-
Verfahren zum Vulkanisieren von natürlichem und synthetischem Kautschuk.
Seit der Entdeckung der Heißvulkanisation des Kautschuks (H a n c o o k -G o o d
y e a r) mittels elementarem Schwefel und der Kaltvulkanisation mittels Chlorschwefel
(Park e s) sind zwar verschiedene Vulkanisationsverfahren vorgeschlagen worden,
namentlich für die Vulkanisation in der Kälte, ohne daß aber bisher ein Verfahren
technische Verwendung gefunden hätte. Die vorgeschlagenen Stoffe sind teilweise
ganz unwirksam, wie Jod, Brom, Hypochlorite, Arsensulfid, Antimonsulfid. Die Verwendung
von Wasserstoffpersulfid (deutsche Patentschrift 2i9525, B 1 o c h) oder einem Gemische
von Schwefelwasserstoff und schwefliger Säure (P e ac h e y) oder der Thioj,odide
und Thiobromide des Phosphors, Arsens, ,Antimons (deutsche Patentschrift 183648,
französische Patentschrift 35046) bieten gegenüber der Kaltvulkanisation mit Chlorschwefel
keine Vorteile. Die zur Beschleunigung der Heißvulkanisation vorgeschlagenen verschiedenen
Vulkanisationsbeschleuniger bewirkten zwar eine Beschleunigung der Vulkanisiation,'ließen
aber, abgesehen hiervon, die Heißvulkanisation mit Schwefel unverändert. Die Kaltvulkanisation
mit den bisher vorgeschlagenen Änderungen hat den Nachteil einer zu schnellen Wirkung,
weshalb stärkere Kautschukschichten in dieser Weise nicht vulkanisiert werden können.
Die saure Reaktion der Vulkanisationsmiittel oder der aus ihnen gebildeten Säuren
beeinträchtigte die Haltbarkeit des Kautschttks und machte eine Entfernung oder
Neutralisation der Säure notwendig. Das Wasserstoffpersulfid, welches keine- Säure
ist und auch keine Säuren bildet, ist schwer herzustellen und schwer zu handhaben.
-
Das vorliegende Verfahren bietet den Vorteil, daß es sowohl zur Heißvulkanisation
wie zur Kaltvulkanisation zu verwenden ist und weder selbst sauer ist noch Säuren
entwikkelt. Das Verfahren besteht darin, daß man die Phosphorsulfide oder Phosphoroxyde
als Vulkanisationsmittel verwendet. Je nachdem Phosphorsulfid oder Phosphoroxyd,
welches verwendet wird, kann man in der Kälte oder in der Wärme vulkanisieren.
-
Um eine Vulkanisation zu erhalten, kann man Tetraphosphorsulfid P4
S3 (s. S t o c k , Berichte der Deutschen chemischen Gesellschaft Bd. q.2, S. 2o62,
Bd. 43 S. iSo und i223, Bd. 46, S. 138o) verwenden. Man kann das Tetraphosphortrisulfid
zum gelösten oder aufgequollenen Kautschuk geben. Man kann aber auch ein Einwalzen
vornehmen.
-
Beispiel i.
-
ioo Teile Plantagen-Crepes oder -Sheets und 4o Teile Zinkoxyd oder
Kreide werden auf der Walze vollkommen homogen gemnscht und zuletzt 5 Teile P4 S3
in Pulverform hinzugegeben. Die anfangs glatte Oberfläche der Mischung war alsbald
rauh, die Mischung ist anvulkanisiert. Trotzdem kann sie weiter noch geformt und
zu Ende vulkanisiert werden, entweder durch Lagern oder durch kurzes Erhitzen z.
B. auf 1-i0° und darüber.
-
Tetraphospho.rheptasulfid P4 S; wirkt bereits in der Kälte vulkanisierend;
beim Einwalzen
in den Kautschuk tritt zwar sofort eine `"ull;anisation
ein, doch ist dieselbe meist nicht vollständig. Da der Kautschuk hierbei mir anvulkanisiert
und sich noch kneten läßt, so kann er nach der Zugabe des Tetraphospliorlieptastilfids
geformt «-erden. Beim Lagern tritt dann eine Vulkanisation ein.
-
Beispiel 2.
-
iooTeile Plantagen-Sheets oder -Crepes und 3o Teile Kreide werden
auf der Walze vollkommen homogen gemischt. Nachdem eine Mischungerzeugt ist, oder
wenn d'iellischung ziemlich vollständig ist, gibt niain 5 Teile Tetraphosphorheptasulfid
hinzu und walzt ein. Man kann eine glatte Platte ziehen, dieselbe ist nach einigen
Minuten bereits aasvulkanisiert. Wenn man sie i oder 2 Tage liegen läßt, so tritt
gute Vulkanisation ein.
-
2 an kann auch die Mischung erhitzen, z. B.
-
auf etwa i io°. Die Vulkanisation ist dann schon in 5 bis io Minuten
beendet. Man kann auch das Tetraphosphorlieptasulfid in eine Kautschuklösung hineinmischen.
Es tritt nach kurzer Zeit eine Vulkanisation ein, was uni so auffallender ist, als
das Tetraphosphorheptasulfid in organischen Lösungsmitteln nur schwer löslich ist.
-
Man kann zu dein Kautschuk auch Kautschukersatzstoffe hinzugeben,
z. B. kann man bei dein vorstehenden -Mischungsverhältnis noch 2o Teile brauner
Fa.ktis oder weißer Faktis hinzufügen.
-
Mit Tetraphosphordekasulfid kann man Mischungen herstellen, die erst
nach mehreren Stunden oder Tagen =vulkanisieren. Diese Mischungen können in bekannter
Weise bearbeitet werden. In der Wärine, und zwar bereits bei verhältnismäßig niedriger
Temperatur, tritt eine schnelle Vulkanisation ein, z. B. beim Erhitzen auf i io°
in wenigen Minuten, während die Vulkanisation bei niederer Temperatur etwas länger
dauert.
-
Beispiel 3.
-
iooTeile Plantagen- Sheets oder -Crepes und 3o Teile Kreide werden
auf der Walze howogen gemischt und zuletzt 4,5 Teile P4 S1" hinzugesetzt. Es läßt
sich ohne jede Schwierigkeit eine glatte Platte ziehen. Auch nach einigen Tagen
ist die -Mischung nur aasvulkanisiert und läßt sich auf der Walze bearbeiten; io
Minuten bei iio° vulkanisiert, erhält man eine tadellose, elastische Platte von
genügender Festigkeit und Dehnbarkeit.
-
Beispiel 4.
-
ioo Teile 'Plantagen-Sheets oder -Crepes, 2o Teile Zinkweiß, 2 Teile
bIagnesia tista werden auf der Walze homogen gemischt und zuletzt 4 Teile P4 S-"
hinzugemischt. Die -Mischung läßt sich ohne weiteres glatt ziehen tii'd weiter bearbeiten.
Auch nach 8 Tagen i:;t die Mischung nur anvulkanisiert und läßt sich noch auf der
Walze bearbeiten, wird je-
doch nicht mehr glatt; nach einigen Wochen ist
die Mischung jedoch vollkommen ausvulkanisiert, 5 Minnten auf iio' vulkanisiert.
erhält man eine Platte von hoher Festigkeit und Dehnbarkeit. Auch diese Schwefelvierhindung
des Phosphors vulkanisiert den Kautschuk auch in gelöstem Zustande, wenn auch langsamer
als P4 S_ und P.£ S.,, so daß bis zur Vulkanisation noch genügend Zeit verbleibt,
um mit der Katitschuklösung technische Manipulationen vorzunehmen. An Stelle der
einzelnen Phosphorsulfide kann nian auch -Mischungen derselben verwenden. -Man kann
die Schmelzen aus Phosphor und Schwefel zur Vulkanisation benutzen. Man kann weiter
:auch die Phosphorsulfide mit freiem Schwefel zur Vulkanisation verwenden.
-
Das Verfahren ist auch für synthetischen Kautschuk verwendbar.
-
Wenngleich Füllstoffe und Färbemittel zti dem Kautschuk zugegeben
«-erden können, sa dürfen Stoffe, welche auf die Phosphorsulfide und Phosphoroxyde
zersetzend wirken, nicht zugegeben werden. Bleiglätte wirkt manchmal, insbesondere
bei der Wärinevulkanisation, zersetzend ein, allerdings unter gewöhnlichen Bedingungen
nicht. Es ist daher bei der Verwendung von Bleiglätte vorteilhaft, durch Vorversuche
festzustellen, ob die gewählten Arbeitsbedingungen nicht eine Zersetzung herbeiführen.
Ähnlich ist die Sachlage beim Ruß.
-
An Stelle der Phosphorsulfide können auch Phosphoroxyde, z. B. -Pliosphorpentoxvd
P10", verwendet werden. Dasselbe wirkt rasch beim Hineinwalzen in Katttschukinischungen
und ebenso in Lösungen.
-
Die Wirkung der Phosphorsulfide und Phosphoroxyde kann durch die Zugabe
organischer Lösungsmittel verlangsamt werden. Diese Verlangsamung ist besonders
wichtig, wenn es sich darum handelt, eine Vulkanisation auf der Walze beim Hineinmischen
der Phosphorsulfide zu verhindern. Derartige Lösungsmittel sind beispielsweise Tetrachloräthan,
Pentachloräthan und die Naphthalinhydrüre, z. B. Tetrahy dronaphthalin und Dekalnydronaphthalin.
Man verwendet natürlich derartige Lösungsmittel, die nicht mit den Phosphorsulfiden
Verbindungen eingehen. Beispiel 5.
-
35 Teile Plantagen-Sheets oder -Crepes werden mit 5o Teilen Zinkoxyd
auf der Walze innig gemischt. Nachdem eine Mischung erzeugt oder wenn die -Mischung
ziemlich vollständig ist, walzt man io Teile Phosphorpentaoxyd
ein.
Meistens tritt bereits während des Walzens eine Vulkanisation ein, doch kann dieselbe
durch Zusatz von beisPielsWeise 3 Teilen Pentachloräthan auch verlangsamt werden,
und zwar so, daß sich eine glatte Platte ziehen läßt.
-
Man hat (britische Patentschrift i 147/46) die Phosphide der Erdallcalien
und Metalle als Vulkanisationsmittel vorgeschlagen. Dieselben wirken aber tatsächlich
nicht. Jedenfalls ist die Wirkung der Phosphorsulfide wesentlich besser. Man hat
auch unter anderen Stoffen Phosphorsulfide - mit Guttapercha verarbeitet (britische
Patentschrift 2479154).
-
Guttapercha wird aber, wie Versuche gezeigt haben, durch Einwirkung
von Phospliorsulfiden nicht in gleicher Weise verändert wie Kautschuk. Guttapercha
behält ihre Plastizität fast unverändert bei und zeigt auch keine Veränderung der
sonstigen physikalischen Eigenschaften, welche bei der Vulkanisation des Kautschuks
auch unter Verwendung von Phosphorsulfiden und Phosphoroxvd'en eintfitt und die
das wesentliche Merkmal der sogenannten Vulkanisation ist. Bei Verwendung größerer
Mengen von Phosphorsulfiden, etwa 25 Prozent und darüber, tritt zwar eine
gewisse Änderung der physikalischen Eigenschaften der Guttapercha ein, doch auch
dann ist diese Veränderung von derjenigen des Kautschuks abweichend.