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Verfahren und Einrichtung zur selbsttätigen Regelung der Zufuhr von
Oxydationsmitteln in die Reaktionstürme bei der Herstellung von Schwefelsäure. Bei
der Herstellung von Schwefelsäure in Kammersystemen, Turmsystemen u. dgl. muß bekanntlich
dem System ununterbrochen eine angemessene Menge Salpetersäure oder anderer Stickstoffoxyde
abgebender Stoffe zugeführt werden entsprechend den Verlusten von Stickstoffoxyden,
die bei der Fabrikation eintreten. Eine der Hauptbedingungen, um einen möglichst
niedrigen Verbrauch von Oxydationsmitteln zu erzielen, ist die, daß die Zufuhr von
Oxydationsmitteln möglichst regelmäßig erfolgt und genau entsprechend der Menge
des dem System zugeführten Schwefeldioxyds. Die Regelung dieser Zufuhr wurde bisher
vom Kammerwärter mittels Einstellung eines Hahns ausgeführt und war diese Reglungsweise
erfahrungsgemäß recht mangelhaft. Außerdem hat man versucht, die Regelung der Zufuhr
von Oxydationsmitteln von den Schwankungen der Temperatur der ersten Kammer abhängig
zu machen. Die Regelung erfolgt in solchem Falle mittels eines elektrisch gesteuerten
Regelungshahnes für die Zufuhr von Oxydationsmitteln, so daß bei steigender Temperatur
in der .ersten Kammer die Zufuhr geschlossen, bei fallender Temperatur geöffnet
wurde.
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Bei diesem Verfahren ging man davon aus, daß in einem Kammersystem
mit normalem Betrieb die Zufuhr von SO, 7-S 03 ungefähr konstant sei und
daß eine eintretende Temperaturermäßigung auf fehlende Oxydationsmittel zurückzuführen
sei. Diese Voraussetzung für die Regelung ist indessen in der Praxis nicht stichhaltig,
indem Änderungen der Verhältnisse, Stillstände der Ofen und zahlreiche andere Zugverhältnisse
häufig dazu führen, daß Änderungen in den Quantitäten von S 02S 03, die den Kammern
zugeführt werden, eintreten, und eine Regelung des Oxydationsmittels, die von den
Temperaturschwankungen in der ersten Kammer abhängt, wird insofern keine befriedigenden
Resultate geben, als die Regelungsvorrichtung, auch wenn der Temperaturrückgang
der ersten Kammer auf eine Verminderung der zugeführten S 02S 0.-Mengen zurückzuführen
ist, eine gesteigerte Zufuhr des Oxydationsmittels bewirkt, obwohl in diesem Fall
die Zufuhr hätte ermäßigt ,werden müssen. In diesem Falle gibt also die selbsttätige
Regelung nach obigem Grundsatz ein dem Erstrebten entgegengesetztes Resultat.
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Bei der vorliegenden Erfindung wird die Zufuhr von Oxydationsmitteln
zum System nach anderen, und zwar den folgenden Grundsätzen geregelt.
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In Kammersystemen zur Herstellung von Schwefelsäure besteht immer
ein bestimmter
Unterschied zwischen der Temperatur des Gases in
der ersten und in der letzten Kammer, welcher für die Säureproduktion am günstigsten
ist, d. h. der die größte Ausbeute von Schwefelsäure mit dem geringsten Verbrauch
von Oxydationsmitteln gibt.
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Dieser Unterschied in der Temperatur ist für ein gegebenes System
in regelmäßigem Betrieb nahezu konstant. Diese Tatsache wird für die Regelung der
Zufuhr des Oxydationsmittels nach der Erfindung benutzt. Dieser Temperaturunterschied
wechselt je nach der Konstruktion und Größe der verschiedenen Systeme, liegt aber
bei gewöhnlichen Kammersystemen zwischen 25' und 6o ° C.
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Wenn bei regelmäßigem Betrieb dem System ein konstanter Strom vom
Oxydationsmittel zugeführt wird, entsprechend derjenigen Menge vom Oxydationsmittel,
die während desselben Zeitraums verlorengeht, so ist erfahrungsgemäß der Betrieb
ökonomisch am günstigsten, und es zeigt sich, daß der erwähnte Temperaturunterschied
sich nahezu konstant hält.
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Falls der Zusatz des Oxydationsmittels erhöht wird, erfolgt eine Verschiebung
der Temperaturen in sämtlichen Kammern derart, daß der Temperaturunterschied zwischen
der ersten und der letzten Kammer steigt; umgekehrt wird bei Verminderung der Menge
des Oxydationsmittels der Verlauf der Reaktion geändert werden und eine Temperatuiverschiebung
dann eintreten derart, daß der Temperaturunterschied vermindert wird.
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Diese Variationen in dem Temperaturunterschied werden laut der Erfindung
dazu benutzt, den Zusatz der Oxydationsmittel selbsttätig zu regeln, und zwar in
folgender Weise Die Zufuhr des Oxydationsmittels erfolgt durch eine Absperrvorrichtung
mit elektromagnetischer Steuerung, z. B. ein Ventil oder einen Hahn.
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Man setzt in die erste und die letzte Kammer elektrische Thermometer
ein, die mit zwei Widerständen und einem Galvanometer sowie einer Meßbatterie -
in ähnlicher Weise wie in einer WheatstoneschenBrücke--verbundenwerden, so daß man
auf dem Galvanometer den Unterschied zwischen der Temperatur der ersten und der
letzten Kammer messen kann. Die Nullstellung des Galvanometers entspricht dem Temperaturunterschied,
den man zwischen den Meßstellen der ersten und der letzten Kammer aufrechtzuerhalten
wünscht. Das Zeigerfeld des Galvanometers ist mit einem Maximal- und einem Minimalkontakt
versehen, so daß die Zeiger des Galvanometers durch Berührung dieser Kontakte den
Strom von einer Lokalbatterie schließt. Dieser Strom steuert mittels zwei Relais
den Regelungshahn für die Zufuhr des Oxydationsmittels in der folgenden Weise Wenn
auf den Meßstellen der Temperaturunterschied sein Maximum erreicht hat, wird der
Ausschlag desGalvanometers Maximum sein, und der Zeiger wird den Maximalkontakt
berühren. Hierdurch wird z. B. derjenige Lokalstrom geschlossen, durch dessen Elektromagnet
der Hahn für die Zufuhr des Oxydationsmittels zur Kammer geschlossen wird.
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Wie oben beschrieben, tritt jetzt in allen Kammern eine Temperaturverschiebung
ein, die bewirkt, daß der Temperaturunterschied zwischen den Meßstellen sinkt.
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Der Ausschlag des Galvanometerzeigers wird vermindert, und der Zeiger
passiert über die Nullstellung bis zur Minimalstellung, wo er den Minimalkontakt
berührt. Der Lokalstrom wird unterbrochen, und der Hahn für die Zufuhr des Oxydationsmittels
wird in diesem Falle wieder geöffnet. Die Temperatur in sämtlichen Kammern wirdwiedereinerVerschiebung
unterliegen, und der Temperaturunterschied zwischen den Meßstellen steigt. Die Zufuhr
von Oxydationsmitteln erfolgt jetzt unverändert, bis größere Abweichungen vom normalen
Temperaturunterschied zwischen der ersten und der letzten Kammer wieder eintreten.
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Die hier beschriebene Ausführung der Regelung kann selbstverständlich
umgekehrt auch so arbeiten, daß das Schließen des Lokalstroms die Öffnung des Hahns
bewirkt, und umgekehrt.
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Das Galvanometer kann zur Registrierung dieser Schwankungen des Temperaturunterschieds
eingerichtet werden, sodaßmanimstande ist, den Gang des Systems bei Tag und bei
Nacht zu kontrollieren.
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Bei einer gegebenen Anlage ist der normale Temperaturunterschied zwischen
der ersten und der letzten Kammer z. B. 4d', und die Nullstellung des Galvanometers
wird mittels angemessener Widerstände zu diesem Temperaturunterschied eingestellt.
Die Maximal- und Minimalkontakte werden eingestellt z. B. zu q z ° und 39p. Die
Regelung der Zufuhr von Oxydationsmitteln wird dann, wie oben beschrieben, erfolgen,
und der Apparat wird selbsttätig suchen, den Temperaturunterschied zwischen der
ersten und der letzten Kammer auf etwa 40 ' zu halten mit einem Ausschlag von einem
Grad über und unter dieser Temperatur.
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Das Galvanometer kann derart eingestellt werden, daß die Nullstellung
einem anderen Temperaturunterschied entspricht, unddieMaximal- und Minimalkontakte
können dazu eingestellt werden, größere oder kleinere Abweichungen vom normalen
Temperaturunterschied als die angeführte zu erlauben.
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Die Steuerungsvorrichtung kann einen oder mehrere Zufuhrapparate'für
Oxydationsmittel, und zwar auch in der Weise bedienen, daß die Apparate gleichzeitig
oder in Reihenfolge gesteuert werden. Ferner kann die Steuerungsvorrichtung mit
den Zufuhrapparaten für
die Oxydationsmittel in der Weise verbunden
werden, daß die Regelung der Zufuhr nur für einen Teil der ganzen Zufuhr erfolgt,
während der andere Teil der Zufuhr mittels eines besonderen nicht selbsttätigen
Apparats erfolgt. Endlich kann die beschriebene Steuerungsvorrichtung eingerichtet
werden, zwei oder mehrere Zufuhrapparate an zwei oder mehreren ersten Kammern zu
regeln, so daß jeder der Zufuhrapparate nach demjenigen Temperaturunterschied gesteuert
wird, der zwischen der betreffenden ersten Kammer und der letzten Kammer besteht.
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An Stelle der Galvanometer mit ihren Hilfsapparaten können auch andere
Apparate zur praktischen Ausführung der Erfindung dienen.
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Man bringt z. B. in der ersten und letzten Kammer angemessene Temperaturmeßapparate,
wie elektrische Thermometer, Pyrometer, Flüssigkeits- oder Luftthermometer, an,
die in der Weise mit dem Absperrapparat für die Zufuhr des Oxydationsmittels verbunden
sind, daß der Temperaturunterschied zwischen den Meßstellen der entscheidende Faktor
für das Offnen und das Schließen des erwähnten Absperrapparates wird.
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SowohlAbsperrapparat wie auch Verbindungsorgane zur Steuerung des
Absperrapparats werden eingerichtet, entweder auf elektrischem oder auf pneumatischem
Wege oder vermittels Flüssigkeiten in geschlossenen Rohrleitungen durch eine Kombination
von mehreren derselben oder anderer ähnlicher Mittel zu arbeiten: