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Vorrichtung zur Messung von aus Flüssigkeiten, insbesondere aus Milch,
ausgeschiedenen Gasmengen Es gibt bekanntlich eine Anzahl Untersuchungsmethoden,
bei welchen die zu untersuchenden Flüssigkeiten bestimmten Vorbedingungen ausgesetzt
werden, unter welchen sie schon in ihnen enthaltenes oder während der Untersuchung
entstehendes Gas abgeben. Aus der Menge des abgeschiedenen Gases kann sodann auf
die festzustellenden Eigenschaften der Flüssigkeiten geschlossen werden. So läßt
sich z. B. der Zuckergehalt von Lösungen annähernd genau bestimmen, indem man dieselben
in geeigneten Apparaten mit Hefe versetzt und das Volumen der infolge der Vergärung
entstehenden Kohlensäure mißt, welches in einem stöchiometrisch leicht berechenbaren
Verhältnis zu der vorhandenen Zuckermenge steht. Bei der Untersuchung der Milch
läßt man die letzere u. a. namentlich auf Wasserstoffsuperoxyd oder ein anderes
Peroxyd einwirken, um festzustellen, wie rasch dieses und wieviel davon zersetzt
wird. Die Zersetzung pflegt man wiederum durch Messung des hierbei frei werdenden
Sauerstoffgases zu beobachten. Sie wird bekanntlich durch die Anwesenheit eines
bestimmten Enzymes, der K,atalase, bedingt, welche in gesunder, normaler Milch nur
in minimalen Mengen zugegen ist, während sie in krankhaft veränderter oder sonst
anormaler, für den Verbrauch ungeeigneter Milch (Kolostrum usw.) stark angereichert
ist. Aus einer hohen Gasabscheidung bei dieser sehr empfindlichen Probe (Katalaseprobe)
kann man daher mit großer Zuverlässigkeit auf eine anormale Beschaffenheit der Milch
schließen. Auch die Anwesenheit von gasbildenden Bakterien, z. B. Vertretern der
Koli-Aerogenesgruppe, welche für die Bearbeitung der Milch sehr gefährlich werden
können, läßt sich leicht nachweisen, indem man die Milch (evtl. in verschiedenen
Verdünnungen mit sterilem Wasser) bei geeigneter Temperatur aufstellt und etwa auftretende
Gasbildung beobachtet. Aus der Messung der entstandenen Gasmenge läßt sich weiterhin
unmittelbar ein Rückschluß auf den Reichtum an gasbildenden Mikroben ziehen.
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Für derartige Messungen sind nun schon eine Reihe von Apparaten vorgeschlagen
und in den Handel gebracht worden, welche indessen entweder für den praktischen
Gebrauch recht kompliziert sind oder aber keine so genaue Messung zulassen, wie
eine solche gewünscht wird und erforderlich ist. Als Beispiel hierfür darf an die
bekannten, sogenannten Gärungssaccharometer nach E i n -h o r n erinnert werden,
welche eine Teilung in Kubikzentimeter besitzen und bei welchen die gärende Flüssigkeit
durch abgeschiedenes Gas aus dem kali,brierten Schenkel in eine angeschmolzene Kugel
oder ein parallel zu dem ersteren angeordnetes Rohr verdrängt wird. Durch das amerikanische
Patent
633 618 wird ferner ein Apparat unter Schutz gestellt, bei
welchem ein kalibriertes reagensrohrartiges Gefäß umgekehrt, d. h. mit der Öffnung
nach unten, in die gärende Flüssigkeit eintaucht und zunächst mit dieser gefüllt
ist; auch hier wird durch aufsteigende Gasblasen Flüssigkeit aus dem Rohr verdrängt,
so daß man aus der Geschwindigkeit der Flüssigkeitsverdrängung auf die gärenden
Substanzen Rückschlüsse ziehen kann. Eine weitere Ausführung (speziell für die Urinuntersuchung)
ist durch das amerikanische Patent 675 042 geschützt. Hier führt ein Röhrchen
von dem Unterteil eines verschließbaren Kolbens nach oben und au"en. Entsteht in
dem Kolben Gas, so verdrängt dieses Flüssigkeit durch das erwähnte Röhrchen, und
die in dem Kolben stehengebliebene Flüssigkeitsmenge kann ermittelt werden.
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Bei dem zuerst erwähnten Gärungssaccharometer ist der Umstand nicht
berücksichtigt, daß sich auch aus dem bereits aus dem graduierten Teil des Apparates
verdrängten Flüssigkeitsquantum Gas entwickelt. welches der Messung entgeht. Ein
noch geringerer Teil des entstehenden Gases wird bei der in der amerikanischen Patentschrift
i 633 618 beschriebenen Anordnung erfaßt. Außerdem sind diese angeführten Apparate,
wie man sieht, auch noch verhältnismäßig kompliziert und schwer zu reinigen, was
besonders für bakteriologische Untersuchungen von großem Nachteil ist. Namentlich
der zuletzt erwähnte Apparat (amerikanisches Patent 675 o42) zeigt eine recht
komplizierte Konstruktion.
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Insbesondere bei der Milchuntersuchung, «-elche infolge der Eigenart
der stets in vielen kleinen Teilmengen erfolgenden Gewinnung der Milch fast immer
in Serienuntersuchungen auszuführen ist, so daß oft Hunderte von Milchproben gleichzeitig
zur Untersuchung gelangen müssen, kommt es aber darauf an, Untersuchungsapparate
zu besitzen, welche ohne Einbuße an Genauigkeit ein äußerst rasches und einfaches
Arbeiten ermöglichen; diesen Anforderungen wird die vorliegende Erfindung in einfachster
Weise gerecht.
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Wie die beiliegende Abb. i zeigt, besteht der zur Messung der aus
der Flüssigkeit frei gemachten Gasmengen dienende Apparat nur aus einem Probeglas
i, welches mittels eines durchbohrten und mit einem feinen Röhrchen 3 versehenen
Stopfens 2 verschlossen werden kann. Auf dem Probeglas ist eine eigenartige Skala
aufgetragen, deren Einteilung im folgenden beschrieben wird.
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Bei der Ausführung der Untersuchung stellt man das Probeglas zunächst
in der in Abb. i wiedergegebenen Stellung auf und beschickt es mit der zu untersuchenden
Lösung sowie etwaigen Zusätzen (H.,0.,-Lösung, Katalasetabletten. Hefe o. dgl.).
Um gleich die richtige Menge der einzubringenden Flüssigkeiten abmessen zu können,
können auf dem Probeglas Hilfsmarken 4 und 5 angebracht sein, in dem dargestellten
Ausführungsbeispiel z. B. für io ccm Milch und darüber 2 ccm Wasserstoffsuperoxydlösung.
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Nach dem Beschicken mit der Flüssigkeit wird der erwähnte Stopfen
2 mit dem Glasröhrchen 3 aufgesetzt und bis zu der Marke 6 eingedreht. Wird nun
(las Probeglas auf den Kopf gestellt, so daß es die in Abb.2 wiedergegebene Stellung
einnimmt, so befindet sich über der Flüssigkeit ein abgeschlossener Luftraum, in
welchem praktisch der gleiche Druck herrscht wie außen; die Flüssigkeit bleibt also
in dem Probeglas stehen. Wird aus ihr aber Gas frei gemacht, so wird in. dem gleichen
Maße, wie Gas entsteht, Flüssigkeit aus dem Probeglas verdrängt, welche durch das
Röhrchen 3 abfließt. Würde allein aus dem jeweils in dem Probeglas verbleibenden
Flüssigkeitsrest Gas entwickelt werden, so könnte man also an einer linearen, etwa
in Kubikzentimeter eingeteilten Skala die entstandene Gasmenge als gleich dem Flüssigkeitsverlust
unmittelbar ablesen.
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In Wirklichkeit liefert nun aber nicht nur das im Innern des Probeglases
befindliche Flüssigkeitsgemisch Gas, sondern auch die bereits aus dem Probeglas
verdrängte Flüssigkeit, und das von dieser entwickelte Gas entgeht der Messung,
weil es ja ungehindert ins Freie entweicht. Würde man dies nicht berücksichtigen,
so wäre die Messung falsch, da ja nicht nur die aus einem Teil der Flüssigkeit entstammende
Gasmenge- festgestellt werden soll, sondern die aus der gesamten Flüssigkeitsmenge
enthaltene Gasmenge. Ist aber die Größe des jeweils in dem Probeglas zurückgebliebenen
Flüssigkeitsrestes und das Volumen des daraus erhaltenen Gases durch Messung bekannt,
so läßt sich die gleichzeitig aus der gesamten Flüssigkeitsmenge frei gemachte Gasmenge
leicht berechnen, und man bekommt auf diese Weise also genau so gut Aufschluß über
die insgesamt entstandene Gasmenge, als wenn man sie direkt messen würde.
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Der Gang der Berechnung und die ihr zugrunde liegende Überlegung sei
an Hand des in Abb.3 wiedergegebenen Diagramms erläutert.
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Als Abszisse ist die Beobachtungszeit t aufgetragen, nach welcher
jeweils die entstandene Gasmenge festgestellt werden soll, als Ordinate der jeweils
festgestellte Flüssigkeitsverlust (x). Die Kurve A veranschaulicht sonach
die Ablesung des Flüssigkeits-
Testes, etwa an einer in Kubikzentimeter
geteilten Skala des Probeglases, wobei der Anfang der Teilung so liegt, daß die
zum Versuch vorgeschriebene Flüssigkeitsmenge, wenn der erwähnte Stopfen a bis zur
Marke 6 eingedreht ist, gerade bis zur o-Marke der Teilung reicht. Das insgesamt
angewandte Flüssigkeitsquantum sei a.
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Man betrachte nun die Gasabscheidung nach einer beliebigen Beobachtungszeit
während eines kurzen darauffolgenden Zeitabschnittes O l: Zu Beginn dieses Zeitabschnittes
sind bereits x Kubikzentimeter der Flüssigkeit aus dem Probeglas verdrängt, und
dieses enthält daher nur noch den Rest (a - x) cm'. Während des Zeitabschnittes
A t wird aus dein Probeglas der weitere Flüssigkeitsteil 0 x verdrängt, und wird
der Zeitraum genügend kurz gewählt, so wird gegenüber der gesamten Flüssigkeitsmenge
(a) A x nur sehr klein. Die aus diesem kleinen Teilchen Flüssigkeit
frei werdende Gasmenge ist aber noch viel kleiner und kann neben der von der gesamten
Flüssigkeit gebildeten vernachlässigt werden. In diesem Falle kann folglich der
Flüssigkeitsverlust (das ist A x) als fast gleich der von dem Rest der Flüssigkeit
im Probeglas abgeschiedenen Gasmenge betrachtet werden, durch welch let--tere die
Flüssigkeitsmenge A x aus dem Probeglas verdrängt wurde. Die während der gleichen
Zeit von dem gesamten Flüssigkeitsquantum abgeschiedene Gasmenge, welche mit A y
bezeichnet werden soll, ergibt sich sonach aus der Proportion:
Wird der Zeitabschnitt der Betrachtung unendlich klein, so ist die verdrängte Flüssigkeitsmenge
wirklich gleich der entstandenen Gasmenge. Man pflegt dann bekanntlich statt A x
dx und statt A y dy zu schreiben, und die obige Gleichung erhält die Form
in welcher sie sich nach den Regeln der Infinitesimalrechnung leicht lösen läßt.
Die Summe der unendlich kleinen Teilchen dy ergibt, wie leicht ersichtlich, diejenige
Menge (y) Gas, welche aus dem Gesamtvolumen der Flüssigkeit gebildet wird, d. h.
die Menge des während der Zeit vom Beginn des Versuches bis zu der betreffenden
Ablesung insgesamt abgeschiedenen Gases (Kurve B in der Abb.3). Den zahlenmäßigen
Wert für y findet man durch Integration der obigen Gleichung, wozu sie zweckmäßig
auf die ?# orin
gebracht wird. Hieraus ergibt sich:
oder integriert
Die Integrationskonstante C ist zu eliminieren, indem man die bei Beginn des Versuches,
für welchen die Gleichung ja ebenfalls gelten muß, bestehenden Werte x= o und y
= o einsetzt; es ergibt sich dann
Durch Einsetzen dieses Wertes für C in das obige Integral erhält man also schließlich
bzw.
Dieser Wert für y braucht nun natürlich nicht für jeden einzelnen abgelesenen Wert
@-on .r immer wieder von neuem nach der vorstehenden Formel Berechnet zu werden.
Solange a konstant bleibt, d. h. wenn stets das gleiche Gesamtvolumen von Flüssigkeit
zum Versuch verwendet wird, wie dies praktisch der Fall ist, kann man für eine Anzahl
von Werten von x die zugehörigen Werte von v berechnen und diese in ein Koordinatensystem
eintragen, Durch Verbindung der eingetragenen Punkte erhält man eine Kurve, aus
welcher dann alle weiteren Werte abgelesen werden können.
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Umgekehrt lassen sich natürlich aus der Kurve ebenso die zu beliebigen
Werten von y gehörigen Werte für .r ablesen, d. h. man kann daraus auch die bestimmten
Mengen insgesamt entwickelten Gases entsprechenden Mengen aus dem Probeglas verdrängter
Flüssigkeit entnehmen, und gelangt hierdurch für die praktische Verwendung zu einer
Einteilung der Skala, welche die unmittelbare Ablesung des gesamten entstandenen
Gases gestattet.
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Eine solche Kurve zeigt die beigegebene Abb.4; die aufgetragenen Werte
sind außerdem auch in der folgenden Tabelle zusammengestellt.
Y x I Y |
5 5,13 45 59,78 |
io 10,54 50 69,32 |
15 16,25 55 79,86 |
20 22,31 6o gi,63 |
25 28,77 65 104,98 |
30 35,67 70 120,40 |
35 43,08 75 138,63 |
40 51,o8 8o 160,94 |
eben der exakten Feststellung der entstandenen Gasmenge wurde als ein weiterer,
sehr bedeutender Vorteil gegenüber sonstigen zu dem vorliegenden Zweck bisher gebrauchten
Apparaten durch die Erfindung erreicht, daß die Vorrichtung nicht nur bei der Untersuchung
selbst außerordentlich einfach zu handhaben ist, sondern daß sie auch leicht und
intensiv gereinigt sowie sterilisiert werden kann. Denn hierauf kommt es bei den
in Frage stehenden Untersuchungen zumeist sehr stark an. Zum Einfüllen der Flüssigkeiten
stellt man die Gläschen vorteilhaft in ein geeignetes Stativ, welches sie gegebenenfalls
auch in umgekehrter Stellung aufzunehmen vermag. Als günstig hat es sich indessen
besonders für die Untersuchung von sehr vielen Proben nebeneinander erwiesen, sie
mit angeschmolzenen Glashaken zu versehen, so daß sie in beliebiger Zahl an einen
Draht o. dgl. gehängt werden können. Diese Anordnung zeigt die Abb.5.