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Harmonisches Wlehrtongeläute Die allgemein bekannten Läutevorrichtungen
für kirchliche und andere Zwecke bestehen in fast allen Fällen aus einer in Lagern
beweglichen Glocke und einem innerhalb dieser Glocke beweglich aufgehängten Klöppel.
Versetzt man eine solche Vorrichtung in schwingende Bewegung, so trifft der Klöppel
pro Halbschwingung je einmal den Rand der Glocke, die durch diesen Vorgang, der
im schwingungstechnischen Sinne als Stoßerregung zu bezeichnen ist, zum Tönen gebracht
wird. Natürlich ertönt die Glocke in erster Linie in ihrer Grundschwingung, und
die den Klang verschönernden und füllenden Oberschwingungen sind nur auf verhältnismäßig
geringe Entfernung wahrnehmbar. Diesen Übelständen suchte man dort, wo man, wie
beim Kirchengeläute, auf Wohlklang besonders Gewicht legte, dadurch abzuhelfen,
daß man zwei oder mehrere zu einem vollen Akkord zusammenklingende Glocken gleichzeitig
läutete. Aber auch in diesem Falle ist der erzielbare Effekt nicht etwa zu vergleichen
mit einem in gewolltem Rhythmus angeschlagenen Akkord, sondern es entstehen ungewollte
Schwebungen, deren Rhythmus lediglich abhängig ist von der Pendellänge der einzelnen
zusammenklingenden Glocken im Erdfeld, und es ist noch keine Einigkeit darüber erzielt,
ob diese Schwebungen, die j a einer gewissen Gesetzmäßigkeit unterliegen, an sich
grundsätzlich als wohlklingend anzusehen sind oder ob sie nur dann einen wirklichen
Wohlklang ergeben, wenn die Pendellängen der einzelnen Glocken in ganz bestimmtem
Verhältnis stehen bzw. ob der beste Effekt erzielt würde, wenn diese an sich ungewollten
Schwebungen ganz beseitigt werden könnten. Jedenfalls ist es als eine Bereicherung
der Läutetechnik anzusehen, wenn sich unter Beibehaltung oder Fortlassung dieser
Schwebungen die Möglichkeit ergibt, zwei oder mehrere Töne, wie beim Klavier und
anderen Instrumenten, gleichzeitig anzuschlagen.
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Es sind Vorrichtungen bekannt geworden, welche ein gleichzeitiges
Anschlagen mehrerer Schallstrahler anstreben. Man hat z. B. mehrere unter sich starr
verbundene Glocken ineinandergeschachtelt und sie vermittels Klöppel, deren Bewegung
zwangsläufig gesteuert wird, gleichzeitig zum Anschlag gebracht. Die vorliegende
Erfindung bezieht sich jedoch auf Kirchenglockengeläute, bei welchem zwei oder mehrere
auf die Einzeltöne eines Akkordes abgestimmte Glocken ineinandergeschachtelt sind
und zum Zwecke einer gleichzeitigen oder nahezu gleichzeitigen akustischen Erregung
zum gegenseitigen Anschlag und zeitgleichen Tönen gebracht werden.
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In Fig. r ist ein Ausführungsbeispiel der Erfindung zur Darstellung
gebracht, von dem in Fig. 2 noch eine besonders wichtige Teilkonstruktion, die lose
Kopplung, dargestellt wird.
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An einem Joch j, welches an seinen beiden Enden mit Zapfen P versehen
ist, die imGlockenstuhl in bekannter Weise gelagert sind, ist die
Glocke
a1 befestigt. Sie kann also von Hand oder maschinell bewegt um die Zapfen ihres
Joches freie, relativ ungedämpfte Schwingungen ausführen. Innerhalb der Glocke an
der Stelle, an der in der Regel der Klöppel angebracht ist, ist eine zweite Glocke
a2, angelenkt, deren Grundschwingung in einer gewissen Beziehung zu der Grundschwingung
der Glocke a1 steht. Sie kann beispielsweise auf die Terz, die Quint oder die höhere
Oktave usw. der .Glocke a1 abgestimmt sein. Setzt man nun die Gesamtanordnung in
gewohnter Weise in schwingende Bewegung, so wirkt die Glocke a2 als Klöppel und
trifft bei jeder Halbschwingung mit der Glocke a1 zusammen. Durch diesen Stoß wird
aber selbstverständlich nicht nur die Glocke a1, sondern auch die Glocke a2 zu akustischen
Schwingungen, d.h. zum Tönen, angeregt. Mit anderen Worten, es wird gleichzeitig
der Grundton der Glocke a1 und eine höhere Harmonische ihres Grundtones, also der
Grundton der Glocke a2, durch Stoß erregt. Außerdem aber werden die übrigen Harmonischen
beider`Glocken, die ja ebenfalls zueinander in gesetzlicher Beziehung stehen, viel
stärker erregt, als dies bei einer gewöhnlichen Glocke der Fall ist, weil die Schwingungen
beider Glocken, die letzten Endes doch als kleine mechanische Bewegungen auf die
zwischen befindliche Luftschicht wirken, sich gegenseitig durch Kopplung und Rückkopplung
beeinflussen bzw. verstärken. Es handelt sich also im vorliegenden Falle um zwei
gemeinsam erregte und im schwingungstechnischen Sinne miteinander gekoppelte Glocken.
Man könnte auch sagen, daß im vorliegenden Falle der Klöppel nach Art einer Glocke
ausgebildet ist oder in gleicher Weise wie die Glocke selbst zum Schallstrahler
umgewandelt bzw. zum Tönen gebracht wurde, und daß auf diesem Wege nicht nur gleichzeitig
zwei Grundtöne durch Stoß erregt, sondern auch durch Rückkopplung alle übrigen Oberschwingungen
verstärkt werden. Man kann natürlich dafür sorgen, daß die zweite Glocke eine Grundschwingung
besitzt, die vom musikalischen Standpunkte aus eine besonders günstige Wirkung ergibt,
und man kann beide Glocken so miteinander verbinden bzw. formen, daß sie sich in
einer Zone treffen, die in bezug auf den Anschlag besonders günstig erscheint, etwa
in den Zonen Q1, Q2 (Fig. z).
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Außer der akustischen Abstimmung der Glocke a2 auf eine höhere Harmonische
der Glocke a1 ist noch eine weitere Abstimmung der Glocke a2 auf die Glocke a1,
die im vorliegenden Falle die Pendelabstimmung genannt werden soll, wünschenswert,
und zwar ergibt sich, wie durch Versuche und Untersuchungen festgestellt wurde,
die geringste Antriebsenergie dann, wenn die Glocken a1 und a2 als Pendel angesehen
miteinander nahezu oder möglichst vollkommen gleichgestimmt sind. Von besonderer
Bedeutung ist weiterhin die richtige mechanische und die sich daraus unter-Umständen
ergebende richtige akustische Kopplung der beschriebenen Glocken. Soll bei einem
bestimmten Anschlag beispielsweise die akustische Kopplung, d. h. also die erregende
Stoßenergie, verstärkt bzw. vergrößert werden, so kann man dies unter Festhalten
der übrigen Verhältnisse unter Umständen dadurch erzielen, daß man den Klöppel,
also im vorliegenden Falle die den Klöppel ersetzende Glocke a2, mit der Glocke
a1 mechanisch miteinander fester koppelt. Im vorliegenden Falle würde dies dadurch
erzielt, daß der Punkt 0 (Fig. z) gegenüber dem Punkt P nach unten verschoben, d.
h. der Hebelarm P-0 verlängert wird. Dies muß allerdings, wenn irgend möglich, ohne
Lageveränderung der Glocke a2 geschehen, damit die Anschlagspunkte Q, und Q, keine
Änderung erfahren. In Fig. 2 wird daher eine änderbare lose Kopplung zweier Glocken
in beispielsweiser Ausführung dargestellt. a1 ist der obere Teil der großen Glocke,
a2 derjenige der kleinen, cl ist eine Gewindespindel, die in die obere Glocke eingeschraubt
ist, c2 eine solche der unteren Glocke. Beide sind durch das Gelenk 0 miteinander
verbunden. Versieht man beide Spindeln mit gleichgängigem Gewinde, so wird nach
Lösen der Sicherungsmuttern dl und d2 durch Drehen des Kopfes e und damit der beiden
miteinander verbundenen Spindeln der Punkt 0 j e nach Wunsch nach unten oder nach
oben verschoben, ohne daß die Entfernung h der Glocken a1 und a2 hierdurch geändert
würde. Ist die richtige Einstellung k gefunden, so werden die Sicherungsmuttern
dl und d2 wieder befestigt. Die Art der verwendeten Kopplung bzw. die Anordnung
der schwingenden Massen usw., die beliebig sein kann, ändert natürlich am Gegenstand
der Erfindung nichts. Ebenso ist es möglich, mehrere ineinandergeschachtelte Kirchenglocken
durch gegenseitigen Anschlag zeitgleich zu erregen.
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Aus der dargestellten Beschreibung ergibt sich, daß nach Lösen der
Sicherungsmuttern d2 bei festgestellter Spindel cl und c2 die kleine Glocke a2 um
ihre Vertikalachse gedreht werden kann, um mit Leichtigkeit die Anschlagstellen
zu wechseln. Dasselbe ist möglich bei der großen Glocke, wenn die den Sockel bzw.
die Krone der Glocke a1 mit dem Joch j verbindenden Bolzen b und Laschen
l (Fig. 2) gelöst werden, da in diesem Falle das Gewicht der Glocke durch die Gewindespindel
cl getragen wird. Da durch eine Drehung der Glocken um z8o °, maximal um 36o', also
um einen Gewindegang, jede gewünschte Anschlagstelle bestimmt werden kann, wird
bei relativ feingängigem Gewinde der Spindel cl und c2 nur eine geringfügige Verschiebung
der i Anschlagstellen in der Vertikalen eintreten, die praktisch ohne Einfluß auf
die gute Funktion
der gekoppelten Glocken ist. Die Anschlagstellen
(Fig. x, Q1 und Q2) der Glocken werden zweckmäßigerweise verstärkt.