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Verfahren zur Entsäuerung S OZ-haltiger Gase unter gleichzeitiger
Gewinnung von Alkalithiosulfat. Zur Entsäuerung SOZ haltiger Gase können alle Substanzen
dienen, die geeignet sind, SO; aufzunehmen.
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Die Aufarbeitung der entstehenden Produkte kann entweder eine Regenerierung
zu konzentrierten SO,-Gasen zum Ziele haben oder die Gewinnung anderer, mit Hilfe
von schwefliger Säure herstellbare Erzeugnisse. Hauptsächlich hat man Sulfite und
Bisulfite der Alkalien auf diesem Wege gewonnen. Auch die Bildung von Thiosulfat
aus SO= und Schwefelnatrium ist bekannt (vgl. G m e 1 i n -K r a u t, 7. Aufl.,
Bd. I, r, Seite 575). Die dort angeführte Reaktion 2R=S+3S0@=2R,S203+S verläuft
jedoch nicht restlos zu Thiosulfat, sondern unter Schwefelabscheidung. Weiter ist
aus der Patentschrift r80554 bekannt geworden, Thiosulfat dadurch zu erzeugen, "
daß man S OZ haltige Gase auf Lösungen einwirken läßt, welche Sch-,vefelnatrium,
insbesondere inForm von schwefelnatriumhaltigenAluminatlaugen, enthalten. Auch eine
derartige Arbeitsweise kann nicht zur restlosen Umwandlung zu Thiosulfat führen,
da, nach Erreichung der Neutralisierung der Aluminatlauge durch SO" erhebliche Mengen
Schwefelwasserstoff bei dem langsamen Ansäuerungsprozeß durch die weiter zugeführte
schweflige Säure zusammen mit den überschüssigen Luftmengen entweichen müssen. Diesen
Verlusten wäre nur durch Verwendung höchst konzentrierter S O@ Gase zu begegnen,
durch deren Anwendung der entstehende Schwefelwasserstoff sogleich in Schwefel umgesetzt
würde. Ein solches Verfahren hat aber nichts zu tun mit der Verwendung von S OZ
haltigen Abgasen.
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Wie bereits in der deutschen Patentschrift 2o8633 erwähnt wird, laufen
alle Verfahren, die schon zur Thiosulfatdarstellung bekannt sind, darauf hinaus,
Schwefel an ein Alkalisulfit zu addieren. Nur diese Reaktion verläuft vollständig
und, gibt als einziges Endprodukt Thiosulfat. Nach der genannten Patentschrift wird
dieses Ziel erreicht durch Einwirkung von Bisulfiten auf Bisulfide oder Sulfhydrate
gemäß folgenden Reaktionen: 2Na2S2+ 6NaS03H = 5Na2S203+ 3H20 und Na S H -f- 4 Na
S 03H = 3 Nag SZ 0,+ 3 HZ O. Die Bisulfide werden. erhalten durch Lösen der nötigen
Menge Schwefel in Monosulfiden oder durch geeignete Mischungen von Monosulfiden
mit Polysulfiden. Die Sulfhydrate und Bisulfite werden nach bekannten Methoden dargestellt.
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Es wurde nun gefunden, daß man auch auf anderem Wege als nach den
bereits bekannten Bildungsgleichungen restlos zu Alkalithiosulfat gelangen kann,
und zwar durch gleichzeitige oder abwechselnde Einwirkung von Schwefelnatrium
und
S O Aialtigen Gasen auf Alkalibisulfit gemäß folgender Reaktionsgleichung: 2 Na_
S -a- 2 S O, .-;- 2 N a S (_z., H =3 Na, S, 0.;+H,0. Diese Reaktion verläuft
ebenfalls ohne Schwefelabscheidung, außerdem aber auch ohne Schwefelwasserstotfentwicklung
und liefert als einziges Endprodukt Thiosulfat. Sie erfordert weder Sulfhvdrat noch
Bisulfid von genauer Zusammensetzung, sondern nur technische Schwefelnatriumlösungen
beliebiger Reinheit und Konzentration. Selbst ein beträchtlicher Gehalt an Soda
ist 1-elanglos, da er ebenfalls restlos in Thiosulfat übergeführt wird, so daß finit
Soda angereicherte und sonst schwer verwertbare Schwefelnatriumlauge ein geeignetes
Ausgangsmaterial clarsteflt. Auch für die Herstellung des Bisulfitekönnen beliebige
Fremdsalze der Socla- oder Schwefelnatriumfabrikation verwandt werden, soweit sie
nur alkalisch reagierende Salze, wie Soda, Alkalisilikat, Aluniinat oder Sulfit,
enthalten. Diese werden durch SO, sämtlich in Bisulfit übergeführt, während Kieselsäure
und Tonerde unlöslich ausgeschieden werden. Ein Gehalt an Thiosulfat in den angewandten
@laterialien ist selbstverständlich nicht störend, sondern von Vorteil.
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Zur Ausführung läßt man in Bisulfitlösung Schwefelnatrium unter Umrühren
zufließen, während gleichzeitig die Flüssigkeit mit S O haltigen Gasen in innige
Berührung gebracht wird. Der Zulauf des Schwefelnatriums kann periodisch oder kontinuierlich
geschehen. Die Reaktionslösung soll während der Dauer der Operation kein Schwefelnatrium
im Überschuß enthalten. Diese Behandlung wird so lange fortgesetzt, bis alles intermediärgebildete
Sulfit üher Bistilfit in Thiosulfat ühergeführt ist. Der Endpunkt ist daran erkennbar,
daß bei geringem weiteren Zulauf von Schwefelnatrium dieses im Überschuß erscheint.
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In gleicher Weise kann man auch eine gemischte Lösung von Soda oder
irgendwelchem SO., absorbierenden Alkalisalz und Schwefelnatrium zur Bisulfitlö
sang zulaufen lassen und das Reaktionsprodukt mit S O_ haltigen Gasen weiterhehandeln.
Zu der für das Verfahren wesentlichen Reaktionsgleichung Na., 2S+ 2SU_--1-2NaSO.,H
=3 Na, S,03+H,O tritt nun noch die Bildung von Bistilfit aus SO.,
und
Soda, so daß inan beide Reaktionen zu der Summengleichung zusammenfassen kann: \a,
CO,+4S0,+ZNa,S+H.,O =3Na_S.,O;;+CO@+H=O. An Stelle von Soda können ganz oder teilweise
beliei,ige andere SO., absorbierende `-kalisalze treten, wie Bikarbonat,
Silikat, Stilfit, :@tznatron u. dgl. Es hängt dann von dem zufiüligen Mischungsverhältnis
der zulaufenden Alkalischwefelnatriumlösung ab, wieviel Schwefelnatrium zur Beendigung
der Reaktion im Sinne der angeführten Gleichung noch 7ugeführt werden muß.
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Die Reaktion verläuft el:ensogut in verdünnter wie in konzentrierter
Lösung, bei gewöhnlicher Temperatur oder auch in der Wärme. Vorübergehend etwa gebildetes
Polvthionat wird durch das eingeführte Schwefelnatrium in Thiosulfat übergeführt.
Ein zum Schluß gegebenenfalls auftretender geringer tJbers:huß an Schwefelnatrium
wird durch kurze Weiterl-ehandlung mit SO=-haltigen Gasen zum Verschwinden gebracht.
In der so gewonnenen neutralen Thiosulfatlösung haben sich die Verunreinigungen,
wie Kieselsäure, Tonerde, Eisen undArsen, unlöslich abgeschieden, so claß man durch
Filtration eine klare zur Eindampfung und zur Kristallisation geeignete Lösung von
großer technischer Reinheit erhält. Bei entsprechender Konzentration der Ausgangslösungen
können ohne Schwierigkeit Thiosulfatlösungen mit 500 bis 7001,-kristallisiertem
Salz im Kubikmeter erreicht werden.
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Da der Lösung bis zur Beendigung der Reaktion dauernd SO.
absorbierende Salze zugeführt werden, ist sie zur wirksamen Erstsäuerung SO-haltiger
Gase jeder Art, auch kohlensäurehaltiger Gase, besonders geeignet. Das Verfahren
bedeutet somit einen wesentlich technischen Fortschritt, dadurch, daß es diese Erstsäuerung
gestattet unter Verwendung geringwertiger und schwer verarbeitbarerNebeno leg wertloser
Abfallprodukte der Schwefelnatriumfabrikation und unter Erzeugung eines einheitlichen
wertvollen Endproduktes. Beispiel i. Zu i cbm Bisulfitlösung vom spez. Gewicht 1,275,
enthaltend 370 kg Na S03 H, läßt man anteilweise oder kontinuierlich Schwefelnatriumlösung
mit i8o kg Nag S im Kubikmeter unter Rühren zulaufen und pumpt gleichzeitig die
Reaktionslösung über einen von 0,42 Volomprozent SO, enthaltenden Gasen durchströmten
Absorptionsturm. Man regelt den Schwefelnatriumzusatz derart, daß weder dieses noch
schweflige Säure in der Reaktionslösung im Überschuß auftreten. Wenn hereits eine
geringe Menge Schwefelnatrium einen bleibenden Überschuß daran hervorruft, ist die
Reaktion beendet. Man läßt die SO..-Gase
nochgeracle so langeeinwirken, bis
dieReaktion auf Bleipapier verschwunden ist. Es sind dann rund 1,54 cbm Schwefelnatriumlösung
zugelaufen, und man erhält eine Thiosulfatlösurg, (lie 520 kg kristallisiertes
Salz im Kubikmeter
enthält. Während der Dauer der Operation sind
i 228 kg SO, entsprechend 19 ooo cbm Abgase von 0,42, Volumprozent bei o°
Temp. und 760 mm Barometerstand absorbiert worden. Beispiel e. i cbm. Lauge,
enthaltend io5 kg Nag C03, 6o kg Nag S und 68 kg Na, S, O 3, läBt man 25o 1 Wasser,
das mit S O,- haltigen Gasen gesättigt ist, unter Rühren derart zulaufen, daß weder
Schwefelnatrium, noch schweflige Säure in der Reaktionslösung im Überschuß auftritt,
während gleichzeitig die Flüssigkeit über einen von 0,42 Volumprozent
SO, enthaltenden Gasen durchströmten Turm gepumpt wird. Nach beendetem Zulauf
läßt man eine andere Schwefelnatriumlösung, die im Kubikmeter Zoo kg Nag S, 21 kg
Na, C03 und 16 kg Nag S, 03 enthält, unter gleichen Bedingungen zutreten, bis eine
kleine Menge bereits einen Überschuß an Na, S hervorruft, und beendet die Operation
wie in Beispiel i.
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Es sind dann rund 0,56 cbm der zweiten Lauge zugelaufen, die
Endlösung enthält 939 kg kristallisiertes Thiosulfat in 1,81 cbm = 52o kg in i cbm.
Während der Dauer der Operation sind 282 kg S O, entsprechend 23 4oo cbm Abgasen
bei o°C und 76o mm Barometerstand absorbiert worden.