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Verwendung von 4-[3-(Chinol-4-yl)-prop-1-yl]-piperidinderi-
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vaten bei der Bekämpfung der Angst
BESCHREIBUNG Die
Erfindung betrifft die Verwendung von bestimmten 4-[3-(Chinol-4-yl)-prop-1-yl]-piperidinderivaten
bei der Bekämpfung der Angst.
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Die anxiolytische Wirkung von Benzodiazepinen in der klinischen Humantherapie
ist bereits bekannt. Von diesen Verbinaungen kann nan insbesonoere Diazopam nennen.
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Squires und Braestrup haben im Zentralnervensystem von Säugern das
Vorhandensein spezifischer Stellen aufgefunden, die eine starke Affinität für Tritiur-diazepam
(3H-Diazepam) besitzer (Nature 266 (1977) 732; Science 198 (1977) 849 und Nature
266 (1977) 678. Diese Steller repräsentieren, so scheint es, einen neuen Typus von
spezifischen Rezeptoren für die Benzodiazepine (Leslie L. Iversen, News and Views,
Nature 275 (1978) 477).
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In dieser Weise konnte gezeigt werden (Braestrup und Squires, European
Journal of Pharmacology 48 (1978), 263 - 270 und insbesondere 268 und 269), daß
hochsignifikante Beziehungen zwischen den in-vitro-Affinitäten der verschiedenen
Benzodiazepine für den Ort der Bindung des 3 H-Diazepams und ihrer Aktivität bei
pharmakologischen Untersuchungen, mit denen am menschen anxiolytische Wirkungen
festgestellt werden können, bestehen.
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Diese Korrelationen lassen sehr eindeutig darauf schlie-
Ben,
daß die in-vitro-Bindung mit den Cerebralmembranen die in-vivo-Bindung der Benzodiazepine
mit den Rezeptorenstellen widerspiegelt, die die pharmakologischen Effekte verursachen.
Es scheint festzustehen, daß der Ort der Bindung des ' H-Diazepams die physiologisch
aktiven Rezeptoren repräsentiert, die in vivo dazu in der Lage sind, das Benzodiazepin
zu fixieren.
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Die Affinität der Benzodiazepine für den Ort der Bindung des 3H-Diazepams
ist bereits Gegenstand von Messungen. Diese Messungen zielen darauf ab, diese Affinität
als Fähiqkeit eines Benzodiazepins auszudrücken, das 3H-Diazepam von seinem Bindungsort
zu verdrängen. Die Affinität wird über einen Wert K1 in ßMol ausgedrückt, der mit
Hilfe der folgenden Formel errechnet wird: Ki = IC50 (1 + C) KD ] in der K. in µMol
ausgedrückt ist, C für die Konzentration des 3 H-Diazepams steht, KD die Affinitätskonstante
(2,74 ßMol) bedeutet und IC50 die Konzentration wiedergibt, die eine Inhibierung
der Bindung des 3 H-Diazepams von 50 % verursacht.
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Neben den Benzodiazepinen haben Braestrup und Squires einige hundert
Verbindungen untersucht, die 22 pharmakologischen Klassen angehören. Sie haben keine
Verbindung gefunden, die eine benerkenswerte Affinität für den Ort der Bindung des
3 H-Diazepams besitzt, wobei ihre Ki-Werte oberhalb 0,1 mMol oder 100 ßMol liegen.
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Man konnte somit davon ausgehen, daß die Stellen der 3H-Diazepam-Rezeptoren
ausschließlich mit Benzodiazepinen reagieren.
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Es wurde nunmehr erfindungsgemäß gefunden, daß von den Benzodiazepinen
strukturell verschiedene Verbindungen eine starke Affinität für diese Bindungsorte
besitzen, indem ihre Ki-Werte unterhalb 100 Mol liegen. Diese Verbindungen entsprechen
der nachstehenden allgemeinen Formel I
in der entweder X und R jeweils Wasserstoffatome oder R eine Vinylgruppe oder eine
Athylgruppe und X ein Wasserstoffatom oder eine Methoxygruppe bedeuten, wobei die
Kohlenstoffatome des Piperidinrings, die die Gruppe R und die 3-(Chinol-4-yl)-propylgruppe
tragen,
beide in der Konfiguration Rektus (R) vorliegen.
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Die Verbindungen der allgemeinen Formel I sind bekannte chemische
Verbindungen, die beispielsweise in der FR-PS 2 354 771 beschrieben worden sind.
Es ist weiterhin aus dieser Druckschrift bekannt, daß die Verbindungen der allgemeinen
Formel I als antidepressive Mittel verwendet werden können. Diese therapeutische
Anwendungsform steht in Beziehung mit der Fähigkeit dieser Verbindungen, die Wiederaufnahme
des Serotonins durch die Membranen der Cerebralneuronen zu inhibieren.
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Die Benzodiazepine besitzen offenbar die Eigenschaft, die Wirkung
der t-Aminobuttersäure im Bereich ihrer Rezeptoren zu steigern. Andererseits fixieren
sie sich, wie es Squires und Braestrup gezeigt haben, an den Rezeptorenstellen für
3 H-Diazepam (Leslie L. Iversen, News and Views, Nature 275 (1978) 477).
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Es scheint damit so zu sein, daß die Funktionen des Zentralnervensystems,
die im Hinblick auf die Behandlung der Angst korrigiert werden müssen, sich von
denen unterscheiden, die bei der Behandlung von Depressionen angesprochen werden.
Die Orte des Zentralnervensystems, in dem sie diese Funktionen ausüben, sind ebenfalls
verschieden.
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Andere Arbeiten haben weiterhin den Unterschied zwis-i.en Angstzuständen
und Depressionserkrankungen gezeigt (T. A. Kerr, M. Roth et al., British J. Psychiat.
124 (1974) 125 - 133). Diese Unterscheidung wurde von der Food and Drug Administration
übernommen (Psychopharmacology Bulletin, Vol. 14, Nr. 2, 1978), 45; Guidelines for
the Clinical Evaluation of Antidepressant Drugs, Sept. 1977; Guidelines for the
Clinical Evaluation of Antianxiety Drugs, Sept. 1977, U. S. Department of Health).
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Es wurde nunmehr erfindungsgemäß gefunden, daß die Verbindungen der
oben angesprochenen allgemeinen Formel I eine starke Affinität für die Rezeptorenstellen
der Benzodiazepine besitzen und dazu in der Lage sind, 3H-Diazepam von seinen Bindungsstellen
zu verdrängen. Diese Fähigkeit wurde in vitro durch Messen der Inhibierung der spezifischen
Bindung von H-Diazepam im Rattengehirn nach der Methode von Möhler et al.
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(Life Science 20 (1977) 2101) nachgewiesen.
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Zu diesem Zweck entnimmt man Ratten des Stammes Charles River mit
einem Durchschnittsgewicht von 150 g Hirnrinde und homogenisiert das Gewebe mit
Hilfe einer Homogenisiervorrichtung (Braun Melsungen) in 20 Volumen einer 0,32 m
Saccharoselösung, die man zuvor in einem Eisbad gekühlt hat. Man zentrifugiert die
homogenisierte Mischung während 10 Minuten bei
+ 4 "C und 1000 g.
Dann trennt man die überstehende Flüssigkeit ab und zentrifugiert während 20 Minuten
bei 20000 g. Der Zentrifugenrückstand wird dann erneut in einem Krebs-Tris-Puffer
mit einem pH-Wert von 7,4 suspendiert, der die folgende Zusammensetzung besitzt:
118 nuMol NaCl, 4,8 mMol KCl, 1,2mMol CaCl2, 1,2 mMol MgCl2, 15 mMol Tris, HCl ad
pH-7,4.
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Man verwendet diese Suspension zur Bestimmung der spezifischen Bindung
des Tritium-diazepams. Dann bestimmt man die Proteine nach der Methode von Lowr
et al.
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(J. Biol. Chem. 193 (1951) 265). Die Messung der Bindung des Tritium-diazepams
bewirkt man durch Inkubieren alliqoter Anteile der Suspension (Volumina die 1 oder
2 mg Proteinen entsprechen) mit Tritium-diazepam in Abwesenheit oder in Anwesenheit
von erhöhten Konzentrationen nichtmarkierten Diazepams. Man inkubiert während 15
Minuten bei + 4 OC in 2 ml des Krebs-Tris-Puffers mit einem pH-Wert von 7,4, der
1,5 nMol Tritium-diazepam (1-Methyi-3H-diazepam mit einer spezifischen Aktivität
von 79,87 Ci/mMol der Firma New England Nuclear) enthält, in Abwesenheit oder in
Gegenwart von nichtmarkiertem Diazepam (10 ßMol). Man beendet die Reaktion durch
Vakuumfiltration mit Hilfe eines Glasfaserfilters (h'hatman GF/C). Man wäscht die
Filter zweimal mit jeweils 5 ml des Krebs-Tris-Puffers mit einem pH-Wert von 7,4
und löst das Material dann in 10 ml InstangelX (Packard). Bei jedem Versuch
führt
man eine Blindprobe durch, um festzustellen, ob keine Adsorption der Radioaktivität
an dem Filter bewirkt wird. Da Tritium-diazepam, das in Gegenwart von 10 ßMol nichtmarkiertem
Diazepam gebunden wird, repräsentiert die nichtspezifische Bindung. Diese Menge
wird von dem Tritium-diazepam substrahiert, das in Abwesenheit von nichtmarkiertem
Diazepam gebunden wird und das die vollständige Bindung repräsentiert. Die Differenz
entspricht der Menge des spezifisch gebundenen Tritium-diazepams. Bei den beschriebenen
experimentellen Bedingungen (1,5 nMol Tritium-diazepam) repräsentiert die nichtspezifische
Bindung lediglich 2 bis 5 % der gesamten Bindung.
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In der folgenden Tabelle I sind die erhaltenen Ergebnisse zusammengestellt:
Tabelle
I Inhibierung der Bindung von 1H-Diazepam an die Mrembranen des Rattengehirns Produkte
K1 (µMol) 1 4 (R)-[3-(6-Methoxy-chinol-4-yl)-prop-1-yl]-3- (R)-vinyl]-piperidin
5,5 2 4 (R)-[3-(Chinol-4-yl)-prop-1-yl]-3 (R)-vinyl-piperidin 2,5 3 4 (R)-[3-(6-Methoxy-chinol-4-yl)-prop-1-yl]-3
(R)-äthyl-piperidin 4,5 4 4-(R)-[3-(Chinol-4-yl)-prop-1-yl]-piperidin 3,5 5 4-(R)-[3-(Chinol-4-yl)-prop-1-yl]-3
(R)-äthyl-piperidin 8
Die Wirksamkeit der Verbindungen der allgemeinen
Formel I bei dem Möhler-Test steht nicht in Korrelation mit einer Wirkung bei einem
Verhaltenstest, wie dem Elektrokampftest bei Mäusen, bei denen die Benzodiazepine
aktiv sind (siehe R. E. Tedeschi et al., J. Pharmacol. 125 (1959) 28). Dieser Unterschied
verleiht den erfindungsgemäßen Verbindungen ein völlig neues Wirkungsspektrum, nämlich
eine anxiolytische Wirkung ohne sedative Effekte.
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Toxikologische Eigenschaften Die akuten Toxizitäten und symptomatologischen
Wirkungen der Verbindungen der allgemeinen Formel I wurden an männlichen Mäusen
des Stammes CD1 (Charles River) bei intravenöser und oraler Verabreichung untersucht.
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Die DL50-Werte wurden nach einer Beobachtungszeit von 3 Tagen nach
der kumulativen Methode von J. J. Reed und H. Muench (Amer. J. Hyg. 27 (1938) 493)
berechnet.
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Die symptomatologischen Wirkungen, die bei toxischen und subtoxischen
Dosierungen beobachtet werden, sind bei den Verbindungen und den beiden angewandten
Verabreichungswegen analog. Sie umfassen im wesentlichen eine Katatonie des Schwanzes,
Zittern, eine Atmungsdepression und klonische Krämpfe.
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Die DL50-Werte sind in der nachstehenden Tabelle II zusammengestellt:
Tabelle
II
Verbindung Akute Toxizität (Maus) |
DL50 (mg/kg) |
i. v. p. o. |
1 1 30 600 |
2 30 525 |
3 21 600 |
4 42 600 |
5 22 600 |
Die Verbindungen zeigen sich bei den Mäusen als relativ wenig toxisch.
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Therapeutische Anwendungen Die Verbindungen der allgemeinen Formel
I und ihre pharmazeutisch annehmbaren Salze wurden in der Humantherapie zur Behandlung
von Angstzuständen verwendet, die zu einer Spannung, einer Erregung oder emotionalen
Wirkungen (Angstvorstellungen, Agoraphobie und Persönlichkeitsstörungen) führen.
Im Gegensatz zu den Benzodiazepinen, die als anxiolytische und sedative Mittel bekannt
sind, besitzen die Verbindungen der allgemeinen For-
mel I und
ihre pharmazeitisch annehmbaren Salze keine sedativen Wirkungen. Sie wirken als
psychische Stimulanzien.
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Die Verbindungen kannen auf oralem Quer parenteralem Wege verabreicht
werden. Die tägliche Dosierung erstreckt sich von 5 mg bis 250 mg aes Wirkstoffs,
der entweder in einer Dosis oder in getrennten Dosierungen verabreicht wird, die
sich von 1 bis 50 mg erstrecken.
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Zum Zwecke ihrer therapeutischen Verwendung können die Verbindungen
der allgemeinen Formel I und ihre pharmazeutisch annehmbaren Salze in Kombination
mit einem pharmazeutisch annehmbaren Trägermaterial, Bindemittel und/oder Hilfsstoff
in Form von Tabletten oder umhüllten Tabletten, Gelkügelchen und injizierbaren Lösungen
zur parenteralen Verabreichung vorliegen.