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Verfahren zur Herstellung von Salzsäure und Magnesia aus Chlormagnesium.
Die Spaltung des Chlormagnesiums durch Glühen in Gegenwart von Wasserdampf nach
der Gleichung MgCh=H20=zHCl : Mg0 ist eine altbekannte Reaktion. Diese Reaktion
konnte dennoch bis jetzt nicht zu einem wirtschaftlichen Prozeß ausgestaltet werden.
Viele Fabriken, die die Ausführung dieses Prozesses übernommen haben, haben den
Betrieb nach kurz oder lang einstellen müssen.
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Die Ursache des Mißerfolges ruht in der Tatsache, daß das Chlormagnesium
(Mg CL) mit Wasser Hydrate bildet, in welchen das Wasser sehr zähe gebunden ist.
Bei hoher Glut sind solche Wasserverbindungen, mit oder ohne Mg O-Gehalt, beständig.
Sie schmelzen dabei und bilden Klumpen, die durch hocherhitzten Wasserdampf nur
oberflächlich angegriffen werden.
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Obwohl die Abspaltung der Salzsäure angeblich bei Rotglut erfolgen
sollte, findet sie infolge erwähnten Umstandes auch bei Weißglut im Flammenofen
nur urivollständig und nur nach langandauernder Wasserdampfeinwirkung statt. Die
abgespaltene Salzsäure ist, weil die Operation im Flammenofen ausgeführt werden
muß, mit Feuergasen stark verdünnt, somit schwer kondensierbar. Die zurückbleibende
Magnesia ist infolge des großen Gehaltes an geschmolzenem Chlorid zur direkten Zementherstellung
(Sorelzement) ungeeignet. Dieser Glührückstand besteht auch nicht aus reinem Magnesiumoxyd,
sondern aus Magnesiumoxychloriden, welche mit mehr oder weniger Magnesiumoxyd vermischt
sind. Er muß darum durch Wasser in Chlormagnesium und Magnesiahydrat gespalten werden.
Der Niederschlag von -1VIagnesiahydrat wird filtriert und nochmals geglüht und liefert
schließlich eine Magnesia, die wohl infolge der hohen Temperatur, die zu ihrer Herstellung
verwendet wurde, und durch den Umweg über das Hydrat nur, in geringem Maße hydraulische
Eigenschaften besitzt und darum nur einen schlechten, fast ungeeigneten Ersatz für
Magnesiumoxyd, das durch Brennen von Magnesit erhalten wird, darstellt. Auch die
Kosten dieses Prozesses sind recht erheblich.
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Nun kann dieser Prozeß infolge der Eigenschaft des Chlormagnesiums,
das Hydratwasser auch bei hohen Temperaturen nicht vollständig abzuspalten, auch
nicht von Chlormagnesium ansgehen, sondern es war bei dem einzigen in der Praxis
ausgeführten Verfahren nötig, das Chlormagnesium- mit Magnesiumoxyd zu vermischen
und erst das dabei resultierende Magnesiumoxychlorid in Wasserdampf zum Glühen zu
bringen. Das auf oben beschriebene Weise erzielte Magnesiumoxyd müßte zum großen
Teil wieder als Zusatz zum Chlormagnesium für eine nachfolgende Abspaltung verbraucht
werden.
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Andere Zusätze, die empfohlen wurden, wie auch neu vorgeschlagene
Apparaturen für die Zersetzung haben sich nicht bewährt und sind von der Praxis
nicht übernommen worden.
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Es wurde nun gefunden, daß, falls man Chlormagnesium, z. B. in Form
der Abfalllauge der Kaliindustrie, mit Magnesiumcarbonat - am geeignetsten sind
die gefällten
Magnesiumcarbonate verschiedenen Ursprungs - mischt
und höheren Temperaturen in Gegenwart von Wasserdampf aussetzt, die Salzsäure aus
dem Magnesiumchlorid leicht,. d. h. schnell und bei weit niedrigeren Temperaturen
als bei den bekannten Verfahren vollständig ausgetrieben wird, unter Hinterlassung
eines Magnesiumoxyds in völlig zerpulvertem Zustande. Diese Operation geht so leicht
vonstatten, daß man die Zersetzung in kurzer Zeit in Retorten, die nicht einmal
innen leuchten, bewerkstelligen kann. Durch die Spaltung in geschlossenen Retorten
oder Muffeln erzielt man direkt chemisch rein destillierenden Chlorwasserstoff,
der durch den Wasserdampf, den man zur Durchführung der Abspaltung hindurchleitet,
zu Salzsäure gewünsbhter Konzentration lediglich durch Verwendung eines Kühlers
verdichtet, die sonst übliche Absorption also überflüssig wird. Die zurückbleibende
Magnesia ist infolge der niedrigen Glühtemperatur sehr gut hydraulisch und zur Herstellung
von Zementen ohne weiteres vorzüglich geeignet. Sie stellt ein fast unfühlbares
Pulver vom Volumgewicht von etwa z,3 dar.
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Dieser technische Erfolg wird wahrscheinlich durch die Einwirkung
der aus dem Carbonat durch Wärme abgespaltenen Kohlensäure bewirkt, indem dadurch
wohl die Salzsäureabspaltung -begünstigt und beschleunigt wird. Dabei bewirkt diese
Gasabspaltung ein Auftreiben der Masse und macht dadurch -die Magnesia, die sonst
bei der Chlormagnesiumzersetzung als geschmolzene oder gesinterte Masse erhalten
wird, locker. Durch die sich einstellende äußerst weit ausgebildete Porosität der
Masse wird der Einwirkung des Wasserdampfes eine sehr große Oberfläche dargeboten.
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Falls man von Chlormagnesiumlauge ausgeht, die von der Chlorkalifabrikation
abfällt, so ist das erzielte Magnesiumoxyd selbstverständlich infolge des Gehaltes
an Alkalichloriden der Abfallauge geringfügig chlorhaltig. Dieser Chlorgehalt stört
aber die Verwendung des so gewonnenen Magnesiumoxyds zur Herstellung von Zementen
nicht. Geht man aber von reinen Chlormagnesiumlösungen und ebenso von reinem Magnesiumcarbonat
aus, so erzielt man -chemisch reines Magnesiumoxyd, das sonst den Namen »Magnesia
ustac< trägt, den Vorschriften des Arzneibuches entspricht und auch vorzüglich
in der Gummiindustrie Verwendung finden kann, wo chlorfreie Produkte verlangt werden.
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In etwaq.oprozentigerChlormagnesiumlösung, wie die Abfallauge der
Kaliindustrie eine ist, wird durch Beimengung einer äquimolekularen Menge an gefälltem
Magnesiumcarbonzt bzw. basischem Carbonat eine klumpige Masse erzielt, die sehr
leicht ohne weiteres Trocknen in Retorten eingefüllt werden kann. Bei der Zersetzung
des Chlormagnesiums nach vorliegendem Verfahren wird selbstverständlich auch das
zugesetzte Magnesiumcarbonat zu Magnesiumoxyd.
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An Stelle von Magnesiumcarbonat kann man, wie weiter gefunden wurde,
auch Gemische von -Magnesium- und Calciumcarbonat verwenden. Im letzteren Falle
muß man, wenn man das Magnesiumoxyd zu Zementen verwenden will, entweder die Zersetzung
so gestalten, daß bei der verwendeten Temperatur nur das Magnesiumcarbonat kaustifiziert
wird, während das Calciumcarbonat als solches in den Rückständen bleibt, oder man
kann sich bildendes Calciumoxyd dadurch für die Zementherstellung unschädlich machen,
daß man dem Calciumcarbonat eine äquivalente Menge Magnesiumsulfat zugibt. Dieses
Magnesiumsulfat setzt sich in bekannter Weise mit dem später entstehenden Calciumoxyd
um zu Calciumsulfat und Magnesiumoxyd. Der dabei erhaltene stark gebrannte Gips
gibt im Verein mit dem Magnesiumoxyd einen außerordentlich guten Zement, der vorzüglich
volumbeständig ist.
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Einen ebensolchen Zement erhält man auch, wenn man zu Chlormagnesium
an Stelle von Magnesiumcarbonat ein äquimolekulares Gemisch von Calciumcarbonat
und Magnesiumsulfat zugibt.
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Es wurde fernerhin gefunden, daß man eine glatte Abspaltung der Salzsäure
durch Wasserdampf aus 'dem Chlormagnesium bewirkt und gleichzeitig zu guten Zementen
gelangt, falls man an Stelle vonMagnesiumcarbonat als Zusatz entweder Magnesiumoxyd
oder Calciumoxyd und Magnesiumsulfat in äquimolekularem Verhältnis verwendet und
gleichzeitig mit dem Wasserdampf Kohlensäure einleitet. Naturgemäß kann man an Stelle
von Calciumoxyd auch Gemische von Calcium- und Magnesiumoxyd nehmen, wie sie z.
B. beim Brennen des Dolomits erhalten werden. Es wird bei dieser Ausführungsform
des Verfahrens von der bekannten Erscheinung Gebrauch gemacht, daß Magnesiumoxyd
auch bei Glühtemperaturen durch Kohlensäure teilweise in Magnesiumcarbonat übergeführt
wird, welches dann weiter, wie anfangs erwähnt, auf die Abspaltung der Salzsäure
und die Qualität der Magnesia einwirken dürfte.
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Zur Durchführung des Verfahrens, dessen Ausführungsformen natürlich
auch kombiniert werden können, ist jeder Ofen mit direkter oder indirekter Beheizung
geeignet, wie z. B. Retorten-, Muffel-, Trommel-, Schacht- oder Flammenöfen. Vorteilhafter
sind naturgemäß solche, die mechanisch betrieben werden und kontinuierlich arbeiten,
wie z. B. Öfen, die
für die Sulfatsalzsäurefabrikation Verwendung
finden.