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Verfahren zum Keimfreimachen von Wasser, Abwässern u. dgl. mittels
Chlor. Die Erfindung bezieht sich auf die Behandlung von Wasser, Abwässern u. dgl.
zu dem Zweck, sie keimfrei und dann für allerlei Zwecke, z. B. als Trinkwasser,
geeignet zu machen. Das Chlorieren von Wasser, Abwässern u. dgl. ist ein wohlbekanntes
Verfahren des Keimfreimachens. Das Chlor wird dabei entweder unmittelbar in das
Wasser geleitet, oder es wird eine starke Lösung von Chlorgas in Wasser hergestellt
und diese sodann mit dem keimfrei zu machenden Wasser gemischt. Damit die Tötung
der Keime vollständig sei, ist es nötig, einen Liberschuß von Chlorgas anzuwenden,
und es ist wünschenswert, diesen Überschuß nachher zu entfernen, ehe das Wasser
benutzt wird. Bisher ist diese Entchlorung gewöhnlich ausgeführt worden durch- den
-Zusatz eines geeigneten Salzes zu dem Wasser, z. B. eines Ferrosalzes wie Eisenvitriol,
oder eines Alkalisalzes wie Natriumbisulfit. Welches Salz auch für diesen.Zweck
benutzt wird, es bildet eine niedrigere Verbindungs- oder Oxydationsstufe und wirkt
wahrscheinlich dadurch, daß es dem Wasser Sauerstoff entzieht und so eine Base zurückläßt,
die sich mit dem Chlor verbindet.
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Die Anwendung eines festen Salzes zum Entchlorbn schließt die Möglichkeit
von Irrtümern beim Arbeiten ein, z. B. wenn eine Lösung von unrichtiger Stärke benutzt
wird o. dgl.; diese Fehler könnten vermieden werden, wenn man ein Gas verwenden
könnte, das mittels ähnlicher Vorrichtungen wie das Chlor zugeführt werden könnte.
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Der Zweck der vorliegenden Erfindung ist, die Entfernung des Chlors
mittels eines Gases zu ermöglichen, so daß der Zufluß genau beobachtet und die Menge
des verwendeten gasförmigen Mittels auf gleicher Höhe und in Übereinstimmung mit
der Menge des unschädlich- zu machenden freien Chlors gehalten werden kann. Ein
weiterer Vorzug der Verwendung eines Gases zum Entchloren ist der, daß man sowohl
das chlorende wie das entchlorende Gas durch das Wasser fließen lassen kann, da
das Wasser selbst ununterbrochen strömt. Der Zweck kann erreicht werden durch Anwendung
von Schwefeldioxyd, das in Flaschen verdichtet sein, und dessen Abfluß genau überwacht
werden kann. Das Gas kann in das chlorhaltige Wasser, Abwasser o. dgl. durch einen
Verteiler eingeleitet werden, der z. B. aus Platten von porösem Carborundum besteht,
die das Gas nur in sehr feiner Verteilung austreten lassen, so daß es gleichmäßig
im Wasser verteilt wird.
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Nach dieser Behandlung kann das Wasser, das nun keimfrei ist und kein
freies Chlor mehr enthält, weiter verbessert werden, insbesondere für Trinkzwecke;
indem man es wieder auf seinen gewöhnlichen Sauerstoffgehalt bringt. Es ist ein
weiterer Zweck der vorliegenden Erfindung, dies zu bewirken,
während
das Wasser ununterbrochen durch die Vorrichtung strömt, und zwar kann dies dadurch
erreicht werden, daß man das Wasser nach der Entchlorung sogleich durch eine Vorrichtung
bekannter Bauart zum Behandeln von Wasser mit Manganpermutit schickt. Dieser Stoff,
Manganpermutit, erfordert, wenn er zum Sättigen von Wasser mit Sauerstoff benutzt
wird, in der Regel die Zugabe eines Salzes geringeren Oxydationsgrades,' um ihn
aktiv zu machen. Es hat sich nun herausgestellt, daß die nach dem Entchloren in
dem Wasser schon vorhandene schweflige Säure ausreichend ist, um den Manganpermutit
aktiv zu machen, so daß kein weiterer Zusatz erforderlich ist, und das Wasser nach
dem Entchloren unmittelbar in die Vorrichtung fließen kann, die den Permutit enthält.
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Um die stattfindenden Reaktionen zu erklären, wird es genügen zu erwähnen,
daß das freie, im Wasser gelöst bleibende Chlor eine starke Verwandtschaft zum Wasserstoff
hat, und bestrebt ist, mit diesem Salzsäure zu bilden, während die schweflige Säure
eine starke Verwäntdschaft zum Sauerstoff hat, mit dem sie Schwefelsäure zu bilden
sucht. Der erforderliche Wasserstoff und Sauerstoff wird daher unter Bildung von
Salzsäure und Schwefelsäure aus dem Wasser genommen, sobald die schweflige Säure
mit der wässerigen Chlorlösung in Berührung kommt. Die entstehenden Säuren werden
sofort durch Zusammenwirken mit Kalziumkarbonat, Magnesiumkärbonate u. dgl. abgestumpft,
die immer in den behandelten Wässern zugegen sind, und nach der Behandlung ist keine
nennenswerte Säuremenge mehr im Wasser vorhanden. - Das Schwefeldioxydgas ist indessen
bestrebt, allen feien Sauerstoff, den das Wasser absorbiert enthält, aufzunehmen,
um damit Schwefelsäure zu bilden, und es ist wähl bekannt, daß ganz sauerstofffretesTrinkwasser
zu fade schmeckt. Aus diesem Grunde ist manchmal eine. weitere Behandlung wünschenswert,
um den Sauerstoff wieder zuzuführen, wenn nämlich das Wasser nach der Behandlung
mit Chlor und im Anschluß daran mit Schwefeldioxyd (wie oben beschrieben) für Trinkzwecke
benutzt werden soll.
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In der beiliegenden Zeichnung ist schematisch eine Anlage zum Behandeln
von Wässer, Abwässern u. dgl. nach der vorliegenden Erfindung dargestellt.
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Bei der Ausführung der Erfindung kann die Chlörung des Wassers nach
irgendeinem 'bekannten Verfahren bewirkt werden, nach welchem Chlorgas in das Wasser
gebracht wird. Das Chlor kann z. B. in einer Flasche a enthalten sein, aus der es
durch eine Rohrleitung b in einen Verteiler c strömt, der z. B. aus Platten von
porösem Carborundum bestehen kann. Der Verteiler ist in einem Rohr d angebracht,
durch welches das zu bellandelnde Wasser strömt. In der Rohrleitung b ist ein Druckmesser
e angebracht, der den Druck des aus Flasche a entweichen-Clen Chlorgases anzeigt,
und ein Druckminderungsventil f, das sich den Arbeitsbedingungen entsprechend einstellen
läßt und an der Austrittsöffnung mit einem Druckmesser g verbunden ist, an dem der
Druck, auf den es eingestellt ist,. abgelesen werden kann. In der Leitung ist noch
ein Absperrventil h und ein Rückschlagventil j angebracht. Die darauf folgende Behandlung
des Wassers zur Entfernung des freien Chlors mittels eines Gases von geringerer
Oxydationsstufe, wie Schwefeldioxyd, kann in einer ähnlichen Vorrichtung bewirkt
werden. - Das Gas, das als Flüssigkeit in einer Flasche lz vorhanden ist, wird aus
dieser nach Bedarf entnommen. Die Zuflußmenge kann mittels des Druckminderungsventils
1; Absperrventils nz, Rückschlagventils iz und Druckmessers o genau gemessen und
geregelt werden. Das Gas kann in das zu behandelnde Wässer durch einen Verteiler
P, wie oben angegeben, eingeleitet werden, während die Durchflußmenge des Wassers
auch bekannt und genau bestimmt ist. Um die erforderliche Menge des das Chlor beseitigenden
Gases zu bestimmen, kann man Proben des gechlorten Wassers nehmen und so lange von
dem das Chlor beseitigenden Gase zusetzen, bis durch die bekannte Stärkeprobe kein
freies Chlor mehr nachzuweisen ist. Man kann einen Überschuß des Gases über den
so ermittelten Betrag anwenden, um sicher zu sein, daß auf keinen Fall freies Chlor
mehr vorhanden ist und um, wenn es gewünscht wird, die Wiederzuführung von Sauerstoff
-durch den Permutit möglich zu machen. Die Strömungsgeschwindigkeit des Schwefeldioxydgases,
wenn sie einmal eingestellt ist, wird praktisch auf gleicherPIöhe bleiben, bis dieZufuhr
von derFlasche h erschöpft ist, worauf schnell eine andere angeschlossen wird, um
die weitere Zufuhr zu übernehmen.
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Die Vorrichtung q zum Zuführen von Sauerstoff zurr Wasser kann von
irgendeiner bekannten Art sein, wie man sie zum Behandeln von Wasser mit Permutit
benutzt. Es kann Manganpermutit gebraucht werden, der, wenn notwendig, in bekannter
Weise reit Kaliumpermanganat wiederbelebt wird. Das Rohr d, in welchem das Wasser
bereits mit Chlor und schwefliger Säure behandelt ist, mündet in. das obere Ende
des Manganpermutitfilters q, das eine Schicht Sand r, eine Schicht Manganpermutt
s und eine weitere Schicht Sand t enthält. Das behandelte Wasser tritt aus dein
tüiteren Ende des Filters q
aus dem Rohr u aus, aus dem es zum Gebrauch
entnommen oder in Behälter o. dgl. zum späteren Gebrauch gesammelt werden kann.
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Es ist von Wichtigkeit, daß das Sauerstoff zuführende Mittel zur Wirkung
kommt in Gegenwart einer gewissen Menge der zum Entchloren benutzten schwefligen
Säure. Manganpermutit,wenn er zur unmittelbaren Behandlung von Wasser benutzt wird,
erfordert den Zusatz eines Ferrosalzes oder eines anderen Salzes von einer niedrigeren
Oxydationsstufe, um ihn aktiv zu machen. Es ist ein Vorteil des vorliegenden Verfahrens,
daß schweflige Säure nicht allein die Wirksamkeit des Manganpermutits nicht hindert,
sondern ihn ebenfalls aktiv macht, so daß die Anwendung eines Ferrosalzes o. dgl.
nicht wesentlich ist.
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Die Wirkung des Permutits ist wahrscheinlich so zu erkläre, daß Mangansäureanhydrid
Mn, 07 teilweise mit schwefliger Säure reagiert und diese zu Schwefelsäure oxydiert,
die mit weiterem Übermangansäureanhydrid unter Freiwerden von Sauerstoff Mangano-Sulfat
und Wasser bildet. Der Sauerstoff wird vom Wasser sofort aufgenommen, jedenfalls
ist das Wasser zum Schluß mit Sauerstoff gesättigt. Wasser durch Oxydation mit Manganverbindungen
keimfrei zu machen, ist bekannt; hier handelt es sich darum, ein bereits k e i.
m f r e i e s Wasser wieder sauerstofflialtig zu machen. .
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Wie man sieht, kann man nach dem geschilderten Verfahren Wasser, Abwässer
u. dgl. ohne Unterbrechung auf ihrem Wege durch eine Anlage behandeln, so daß sie
in dieser nacheinander gechlort, darauf entchlort und schließlich mit Sauerstoff
versehen werden. Es ist möglich, jeden dieser Vorgänge genau zu regeln, so daß eine
Verschwendung von Stoffen vermieden wird, und im hohen Maße die Gefahr menschlicher
Irrtümer auszuschließen, mit denen man immer rechnen muß, wenn Salzlösungen bestimmter
"Stärke herzustellen und dem Wasser zuzusetzen sind. Die Gasströme können, wenn
sie einmal richtig eingestellt sind, dauernd und ohne Gefahr eines Irrtums aufrechterhalten
werden.
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Anstatt das Chlor als Gas zuzusetzen, kann man es dem Wasser in Form
einer fertigen Lösung zuführen. Die schweflige Säure wirkt dann genau in derselben
Weise, indem sie jeden Überschuß von Chlor beseitigt.