis i30" Epichlorhydrindämpfen .ausgesetzt. Das so erhaltene Produkt zeigt
dieselben Eigenschaften wie dasjenige des Beispiels 2.
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Beispiel ¢ ioo g acetonlösliches Celluloseacetat, 5 g Borsäure und
500 g Epichlorhydrin werden in einem geschlossenen Gefäß auf i3o bis
135' erhitzt und unter Rühren während 2q. Stunden auf dieser Temperatur gehalten.
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Die zähflüssige Reaktionsmasse wird zur Rückgewinnung des überschüssigen
Epichlorhydrins in einer geeigneten Apparatur mit Petroläther extrahiert und der
Rückstand mit Wasser gewaschen.
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Die als farblose Masse erhaltene Acetylchlorhydrinäthercellulose ist
wie das Ausgangsprodukt in Aceton löslich und läßt sich in üblicher Weise zu beliebigen
Formen, wie Fäden, Bändern, Filmen usw., verarbeiten. Die erhaltenen Gebilde zeichnen
sich dadurch aus, daß mit denselben infolge des darin enthaltenen reaktionsfähigen
Halogens weitere chemische Reaktionen ausgeführt werden können.
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Beispiel 5 Das nach den Beispielen 1, 2 oder 3 erhaltene Garn wird
mit der i ofachen Menge einer konzentfierten wäßrigen Ammoniaklösung in einem Druckgefäß
bei 9o bis ioo° während etwa 16 Stunden erhitzt. Nach dem Erkalten wird das Garn
abg@epreßt, gewaschen und getrocknet. Man erhält eine weiße Faser, welche durch
ihre vorzügliche Affinität zu sauren Farbstoffen ausgezeichnet ist. In ähnlicher
Weise verfährt man mit organischen Aminen, wobei bei Verwendung von nicht wasserlöslichen
Aminen zweckmäßig in alkoholischer Lösung gearbeitet wird. Die Affinität zu sauren
Farbstoffen ist besonders ausgeprägt bei Verwendung von Aminen, wie Mono- und Dimethyl-
bzw. Äthyl-Amin, Benzyl- und Dibenzylamin, Hexahydroanilin, Piperidin, Diäthyläthylendiamin,
Piperazin, Guanidin usw. Bei Verwendung von aromatischen Aminen, wie Anilin, ist
die Affinität zu sauren Farbstoffen weniger ausgeprägt.
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Beispiel 6 Das nach den Beispielen i, 2 oder 3 erhaltene Garn wird
mit i o Teilen Pyridin während 8 Stunden auf dem Wasserbade erhitzt, dann das Pyridin
abgepreßt und ausgewaschen. Das so erhaltene Produkt wird mit sauren Farbstoffen
ganz besonders intensiv gefärbt. Mit :andern tertiären Basen, z. B. Trimethylamin,
erhält man ein ähnliches Ergebnis.
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Beispiel Nach den Beispielen i, 2 oder 3 vorbereitete Baumwolle wird
durch eine Lösung von 2o g Casein in 400 ccm Wasser und 8 g Soda während 2q. Stunden
bei 6o bis 8o° umgezogen. Das hell gefärbte Garn wird hierauf gut ausgewaschen und
besitzt eine gute Affinität zu sauren Farbstoffen. Ähnliche Erzeugnisse erhält man
mit Eialbumin oder Gelatine.
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In allen diesen Beispielen können selbstverständlich die stöchiometrischen
Verhältnisse, die Konzentrationen, die Lösungsmittel, die Temperaturen, die Mengen
der Katalysatoren usw., innerhalb weiter Grenzen variiert werden.
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Beispiel 8 ioo g Acetylchlorhydrinäthercellulose in Form von Fäden
werden in einer 2%igen Lösung von Trimethylamin in Toluol während 16 bis 2o Stunden
auf 6o bis 70° erhitzt. Die so erhaltene Kunstseide zeichnet sich insbesondere durch
gute Affinität zu sauren Wollfarbstoffen wie auch zu Substantiven Baumwollfarbstoffen
aus.
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Das :nach obigen Beispielen erhaltene Garn läßt sich, wie für Wolle
oder Baumwolle üblich, mit sauren Wollfarbstoffen unter Zusatz von Essig- bzw. Schwefelsäure
oder mit Substantiven Farbstoffen in neutralem oder gegebenenfalls schwach alkalischem
Bade färben. Je nach der Wahl des Farbstoffes .erhält man die verschiedensten Farbtöne,
welche sich durch ihr Feuer, ihre Ausgiebigkeit und ihre Echtheit auszeichnen können.
In Betracht kommen Farbstoffe der verschiedensten Klassen, wie u. a. Kiton-, Kitonecht-,
Kitonlicht-, Lanasol-, Neofan-, Tuchecht-, Fullacid-, B-enzyl-, Alizarinfarben,
ferner Direkt-, Direktecht-, Rosanthren-, Chlorantin-, Chlorantinlichtfarben usw.