-
Vielfachsteuerung für mit Gleichstrom betriebene Bahnfahrzeuge Wenn
mehrere in einem Zug vorhandene Triebfahrzeuge von einem Führerstand gesteuert werden
sollen, ferner auch wenn einzelne Triebfahrzeuge für große Leistungen oder hohe
Spannungen auszuführen sind, werden indirekte Steuerungen, sogen,annte Vielfachsteuerungen
verwendet, bei denen die Schaltorgane sämtlicher Triebfahrzeuge durch einen Führerschalter
ferngesteuert werden. Als Schaltorgane dienen hierbei entweder elektromagnetische
oder elektropneumatische Einzelschütze oder Schalt-,verke mit mechanisch betätigten
Nockenschützen. Diese Schaltwerke haben sich in Kombination mit Fortschaltrelais
für automatische Anfahrt in hohem Maße bewährt und stellen eine der besten, betriebssichersten
Lösungen des Problems dar. Der Antrieb der Schaltwerke erfolgt fast ausschließlich
elektropneumatisch. Falls jedoch die betreffenden Triebfahrzeuge nicht mit Druckluftbrernsung
ausgerüstet sind, so erfordert die elektropneumatische Steuerung besondere und anderweitig
nicht ausgenutzte Einrichtungen zur Erzeugung von Druckluft. Ferner sind die Steuerungen
dieser Art meist so eingerichtet, d-aß zwar ein stufenweises Vorwärtsschalten möglich
ist, daß dagegen beimÜbergang von einer höheren auf eine niedere Fahrstufe zunächst
das Schaltwerk in die Nullstellung gebracht werden muß. Außerdem müssen diese Steuerungen
sehr genau gearbeitet sein, da bim Auftreten von Ungenauigkeiten, totem Gang usw.
das Nockenschaltwerk sich unter Umständen nicht auf die durch den Führerschalter
vorgeschriebene Fahrstufe einstellt, sondern bis in die Endstellung durchschaltet.
-
Es sind auch Steuerungen bekannt geworden, deren Antrieb elektromotorisch
statt elektropneumatisch erfolgt. Einige dieser Steuerungen bedürfen aber der Druckluft,
um die Nockenwelle in die Nulldtellung zurückzuführen, so daß dennoch die Druckluftanlage
auf dem Fahrzeug erforderlich wird; andere verwenden eine Kombination von elektromotorischem
Antrieb und Einzelschützen, die naturgemäß kompliziert und vielteilig ausfällt.
Wieder andere Steuerungen mit elektrom@otorischem Antrieb, die stufenweisses Vor-und
Rückwärtsschalten gestatten, benötigen eine große Anzahl durchgehender Steuerleitungen,
und zwar im allgemeinen mindestens :so viel, als Fahrstellungen vorgesehen sind.
Es sind endlich auch noch rein elektromotorische Steuerungen für beliebiges Vor=
und Rückwärtsschalten und mit einer geringen Anzahl durchgehender Steuerleitungen
bekannt. Diese bedürfen aber sonstiger zusätzlicher
Apparate oder
Stromquellen, wie Transformatoren bei Wechselstromsteuerungen und Batterien bei
Gleichstromsteuerungen.
-
Es sind auch Vielfachsteuerungen für elektrische Bahnen bekannt geworden,
bei welchen ein unterteilter Spannungsverteiler angeordnet ist, der mit.einer Vergleichsspannung
der angetriebenen Schaltwalze zusammen arbeitet. Als Steuerstromquelle dient eine
unterteilte Akkumulatorenbatterie, zu deren Ladung jedoch besondere verwickelte
Vorkehrungen erforderlich sind. Ein weiterer Nachteil dieser Anordnung besteht darin,
daß es bei Verwendung von Batterien nicht möglich ist, sämtliche Einzelbatterien
auf genau gleiche Spannung aufzuladen. Derartige Verschiedenheiten können .aber
dann zu einem ungleichmäßigen Arbeiten der Steuerungen der einzelnen Triebfahrzeuge
führen. Wenn z. B. die Batterie eines im letzten Zugteil befindlichen Triebwagens
höhere Spannung hat als die Batterie des Führerwagens, so würde die Steuerung .
des im rückwärtigen Zugteil befindlichen Triebwagens auf einer niedrigeren Stufe
stehenbleiben als die des Triebwagens im vorderen Zugteil.
-
In Anbetracht dieser Umstände herrscht ein ausgesprochenes Bedürfnis
nach einer Steuerung, die die erwähnten Nachteile vermeidet. Eine solche ergibt
sich gemäß der Erfindung dadurch, daß in jedem Triebfahrzeug und im Führerschalter
ein entsprechend der Schaltstufenz.ahl unterteilter Widerstand vorgesehen ist. Diese
Widerstände bilden parallele Zweige einer Widerstandsbrücke, in deren Diagonale
die Zugspule eines polarisierten Relais liegt, das die Antriebsorgane des Schaltwerkes
steuert. Die Anzapfungen der Widerstände sind an die Kontrakte des Führerschalters
bzw. der mit dem Schaltwerk gekuppelten Steuerwalze derart angeschlossen, daß die
Diagonale stromdurchflossen, d. h. das Steuerrelais erregt ist, solange das Schaltwerk
sich nicht in derselben Stellung befindet wie der Führerschalter. Sobald jedoch
die Stellung des Schaltwerkes mit der des Führerschalters übereinstimmt, haben die
Enden der Diagonale gleiches Potential, d. h. das Steuerrelais ist urerregt. Die
Antriebsorgane des Schaltwerkes werden also so lange weiterschalten, bis :das Schaltwerk
in die durch den Führerschalter vorgeschriebene Stellung gelangt ist.
-
Die neue Steuerung gestattet ein schrittweises Vor- und Rückwärtsschalten.
Sie kann i edoch auch für selbsttätige Anfahrt ausgebildet werden. Ein besonderer
Vorteil ist darin zu erblicken, daß :das in gewissen Grenzen unvermeidliche Vorhandensein
von Spiel oder totem Gang nicht zu falschem Durchschalten bis in die Endstellung
führen kann und daß - abgesehen von den in jedem Falle erforderlichen besonderen
Steuerleitungen für Fahrtwender und Hauptschütz - nur eine einzige durchgehende
Steuerleitung für praktisch beliebig viele Fahrstellungen benötigt wird und daß
.schließlich zusätzliche Apparate, wie Batterien oder Transformatoren, nicht erforderlich
sind. Die Steuerung ist besonders geeignet für rein elektrischen Antrieb der Schaltwerke
ohne Verwendung von Druckluft. Sie kann jedoch ohne weiteres auch so ausgebildet
werden, daß die Schaltwerke elektropneumatisch bewegt werden, wobei das Steuerrelais
auf die Ventile des .elektropneumatischen Antriebes wirkt.
-
In der Zeichnung sind Ausführungsbeispiele der neuen Steuerung dargestellt.
Die Fahrmotoren werden hierbei in bekannter Weise durch eine Schaltwalze mit Nocken.schützen
gesteuert, mit der eine Steuerstromwalze gekuppelt ist und die durch elektromagnetische
Antriebsorgane im Einschalt- oder Ausschaltsinne gedreht wird. Bei der Schaltung
nach Abb. i wird die Schaltwalze durch einen Elektromotor mit zwei getrennten Ankerwicklungen
i und 2 und einer gemeinsamen Erregerwicklung 3 bewegt. Man könnte auch zwei getrennte
Motoren oder einen umsteuerbaren Motor oder einen Motor mit zwei Erregerwicklungen
verwenden. Bei Betrieb der Ankerhälfte i wird das Schaltwerk im Einschaltsinne,
bei Betrieb der Ankerhälfte :2 im Ausschaltsinne bewegt. An Stelle eines Nebenschlußmotons
könnte auch ein Hauptstrommotor vorgesehen werden. Durch die Kontakte i o bzw. i
i des polarisierten Relais 9 wird -die Ankerhälfte i bzw. 2 an Spannung gelegt.
Um beim Abschalten ein sofortiges Stillsetzen der Schaltwalze zu erreichen, ist
eine elektromagnetische Bremse mit der Anzugspule 8 vorgesehen, die durch das Schütz
q. im Stromkreis des Antriebsmotors und den Kontakt 5 so gesteuert wird, daß sie
beim Abschalten des Motors einfällt. Der Motor wird zweckmäßig mit Schalt- und Steuerwalze
über eine Rutschkupplung verbunden. Das Schütz q. hat noch zwei weitere Kontakte
6 und 13, .die die Erregerwicklung 3 an Spannung legen bzw. beim Abschalten zwecks
Unterdrückung der Funkenbildung kurzschließen. In vielen Fällen ist es wünschenswert,
daß die Ausischaltbewegung schneller vor sich geht als das, Einschalten. Dies kann
z. B. dadurch erreicht werden, daß der Erregerwicklung ein Widerstand 1q. vorgeschaltet
ist, dessen Kurzschluß durch dass Schütz 7, dessen Anzugspole in Serie mit dem Rücklaufanker
2 liegen, aufgehoben wird.
-
Das polarisierte Relais 9 hat drei Stellungen: Eine Stellung für Vorwärtsdrehung
des Schaltwerkes, bei der Kontakt io geschlossen
ist, eine für Rückwärtsdrehung,
bei der Kontakt i i geschlossen ist, und im unerregten Zustand eine mittlere Stellung,
bei welcher beide Kontakte offen sind. Die Zugspule des Relais liegt in der Diagonale
einer Widerstandsbrücke, von der ein Zweig 17 durch einen im Führerschalter eingebauten
angezapften Widerstand, der andere Zweig 16 durch einen gleichen Widerstand auf
der Steuerwalze des Schaltwerkes gebildet wird. Die ganze Widerstandsbrücke liegt
zwischen Steuerstrosnquelle und Erde. Solange der Fahrschalter und das Schaltwerk
auf der gleichen Fahrstufe stehen, ist die Diagonale spannungs- und stromlos. Dass
Relais 9 ist demnach unerregt und der Steuermotor abgeschaltet. Wird der Führerschalter
auf eine höhere Fahrstellung gebracht, so erhält das polarisierte Relais 9@Strom
und schließt über Kontakt io den Stromkreis für die Vorwärtsdrehung des Schaltwerkes.
Durch die Bewegung der Steuerwalze wandert jedoch der andere Endpunkt der Diagonale
der Widerstandsbrücke, so .daß die Spannungsdifferenz an der Relaisspule g abnimmt
und, wenn das Schaltwerk die dem Führerschalter entsprechende Stellung erreicht
hat, Null wird, worauf das Relais den Motorstromkreis unterbricht. Wird der Führerschalter
in eine niedrigere Fahrstellung- gebracht, so kehrt sich die Stromrichtung in dem
Relais um. Infolgedessen wird der Kontakt i i geschlossen und das Schaltwerk im
Ausschaltsinne wieder solange bewegt, bis dieangezeigteSchaltstufe erreicht ist.
-
Der Widerstandszweig der Steuerstromwalze wird zweckmäßig mit einer
zellenschalterähnlichen Vorrichtung versehen, um beim Überschelten von einer Anzapfung
auf die nächste Stromunterbrechung zu vermeiden. Will man auf eine derartige Vorrichtung
verzichten, so ist es auch möglich, durch Kastenklinken und Federn o. dgl. zu bewirken,
daß ein einmal begonnener Schaltschritt des Schaltwerkes unter mechanischem Zwang
zu Ende geführt wird.
-
Bei der beschriebenen Steuerung ist die Reihenfolge und Richtung der
Bewegung des Führerschalters gleichgültig. Beispielsweise kann der Führer den Führerschalter
um einige Stufen nach vorwärts drehen und sofort wieder um eine oder mehrere Stufen
zurückdrehen. ohne warten zu. müssen, bis das Schaltwerk der ersten BeNvegung nachgekominen
ist; das Schaltwerk wird unter allen Umständen bis in die durch den Führerschalter
angegebene endgültige Stellung laufen. Hierbei ist jedoch zu beachten, daß die Spannung,
die die Schützspule 9 erhält, je nach der gegenseitigen Stellung von Führerschalter
und Schaltwerk stark schwankt. Das Relais muß aber mit Sicherheit ansprechen, wenn
der Fahrschalter um nur eine Stufe nach vor-oder rückwärts gedreht wird, und andererseits
vorübergehend die beträchtliche Strom= stärke aushalten, die in der Diagonale der
Widerstandsbrücke zustande kommt, wenn beispielsweise der Fahrschalter plötzlich
aus der Nullstellung in die letzte Fahrstellung gebracht wird. Um Schwierigkeiten,
die sich hierbei ergeben könnten; zu vermeiden, schaltet man dem Rela:iis zweckmäßig
einen Widerstand, 18 vor, der unabhängig von der Spannung die Stromstärke annähernd
konstant hält. Dies erreicht man beispielsweise durch Verwendung voil Eisenwiderständen
oder von regelbaren ' Widerständen, die durch ein Spannungs- oder Stromrelais selbsttätig
den Strom im Kreis der Relaisspule konstant halten.
-
Wie ersichtlich, erfordert die Steuerung für beliebig viele Fahrschalterstellungen
nur eine einzige durchgehende Steuerleitung i9, an die sämtliche Steuerrelais der
einzelnen Triebwagen parallel angeschlossen werden.
-
Wird ein an -sich bekanntes Fortschaltrelais 12, dessen Spule vom
Starkstrom durchflossen wird, in die Zuleitung der Ankerhälfte i eingebaut, so erhält
man eine Steuerung, mit der eine selbsttätige Anfahrt ermöglicht wird. Es ist dann
zulässig, den Führerschalter ohne weiteres von Null in eine beliebige Fahrstellung
zu bringen. Hierbei kann die Anordnung so getroffen werden, daß der Führerschalter
nur Kontakte für die D.auerfahrstellungen erhält und das Schaltwerk in den Zwischenstellungen
nur dann stillgesetzt wird, wenn das Fortschaltrelais .anspricht. Eine besonders
geeignete Ausführungsform des Fortschaltrelais zeigt Abb.2, Inder wieder i dieAnkerhälfte
des Steuermotors bezeichnet, die das Schaltwerk im Einschaltsinne bewegt und durch
den Kontakt io des Steuerrelais, 9 an Spannung gelegt wird. Das Relais 12 hat eine
vom Hauptstrom durchflossene Spule 25 sowie eine entgegengesetzt wirkende, von der
Steuerstromquelle erregte Spannungsspule 26, die als Haltespule dient und normalerweise
den Kontakt 27 geschlossen hält. Statt cler Spannungsspule könnte auch eine andere
Gegenkraft, z: B. ein Gewicht oder eine Feder, vorgesehen werden. Auf der Steuerwalze
sind Hilfsbeläge 30 vorgesehen, die in bestimmten Stellungen über die Kontakte
28 und 29 den Kontakt 27 überbrüdcen.
-
Die Wirkungsweise der Anordnung ist folgende: Es sei angenommen, daß
der Führer den Fahrschalter von Null in die Endstellung bringt. Hierdurch wird,
wie oben erläutert, das Relais 9 derart erregt, daß es. den Kontakt io schließt;
der Steuermotor i erhält über den Kontakt 27 Spannung, bewegt das Schaltwerk
imEznschaltsinneundschließt
dieAnfahrwiderstände nacheinander kurz. Wenn infolgedessen der Hauptstrom das zulässige
Maß überschreitet, so überwiegt die Zugkraft der Stromspule 25; der Kern des Relais
r2 wird angehoben und damit Kontakt 27 geöffnet und Kontakt 28 geschlossen. Der
Steuermotor läuft jedoch so lange weiter, als die Kontakte 29 auf den Hilfsbelägen
der Steuerwalze schleifen. Diese Beläge 30 sind so angeordnet, daß eine Unterbrechung
des Stromkreises nur in den einzelnen Zwischenstellungen des Nockenschaltwerkes
stattfindet. Hierdurch wird erreicht, daß ein einanal begonnener Schaltschritt unabhängig
von der Größe des Hauptstromes zu Ende geführt wird, und es wird vermieden, daß
das Schaltwerk in irgendeiner beliebigen Stellung stehentleibt, wo beispielsweise
ein Starkstromschütz nicht fest geschlossen ist und infolgedessen- sich zwischen
seinen Kontakten ein Lichtbogen bilden könnte. Die Hemmung der Bewegung der Schaltwalze
dauert so lange, bis der. Hauptstrom auf ein. zulässiges Maß abgeklungen ist; dann
wird der Kontakt 27 wieder geschlossen, der Hilfsmotor bekommt Strom, und das Schaltwerk
wird allenfalls mit wiederholten Unterbrechungen auf den Zwischenstellungen bis
in die durch den Führerschalter vorgeschriebene Stellung weiterbewegt.
-
Eine weitere Verbesserung .der Steuerung ist in Abb. 3 dargestellt.
Hierbei wird vorausgesetzt, daß in bekannter Weise in jedem Triebwagen ein Hauptschütz
vorhanden ist, das beim Ausbleiben der Fahrspannung oder bei Überstrom abfällt und
nur in der Nullstellung des Schaltwerkes wieder eingeschaltet werden kann. Um zu
vermeiden, daß nach dem Abfallen Jes Hauptschützes der Führerschalter zwecks Rücklaufes
des Schaltwerkes in die Nullstellung gebracht werden muß, ist das Hauptschütz 37
mit Hilfskontakten 36 und 35 versehen, von denen der erstere in Reihe mit dem Kontakt
To des Steuerrelais, letzterer parallel zu dem Kontakt i i des Steuerrelais liegt.
Wenn das Hauptschütz 37 eingeschaltet ist, so ist Kontakt 36 geschlossen,
35 offen, so daß die Steuerung wie oben beschrieben wirkt. Wenn nun durch Ausbleiben
der Fahrleitungsspannung das Hauptschütz abfällt, so wird Kontakt 36 geöffnet und
35 geschlossen, so daß, uriabhängig von der Stellung des Führerschalters und des
Steuerrelais 9, beim Wiederkehren der Spannung die Ankerhälfte 2 Ström bekommt und
das Schaltwerk in die Nullstellung zurückführt. In dieser Stellung springt das Hauptschütz
an. und schließt Hilfskontakt. 36. Damit wird die Einschalthälfte i des Hilfsmotors
unter Strom gesetzt, und das Schaltwerk läuft wieder bis zu der durch die Stellung
des Führerschalters vorgeschriebenen Stufe auf. Bei dieser Anordnung braucht also
der Führer auch beim Ausbleiben der Spannung keinerlei Schaltmanöver vorzunehmen.