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Umschalteinrichtung für die Statorwicklung von Wechselstrom-Induktionsmotoren
beim Anlaßvorgang mit geschlossenem Rotor. Es ist üblich, die stationäre Kurzschlußstromaufnahme
größerer Wechselstrom-Induktionsmotoren mit kurzgeschlossenem Läufer, wie sie bei
den Anfahrvorgängen im Augenblicke des Stillstandes auftritt, dadurch herabzumindern,
daß man die Statorwicklung zunächst an einen Bruchteil der vollen Netzspannung legt
und sie erst nach erfolgtem Anlaufe des Rotors in einer oder mehreren Stufen an
die volle Netzspannung schaltet. Zu diesem Zwecke sind Ausschaltungen und Neueinschaltungen
der Wicklung vorzunehmen.
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Beim Einschalten eines Wechselstromkreises mit induktiver Belastung
tritt nun während des »Einschwingens« des Stromes in seinen stationären Zustand
der kurzzeitige Einschaltestromstoß auf, dessen Höchstwert die Vollaststromstärke
oft weit überschreitet. Dieser für die Netze sehr unangenehme Einschaltestromstoß
tritt bei jeder der obengenannten Umschaltungen bzw. Einschaltungen auf. Er macht
sich vor allem auch beim Umschalten des angefahrenen Motors auf die höhere Spannung
bemerkbar. So ist z. B. im Falle des Sterndreieckschalters insbesondere der Einschaltestromstoß
der Dreieckschaltung besonders unangenehm.
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Es sind nun zur Einschränkung dieses Schaltstromstoßes beim Umschaltevorgange
unter anderem sogenannte Sterndreieckschutzbalter konstruiert worden, welche teilweise
von der irrtümlichen Auffassung ausgehen, daß das Feld des Kurzschlußanker-Induktionsmotors
in der Zeitspanne, die zwischen dem Ausschalten und dem Wiedereinschalten der Wicklung
liegt, sofort verschwindet und welche sich zum Ziele setzen, durch besondere Umschaltemaßnahmen
das Feld künstlich am Verschwinden zu verhindern.
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Im folgenden ist nun eine den Gegenstand der Erfindung bildende Umschalteeinrichtung
beschrieben, welche auf der Erkenntnis aufbaut, daß das Feld während der Zeit des
Umschaltevorganges bei geschlossener Rotorwicklung tatsächlich nicht verschwindet,
welche dieses beim Wiedereinschalten noch vorhandene Feld in geeigneter Weise berücksichtigt
und mit welcher unter anderem eine Herabminderung des Einschaltestromstoßes auf
andere Weise erzielt werden kann, als sie bisher in der Technik angewandt wurde.
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Eine oszillographische Aufnahme der Spannung an den Klemmen eines
Drehstrom-Induktionsmotors mit Kurzschlußanker, dessen Wicklung etwa nach dem Verfahren
der Sterndreieck-Anlaßschaltung zunächst in Stern am Netze liegt, zeigt ohne weiteres,
wie nach dem Abschalten des angefahrenen Motors die Spannung in nicht wesentlich
verminderter Höhe weit über die zur Umschaltung notwendige Zeit hinaus an der vom
.Netze vollkommen abgetrennten Statorphasenwicklung aufrechterhalten bleibt. Das
Drehfeld des Motors kann wegen der ungemein kräftigen Dämpferwirkung der geschlossenen
Rotorwicklung nicht plötzlich verschwinden, sondern rotiert mit dem auf dem Wege
zu seinem Stillstande befindlichen Läufer, welcher nach Art des Magnetrades einer
Synchronmaschine in den Ständerwicklungen zunächst noch Spannungen von der Größenordnung
der vorher angelegenen Spannung erzeugt.
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Diese an sich wohl nicht unbekannte Erscheinung, welche nur bei geschlossenem
Rotor auftritt, läßt sich nun dazu verwenden, den
Einschaltestromstoß
der neu an das Netz zu legenden bzw. umzuschaltenden Statorwicklung in seiner Größe
zu beeinflussen und auch herabzumindern, und zwar am Anwendungsbeispiele der Sterndreieck-Anlaßschaltung
beschrieben, wie folgt: Ein Sterndreieckschalter arbeite beispielsweise nach dem
Schaltungsschema der Abb. r so, daß er in der mit »i« bezeichneten Stellung die
Netzzuleitungen R, S, T an die Wicklungsanfänge 17, h, W legt und die Wicklungsenden
X, Y, Z zum Sternpunkte vereinigt, also dIe Sternschaltung der Abb. 2 verwirklicht
und beim Umschalten zur Schaltstellung »2« der Abb. r gelangt, welche eine Dreieckschaltung
der Statorwicklungen nach Abb. 3 herstellt. Eine der drei Phasenwicklungen, welche
z. B. mit dem Anfange U und dem Ende Y in der Dreieckstellung an die volle Spannung
zwischen den zwei Zuführungsleitungen R und T gelangt, befindet sich in der Sternstellung
an dieser Spannung in Verkettung mit der durch W und Z gekennzeichneten Phasenwicklung.
Das Vektordiagramm der Abb. d. zeigt, wie für die Phasenwicklung U, X zwischen der
Spannung, welche an ihr in der Sternstellung herrscht und der vollen Netzspannung,
an welche sie beim Übergange zur Dreieckschaltung gelegt wird, eine Phasenverschiebung
von 30° besteht, so zwar, daß die Netzspannung um 30° der Wicklungsspannung nachfolgt.
Dasselbe trifft gemäß dein Vektordiagramme der Abb..I auch für die übrigen Phasen
zu. Dieser Phasenzusammenhang besteht bis zum Zeitpunkte des Abschaltens der Sternstellung.
Von diesem Augenblicke an verschiebt sich die jeweils in der abgeschalteten Phasenwicklung
bestehende, vom mit dem auf dem Wege zum Stillstande befindlichen Läufer rotierenden,
noch aufrecht bleibenden Felde induzierte Wicklungsspannung infolge der Abweichung
von Jer synchronen Geschwindigkeit mehr und mehr in ihrer Phase gegenüber derjenigen
Netzspannung, an welcher sie nun in der Dreieckschaltung neu angelegt wird. Erfolgt
das Neuaufschalten in »Dreieck« gerade nach Ablauf einer solchen Unischaltezeit,
innerhalb welcher die Abweichung der Läufergeschwindigkeit von der Synchrongeschwindigkeit
den Läufer gerade einen solchen Winkel räumlich zurücklegen ließ, welcher 30 »elektrischen«
Graden entspricht, dann ist der im Augenblick der Auflösung der Sternschaltung noch
vorhandene Phasenwinkel von 30° zwischen der Wicklungsspannung und der neu aufzuschaltenden
Netzspannung gerade verschwunden und hat einer Phasenübereinstimmung Platz gemacht.
Nun vollzieht sich der Neuaufbau des Feldes auf dem Fundamente des Restes des alten
und die auf ein Minimum beschränkten Einschaltestromstöße fallen, wie die Praxis
zeigt, ganz wesentlich kleiner aus, als wenn beispielsweise die Aufschaltung der
Spannungen gerade in Phasenopposition geschieht, wobei dann die Feldreste des vorangegangenen
Schaltzustandes erst noch beseitigt werden müssen, eine 'Möglichkeit, welche bei
der nicht erzwungenen Phasenlage üblicher Umschalteeinrichtungen stets gegeben ist.
In einem genau untersuchten Falle war die Amplitude des Einschaltestromstoßes in
Phaseniibereinstirnmung gerade % der Amplitude für Phasenopposition.
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Zur Aufschaltung in bestimmter Phasenlage der neuen zur alten Spannung
ist es naturgemäß nicht notwendig, beispielsweise jenen Winkel von 30° in einfachem
räumlichen Zurückbleiben des Rotors auszugleichen, er kann auch um eine oder mehrere
volle Perioden verlängert werden. Man hat jedoch Interesse daran, die Aufschaltung
71111) nächstmöglichen "Zeitpunkte erfolgen zu lassen, weil dann die Abweichung
der Frequenz beider Spannungen am geringsten bleibt und weil vor allem der Einfluß
unverniieidlicher, den unterschiedslosen Ablauf des Unischaltevorganges störender
Ungenauigkeiten am geringsten fühlbar wird.
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Es lassen sich leicht Maßnahmen treffen, welche während der Umscbaltezeit
<las am Motor angreifende, verzögernde Drehmoment praktisch unverändert bzw.
immer wieder in dersell,en Größe auftreten lassen - unter anderem etwa durch Kupplungen,
welche während der Umschaltezeit jede Nutzlast vom Motor fernhalten - so daß es
lediglich eine Frage der Umschaltegeschwindigkeit des Schalters ist, um von dem
hinter der Synchrongeschwindigkeit zurückbleibenden, nicht mehr gespeisten Rotor
in der Umschaltezeit jeden beliebigen im Augenblicke des Abschaltens noch bestehenden
Phasenwinkel zwischen den aufzuschaltenden Spannungen aufholen zu lassen.
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Die Phasenlage der aufeinandergeschalteten Spannungen ist nicht nur
entscheidend für die Höhe des Schaltstromstoßes überhaupt, sondern auch für die
Größe der mechanischen Wirkungen auf den vermöge seiner kinetischen Energie der
Rotation beim Neueinschalten noch rotierenden Läufer. Da nämlich das stationäre
Motordrehfeld dadurch zustande kommt, daß im Falle des Drehstromes die drei Phasen
Ströme führen, welche zeitlich in derselben Phasenfolge stehen, wie die betreffenden
Statorwicklungsteile räumlich folgen, so erhellt, daß mit dem Einschalteaugenblick,
wo sämtliche drei Ströme mit dem Werte Null einsetzend, in dem bekannten zeitlichen
Einschalteverlauf (rush) erst allmählich in ihre gegenseitig verschobene stationäre
Phasenlage
einschwingen, ein Feld im Motor neu aufgebaut wird, welches im Einschalteaugenblick
zunächst noch nicht als Drehfeld wirkt und nur allmählich in die synchrone Geschwindigkeit
des stationären Drehfeldes übergeht. Die Läuferwicklung wird also während dieser
Feldaufbauzeit vorübergehend eine gegenüber dem werdenden Drehfelde verschiedene
Geschwindigkeit besitzen. Dadurch werden während der Aufbauzeit des Feldes in ihrer
Größe von der Phasenlage der aufeinandergeschalteten Spannungen abhängige, kurzzeitige
Drehrnomentcinwirkungen auf den Läufer hervorgebracht, welche somit in ihrer Größe
ebenfalls von der Wahl derUmschaltegeschwindigkeit beeinflußt werden können.
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Der Zusammenhang sowohl der Größe des elektrischen Schaltstromstoßes,
mit welchem das Netz behelligt wird, als auch der Größe der auf den Rotor ausgeübten
kurzzeitigen mechanischen Wirkungen mit dem Werte der gegenseitigen Phasenlage der
aufeinandergeschalteten Spannungen zeigt über der vollen Spanne von 36o° einen vollkommen
stetigen Verlauf, welcher mit wachsendem Phasenunterschiede beider Spannungen von
einem Minimalwerte an allmählich zu einem Höchstwerte anwächst und wieder auf den
Minimalwert zurückfällt. Da mit der Umschaltezeit die Phasenlage beherrscht wird,
hat man nur nötig, die Umschaltezeit entsprechend zu wählen, um jede beliebige Größe
der mit dein Phasenwinkel veränderlichen Werte der elektrischen und mechanischen
Begleiterscheinungen des Einschaltevorganges herausgreifen zir können.
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L äßt man sich also den Urnschaltevorgang in einer gewissen vorgeschriebenen
Zeit vollziehen und macht die Umschaltezeit etwa am Umschaltegerät einstellbar,
dann hat man es in der Hand, mit jedem beliebigen Phasenwinkel zu arbeiten. Ein
Amperemeter mit vorgeschobenem Zeiger oder sonstige Einrichtungen, welche ein Maß
für die Größe des Schaltstromstoßes oder des mechanischen Drehmomentes liefern,
geben ohne weiteres die Möglichkeit, sich über die Größe der jeweils vermöge der
eingestellten Umschaltegeschwindigkeit auftretenden elektrischen bzw. mechanischen
Wirkungen und damit auch über die Phasenlage Aufschluß zu verschaffen bzw. bestimmte
gewünschte Werte durch Variierung der Umschaltegeschwindigkeit hervorzubringen.
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Abweichend von dem hier gegebenen Beispiele eines nach dem Erfindungsprinzip
arbeitenden Sterndreieckschalters läßt sich die Phasenlage der neuen zur alten Spannung
naturgemäß an beliebigen Einphasen- oder Mehrphasenmotoren anwenden und auch an
Umschaltern erzwingen, welche die Statorwicklungen auf andere Spannungen umschalten,
ohne gleichzeitig von der Sterndreieckschaltung Gebrauch zu machen.
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Da der Rotor während der Umschaltezeit zum Stillstande zu gelangen
sucht, so ist man genötigt, den Umschaltevorgang sich raschestens vollziehen zu
lassen, damit der Motor die erreichte Drehzahl, deren Erlangung j a der Zweck der
elektrischen Schaltvorstufe war, nicht wieder verliert. Es ist infolgedessen in
der Regel nicht möglich, mit dem iNeuaufschalten der Spannung so lange zuwarten,
bis <las restfierende Feld so weit abgeklungen ist, daß dessen Beeinflussung
des Aufbauvorganges entfällt.
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Während nach dem vorangegangenen das nicht verschwindende Feld für
die Beherrschung des elektrischen Schaltstromstoßes und der mechanischen Begleiterscheinung
durch die Erzwingung einer bestimmten Phasenlage dienstbar gemacht wird, läßt sich
auch dazu übergehen, überhaupt jede praktische Beeinflussung der Feldaufbauerscheinungen
seitens des restfierenden Feldes dadurch zu vermeiden. riaß e5 vor dem Neuaufschalten
entweder vollkommen ausgetilgt oder genügend herabgemindert wird. Hierzu steht beispielsweise
das Mittel des vorübergehenden Kurzschließens der Statorwicklungen unmittelbar vor
dem euaufschalten zur Verfügung. Damit entsteht nach Art des Kurzschlußvorganges
an einer Svnchronmaschine mit der Zerstörung des Feldes gleichzeitig ebenfalls eine
mechanische Wirkung auf den Rotor.
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Wenn sich auch durch das ganze oder teilweise Austilgen des restfierenden
Feldes eine nicht so weitgehende Beeinflussung der Begleiterscheinungen des Feldaufbaues
erzielen läßt, wie bei der Benutzung des restfierenden Feldes in geeigneter Phasenlage,
so verhütet doch dieses Vorgehen, daß der Einschaltevorgang von jenen extrem hohen
Werten der elektrischen Schaltstromstöße befreit bleibt, welche bei noch bestehendem
Felde im Falle vollkommener oder teillveiserPhasenopposition eintreten würden. In
einem genau untersuchten Falle blieb der größte Momentanwert des Schaltstromstoßes
auf % des höchstmöglichen Wertes der Phasenopposition beschränkt. Durch das Austilgen
der restfierenden Spannungen besteht somit die Gewähr dafür, daß der Wiedereinschaltevorgang
sich stets auf gleicher Grundlage aufbaut und nicht von den Zufälligkeiten der Phasenlage
der aufeinandergeschalteten Spannungen abhängig ist.
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Es steht frei, sich beim Wiederaufschalten der Spannungen in allen
Fällen des Vorteiles von Kontaktwiderständen (Schutzwiderständen) beliebiger Bauart
außerdem noch zu bedienen, welche eine noch weitergehende Beeinflussung
der
Begleiterscheinungen des Schaltvorganges bzw. Verminderung des Einschaltestromstoßes
erzwingen können.
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Die auf den Rotor infolge des Feldaufbaues oder des Austilgens des
restfierenden Feldes ausgeübten mechanischen Wirkungen lassen sich zur Steuerung
mechanischer, am Motor angebrachter Einrichtungen verwenden. So ließen sich z. B.
dadurch automatische Kupplungen in Abhängigkeit von den elektrischen Schaltvorgängen
steuern.
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Die beschriebenen verschiedenen Variationsmöglichkeiten scheinen durch
die Ausnutzung und technische Verwertung ein und derselben beim Umschaltevorgange
maßgebenden physikalischen Zusammenhänge sowohl nach der elektrischen als auch nach
der mechanischen Seite unter sich logisch verknüpft.