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Kontinuierliche Walzenstraße mit elektrischem Antrieb In Wälzwerken
werden zunehmend sogenannte kontinuierliche Straßen verwendet, teils um die Produktion
zu steigern, teils um die Abkühlung des Walzgutes zwischen den einzelnen Stichen
so gering wie möglich zu halten und möglichst große Verlängerungen in einer Hitze
erreichen zu können. Es ist eine Reihe kontinuierlicher Walzwerke beschrieben worden;
eine Spezialbauart solcher Walzwerke sind die sogenannten Reduzierwalzwerke für
Rohre. Bei diesen stehen in v erhältnismäßig kleinen Abständen eine große Anzahl
(meistens zwölf bis achtzehn) von Gerüsten in einer Flucht, deren Achsen immer abwechselnd
um 9o° gegeneinander versetzt sind. Der Antrieb derartiger Straßen erfolgt entweder
von einer durchgehenden, gemeinsamen Welle oder von zwei parallelen. Wellensträngen,
die auf beiden Seiten der Straße angeordnet sind. Derartige Vorrichtungen bewähren
sich beim Auswalzen von Rohren vorzüglich, sie sind jedoch zum Auswalzen von Massivmaterial
weniger geeignet, selbst wenn dieses bei Walztemperatur weich ist, und ungeeignet,
wenn dieses bei Walztemperatur hart ist. Ferner sind solche Straßen wenig oder gar
nicht geeignet für Adern von sehr großer Länge.
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Beim Walzen bzw. Reduzieren von Rohren ist es nicht erforderlich,
daß die Tourenzahlen der einzelnen Walzwerke sehr scharf aufeinander abgestimmt
sind, auch wenn die Walzenspalte nicht streng den theoretisch geforderten Querschnittsabsttifungen
entsprechend eingestellt ist, weil rohrförmiges Walzgut infolge seines im Inneren
befindlichen Hohlraumes bei nicht ganz korrekter Abstufung der Umdrehungszahlen
der einzelnen aufeinanderfolgenden Gerüste imstande ist, sich zwischen den einzelnen
Walzgerüsten etwas zu dehnen oder zu stauchen. Bereits bei massivem Walzgut trifft
dies, selbst wenn das Walzgut bei Walztemperatur weich und plastisch ist, nur in
wesentlich geringerem Maße zu; bei nicht streng korrekter Abstimmung der Walzenspalte
und Tourenzahlen der aufeinanderfolgenden Gerüste treten im Walzgut zwischen den
einzelnen Gerüsten Zugbeanspruchungen und Stauchungen ein. Ein weiches und sehr
plastisches Walzgut wird den Zugbeanspruchungen durch Dehnung, den Stauchungen durch
Verkürzung nachgeben, während bei einem bei Walztemperatur harten Walzgut Schlingenbildung
oder die übertragung unzulässiger Zug- und Druckbeanspruchungen von Gerüst zu Gerüst
eintritt. Bei massivem Walzgut von hoher Festigkeit und namentlich beim Kaltwalzen
können diese Zug- und Druckbeanspruchungen, die die falsch eingestellten Gerüste
auf die vorausgehenden oder nachfolgenden ausüben, so groß werden, daß entweder
rascher Verschleiß einzelner Teile oder Brüche eintreten. Dieser Verschleiß kann
Kaliber, Zahnräder, Antrieb
oder Lager betreffen, während der Bruch
Befestigungsanker, Ständer oder Teile des Antriebs betreffen kann. Die Erfindung
betrifft nun eine Anordnung, die es ermöglicht, Walzwerke, die nach der allgemeinen
Grundanordnung der Rohrreduzierwalzwerke gebaut sind, zum Auswalzen besonders harten,
schwer verarbeitbaren Materials geeignet zu machen, und die zugleich ermöglicht,
das Bedienungspersonal eines solchen Walzwerkes auch bei Verarbeitung dieser harten
Materialien weitgehend zu vermindern. Zur Erreichung dieses Zieles erhält zunächst
jedes einzelne Gerüst einer ähnlich den Rohrreduzierwalzwerken angeordneten Straße
elektrischen Einzelantrieb. Insbesondere, wenn dieser Antrieb durch Elektromotoren
erfolgt, kann durch Nebenschlußregulierung auch bei nicht ganz korrekt eingestellten
Walzenspalten die entsprechende Tourenzahl jedes einzelnen Gerüstes mit fast beliebiger
Genauigkeit eingestellt werden. Bei elektrischem Einzelantrieb ist es ferner möglich,
die Leistungsaufnahme jedes einzelnen Gerüstes fortlaufend durch einen einfachen
Strommesser zu überwachen. Eine solche Anordnung bietet mehrere Vorzüge. Bei gemeinsamem
Antrieb von beispielsiveise zwanzig in einer Flucht angeordneten Gerüsten kann eines
der Gerüste gefressene Lager oder einen sonstigen Schaden haben, der die Leistungsaufnahme
dieses Gerüstes um roo °/o steigert. Für den gesamten Kraftbedarf der ganzen Straße
würde bei zwanzig- Gerüsten eine um Zoo °!o gesteigerte Leistungsaufnahme eines
einzelnen Gerüstes nur eine Leistungssteigerung der gesamten Aufnahme um 5 °/o bedeuten
und sich damit der Beobachtung entziehen. Bei elektrischem Einzelantrieb mit Strommessern
vor jedem einzelnen Motor kann der Betriebszustand jedes einzelnen Gerüstes fortlaufend
mit vollkommener Genauigkeit überwacht werden. Ferner erlaubt eine solche Anordnung
eine außerordentlich einfache Einstellung einer derartigen Walzenstraße. Angenommen,
die Walzenspalten seien annähernd richtig eingestellt, jedoch tnit verhältnismäßig
großen Abweichungen von den theoretischen Sollwerten. Selbst wenn dann die Tourenzahlen
der einzelnen Gerüste genau den theoretischen Sollwerten entsprechen, so werden
durch das Walzgut selbst Druck- oder Zugbeanspruchungen von einem Gerüst auf das
folgende oder vorhergehende übertragen, Beanspruchungen, die um so größer werden,
je härter das Walzgut und je länger die in einem Strang zu walzende Ader wird. Bei
der geschilderten Anordnung macht sich ein Schieben oder Ziehen eines Gerüstes sofort
in einem übernormal großen Ausschlag des Strommessers bemerkbar, ein Geschoben-
oder Gezogenwerden durch einen Ausschlag, der kleiner ist als normal. Ein einfacher
Griff an einem zweckmäßig in der Nähe des zugehörigen Strommessers angebrachten
Nebenschlußreglers erlaubt sofort, die Leistungsaufnahme des betreffenden Gerüstes
auf den genauen Sollwert einzustellen. Bei gemeinsamem Antrieb sind derartige Mängel
überhaupt nicht ohne weiteres erkennbar: würden sie erkannt, so könnten sie nur
durch genaue Justierung des Walzenspaltes beseitigt werden, die erhebliche Umstände
verursacht und überhaupt nicht möglich ist, solange ein Walzstab die Straße durchläuft.
Infolgedessen würde bei hartem Walzgut unter Umständen ein Bruch bereits eingetreten
sein, ehe eine Beseitigung möglich ist.
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Die Vorteile einer derartigen Anordnung zeigten sich bei der ersten
Inbetriebnahme eines so gebauten Walzwerkes: Während die Fachleute darauf gerechnet
hatten, daß man mehrere Wochen brauchen würde, bis die nicht eingelaufene Walzenstraße
genügend justiert sein würde, um bei besonders hartem Walzgut ein einwandfreies
Arbeiten zu ermöglichen, zeigte es sich, daß die beschriebene Anordnung eine Justierung
der gesamten Straße innerhalb weniger als einer Stunde fehlerfrei gestattete.
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Die beschriebene Anordnung erlaubte sogar, Adern beliebiger Länge
auf kontinuierlichen, eng stehenden Straßen kalt zu walzen. Selbst bei Aderlängen
von mehreren Kilometern ist ein derart fehlerfreier Betrieb solcher Straßen möglich,
daß ein einzelner Mann genügt, eine solche Straße täglich durch viele Stunden in
absolut fehlerfreiem Betrieb zu erhalten.
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Das gestellte Ziel, hartes Walzgut mit wenig Bedienungspersonal fehlerfrei
zu verwalzen, wird aber nur dann vollständig erreicht, wenn noch die nachstehend
geschilderten 'Maßnahmen gleichzeitig ergriffen werden: Die Walzen werden in Anlehnung
an den Aufbau der üblichen Rohrreduzierwalzwerke als freiliegend gelagerte Ringe
ausgebildet, um rasch von einem Profil auf ein anderes übergehen zu können. Zwischen
den einzelnen Gerfsten werden zweckmäßig Führungen angebracht, die auswechselbar
sind, so daß man beispielsweise jederzeit an beliebiger Stelle eine Ablenkvorrichtung
anbringen kann, um Walzgut in besonderen Fällen schon bei einer Stärke auslaufen
zu lassen, die größer ist als der Durchmesser des normalen Fertigproduktes der betreffenden
Straße. Beim Walzen massiven und sehr harten Materials muß naturgemäß die Ausführung
der Gerüste entsprechend stärker sein als bei den üblichen 2eduzierwalzwerken. Immerhin
wird durch diese Anordnung ein fehlerfreier Betrieb der-
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Straßen auch für massives und sehr hartes Walzgut gewährleistet, während bei starrem
Antrieb der einzelnen Gerüste beim Auswalzen massiven Materials von hoher Festigkeit
Brüche nicht zu vermeiden wären. Um gleichzeitig eine genügend feine Einstellung
der Walzenspalte zu ermöglichen, wird die Einstellung zweckmäßig nicht in üblicher
Weise durch Schraubenspindeln bewirkt, sondern durch Keileinstellung, wie sie in
Walzwerken an#ierer Art an sich bewährt ist. Mit Rücksicht auf die außen gelegenen
Walzen (Walzringe) ist bei dem den Walzen zunächst gelegenen Lager die Keileinstellung
über der Oberwalze, bei dein Lager des entgegengesetzten Ständers zwischen den beiden
Walzen angeordnet; beide Keileinstellungen werden zweckmäßig miteinander gekuppelt.
Um aus solchen Walzwerken sehr hohe Leistungen herauszuholen, empfiehlt es sich,
Lagerschalen zu verwenden, in die in an sich bekannter Weise nahtlose Kupferrohre
als Kühlrohre eingegossen oder eingelötet sind. Die Bedienung solcher Walzwerke
wird ganz erheblich vereinfacht, wenn sämtliche Schmierstellen durch automatische
Zentralöler bedient werden. Dabei empfiehlt es sich, für Getriebelager und Walzenlager
verschiedene Ölsorten zu wählen, beispielsweise für die Walzenlager Rizinusöl.
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Wenn diese drei Einrichtungen, Keileinstellung, geschlossene Führungen
und automatische ölung, gleichzeitig vorhanden sind, ist es möglich, daß das Walzwerk
von einem Mann oder höchstens zwei Leuten bedient werden kann. Ist dagegen zum Beispiel
keine automatische Ölung vorgesehen, dann ist es unumgänglich, daß ein Mann besonders
dazu angestellt werden muß, die Schmierstellen dauernd zu überwachen. Da aber ein
Walzwerk gemäß der Erfindung bei Ausführung mit zwanzig Gerüsten etwa d.oo Schmierstellen
besitzt, ist einleuchtend, daß dann mindestens ein Mann nicht nur mit der Schmierung
lotternd zu tun hat, sondern es ist auch sehr wahrscheinlich, daß gelegentlich einzelne
Schrnierstelt_en übersehen werden und dadurch (las Walzwerk in seiner Funktion stark
gefährdet wird.
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Kontinuierliche Walzwerke der beschriebenen Art sind noch für einen
weiteren wichtigen Ver-,vendungszweck mit besonderem Vorteil zu verwenden: Es werden
bekanntlich nicht nur Rohre hohl auf Reduzierwalzwerken heruntergewalzt, derart,
daß unter annähernder Beibehaltung der Wandstärke sich ihr Lurnen verringert, sondern
auch Rohre auf einem mitlaufenden Dorn derart ausgewalzt, daß ihr Lumen konstant
bleibt und nur ihre Wandstärke sich verringert. Diese letzte Anwendungsform der
kontinuierlichen Walzenstraße hat sich jedoch nicht bewährt. Im Inneren der Rohre
befindet sich ein mitlaufender kalter Dorn aus sehr hartem Material; eine Streckung
soll nur die verhältnismäßig geringe Schicht zwischen Dorn und 'U7alzenltaliber
erfahren, die die Wand des heißen Rohres bildet. Bei dieser Arbeitsweise ist es
von ganz besonderer Wichtigkeit, daß die Tourenzahlen der einzelnen Walzgerüste
der Straße auf das peinlichste aufeinander abgestimmt werden. Bei gemeinsamem Antrieb
sämtlicher Gerüste einer Straße ist das Verhältnis der Tourenzahlen gegeben, und
die Einstellung der Walzenspalte muß infolgedessen mit einer solchen Feinheit korrekt
erfolgen, wie dies mit den üblichen Mitteln kaum möglich ist; der einmal erreichte
korrekte Zustand ändert sich zudem durch verschiedenen Verschleiß und verschiedene
Temperaturänderungen der einzelnen Teile so rasch, daß eine wirtschaftliche Ausnutzung
solcher Straßen bis jetzt nicht gelungen ist. Es ist ohne weiteres klar, daß die
vorbeschriebene Walzenstraße auch für diese Zwecke besonders geeignet ist und mit
ihr ohne weiteres eine fehlerfreie Ausübung der angegebenen Arbeitsweise möglich
ist.