-
Verfahren zur Erzeugung süßer Glykoside
-
durch Züchtung von Stevia-Schößlingsspitzen
Verfahren
zur Erzeugung süßer Glykoside durch Züchtung von Stevia-Schößlingsspitzen Die Erfindung
betrifft ein Verfahren zur Erzeugung süßer Glykoside durch Kultivierung von Stevia-Schößlingsspitzen.
Die Erfindung ist insbesondere auf die Kultivierung oder Züchtung von Pflanzengeweben
und auf dem Gebiet der Biologie, der Landwirtschaft, des Gartenbaus, der Pharmakologie
und dergleichen anwendbar.
-
Stevia (Stevia rebaudiana BERTONI) gehört zu den perennierenden Kräutern.
Ihr Standort ist Paraguay in Südamerika. Stevia enthält hauptsächlich in den Blättern
Diterpenglykoside hoher Süße, z. B. Steviosid, Rebaudiosid A und dergleichen. Aufgrund
dieser Eigenschaft haben die betreffenden Glykoside zunehmende Beachtung als natürliches
Süßungsmittel anstelle von Saccharose gefunden.
-
Stevia besitzt eine starke Eigenunverträglichkeit, so daß ihre Vermehrung
durch Versamung ihren Produktionsgrad vermindert. Aufgrund individueller Unterschiede
schwankt darüber hinaus die Ausbeute an süßen Glykosiden von 5 bis 20%. Folglich
wäre es zweckmäßig, eine homogene Stevia mit hohem Gehalt an den süßen Glykosiden
in großen Mengen bereitzustellen. Solche süße Glykoside lassen sich jedoch nicht
durch Züchtung von Pflanzengeweben gewinnen.
-
Suzuki und Mitarbeiter (vgl. "Agric. Biol. Chem.40't, 819 (1976))
und Nabeta und Mitarbeiter (vgl. "Agric. Biol.
-
Chem. 40", 2103, (1976)) führten Untersuchungen hinsichtlich der Züchtung
von Pflanzengeweben durch und
berichten über die Gewinnung von Rutin
bzw. Stigmasterin.
-
Die genannten Autoren vermochten jedoch die süßen Glykoside nicht
zu gewinnen.
-
Bei Züchtungsversuchen zur Gewinnung einer Pflanze mit stabilen Eigenschaften
unter Verwendung von Stielen und Schößlingsspitzen ließen sich erfolgreich vermehrte
Schößlinge gewinnen (vgl. "Shoyakugaku Zasshi" 38, 12 (1984)). Durch Topfkultivierung
bzw. -züchtung der vermehrten Schößlinge konnte man Stevia-Sämlulge mit in etwa
stabilem Gehalt an süßen Glykosiden erzeugen.
-
Da jedoch die vermehrten Schößlinge in den Teströhrchen kräftig wachsen,
müssen sie innerhalb eines Monats in neue Kulturmedien verpflanzt werden. Demzufolge
erfordert die Kultivierung bzw. Züchtung zur Konservierung relativ große Gefäße.
Eine Langzeitlagerung z. B. eine Gefrierlagerung, ist unmöglich.
-
Bei der mit diesen Schwierigkeiten behafteten Pflanze Stevia erfolgte
die künstliche Erzeugung des Schößlings-Primordiums im Hinblick auf die Gewinnung
großer Mengen an homogenen Pflanzenkörpern mit hohem Gehalt an süßen Glykosiden.
Das Schößlingsprimordium ist hinsichtlich seiner genetischen Formen sehr stabil
und besitzt einen hohen Vermehrungsgrad. Das Schößlingsprimordium stellt ferner
eine Masse von Spaltungszellen dar, die in einen Pflanzenkörper umgewandelt wird,
d. h. es erfolgt rasch eine Umwandlung in einen Sämling. Das Schößlings-Primordium
erhält man durch eine Art vegetativer Fortpflanzung anstelle einer Saat. Dieses
Verfahren stellt eine neue Technik dar, Mit deren Hilfe kann man die Probleme von
bei der Samenfortpflanzung, die durch Samen nur schwierig erreichbar ist, auftretenden
Vererbungsphänomenen lösen. Ferner kann man nach dieser Technik virusfreie Sämlinge
großziehen und diese über lange Zeit hinweg erhalten.
-
Die Erfindung besteht nun in einem Verfahren zur Erzeugung süßer Glykoside
durch Rotations- oder Rollkultivierung von Schößlingsspitzen der die süßen Glykoside
enthaltenden perennierenden Pflanze Stevia (Stevia rebaudiana BERTONI) zur künstlichen
Erzeugung des Schößlingsprimodiums und Vermehrung des Schößlingsprimordiums (zur
Gewinnung der süßen Glykoside).
-
Nachdem die Schößlingsspitzen von den Stevia-Stielen beschnitten worden
sind, werden sie sterilisiert und mit sterilisiertem Wasser gewaschen. Danach wird
ein Teil der Schößlingsspitzen mit einigen Blättern von Blattprimordien abgenommen
und in ein künstliches flüssiges Nährmedium mit einer Mischung anorganischer Salze
und mindestens einem Pflanzenwachstumshormon verpflanzt.
-
Die Schößlingsspitzen werden dann bei einer Bestrahlungsintensität
von etwa 2000 bis 10000 Lux, bei einer Temperatur von 15 bis 300C und bei einer
Drehzahl von 0,5 bis 10 Umdrehungen pro Minute einer Rotations- oder Rollkultivierung
unterworfen. Hierbei erhält man die Schößlingsprimordien. Als Mischung anorganischer
Salze in dem künstlichen flüssigen Nährmedium verwendet man zweckmäßigerweise in
unveränderter oder schwach modifizierter Form eine Mischung, wie sie in dem Medium
Murashige-Skoog, Gamborg B5 und dergleichen enthalten ist.
-
Als Pflanzenwachstumshormone eignen sich Auxine, wie Indolessigsäure,
Naphthalinessigsäure, 2,4-Dichlorphenoxyessigsäure und dergleichen, sowie Cytokinine,
wie Kinetin, Benzylaminopurin und dergleichen. Die Kultur der Schößlingsprimordien
benötigt starkes Licht. Als starke Lichtquelle eignet sich eine kontinuierliche,
stabile Bestrahlungsintensität von 2000 bis 10000 Lux.
-
Liegt die Bestrahlungsintensität außerhalb des angegebenen Bereichs,
wachsen die Schößlingsprimordien nicht gut. Die Kulturtemperatur wird mittels eines
Thermostaten vorzugsweise bei 150 bis 300C gehalten. Liegt die Temperatur unterhalb
der angegebenen Untergrenze,
schreitet die Vermehrung nur langsam
voran. Ist die Temperatur zu hoch, wird das Wachstum schlecht und instabil. Eine
Rotations- oder Rollkultivierung bzw.
-
-kultur ist einer stationären Kultivierung oder Kultur vorzuziehen.
Besonders gute Ergebnisse erreicht man bei einer langsamen Rotation mit 2,0 Umdrehungen
pro Minute.
-
Ist die Umdrehungszahl zu hoch, werden schlechtere Ergebnisse erhalten.
In einer stationären Kultur ist das Wachstum langsam. Darüber hinaus kann man keine
Gewebe der Schößlingsprimordien erhalten.
-
Die erhaltenen Schößlingsprimordien liegen zunächst in Form fahlarüner,
kleiner Kügelchen vor. Nach und nach gewinnen diese Kügelchen an Größe und Zahl
und bilden dunkelgrüne, kugelige Massen. In dieser Stufe werden die Schößlingsprimordien
mittels eines Stabes mit sterilisiertem Nichromdraht in einige Stücke unterteilt.
Wenn dann die Stücke in die optimalen neuen Kulturmedien mit der Salzmischunq verpflanzt
worden sind, erhält man in ähnlicher Weise neue Schößlingsprimordien. Das erste
Schößlinosprimordium erhält man auf künstlichem Wege aus einer Kuppe einer Schößlingsspitze.
Die Schößlingsprimordien, die man danach erhält, entstanden aus dem ersten Schößlingsprimordium.
Zunächst erfolgt eine Reproduktion von Zellen der äußersten Schicht, die etwas unter
dem kuppelartigen Spitzenteil der Schößlingsprimordien liegt, durch Spaltung an
einer Achse einer periklinalen Schicht alleine. Danach beginnen sich die Zellen
durch Spaltung an verschiedenen Achsen einer antiklinalen Schicht, einer geneigten
Schicht, einer periklinalen Schicht und dergleichen zu reproduzieren.
-
Die durch diese Zellteilung entstandenen Zellen nehmen an Zahl zu.
Wenn die Zahl etwa 60 erreicht, erhält man kleine Schößlingsprimordien. Die kleinen
Schößlingsprimordien ändern sich in große Schößlingsprimordien, bei denen die äußersten
Zellen aus einer Außenschicht und einer Innenschicht bestehen. Sämtliche Schößlings-
primordien
an den proximalen Seiten haften an kleinen Mengen Kallus.
-
Die Chr<rosomenzahl der künstlich erzeugten Schößlingsprimordien
wurde in hundert Zellen der primären und sixndären Schößlingsprimordien untersucht.
Hierbei zeigte es sich, daß die Chromosomenzahl 2n=22 wie bei der ursprünglichen
Pflanze konstant ist. Karyotypänderungen lassen sich nicht beobachten.
-
Die in der geschilderten Weise erhaltenen Schößlingsprimordien lassen
sich in großen Mengen vermehren und zur Gewinnung von Sämlingen in ein stationäres
Nährmedium verpflanzen. Danach bildet das Schößlingsprimordium ein Blattprimordium
an der harten Spitze zum Einwachsen in einen Pflanzenkörper. Schließlich läßt sich
der erzeugte Pf lanzenkörper als Feldkultur pflanzen.
-
Die folgenden Beispiele sollen die Erfindung näher veranschaulichen.
-
Beispiele Zunächst werden von Stevia-Stielen Schößlingsspitzen abgeschnitten.
Nach Entfernen der nach außen geöffneten Blätter werden die Schößlingsspitzen auf
etwa 1 cm Länqe zurechtgeschnitten. Die Schößlingsspitzenteile werden dann 5 min
lang in 0,1 gew.-%iges Osvan, danach 5 min in 6 gew.-%iges Pulux und schließlich
2 bis 3 s in 70 gew.-%iges Ethanol eingetaucht.
-
Danach werden die Schößlingsspitzenteile zweimal mit sterilisiertem
Wasser gewaschen. Nun werden die Schößlingsspitzen mit einem (2) Stück(en) Blattprimordium
(Blattprimordien) herausgepflückt, um Schnittstücke zum Pflanzen bereitzustellen.
-
Den verwendeten Testnährmedien Murashige-Skoog und Gamborg B5 werden
jeweils 30 g/l (3%) Saccharose zugesetzt. Danach wird jedes Nährmedium durch Zusatz
von 0,1N KOH und 0,1N HCl auf einen pH-Wert von 5,7 bis 5,8 eingestellt. Etwa 25
ml jeden Nährmediums werden in 27x200 mm große Teströhrchen pipettiert. Danach werden
die Teströhrchen 15 min lang in einem Autoklaven bei 1200C und einem Druck von 117,7
kPa sterilisiert. Schließlich werden als Wachstumshormonzusatz Lösungen von Oc-Naphthalinessigsäure
(NAA) und 6-Benzylaminopurin (BAP) in die Teströhrchen vor der ph-Einstellung eingetragen.
-
Tabelle 1
,BAP mgß |
0,02 0,2 2,0 |
NAA m |
1 1 6 11 16 |
0102 2 7 p 12 | 17 |
0,2 g 3 8 1 13 18 |
2,0 4 9 14 19 |
5 5 5 10 j 15 20 |
l |
In der Tabelle bedeuten die Zahlen 1 bis 20 die Nährmediumzahlen.
-
Jedes Nährmedium wird nun im Rahmen einer Rotations-oder Rollkultivierung
bei einer Umdrehungszahl von 0,5
bis 10 Umdrehungen pro Minute
24 h lang unter einer Bestrahlungsintensität von etwa 2000 bis 10000 Lux und bei
einer Temperatur von 15 bis 300C getestet. Nach etwa 2 Monaten erhält man die Schößlingsprimordien
in B5-18 (BAP 2mg/l, NAA 0,2 mg/l) und B5-19 (BAP 2 mg/l, NAA 2 mg/l) der Nährmediumzahlen
in Tabelle 1 bei einer Bestrahlungsintensität von etwa 10000 Lux, bei einer Temperatur
von 22f20C und bei einer Umdrehungszahl von 2 Umdrehungen pro Minute.
-
Danach werden die Nährmedien gemäß Tabelle 2 jeweils unter Verwendung
von 2% bzw. 3% Saccharose getestet.
-
Es zeigt sich, daß die Nährmediumzahl mit der optimalen Zusammensetzung
von Gamborg B5-Nährmedium B5-18 (BAP 2 mg/l und NAA 0,2 mg/l) in 3% Saccharose und
B5-186 (BAP 2 mg/l und NAA 0,6 mg/l) in 2% Saccharose waren.
-
Tabelle 2
BAP BAP |
\ 0,6 2,0 |
NAA mg/Q |
0,2 1 181 18 |
I |
0,6 182 186 |
2,0 183 19 |
Die künstlich erzeugten Schößlingspriinordien werden zur Vermehrung in der geschilderten
Weise unter Zellteilung in die optimalen neuen Nährmedien der angegebenen Zusammensetzung
verpflanzt.
-
Zur Gewinnung von Sämlingen aus den Schößlingsprimordien werden die
stationären Kulturen von Gamborg B5, in dem
0,9 Gew.-% Agar, 2
Gew.-% Saccharose und eine durch Hormonzugabe eingestellte Lösung (vgl. Tabelle
1) zugesetzt wurden, getestet. Hierbei zeigte es sich, daß die Nährmediumzahl einer
optimalen Zusammensetzung B5-6 (BAP 0,02 mg/l und NAA 0 mg/l) war. Dieses Schößlingsprimordium
bildet innerhalb von einer oder 2 Woche(n) an seinem harten Ende ein grünes Blattprimordium
und wächst dann zu einem kleinen Sproßpflanzenkörper. Während die Pflanzenkörper
in Teilchen sterilisierten Vermikulits gezogen werden, werden sie nach und nach
an die Umgebung auf dem Feld akklimatisiert.
-
Letzlich werden sie auf eine Feldkultur überführt.
-
In den Schößlingsprimordien und ihren Sämlingspflanzen sind bereits
süße Glykoside, wie Steviosid, Rebaudiosid A und dergleichen enthalten. Diese Tatsache
wird durch Extraktion derselben mit Methanol und anschließende dünnschichtchromatographische
Analyse bestätigt.
-
Der Vermehrungsgrad der Schößlingsprimordien beträgt zahlenmäßig das
Vierfache nach 7 Tagen.
-
Erfindungsgemäß erhält man über lange Zeit hinweg eine starke Selbstunverträglichkeit
aufweisende Stevia in genetisch stabiler Form durch vegetative Fortpflanzung des
Schößlingsprimordiums. Ferner läßt sich Stevia in großer Menge durch da s S das
Schößlingsprimordium vermehren. Durch die Kulturzellen können wertvolle süße Substanzen
in großer Menge erzeugt werden.
-
Erfindungsgemäß kann man virusfreie Sämlinge ziehen und diese über
lange Zeit hinweg erhalten. Folglich läßt sich durch Erzeugen einer Pflanze, die
morphologisch homogen ist und konstante Inhaltsstoffe enthält, die Arbeit für die
Kultivierung wirtschaftlich gestalten. Die Kultivierungszeit kann bei drastisch
verminderten Kosten verkürzt werden.
-
Erfindungsgemäß erhält man nicht nur süße Substanzen in großer Menge,
man kann die Erfindung auch auf zahlreiche perennierende Pflanzen mit Selbstunverträglichkeit
anwenden.