-
Verfahren zur Herstellung von Humatlösungen und zur Gewinnung von
Humussäuren und deren Derivaten Als Humus- bzw. Huminsäuren bezeichnet man allgemein
alle jene amorphen, mehr oder weniger tiefbraun gefärbten Stoffe noch unbekannter
chemischer Konstitution, welche in der Natur bei der Zersetzung abgestorbener Substanz
gebildet werden, wie auch solche aus Kohlehydraten, Phenolen und anderen organischen
Verbindungen künstlich dargestellten Stoffe, welche in ihren Eigenschaften den natürlichen
Humussäuren ähnlich sind, ohne daß der Nachweis entsprechender chemischer Konstitution
verlangt wird.
-
Die Gewinnung von Humatlösungen aus den humushaltigen Ausgangsmaterialien
konnte bisher nur durch Einwirkung starker Alkalien -Natronlauge, Ammoniak oder
Soda - auf dieselben geschehen, durch welche Mittel aber unerwünschterweise auch
Lignine, Eiweißstoffe u. dgl. mitgelöst werden und in die Produkte übergehen. Weiterhin
ist wissenschaftlich festgestellt worden, daß starke Alkalien auf Huminsäuren nicht
nur lösend, sondern auch zersetzend einwirken (U. Springer: Brennst. Chemie 1927,
Heft 2). Nach dem bisher geübten Verfahren der alkalischen Extraktion konnten daher
nur sehr unreine und dabei noch teilweise zerzetzte Produkte erhalten werden, deren
oft versuchte Reinigung durch Umlösen in denselben Mitteln selbstverständlich zu
keinem befriedigenden Ziele führen konnte.
-
Es wurde nun gefunden, daß an sich gar nicht alkalisch wirkende normale
und sogar auch saure Salze gewisser Säuren die bisher noch nicht erkannte und verwertete
Eigenschaft haben, in wässerigem Medium Humate aus geeigneten Materialien ganz überraschend
kräftig zu extrahieren und auf die aus solchen Extrakten auf üblichem Wege isolierten
Humussäuren selbst lösend einzuwirken.
-
Behandelt man z. B. z kg humusreichen Bodens bei gewöhnlicher oder
erhöhter Temperatur in wässeriger Aufschlämmung mit etwa 5o g Natriumfluorid, so
beobachtet man alsbald eine deutliche Anfärbung der Flüssigkeit, die sich weiterhin
so verstärkt, daß eine tiefdunkelbraune, klare Lösung entsteht. Der Fortgang und
der Endpunkt der Umsetzung kann an der Zunahme der Färbung wie auch durch Titration
von Proben mittels Permanganats erkannt werden. Die entstandene Humatlösung läßt
sich durch Zentrifugieren oder Filtrieren leicht vom extrahierten Boden trennen,
welcher bei der Behandlung mit Alkalien unliebsam aufzuquellen pflegt. Aus der nach
dem vorliegenden Verfahren hergestellten Lösung fallen die wasserunlöslichen 'Huminsäuren
nach Zusatz von :Mineralsäuren, die Erdalkali- und Metallhumate nach Zusatz der
entsprechenden Salze; durch direktes Eindampfen der Lösungen erhält man Alkali-
bzw. Ammoniumhumate als leichtlösliche schwarzbraune Pulver. Die nach dem Verfahren
erhaltenen Extrakte können also wie die bekannten Alkaliextrakte aufgearbeitet werden.
-
Wenn bei der Extraktion mit den neuen Mitteln infolge der hydrolytischen
Spaltung des entstehenden Alkalihumats bisweilen eine immerhin
meßbare
alkalische Reaktion auftritt, so kann diese geringe Alkalität, falls man sie nicht
als unschädlich betrachten will, durch Zusatz auszuprobierender Mengen Säure evtl.
bei laufender Kontrolle der Wasserstoffionenkonzentration beseitigt werden.
-
Etwa ebenso stark wie Alkahfluoride wirken normale Oxalate, schwächer
saure Oxalate, Phosphate, Sulfate. Es sind dies gerade Salze jener Säuren, welche
imstande sind, mit Ca" und anderen Ionen der Erdalkalien einschließlich des Magnesiums
zu wenig löslichen bzw. unlöslichen Verbindungen zusammenzutreten. Diese Regel ergibt
sich aus leicht nachprüfbaren Versuchen sowie aus dem Umstand, daß der Lösungsvorgang
durch die Gegenwart von Erdalkalioxyden und -carbonaten positiv beeinflußt wird.
In Form von Kalk und Magnesia sind solche Basen im natürlichen Ausgangsmaterial
meist schon vorhanden; andererseits bewirkt bei der Extraktion, z. B. von Zuckerhumus,
der Zusatz solcher Basen eine Ausbeuteerhöhung um das Mehrfache, wobei man bei Anwendung
von Sulfaten zweckmäßig zu Bariumoxyd bzw. -carbonat zu greifen hat, welches zu
dem unlöslichen Bariumsulfat führt, während Calciumsulfat bekanntlich erheblich
löslich ist.
-
Der Fortschritt des neuen Verfahrens gegenüber der bisher geübten
Verwendung starker Alkalien liegt in der nun möglichen Durchführung des Lösungsvorgangs
dicht am Neutralpunkt und sogar in leicht saurem Medium, so daß unter Vermeidung
der eingangs erwähnten Nachteile Produkte bisher unerreichter Güte erhalten werden.
Die nach dem Verfahren als Rohprodukt erzielte Huminsäure erster Fällung ist kohleschwarz,
kristallinisch glitzernd und löst sich spielend nicht nur in Alkalien, sondern auch
in allen Chemikalien, die im Anspruch angegeben sind, auch bei deutlich saurer Reaktion.
Mit Alkalien hergestellte Huminsäuren, welche diese Löslichkeit in Natriumfluorid
usw. infolge ihrer Verunreinigungen mit Ligninen u. dgl. nur teilweise besitzen,
lassen sich durch Umlosen in den genannten Chemikalien unter Vermeidung schädlicher
alkalischer Reaktion reinigen; auch Substitutionsderivate der Huminsäuren, z. B.
Nitrohuminsäuren, sind dieser Operation zugänglich. Diese Umlösung kann sogar in
starken Salzlösungen, `wie iä°/jgem Glaubersalz oder io°/oigem Kochsalz, durchgeführt
werden, so daß alle kolloidalen Verunreinigungen mit Erfolg zurückgehalten werden.
-
Die nach dem vorliegenden Verfahren herstellbaren Produkte haben.
die gleiche gewerbliche Verwertbarkeit wie die entsprechenden durch das bekannte
Verfahren der alkalischen Extraktion gewonnenen, z. B. als Holzbeizen und sonstige
Färbemittel sowie in der chemischen Technik als Reduktionsmittel und als Zwischenprodukte
u. a. für Herstellung synthetischer Farbstoffe (s. Brennst. Chemie, Bd. 9, S.38iff.).
Dabei ist bessere Reinheit als bisher und Ermöglichung auch saurer Reaktion Vorbedingung
für viele chemische Umsetzungen u. a. für Hydrierung, so daß das Verfahren neue
Veredlungsmöglichkeiten erschließen dürfte. Besonders auch für physiologische Zwecke
ist die Einstellbarkeit einer günstigen Wasserstoffionenkonzentration ein ausschlaggebender
Faktor, z. B. bei - Bestandteilen von Desinfektions-, Schädlingsbekämpfungs- und
Bodenverbesserungsmitteln. Die für solche Verwendungsarten sehr in Betracht kommenden
salzartigen Verbindungen, wie Calcium-, Barium- und Kupferhumate, lassen sich frei
von basischen Verunreinigungen aus den sauren, mit Hilfe der Mittel des Anspruchs
herstellbaren Lösungen durch die betreffenden Metallsalze ausfällen; derartige Metallhumate
sind gewöhnlich ihrerseits in Natriumfluorid usw. löslich.
-
Nach dem Erfindungsgedanken lassen sich natürlich auch aus humushaltigen
Materialien wie aus dargestellten Huminpräparaten trockene oder halbfeuchte Mischungen
-mit den Salzen des Anspruchs bereiten, welche in dieser Form in den Handel oder
zur Weiterverarbeitung kommen können und bei denen bei Hinzutritt von Feuchtigkeit
und evtl. Wärme lösliche Humate entstehen.
-
Ausgangsmaterialien für das Verfahren stehen in der Natur in großer
Menge und sehr billig in Form von humusreichen Böden, Torf, Kohlen, Faul- oder Klärschlamm
u. dgl. zur Verfügung; alle Stoffe, welche bei gewöhnlicher oder erhöhter Temperatur
mit Alkalien Humatlösungen ergeben, liefern diese auch mit den Chemikalien des Anspruchs.
Beispiel = i kg lufttrockener Niederungsmoorboden (Ä1-lach bei 14Tünchen) wird mit
ioo g Natriumfluorid oder aoo g krist. Kaliumfluorid oder ioo g Natriumoxalat und
io 1 Wasser 5 bis 7 Tage bei gewöhnlicher oder einige Stunden bei mäßig erhöhter
Temperatur digeriert. Der tiefdunkel gefärbte Extrakt wird bekannterweise nach Zentrifugieren
oder Filtrieren mit Mineralsäure angesäuert und die ausgeflockte Rumussäure auf
einem Filter gesammelt und in dünner Schicht bei mäßigen Temperaturen getrocknet.
-
Ausbeute: 65 bis 8o g Humussäure von kohlschwarzer Farbe und von spielender
Löslichkeit in Alkalien sowie in den Chemikalien des Anspruchs.
-
Durch anschließendes zweimaliges Ausziehen des Rückstandes nur mit
Wasser können bei gleicher Aufarbeitung weitere 3o bis 40 g Humussäure gewonnen
werden; bei-weiterer Anwendung der Extraktionschemikalien entsprechend mehr.
-
Etwa auftretende Hydrolyse des entstehenden Alkalihumats kann durch
sofortigen oder allmählichen
Zusatz von etwa 8o ccm doppelt normaler
Schwefelsäure, Oxalsäure o. dgl. ohne wesentliche Beeinträchtigung der Ausbeute
zurückgedrängt werden.
-
Beispiel 2 i kg Moostorf (Finsing bei München), lufttrocken, io 1
-Wasser, ioo g Natriumfluorid oder -oxalat und Zoo g Calciumcarbonat ergeben bei
Behandlung nach Beispiel i insgesamt 65 g trockene Huminsäure. Beispiel 3 io kg
gewöhnliche Rohbraunkohle (Brikettstaub) werden mit i kg Alkalifluorid oder -oxalat
und ioo 1 Wasser mehrere Stunden erhitzt. Bei Aufarbeitung nach Beispiel z werden
etwa 300 g Huminsäure erhalten. Durch Mitanwendung von auszuprobierenden
Mengen Schlämmkreide oder gebranntem Kalk läßt sich die Ausbeute auf das Mehrfache
steigern. Gut alkalilösliche Braunkohlen, wie Kasseler, ergeben noch entsprechend
bessere Ergebnisse. Beispiel q. ioo g rohe Huminsäure oder Substitutionsderivate
derselben, z. B. Nitrohuminsäure, auf beliebigem Wege dargestellt, werden mit io
1 einer beiläufig o,5-bis i%igenLösung vonAlkalifluorid, -oxalat oder -phosphat,
welche zur Zurückhaltung von Kolloiden auch noch io °/o Kochsalz, 15 % Glaubersalz
oder ähnliche Elektrolyte enthalten kann, bei leichter Erwärmung umgelöst. Die Ausbeute
an gereinigten Huminsäuren richtet sich nach der Reinheit des angewandten Rohpräparats.
-
Beispiel 5 io g künstlicher Zuckerhumus, nach bekannten Verfahren
dargestellt und nur zum kleineren Teil in Soda löslich, werden mit io g Natriumfluorid,
5 g Calciumoxyd oder Magnesiumoxyd in = 1 Wasser q. Stunden auf dem Wasserbad erhitzt.
Nach Ansäuern des filtrierten Extraktes fallen etwa 3 g einer in verdünnten Lösungen
von Natriumfluorid usw. sowie in Alkalien leicht und restlos löslichen Huminsäure.
Beispiel 6 ioo g Huminsäure beliebiger Darstellung werden mit 5o bis ioo g Natriumfluorid
usw. und 5 bis io 1 Wasser unter mäßiger Erwärmung gelöst und die filtrierte Lösung
mit der eben zureichenden Menge Kupfersulfat gefällt.
-
Die Ausbeute an getrocknetem Kupferhumat ist quantitativ.