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Patentbeschreibung
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Titel: L in Verfahren zur effizienten Produktion von löslichen S-toffwechselprodukten
mit Hilfe von Flüssigkulturen lebender Organismen, Organe oder Zellen.
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Anwendung: Die Erfindung betrifft ein Verfahren der Flüssigkultur
von lebenden Organismen, Organen oder Zellen zur Anreicherung und Gewinnung der
löslichen Stoffwechselprodukte.
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Zweck: Bei einem derartigen Verfahren ist es nötig, daß die Ausbeute
an löslichen Stoffwechselprodukten gegenüber konventionellen Kulturverfahren wesentlich
erhöht ist.
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Stand der Technik: t'. Verschiedene Organismen produzieren und akkumulieren
Stoffwechselprodukte, die von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung sind, z.B.
Arzneigrundstoffe, Parfümgrundstoffe, Antibiotica (1). Diese Substanzen kommen in
intakten Organismen in der Regel nur in geringer Menge und oft nur in besonderen
Zellkomplexen vor und werden gar nicht oder nur in sehr geringen engen an die Umgebung
abgegeben (2). Versuche, die jeweiligen Stoffwechselprodukte aus Flüssigkulturen
der Organismen, ihrer Organe oder Zellen zu gewinnen, sind vielfach unternommen
worden.
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Solche Versuche endeten häufig ohne Erfolg (3), in vielen Fällen
war die Stoff ausbeute verschwindend gering (4), und nur in einzelnen Spezialfällen
gelang die Produktion im gewünschten Ausmaß (5).
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Nach unseren Erfahrungen kann eine Begrenzung der Produktion löslicher
Stoffwechselprodukte darauf beruhen, daß bereits geringe Konzentrationen dieser
Stoffwechselprodukte in der Umgebung der Organismen, Organe oder Zellen eine weitere
Produktion derselben Substanzen unterdrückt (Endprodukthemmung o.ä.
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Phänomene).
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Ein Veriahren der Zweiphasenkultur, das es erlaubt, die Ausbeute
an lipophilen Stoffwechselprodukten in Suspensionskulturen von Pflanzenzellen durch
Anbieten eines Akkumulationsortes für lipophile Substanzen erheblich zu steigern,
wurde kürzliel beschrieben (6). Ein Verfahren, das allgemein die
Anreicherung
lösIScher (d.h. nicht nur lipophiler) Stoffwechselprodukte erlaubt, existiert nicht.
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B. Interessant sind für die Entwicklun; ein(^ solchen Verfahrens Experimente,
die zur Sicherung von Wachstums- und Differenzierungsvorgängen an pflanzlichen Zellen
in Flüssigkeits- und Festkultur durchgeführt worden sind. Zugabe eines festen Adsorbens
(z.B. Aktivkohle) zu solchen Kulturen bewirkt eine Adsorption und damit Inaktivierung
von wachstums- und differenzierungsbeeinflussenden Substanzen, die von den Zellen
in ihre Umgebung hinein abgegeben werden. Solche Substanzen waren z.B. Abscisinsäure,
Phenylessigsäure, Pelargonsäure, Caprylsäure und 13enzoesäurederivate (7). Eine
Reisolierung der adsorbierten Substanzen aus der Aktivkohle wurde gelegentlich für
analytische Zwecke unternommen (8), nie jedoch mit dem Ziel der Anreicherung und
Gewinnung der adsorbierten Substanzen.
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In solchen Experimenten zur Sicherung von Wachstums- und Differenzierungsvorgängen
an pflanzlichen Zellen und Geweben bringt der Zusatz eines Adsorbens (z.B. Aktivkohle)
häufig ein schwer zu überwindendes Problem mit sich: Feste Adsorbentien adsorbieren
aus den verwendeten Kulturmedien einige der für die Zellen lebensnotwendigen Komponenten
des Mediums (Vitamine, Hormone) und beeinflussen damit Wachstums- und Differenzierungsvorgänge
negativ (8, 9).
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Literatur: 1 R. Hegnauer: Chemotaxonomie der Pflanzen. Birkhäuser-Verlag,
Basel, 1962 - 1973 2 K.H. Kubeczka: Vorkommen und Analytik ätherischer Öle.
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Georg-Thieme-Verlag, Stuttgart 1979 3 E. Teuscher: Probleme der Produktion
sekundiirer Pflanzenstoffe mit Hilfe von Zellkulturen. Pharmazie 28, 1973, 6 - 18
4 M.H. Zenk, H.El-Shagi, U. Schulte: Anthraquinone production by cell suspension
cultures of Morinda citriflia. Planta medica Suppl. 1975, 79 - 101 5 P.S.J. Cheetham,
C.E. Imber, J. lsherwood: The formation of isomaltulose by immobilized Erwinia rhapontici.
Nature 299, 1982, 628 - 631 6 R. Beiderbeck: Zweiphasenkultur - ein Wer zur isolierung
lipophiler Substanzen aus pflanzlichen Suspensionskulturen.
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Z. Pflanzenphysiol. 108, 1982, 27 - 30. BP angemeldet.
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Y . ichanson, B. Andersson, T. Eriksson: Improvement of anther culture
technique: Activated charcoal bound in agar medium in combination with liquid medium
and elevated C02 concentration.
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Physiol. Plant. YJ, 1982, 24 - 30 G. Fridborg, M. Pedersen, L.-E.
Landström, T. Eriksson: The effect ol' activated charcoal on tissue cultures: Adsorption
of metabolites inhibiting morphogenesis. Physiol. Plant. 43, 1978, 104 - 106 8 M.A.
Weatherhead, J. Burdon, G.G. Henshaw: Some effects of activated charcoal as an additive
to plant tissue culture media. ,. Pflanzenphysiol. 89, 1978, 141 - 147 9 M.A. Weatherhead,
J. Burdon, G.G. Henshaw: Effects of activated charcoal as an additive to plant tissue
culture media: Part 2.
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Z. Pflanzenphysiol. 94, 1979, 399 - 405 M.J. Constantin, R.R. Henke,
M .A. Mansur: Effect of activated charcoal on callus growth and shoot organogenesis
in tobacco.
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In Vitro 13, 1977, 293 - 296 Kritik: -In allen unter A geschilderten
Flüssigkulturen von lebenden Organismen, Organen oder Zellen fehlte ein Akkumulationsort
für abgegebene lfjsliche (nicht ausschließlich lipophile) Stoffwechselprodukte,
mit dessen Hilfe Endprodukthemmungen aufgehoben und Substanzen akkumuliert werden
können.
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n den unter B genannten Experimenten wurde zwar den Zellen ein Adsorbens
angeboten, es wurde aber versäumt, 1. die Fähigkeiten des Adsorbens (z.B. Aktivkohle)
zur Anreicherung und Gewinnung von Stoffwechselprodukten zu nutzen; 2. das Adsorbens
so zu präparieren, daß die Adsorption von Medienbestandteilen über ein die Organismen,
Organe oder Zellen schädigendes Niveau hinaus unterbleibt.
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Ausgabe: Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Methode der
Flüssigkeitskultur von lebenden Organismen, Organen oder Zellen vorzustellen, die
folgende Eigenschaften aufweist: 1. Sie erlaubt die Akkumulation löslicher Stoffwechselprodukte
der kultivierten Organismen, Organe oder Zellen an einem festen Adsorbens.
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2. Durch geeignete Behandlung. des Adsorbens wird sichergestellt,
daß Adsorption von Medienbestandteilen beschränkt bleibt und
nicht
zum Absterben der kultivierten Organismen, Organe oder Zellen führt.
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3. Rückgewinnung der Stoffwechselprodukte aus dem Adsorbens wird ermöglicht.
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Lösung: Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß dem
wässrigen Kulturmedium für lebende Organismen, Organe oder Zellen während eines
Teils oder der gesamten Dauer der Kultur ein Adsorbens (z.B. granuläre oder pulverisierte
Aktivkohle, Albumin, Polyvinylpyrrolidon) zugesetzt wird, das als Akkumulationsort
i'ür lösliche Stoffwechselprodukte dient (Adsorbenskultur).
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Ein geeignetes Adsorbens muß folgende Eigenschaften erfüllen: 1. es
ist nicht toxisch (z.B. Aktivkohle); 2. es gefährdet nicht durch Adsorption von
Medienbestandteilen das Überleben oder Wachstum der kultivierten Organismen, Organe
oder Zellen. Das wird sichergestellt durch Vorinkubation des Adsorbens mit überkonzentrierten
Lösungen der kritischen Nährmedienbestandteile (evtl. bis zur Sättigung) und anschließendes
Nachwaschen mit Nährmedium normaler Konzentration bis zur Einstellung von Gleichgewichtskonzentrationen.
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3. Es läßt eine Rückgewinnung der adsorbierten Substanzen zu durch
Abtrennung des Adsorbens von den kultivierten Organismen, Organen oder Zellen mit
Hilfe von Sedimentation oder Filtration und anschließende Elution mit geeigneten
Elutionsinitteln (z.B. bei Kohle mit KOH/Athanol).
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Vorteile: Die mit der Erfindung erzielten Vorteile sind: 1. In der
Umgebung von kultivierten Organismen, organen oder Zellen steht ein Akkumulationsort
für lösliche Stoffwechselprodukte zur Verfügung, der die Anreicherung von StoS'Rwechselprodukten
während der gesamten Kulturdauer gestattet, ohne das Überleben der kultivierten
Organismen, Organe oder Zellen in Frage zu stellen. Damit kommt es während der Kultur
zur Verschiebung von Konzentrationsgleichgewichten zwischen den lebenden Zellen
und ihrem Medium und als Folge davon zur Erhöhung der Stoffproduktion durch die
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2. Das Adsorbens mit den adsorbierten Substanzen kann leicht von den
kultivierten Organismen, Organen oder Zellen abgetrennt werden,
und
aus dem isolierten Adsorbens können die adsorbierten Substanzen eluiert werden.
Ihre Ausbeute liegt wesentlich höher als bei Ironventioneller Kultur in flüssigen
Medien ohne Zusatz eines Adsorbens.
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Ausführungsbeissiele.
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Eine Suspensionskultur E40-B6806 eines Kamille-Tumors wird in einem
hormonfreien MS-Medium (g. Murashige, F. Skoog Physiol. Plant. 1962) bei 2SOC unter
Schütteln (100 U/min) kultiviert.
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Nach 1 Woche Kultur läßt sich aus dem Kulturmedium eine Substanz S
nachweisen, die nach Vorreinigung durch Dünnschichtchromatografie folgende Eigenschaften
erkennen läßt: x) bei saurem pll farblos und ausschüttelbar mit Ethylacetat, in
saurem ethanol Adsorptionsmaximum bei 332 nm x) bei basischem pH gelb und besser
löslich in H20, in basischem Methanol Adsorptionsmaximum bei 400 nm.
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x) Im Chromatografiesystem Kieselgel G, Benzol: Ethylacetat (85 +
15) Rf = 0,31 Diese Substanz wird bei konventioneller Kultur im flüssigen Medium
bis zu einer Sättigungsmenge von Emax x ml# 5 pro g Gewebefrischgewicht angereichert.
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Für die Adsorbenskultur wird als Adsorbens granulierte (2,5 mm 6)
Aktivkohle zugesetzt (0,2 g Aktivkohle pro 24 ml Kulturmedium und 0,3 g Zellinokulum).
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Unbehandelte Aktivkohle adsorbiert jedoch die in frischem MS Medium
enthaltenen Vitamine fast vollständig. Um eine sich daraus ergebende Beeinträchtigung
des Zellwachstums zu vermeiden, muß diese Kohle vorbehandelt werden: 1 g Aktivkohle
wird 3x mit äe 50 ml einer 100-fach konzentrierten Vitaminlösung für je 2 Std. geschüttelt,
anschließend für 10 - 14 Std. in 1 1 normal konzentrierter Vitaminlösung stabilisiert.
Durch diese Vorbehandlung steht die Aktivkohle mit einer Vitaminkonzentration des
Mediums im Gleichgewicht, die nahe der gewünschten Kulturbedingung liegt. Eine solcherart
vorbehandelte Kohle ist nach wie vor in der Lage, erhebliche Mengen sekundärer Stoffwechselprodukte
zusätzlich zu adsorbieren.
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Nach 1 Woche der Adsorbenskultur zeigen die Kamille-Zellen durchschnittlich
103 % des Wachstums von Zellen ohne Aktivkohle. Das flüssige Medium enthält etwa
gleiche Mengen der Substanz S wie
in konventioneller Kultur (Emax
x mle 5). Jede an der Aktivkohle gebundene Substanz S bedeutet damit zusätzliche
Produktion.
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Das Kohlegranulat wird durch Sedimentation von Zellen und Medium getrennt,
mit Wasser gewaschen und zerkleinert. Aus dem erhaltenen Kohlepulver läßt sich mit
Hilfe eines Elutionsgemisches aus 1 N KOH und Ethanol (1 : 5) weitere Substanz S
gewinnen, unter den angegebenen Bedingungen durchschnittlich x x ml£S # 90 pro g
Gewebefrischgewicht.
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Die ständige Akkumulation von Substanz S führt also zu einer wesentlichen
Erhöhung der Nettoproduktion durch die Zellen. Sie kann nach unseren Versuchen weiter
gesteigert werden durch Erhöhung des Kohleanteils in der Kultur (schnellerer Entzug).
Solche akkumulierten Substanzen können aus dem Adsorbens zurückgewonnen werden.
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Darüber hinaus hat die Aktivkohle aus dem Kamille-Medium eine ganze
Reihe weiterer, nicht näher charaterisierter Stoffwechselprodukte angereichert,
die ebenfalls mit dem hier beschriebenen Elutionsverfahren gewonnen werden können
und durch DiinnsclJichtchromatografie isolierbar sind.
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Orientierende Versuche mit Kulturen von Nicotiana -tabacum (Tabak),
die im Gegensatz zur beschriebenen Kamillekultur auch hormonabhängig sind, bestätigen
die allgemeine Verwendbarkeit dieser neuen Methode.