DE4338314C1 - Pharmazeutische Präparate zur Prophylaxe und Therapie radikalvermittelter Zellschädigungen - Google Patents
Pharmazeutische Präparate zur Prophylaxe und Therapie radikalvermittelter ZellschädigungenInfo
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Description
Die Erfindung betrifft neue pharmazeutische Präparate zur Prophylaxe
und Therapie radikalvermittelter Zellschädigungen.
Aus der Fach- und Patentliteratur ist bekannt, daß reaktive Sauer
stoffspezies (ROS), freie Sauerstoffradikale und weitere Radikalformen
eine wichtige Rolle bei der Entstehung vielfältiger Zellschädigungen
spielen, beispielsweise bei ischämischen und traumatischen Organver
letzungen, Entzündungs- und Vergiftungsprozessen.
Auch bei Hirn- und Wirbelsäulenverletzungen, Schockzuständen,
Schlaganfall, Muskeldystrophie, Emphysemen, ARDS, Asthma, Alte
rungsprozessen, bei Gewebeschädigungen nach Myokardinfarkt,
Vergiftungs- und Verstrahlungsschäden, Verbrennungen und transplan
tationsbedingten Immunreaktionen ist ein negativer Einfluß von ROS,
freien Sauerstoffradikalen und anderen Radikalformen zu verzeichnen.
Dabei ist u. a. die Lipidperoxidation und die Oxidation von Low Density
Lipoprotein (LDL)-Cholesterol in Verbindung mit irreversiblen Membran-
und Endothelschädigungen Ausgangspunkt für solche radikalvermittel
ten Zellschädigungen.
Es ist weiterhin bekannt, daß lipophile Substanzen, wie z. B. lipophile
Steroide mit "radikalfangenden" Eigenschaften sich zur Prophylaxe und
Therapie radikalvermittelter Zellschädigungen eignen können.
Im Unterschied zu den bekannten niedermolekularen phenolischen An
tioxidantien werden diese lipophilen Steroide mit gewisser Selektivität
in die Region der Zellmembran bzw. des Endothels transportiert und
können dort ihre Wirksamkeit entfalten.
Der therapeutische Nutzen wird dabei vom Wirkungsspektrum der je
weiligen Substanz bestimmt.
WO-PS 87/01706; WO-PS 91/11453; EP-PS 0389 368;
EP-PS 0389 369; EP-PS 0389 370 und FR-PS 2 640 977 beschreiben
beispielsweise Steroide mit "radikalfangenden" Eigenschaften.
WO-PS 87/01706; WO-PS 91/11453; EP-PS 0389 368/ . . . 369/ . . . 370 be
schreiben Steroide, die am terminalen Kohlenstoff-Atom der C-17-Sei
tenkette eine Aminogruppe enthalten, die substituiert bzw. Bestandteil
eines heterocyclischen Ringsystems sein kann.
In FR-PS 2 640 977 wird ein Strukturtyp aufgezeigt, der am C-11-Atom
in β-Position einen substituierten Phenylring aufweist.
In J. Phys. Org. Chem. 3 (1990), 309-315 wird dargestellt, daß
Estrogene, speziell Catecholestrogene, als Radikalfänger agieren kön
nen. Estradiol, Estron, Estriol und 2-Hydroxy-estradiol hemmen die
Peroxidation in vitro und in vivo.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, neue pharmazeutische Prä
parate mit hoher Wirksamkeit zur Prophylaxe und Therapie radikal
vermittelter Zellschädigungen zu finden.
Die Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß pharmazeuti
sche Präparate gefunden wurden, bestehend aus Steroiden mit pheno
lischer A-Ring-Struktur, ausgenommen die in ihrer diesbezüglichen
Wirkung bekannten Estrogene 17β-Estradiol, Estron, Estriol und deren
2-Hydroxy-Derivate sowie Steroide mit cyclischen Substituenten oder
mit einer Aminogruppe am terminalen C-Atom der aliphatischen C-17-
Seitenkette, und pharmazeutischen Hilfsstoffen.
Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind dabei die im Anspruch
2 aufgeführten Verbindungen.
Gegenstand der vorliegenden Erfindung sind auch pharmazeutische
Präparate zur oralen und parenteralen, incl. topischen, rektalen,
subcutanen, intravenösen, intramuskulären, intraperitonealen, intrana
salen, intravaginalen, intrabukkalen oder sublingualen Applikation, die
neben üblichen Träger- und Verdünnungsmitteln eine im Anspruch 1
oder 2 aufgezeigte Verbindung als Wirkstoff enthalten.
Die Arzneimittel der Erfindung werden mit den üblichen festen oder
flüssigen Trägerstoffen oder Verdünnungsmitteln und den üblicher
weise verwendeten pharmazeutisch-technischen Hilfsstoffen entspre
chend der gewünschten Applikationsart mit einer geeigneten Dosierung
in bekannter Weise hergestellt.
Die Vorteile der Erfindung ergeben sich im wesentlichen dadurch, daß
neue pharmazeutische Präparate zur Prophylaxe und Therapie radikal
vermittelter Zellschädigungen gefunden wurden,
- - mit Wirkstoffen, deren Wirkprofil sich von dem der bekannten weiter oben erwähnten Estrogene sowie von dem des Vitamin E unterschei det und/oder
- - mit Wirkstoffen, die eine hohe Wirksamkeit bezüglich der Hemmung der Lipidperoxidation und LDL-Oxidation in vitro besitzen, im Vergleich zu den erwähnten Estrogenen, zum U-78517F und zum Vitamin E.
Die vorteilhafte Wirkung der erfindungsgemäßen Systeme als Inhibitoren
der Lipidperoxidation und LDL-Oxidation werden in Tabelle 1 und
Tabelle 2 demonstriert.
Als Vergleiche zu den erfindungsgemäßen Systemen dienten 17β-
Estradiol, Estriol, U-78517F und Vitamin E, ebenfalls in Tabelle 1 und
Tabelle 2 dargestellt und mit (x) gekennzeichnet.
Die Messung der In-vitro-Hemmwirkung auf die Lipidperoxidation wurde
mittels des Thiobarbitursäuretestes vorgenommen.
Mit der Aussage zu den IC₅₀-Hemmwerten wird die lipidperoxida
tionshemmende Wirkung der jeweiligen Verbindung charakterisiert.
IC₅₀ gibt die Menge der zuzugebenden Substanz an, um eine 50%ige
Hemmung der Lipidperoxidation zu erzielen (Tabelle 1).
Die Messung der In-vitro Hemmwirkung auf die LDL-Oxidation wurde
nach ESTERBAUER et al. (1988): Effect of peroxidative conditions on
human plasma low density lipoproteins. In: Eicosanoids, lipid peroxida
tion and cancer (Hrsg. Nigam et al.), S. 203-214, Springer-Verlag Ber
lin, Heidelberg, New York, vorgenommen.
Die in Tabelle 2 aufgeführten Werte für eine Hemmung der LDL-Oxida
tion stellen Beispiele für Herz-Kreislauf-Aktivitäten dar.
Aussagen zur Estrogenität werden über die Messung der Estrogen-Re
zeptor-Bindung getroffen.
Die Messung der Estrogen-Rezeptor-Bindung erfolgt durch kompetitive
Bindung des ³H-markierten synthetischen Estrogens Ethinylestradiol
und der zu testenden Verbindungen am Estrogen-Rezeptor im Uterus-
Cytosol des infantilen Kaninchens bei 0°C. Dabei werden Reaktions
gleichgewicht und Rezeptorsättigung angestrebt.
Aus Konzentrationsreihen, die die jeweilige IC₅₀ einschließen, werden
die IC₅₀ für die Standardsubstanz 17β-Estradiol und für die zu testen
de Verbindung ermittelt (Regressionsrechnung nach logit-log-Trans
formation) und als Quotient dieser beiden Werte die relative Bin
dungsaffinität (RBA) angegeben.
Mit der Aussage zu den RBA-Werten wird die Estrogen-Rezeptor-Af
finität der jeweiligen Verbindung charakterisiert, die unter Berücksich
tigung bestimmter Voraussetzungen für In-vitro-Untersuchungen (z. B.
freie 3-OH-Gruppe) ein Maß für die Estrogenität ist (ebenfalls Tabelle
1).
LDL-Oxidations-Hemmwirkungen ausgewählter Verbindungen (5 µmol) | |
Verbindung | |
LDL-Oxidationshemmwirkung (Verlängerung der Iag-Phase in min) | |
17β-Estradiol (x) | |
110 | |
ent-Estradiol | 120 |
8-Dehydro-estradiol | 120 |
Estriol (x) | 45 |
U-78517F (x) | 70 |
3-Hydroxy-1,3,5(10)-estratrien-17S-spirooxiran | 170 |
3-Hydroxy-1,3,5(10),9(11)-estratetraen-17S-spirooxiran | 210 |
Es ist aus Tabelle 1 ersichtlich, daß die radikalfangenden Eigenschaf
ten unabhängig sind von der Estrogenität der jeweiligen Verbindungen.
Beispielsweise ist die In-vitro-Hemmwirkung auf die Lipidperoxidation
für ent-Estradiol genauso hoch wie für 17-Epi-estradiol, jedoch die
Estrogenität signifikant unterschiedlich.
Weiterhin ist Tabelle 1 und Tabelle 2 zu entnehmen, daß die erfin
dungsgemäß ermittelten Verbindungen sowohl eine Lipidperoxidations-
hemmende als auch eine LDL-Oxidations-hemmende Wirkung in vitro
besitzen, die höher ist als die des Vitamin E bzw. in der Größenord
nung oder besser, als die des 17β-Estradiols, Estriols und U-78517F
liegt.
Weiterhin wurde gefunden, daß konjugierte Doppelbindungen, wie die
6-, 8- und 9(11)-Doppelbindung ebenso wie die 8(14)-Doppelbindung,
zur erheblichen Steigerung der Lipidperoxidations- und der LDL-Oxida
tions-Hemmung führen.
Die erfindungsgemäßen Präparate stellen sowohl Inhibitoren der Lipid
peroxidation als auch Inhibitoren der LDL-Oxidation dar und sind des
halb geeignet zur Prophylaxe und Therapie radikalvermittelter Zell
schädigungen wie beispielsweise beim spinalen Trauma, des ischämi
schen (thromboembolischen) Schlaganfalls, der Ischämie, des Organ
schadens in der Reperfusionphase nach Transplantationen, den chro
nisch-degenerativen Erkrankungen des ZNS, der Senilen Demenz vom
Alzheimer-Typ (SDAT), des Asthma, der muskulären Dystrophie und
degenerativer neurologischer Krankheiten u. a. in Form von ZNS-Intoxi
kations- bzw. Degenerationszuständen.
Die erfindungsgemäßen Präparate erweisen sich ebenfalls als vorteil
haft zur Prophylaxe und Therapie solcher durch radikalvermittelte
Zellschädigungen hervorgerufenen Erkrankungen, wie die multiple
Sklerose, die Skin Graft Reaction, Akute Pankreatitis, Lebernekrosen
(z. B. virale Hepatitis), der hämorrhagische, traumatische und septische
Schock, Entzündungszustände, wie die osteo- oder rheumatoide Arthri
tis, adjuvante Arthritis, Arthrose, das nephrotische Syndrom
(immunologisch), das systemische Lupus erythematosis, die
Adriamycin-induzierte Herztoxizität und neuroprotectiven Hirntumoren.
Die erfindungsgemäßen Präparate eignen sich auch zur Prophylaxe
und Therapie derartiger durch radikalvermittelte Zellschädigungen her
vorgerufenen Erkrankungen, wie allergische Reaktionen, die Atherosklerose,
die Entzündung unter dermatologischen, inflammatorischen
und psoriatischen Bedingungen, der Stress-induzierte Ulcer, Migräne,
die maligne Hyperthermie, das hypoxische Syndrom, das ischämische
Bowel-Syndrom und die Reduzierung der notwendigen Dosis bei der
therapeutischen Anwendung radikalabbauender Enzyme, wie z. B.
Superoxiddismutase und Catalase.
Weiterhin sind die erfindungsgemäßen Arzneimittel als antitumorale
Wirksubstanzen einsetzbar und eignen sich für die prophylaktische und
therapeutische Behandlung von Herz- und Kreislauf-Krankheitszustän
den.
Die Testung der Substanzen auf die Hemmwirkung bezüglich der Lipid
peroxidation wurde mittels des Thiobarbitursäuretestes folgenderma
ßen durchgeführt:
1 ml biologische Probe (cont. 0,1 mg Plasmamembranen) incl. Fentons
Reagenz und Testsubstanz.
Die 1 ml Gesamtvolumen teilen sich auf in 0,01 bis 0,02 ml synaptoso
male Membranfraktion; 0,1 ml Eisen(II)-chlorid (2 mmol); 0,1 ml Was
serstoffperoxid (2 mmol), auf 1 ml auffüllen mit 0,9% NaCl (nicht PBS)
und Ethanol oder DMSO als Vehikel der Testsubstanz.
Der Reaktionsansatz wird 30 min bei 37°C inkubiert, anschließend mit
2 ml Reagenz A abgestoppt und 10 min bei konstanten 80°C inkubiert.
Nach Abkühlen in einem Eisbad (19 min) wird die Probe in einer Kühl
zentrifuge zentrifugiert (1000 x g; 4°C). Der Überstand wird (bis zu 2 h
stabil) bei 535 nm gegen den Blindwert gemessen, der bis auf die
Membranfraktion alle Reagenzien enthält.
Als Vergleichswert dient der Ansatz, der neben der Membranfraktion
NaCl sowie im gegebenen Falle Vehikel mit gleichen Anteilen erhält.
15% (w/v) Trichloressigsäure (15 g); 0,375% (w/v) Thiobarbitursäure
(375 mg); 0,25 mol/l HCl (2,11 ml konz. HCl)
in 100 ml wäßriger Lösung.
Die Prüfsubstanzen werden vorzugsweise in Ethanol als 20 millimolare
Stammlösungen angesetzt und entsprechend verdünnt. Geprüft wird im
Dosierungsbereich 1-150 µmol.
In allen Versuchsansätzen wird eine entsprechende Standardsubstanz
mitgeführt.
- - Dosis-Wirkungsanalyse der Prüfsubstanzen.
- - Ermittlung der Lipidperoxidationshemmwerte mit mindestens fünf Substanzkonzentrationen im Hemmbereich 30 bis 70%, bezogen auf die Testwerte ohne Substanzeffekt.
Die Testung der Substanzen auf die Hemmwirkung bezüglich der LDL-
Oxidation nach der Methode von Esterbauer et al. (1988) wurde folgen
dermaßen ausgeführt:
2 ml biologische Probe (cont. 0,5 mg LDL, isoliert aus humanem Voll
blut, incl. 10 µmol CuSO₄ sowie 1 bis 150 µmol Testsubstanz und Et
hanol als Vehikel der Testsubstanz im zellfreien Medium PBS.
Der Reaktionsansatz wird bei RT über einen Zeitraum von mindestens
8 h inkubiert und spektralphotometrisch (Absorptionsmaximum des
oxidierten LDL liegt bei 234 nm) verfolgt. Entsprechend den bei der
Meßwellenlänge von 234 nm registrierten Extinktionsveränderungen in
Gegenwart bzw. Abwesenheit von Testsubstanzen bzw. in der Gegen
überstellung des nativen zum oxidierten LDL werden definitive Aussa
gen zur Beeinflussung des oxidierten LDL durch Testsubstanzwirkung
ermöglicht.
Die Prüfsubstanzen werden vorzugsweise in Ethanol als 20 millimolare
Stammlösungen angesetzt und entsprechend verdünnt. Geprüft wird im
Dosierungsbereich 1-150 µmol.
In allen Versuchsansätzen wird eine entsprechende Standardsubstanz
mitgeführt.
- - Dosis-Wirkungsanalyse der Prüfsubstanzen.
- - Ermittlung der LDL-Oxidations-Hemmwerte, ausgewiesen als Verzö gerung der LDL-Oxidation in Form einer zeitlich verlängerten Iag- Periode (min).
Claims (3)
1. Pharmazeutische Präparate zur Prophylaxe und Therapie
radikalvermittelter Zellschädigungen,
bestehend aus Steroiden mit phenolischer A-Ring-Struktur,
ausgenommen
ausgenommen
- - die Estrogene Estradiol, Estron, Estriol und deren 2-Hydroxy-Derivate,
- - Steroide mit cyclischen Substituenten oder mit einer Aminogruppe am terminalen C-Atom der aliphatischen C-17-Seitenkette,
und pharmazeutischen Hilfsstoffen.
2. Pharmazeutische Präparate nach Anspruch 1
mit zusätzlicher konjugierter Doppelbindung
oder 8(14)-Doppelbindung.
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