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Reaktive Disazoverbindungen
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Die vorliegende Erfindung betrifft Disazoverbindungen mit Monochlortriazingruppen,
Verfahren zur Herstellung und Verfahren zum Färben oder Bedrucken unter Verwendung
dieser Verbindungen als Reaktivfarbstoffe.
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Gegenstand der Erfindung sind folglich Verbindungen der Formel I,
worin die beiden Reste -NR1R2 identisch sind; R1 durch eine oder zwei Hydroxygruppen
oder durch eine Gruppe -OR3 substituiertes C2 4Alkyl, R2 Wasserstoff, C2 4Hydroxyalkyl
oder -CH2CH2CN und R3 C1~4Alkyl oder C2 4Hydroxyalkyl bedeuten, mit der Massgabe,
dass wenn R2 für -CH2CH2CN steht, R1 lediglich den Rest -CH2CH20CH2CH20H bedeuten
kann, und deren Salze.
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In einer hydroxysubstituierten Alkylgruppe ist das C1-Atom als Träger
einer Hydroxygruppe ausgeschlossen; ebenso ist es nicht möglich, dass sich am selben
C-Atom zwei Hydroxygruppen befinden.
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Ein substituierter C2 4Alkylrest kann geradkettig oder verzweigt sein;
ein monohydroxy-substituierter Alkylrest für die Reste R1 bis R3 enthält bevorzugt
2 oder 3 C-Atome, insbesondere bevorzugt 2 C-Atome. Ein dihydroxy-substituierter
Alkylrest für R1 enthält bevorzugt 3 C-Atome.
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Eine durch den Rest -OR3 substituierte Alkylgruppe ist bevorzugt linear;
vorzugsweise ist es eine C23Alkylgruppe mit endständigem Rest -OR3.
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R3 als Alkyl steht bevorzugt für Methyl oder Aethyl, insbesondere
für Methyl.
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R3 steht bevorzugt für R3a als Methyl oder -CH2CH20H. R1 bedeutet
bevorzugt Rja als
oder (CH2)2oder3-OR3a; weiter bevorzugt R1b als -CH2CH2OH,
insbesondere bevorzugt bedeutet R1 -CH2CH20H.
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R2 steht bevorzugt für R2a als Wasserstoff oder -CH2CH20H; insbesondere
bevorzugt bedeutet R2 Wasserstoff.
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Bevorzugt sind Verbindungen der Formel I, worin die beiden Reste -NR1R2
für -NR1aR2a oder
stehen; weiter bevorzugt sind Verbindungen der Formel I, worin die beiden Reste
-NR1R2 für -NHRtb oder
stehen; insbesondere bevorzugt ist die Verbindung der Formel I, worin die beiden
Reste -NR1R2 für -NHCH2CH20H stehen.
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Liegen die Verbindungen der Formel I in Salzform vor, so stellt die
Beschaffenheit des Kations der Sulfogruppen keinen kritischen Faktor dar, sondern
es kann sich um ein beliebiges in der Chemie von Reaktivfarbstoffen übliches nicht
chromophores Kation handeln vorausgesetzt, für die entsprechenden Salze ist die
Bedingung der Wasserlöslichkeit erfüllt. In einer Verbindung der Formel I können
die Kationen der Sulfogruppen gleich oder verschieden sein, d.h. die Verbindung
kann auch in gemischter Salzform vorliegen.
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Beispiele für geeignete Kationen sind Alkalimetallionen oder unsubstituierte
oder substituierte Ammoniumionen, wie beispielsweise Lithium, Natrium, Kalium, Ammonium,
Mono-, Di-, Tri- und Tetramethylammonium, Triäthylammonium und Mono-, Di- und Triäthanolammonium.
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Bevorzugte Kationen sind die Alkalimetallionen und Ammonium, davon
besonders bevorzugt ist Natrium.
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Die Verbindungen der Formel I werden hergestellt, indem man l-Amino-8-hydroxynaphthalin-3,6-disulfonsäure
beidseitig mit dem Diazoniumsalz eines Amins der Formel II
umsetzt, worin R für Chlor oder den Rest -NR1R2 gemäss obiger Definition steht,
wobei für beide Umsetzungen identische Amine der Formel II verwendet werden, und
das erhaltene Kupplungsprodukt, worin R für Chlor steht, zur Einführung des Restes
-NR1R2 mit einer Verbindung HNR1R2 umsetzt.
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Vorzugsweise wird als Ausgangsverbindung ein Amin der Formel II eingesetzt,
welches als R den Rest -NR1R2 trägt.
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Die Diazotierung eines Amins der Formel II und die beidseitige Kupplung
mit l-Amino-8-hydroxynaphthalin-3,6-disulfonsäure werden nach an sich bekannten
Methoden vorgenommen. Für die beidseitige Kupplung wird das Reaktionsgemisch zunächst
sauer (auf pH von etwa 4), dann nach beendeter Umsetzung schwach alkalisch gestellt
(auf pH ca. 7-8). Beide Kupplungsschritte können vorteilhaft als Eintopfverfahren
durchgeführt werden, eine Zwischenisolierung des sauren Kupplungsproduktes ist nicht
erforderlich. Die Ausbeute an Endkupplungsprodukt ist für das Eintopfverfahren praktisch
quantitativ.
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Auch die Kondensationsreaktion zur nachträglichen Einführung des Restes
-NR1R2 in das Kupplungsprodukt wird analog zu an sich bekannter Methode durchgeführt.
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Die Isolierung der Verbindungen der Formel I kann in an sich bekannter
Weise erfolgen; z.B. können die Verbindungen durch übliches Aussalzen
mit
Alkalimetallsalzen aus dem Reaktionsgemisch abgeschieden, abfiltriert und im Vakuum
bei erhöhter Temperatur getrocknet werden.
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In Abhängigkeit von den Reaktions- und Isolierungsbedingungen wird
eine Verbindung der Formel I als freie Säure oder bevorzugt in Salzform oder als
gemischtes Salz erhalten und enthält dann beispielsweise eines oder mehrere der
oben genannten Kationen. Salze oder gemischte Salze können aber auch ausgehend von
der freien Säure auf an sich übliche Weise hergestellt werden und umgekehrt oder
es kann auch eine an sich übliche Umsalzung vorgenommen werden.
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Die Verbindungen der Formel II sind bekannt oder sie können analog
zu an sich bekannten Verfahren durch stufenweisen Ersatz der Chloratome in Cyanurchlorid
durch Kondensation einerseits mit 1,3-Diaminobenzol-4-sulfonsäure, andererseits
mit der Verbindung HNR1R2 erhalten werden.
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Die Verbindungen HNR1R2 sind bekannt oder können in Analogie zu an
sich bekannten Methoden hergestellt werden.
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Die erfindungsgemässen Verbindungen der Formel I und Gemische davon
stellen Reaktivfarbstoffe dar; sie eignen sich zum Färben oder Bedrucken von hydroxygruppen-
oder stickstoffhaltigen organischen Substraten. Als bevorzugte Substrate sind zu
nennen Leder und Fasermaterialien, die aus natürlichen oder synthetischen Polyamiden
und insbesondere aus natürlicher oder regenerierter Cellulose, wie Baumwolle, Viskose
oder Zellwolle bestehen oder diese enthalten. Meist bevorzugtes Substrat ist Textilmaterial,
das aus Baumwolle besteht oder diese enthält.
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Die Farbstoffe der Formel I können in Färbeflotten oder in Druckpasten
nach allen für Reaktivfarbstoffe gebräuchlichen Färbe- und Druckverfahren eingesetzt
werden. Vorzugsweise wird das Ausziehverfahren angewendet. Es ist ein besonderer
Vorteil dieser Farbstoffe, dass sie in einem Färbetemperaturbereich von 80" bis
100"C ohne wesentliche Einbusse an Farbausbeute eingesetzt werden können; bei 80"C
ist die Farbausbeute in der Regel fast ebenso gut wie bei 100"C.
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Die erfindungsgemässen Farbstoffe können als Einzelfarbstoff oder
wegen ihrer guten Kombinierbarkeit auch als Kombinationselement mit anderen Reaktivfarbstoffen
der gleichen Klasse, die vergleichbare Eigenschaften besitzen, beispielsweise bezüglich
Echtheiten, Ausziehvermögen usw., verwendet werden. Die erhaltenen Kombinationsfärbungen
zeigen ebenso gute Echtheiten wie die Färbungen mit einem Einzelfarbstoff.
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Aufgrund ihres hohen Aufbauvermögens zeigen die erfindungsgemässen
Farbstoffe der Formel I hohe Auszieh- und Fixierwerte, der nicht fixierte Farbstoffanteil
ist leicht auswaschbar. Die erhaltenen Färbungen haben ein gutes Echtheitsniveau,
insbesondere betreffend Licht- und allgemeine Nassechtheiten wie Wasch-, Wasser-,
Meerwasser-und Schweissechtheit. Sie sind auch beständig gegenüber oxidativen Einflüssen
wie gegenüber chlorhaltigem Wasser, Hypochloritbleiche, Peroxidbleiche oder perborathaltigen
Waschmitteln.
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Die nachfolgenden Beispiele dienen zur Illustration der Erfindung.
In den Beispielen bedeuten Teile Gewichts- oder Volumenteile und Prozente Gewichts-
oder Volumenprozente; die Temperaturen sind in Celsiusgraden angegeben.
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Beispiel 1 180,25 Teile (= 0,5 Mol) der Verbindung der Formel III,
hergestellt nach bekannten Methoden durch Kondensation von Cyanurchlorid mit einer
entsprechenden Menge an 1,3-Diaminobenzol-4-sulfonsäure und Aethanolamin, werden
in 1500 Teilen Wasser bei pH 7 gelöst und mit 35 Teilen Natriumnitrit versetzt.
Die auf 5" gekühlte Lösung
wird unter Rühren zu einer Mischung von
400 Teilen Wasser, 120 Teilen konz. Salzsäure und 500 Teilen Eis getropft. Nach
zwei Stunden wird ein eventuell vorhandener Ueberschuss an salpetriger Säure mit
wenig Amidosulfonsäure zerstört.
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Zu diesem Diazogemisch streut man 76 Teile (= 0,25 Mol minus 5%) 1-Amino-8-hydroxynaphthalin-3,6-disulfonsäure
und stellt durch Zutropfen von 50%-iger Natriumacetatlösung den pH auf 4,2-4,4 ein,
der durch Zugabe von weiterer Natriumacetatlösung während der Reaktion konstant
gehalten wird. Man lässt bei 5" solange reagieren, bis der pH des Reaktionsgemisches
auch ohne Zusatz von Natriumacetat unverändert bleibt.
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Anschliessend tropft man 30%-ige Natronlauge bis zum pH von 7,5-8,0
zu. Sobald kein Alkali mehr verbraucht wird, ist die Reaktion beendet. Man streut
nun so viel Kochsalz ein, bis der gebildete Farbstoff vollständig ausgefällt ist.
Er wird abfiltriert und im Vakuum bei 100" getrocknet. Der Farbstoff entspricht
der Formel
und färbt Cellulosefasern in marineblauen Tönen. Die Färbungen zeigen gute Licht-
und Nassechtheiten und sind beständig gegenüber oxidativen Einflüssen.
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Beispiele 2-16 Analog der in Beispiel 1 beschriebenen Methode können
weitere Verbindungen der Formel I hergestellt werden, indem entsprechende Ausgangsverbindungen
der Formel III eingesetzt werden. Die resultierenden Farbstoffe sind in der folgenden
Tabelle zusammengestellt. Mit den Farbstoffen der Beispiele 2-16 können Cellulosefasern
nach üblichem Ausziehverfahren gefärbt werden. Die erhaltenen Färbungen sind für
alle Beispiele marineblau und zeigen gute Licht- und Nassechtheiten wie auch Stabilität
gegenüber oxidativen Einflüssen.
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Tabelle Beispiel Nr. R 2 - NHCH2CH2CH20H 3 - N(CH2CH20H)2
7 - NHCH2CH2CH20CH3
9 - NHCH2CH20CH2CH20H
12 - NHCH2CH20CH3 13 - NHCH2CH2CH20CH2CH20H 14 - NHCH2CH2CH20CH2CH3
Gemäss der vorstehend beschriebenen Methode werden die Farbstoffe der Beispiele
1 bis 16 als Natriumsalze erhalten. Sie können in Abhängigkeit von den gewählten
Umsetzungs- und Isolierungsbedingungen oder
auch durch nachträgliche
Massnahmen in an sich bekannter Weise in Form der freien Säure oder in einer anderen
Salzform oder auch gemischten Salzform hergestellt werden und dann beispielsweise
eines oder mehrere der in der Beschreibung weiter aufgeführten Kationen enthalten.
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Nachstehend sind Anwendungsmöglichkeiten der erfindungsgemässen Farbstoffe
illustriert.
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Färbevorschrift A Einem Färbebad bestehend aus 1000 Teilen Wasser,
20 Teilen Glaubersalz (kalziniert), 2,5 Teilen Soda (kalziniert) und 1 Teil 1-nitrobenzol-3-sulfonsaurem
Natrium werden 50 Teile mercerisierte Baumwolle zugefügt. Das Bad wird auf 40° erwärmt,
dann werden 2,5 Teile des Farbstoffes aus Beispiel 1 zugesetzt. Innert 45 Minuten
wird das Bad auf 98" erhitzt; dabei werden zweimal nach jeweils 15 Minuten 20 Teile
Glaubersalz (kalziniert) zugesetzt. Am Ende der 45 Minuten werden dann noch 7,5
Teile Soda (kalziniert) zugefügt. Anschliessend wird 45 bis 60 Minuten lang kochend
weitergefärbt, dann wird heiss gespült und das gefärbte Material während 20 Minuten
in 500 Teilen Wasser und 0,5 Teilen Natriumlaurylsulfonat kochend geseift. Nach
gründlichem Spülen und Trocknen erhält man eine gut licht- und nassechte Baumwollfärbung
von marineblauer Tönung.
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Werden in der Färbevorschrift A anstelle des Einzelfarbstoffes 2,5
Teile des Farbstoffgemisches bestehend aus 93,23 Teilen des Farbstoffes aus Beispiel
1 und 6,77 Teilen des Farbstoffes C.I. Reactive Red 55 verwendet, so wird eine marineblaue
Färbung mit Rotstich erhalten, die gute Echtheiten aufweist.
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Färbevorschrift B 0,5 Teile des Farbstoffes aus Beispiel 1 werden
in 300 Teilen Wasser gelöst. Dem Färbebad werden 10 Teile Baumwollgewebe zugegeben,
die Temperatur wird innerhalb von 10 Minuten auf 80" gestellt. 30 Minuten
nach
der Zugabe von 15 Teilen Glaubersalz (kalziniert) werden dem Färbebad 3 Teile Soda
(kalziniert) zugesetzt. Man lässt während einer Stunde-bei 800° weiterfärben. Anschliessend
wird das gefärbte Material zuerst kalt, dann heiss gespült und analog wie für Vorschrift
A angeführt geseift. Nach dem Spülen und Trocknen erhält man eine marineblaue Färbung
von guten Echtheiten.
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Werden in der Färbevorschrift B anstelle des Einzelfarbstoffes 0,5
Teile des Farbstoffgemisches bstehend aus 93,23 Teilen des Farbstoffes aus Beispiel
1 und 6,77 Teilen des Farbstoffes C.I. Reactive Red 55 verwendet, so resultiert
eine rotstichig marineblaue Baumwollfärbung mit guten Echtheitseigenschaften.
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Auf analoge Weise wie in den Vorschriften A und B beschrieben können
auch die Farbstoffe gemäss den Beispielen 2-16 oder Gemische der Farbstoffe aus
den Beispielen 1-16 zum Färben von Baumwolle verwendet werden, wobei marineblaue
Färbungen erhalten werden.