-
Thermoplaste für optische Systeme
-
Die vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung von Homo- bzw. Copolymerisaten
von Cyclohexylmethacrylat als optisches Material zur Herstellung von optischen Systemen.
-
Man hat bereits optische Systeme, z.B. Linsen für photographische
Kameras aus durchsichtigen Kunststoffen hergestellt. Praktische Bedeutung haben
nur thermoplastische Kunststoffe, weil sie sich rationell und erheblich besser als
Glas verarbeiten lassen. Eine außergewöhnliche Stellung hat Polymethylmethacrylat,
weil es als einziger Thermoplast an Stelle von niedrigbrechenden Silikatgläsern
technisch eingesetzt wird. Ebenfalls gebräuchlich sind Polystyrol, Styrol-Acrylnitril-Copolymerisate
und Bisphenol-A-Polycarbonat (Plaste und Kautschuk 19, s, 41-44 (1972)).
-
Insbesondere Polymethylmethacrylat hat als Material für optische Systeme
entscheidende Nachteile, z.B. eine große Wasseraufnahmefähigkeit. Unter wechselnden
Klimabedingungen ändern sich durch die reversible Wasseraufnahme nicht nur die optischen
Werte, sondern vor allem die geometrische Gestalt eines Linsenkörpers, so daß sich
die Abbildungseigenschaften des Systems entscheidend verändern.
-
Es besteht daher von Seiten der physikalischen Materialeigenschaften
her ein Bedarf an weiteren und besseren für optische Systeme geeigneten Kunststoffen.
-
Bei der Berechnung optischer Systeme, z.B. Linsensysteme für Kameras
kann man nicht bestimmte Abbildungseigenschaften vorgeben und daraus Brechnungsindizes,
optische Dispersionen und Geometriedaten des Systems errechnen, sondern man muß
umgekehrt vorgehen. Man gibt Brechungsindizes, optische Dispersionen und Geometriedaten
vor, und errechnet daraus die Abbildungseigenschaften. Man ist also darauf angewiesen,
viele Rechnungen durchzuführen und dabei systematisch zu variieren, um zu einem
für den vorgegebenen Zweck brauchbaren System zu kommen.
-
Hier unterliegt man nun einschneidenden Beschränkungen, weil günstige
errechnete Systeme nur dann realisierbar sind, wenn die optischen Materialien mit
den erforderlichen Brechungsindizes und optischen Dispersionen auch zur Verfügung
stehen.
-
Es besteht somit ein Bedarf an thermoplastischen optischen Stoffen
mit anderen Brechungsindizes und optischen Dispersionen als bisher bekannt.
-
Die vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung von Homo- und Copolymerisaten
von Cyclohexylmethacrylat als optisches Material zur Herstellung von optischen Systemen,
vorzugsweise Linsen in Aufnahme- und Projektionsobjektiven sowie Suchern.
-
Als Comonomere zur Herstellung der erfindungsgemäß verwendbaren Copolymerisate
eignen sich olefinisch ungesättigte, mit Cyclohexylmethacrylat copolymerisierbare
Verbindungen, die einen aromatischen carbo- oder aromatischen heterocyclischen Rest
aufweisen.
-
Die Copolymerisierbarkeit eines gegebenen Monomeren läßt sich bei
Kenntnis seines Q/e-Verhältnisses (Verhältnis von Resonanztherm zu Polarisationstherm)
abschätzen; zur Copolymerisation mit Cyclohexylmethacrylat sind solche Monomere
geeignet, die bei einem Q-Wert von 2-0,1 einen e-Wert von + 2 - -1,2 aufweisen.
Entsprechende Zahlenangaben sind für fast alle bekannten Monomeren tabelliert worden
(J. Brandrup, E.H. Immergut, Polymer Handbook, II 357; Interscience, New York 1966).
-
Als geeignete Comonomere seien beispielhaft genannt: Styrol und seine
Derivate wie d-Methyl-, g-Cyan-, -Trifluormethyl-, &-Fluor-, ß-Fluor-, ß,ß-Difluor-,
i,ß-Difluor-,
,ß,ß-Trifluor-,.i-Chlor-, ß-Chlor-, 4,ß-Dichlor-, ß,ß-Dichlor-, 4,ß,ß-Trichlor-,
o-Chlor-, p-Chlor-, p-Fluor-, p-Brom-, m-Brom-, p-Jod-, 2,3-Dichlor-, 2,4-Dichlor-,
2,5-Dichlor-, 2,6-Dichlor-, 3,4-Dichlor-, 3,5-Dichlor-, 2,3-Difluor-, 2,4-Difluor-,
Pentachlor-, m-Methyl-, 2,5-Dimethyl-, p-tert.-Butyl-, p-Methoxy-, p-Cyan-, m-Nitro-,
p-Nitro- und p-Dimethylamino-styrol; aromatische Reste enthaltende Derivate der
Acryl- und Methacrylsäure wie Phenylacrylat, Phenylmethacrylat, p-Phenyl-phenylacrylat,
p-Phenyl-phenylmethacrylat, t)t- und ß-Naphthylacrylat, - und ß-Naphthylmethacrylat,
Benzylacrylat, Benzylmethacrylat und N-Phenylmethacrylamid sowie die im aromatischen
Kern durch ein oder mehrere Halogenatome, vorzugsweise Cl- und Br-Atome substituierten,
genannten Ester der Acryl- und Methacrylsäure; 1-Vinylnaphthalin, 2-Vinylnaphthalin;
2-Vinylphenanthren, 9-Vinylphenantren; 2-Vinylpyridin, 3-Vinylpyridin, 4-Vinylpyridin,
2-Vinylpyridin-N-oxyd, 4-Vinylpyrimidin, 2-Vinylthiophen, Triallylisocyanurat; N-Vinylcarbazol;
Vinylbenzoat, Dibenzylmaleat, N-Phenylmaleinimid, Zimtsäurenitril; Phenylvinylsulfid,
Phenylvinylsulfon, Diäthoxy-phenyl-vinylsilan und 2-Phenylallylalkohol.
-
Bevorzugte Comonomere sind Styrol, Phenylmethacrylat sowie die halogensubstituierten
Styrole und Acryl-oder Methacrylsäureester.
-
Für den angegebenen Verwendungszweck ist es vorteilhaft, wenn das
Copolymerisat 1-80 Gew.-% des aromatischen Comonomeren enthält; besonders geeignet
sind Copolymerisate, die 10-70 Gew.-% des aromatischen Comonomeren enthalten.
-
Die Intrisicviskosität der Homo- und Copolymerisate soll vorzugsweise
0,3 bis 2,5 dl/g, gemessen in Tetrahydrofuran bei 250C, betragen, wobei der Bereich
von 0,4 bis 1,0 dl/g besonders bevorzugt ist.
-
Polycyclohexylmethacrylat sowie Copolymerisate von Cyclohexylmethacrylat
erfüllen die Anforderungen, die an ein Material zur Herstellung von optischen Systemen
gestellt werden, in hohem Maße. So sind sie thermoplastisch verarbeitbar, klar durchsichtig
und zeigen geringe Wasseraufnahme. Darüberhinaus besitzen sie Wärmeformbeständigkeit
bis mindestens 800C, keine Eigenfarbe, geringen Formschrumpf, einen niedrigen Ausdehnungskoeffizienten
sowie geringes spezifisches Gewicht.
-
Besonders hervorzuheben ist die geringe Wasseraufnahmefähigkeit des
Materials, die dazu führt, daß Linsensysteme auf Basis von Cyclohexylmethacrylathomo-
bzw.
-
copolymerisaten, insbesondere unter feuchten klimatischen
Verhältnissen,
eine stabilere Abbildungsqualität als z.B.
-
Linsensysteme auf Basis von Polymethylmethacrylat aufweisen. Die verhältnismäßig
hohe Wasseraufnahme von Polymethylmethacrylat wirkt sich besonders bei abbildenden
Systemen mit geringer Brennweite und/oder hohem relativem Öffnungsverhältnis nachteilig
aus. Die unter wechselnden Feuchtigkeitseinflüssen erfolgende Wasseraufnahme oder
-abgabe bewirkt nicht nur eine Änderung der optischen Werte, sondern auch der Geometrie
der Linsen. Dies führt zu Schwankungen der Brennweite eines Objektivs.
-
Ein Vergleich zeigt, daß Polymethylmethacrylat bei der Lagerung in
einer gesättigten Wasserdampfatmosphäre 2,15 % seines Gewichtes an Wasser aufnimmt.
Unter analogen Versuchsbedingungen nimmt Polycyclohexylmethacrylat nur 0,4 % seines
ursprünglichen Gewichtes an Wasser auf.
-
Ein weiterer wesentlicher Vorteil der Cyclohexylmethacrylatcopolymerisate
besteht darin, daß man Brechungsindex und optische Dispersion in weiten Grenzen
auf einfache Weise durch Art und Menge der einpolymerisierten Comonomeren kontinuierlich
variieren kann. Dadurch werden der Berechnung und Realisierung von optischen Systemen
neue Möglichkeiten eröffnet.
-
Die Brechzahlen (nD) und Abbe'Zahlen (vD) der bislang be-D kannten
Kunststoffe liegen im Bereich von nD = 1,4 bis 1,7 und vD = 20 bis etwa 90, wobei
dieser Bereich nur
sporadisch belegt ist. Im allgemeinen haben die
aus aliphatischen oder alicyclischen Polymerisaten hergestellten Linsen hohe Abbe-Zahlen
und niedrige Brechungsindizes, während Polymere, die aromatische Kerne enthalten,
hohe Brechungsindizes und niedrige Abbe-Zahlen aufweisen.
-
Durch die neue Verwendung der Cyclohexylmethacrylathomo-und -copolymerisate
wird es möglich, den bisher nicht für optische Systeme genutzten Zwischenbereich
von nD 1,50 bis 1,58 und vD = 61 bis 32 zu erschließen. Dadurch ergeben sich für
die Berechnung und Realisierung abbildender Systeme die folgenden Erweiterungsmöglichkeiten:
1. Bessere Korrekturmöglichkeit der Abbildungsfehler bei gleichzeitiger Anwendung
größerer Radien für die Linsenflächen, wodurch sich die Herstellbarkeit der Kunststofflinsen
verbessert.
-
2. Erhöhung des relativen öffnungsverhältnisses bei Beibehaltung des
vorgegebenen Zerstreuungskreises.
-
3. Verbesserung des Auflösungsvermögens durch Verringerung des Zerstreuungskreises
bei Beibehaltung des vorgegebenen relativen Öffnungsverhältnisses.
-
4. Verringerung des Temperaturgradienten der Brennweite sowohl bei
ausschließlich mit Kunststofflinsen als auch bei kombiniert mit Glas- und Kunststofflinsen
bestückten Objektiven.
-
5. Verbilligung bei Vergrößerung des relativen öffnungsverhältnisses
über 1:8 hinaus, da statt der bisher noch erforderlichen Kombination von Glas- und
Kunststofflinsen ausschließlich Kunststofflinsen eingesetzt werden können.
-
Homo- und Copolymerisate von Cyclohexylmethacrylat sind bekannt. Die
Polymerisate können nach den üblichen Techniken durch radikalische oder anionische
Polymerisation hergestellt werden (Houben-Weyl, Methoden der Organischen Chemie,
4. Auflage, Band 14/1, Seiten 1039 bis 1078).
-
Aus den Polymerisaten lassen sich die optischen Körper in üblicher
Weise herstellen. Im Frage kommt z.B. die spanabhebende Verarbeitung aus Blockpolymerisaten,
die zu Rundlingen, Platten oder Stäben vorgeformt wurden.
-
Des weiteren lassen sie sich durch Pressen von Polymerpulvern bei
Temperaturen von 1000C bis 2000C und Drücken von 10 atm bis 100 atm, vorzugsweise
jedoch durch übliche Spritzgußtechniken, fertigen.
-
Für den Spritzguß empfehlen sich folgende Arbeitsbedingungen, die
je nach Größe der zu fertigenden optischen Körper variiert werden: Massentemperatur:
200-250°C Spritzzeit: 60-180 sec Kühlzeit: 50-300 sec Spritzdruck: 400-1200 bar
Werkzeugtemperatur: 70-900C
I)'n Polymerisaten können die üblichen
Verarbeitunqshilfsmittel wic Stabilisatoren, Cleit- und Trennmittel, UV-Absorber
usw., vorzuqsweisc in Mengen von 0,01-2 Gew.- e zugesetzt werden.
-
Die optischen Körper können nach der Formgebung nach bekannten Methoden
nachbearbeitet wie zentriert oder vergütet werden. Vergütungen erfolgen beispielsweise
durch Vakuumbedampfung zum Zwecke der Entspiegelung.
-
Dic bevorzugte erfindungsgemäße Verwendung der Homo- und Copolymerisate
von Cyclohexylmethacrylat besteht in der herstellung von Linsen oder Linsensystemen
für Photo-und Filmkameras.
-
Herstellung der Polymerisate Beispiel 1 In einen 3 l-Kolben, der mit
Blattrührer und Rückflußkühler ausgestattet ist, werden unter Stickstoff 1000 ml
entionisiertes Wasser und 10 ml einer 10 %igen wäßrigen Lösung eines teilneutralisierten
Methylmethacrylat-Methacrylsäurecopolymerisates vorgelegt. Der Kolbeninhalt wird
auf 600C erwärmt; bei dieser Temperatur pumpt man innerhalb von 90 Minuten eine
Mischung aus 300 g Cyclohexylmethacrylat, 0,75 g tert.-Dodecylmercaptan, 1,5 g Azodiisobuttersäuredinitril
und 0,5 g tert.-Butylperoctoat zu. Anschließend wird noch 5 Stunden bei 600C und
danach 8 Stunden bei 900C gerührt.
-
Zur Aufarbeitung wird das angefallene Perlpolymerisat abfiltriert,
mit verdünnter Ammoniakiösung gewaschen und getrocknet. Das Polymerisat kann direkt
zu Platten verpreßt oder extrudiert werden.
-
Intrinsicviskosität: 0,6 dl/g, gemessen in THF bei 25°C Wärmeformbeständigkeit
nach DIN 53460 (Vicat B): 86 0C Schlagzähigkeit nach DIN 53453: 0,8 kJ/m2 Kerbschlagzähigkeit
nach DIN 53453: 0,61kJ/m2 Biegefestigkeit nach DIN 53452: 22 MPa Durchbiegung nach
DIN 53452: 0,6 mm
Die Mcssung von Brechungsindex und Abbe-Zahl
erfolgte mit einem b-Refraktometer bei 200C. Die Skala dieses Gerätes ist für Licht
der Wellenlänge ß = 589,3 mm (Na-D-Linie) 20 geeicht, so daß die Brechzahl n20 angegeben
wird: 20 Brechungsindex nD = 1,506 + 0,001 Abbc-Zahl vD = 62 + 1 Beispiele 2-4 In
einem 3 l-Kolben, der mit Blattrührer und Rückflußkühler ausgestattet ist, werden
unter Stickstoff 1000 ml entionisiertes Wasser und 10 ml einer 10 %igen wäßrigen
Lösung eines teilneutralisierten Methylmethacrylat-Methacrylsäurepolymerisates vorgelegt.
Der Kolbeninhalt wird auf 60°# erwärmt; bei dieser Temperatur pumpt man innerhalb
von 90 Minuten eine Mischung, welche die in Tabelle 1 angegebene Zusammensetzung
hat, zu.
-
Anschließend wird noch 5 Stunden bei 600C und danach 8 Stunden bei
900C gerührt.
-
Zur Aufarbeitung wird das angefallene Perlpolymerisat abfiltriert,
mit verdünnter Ammoniaklösung gewaschen und getrocknet.
-
Das Polymerisat kann direkt zu Platten verpreßt oder extrudiert werden.
-
Tabelle 1 Beispiel 2 3 4 Cyclohexylmethacrylat «g7 210 162 150 Styrol
Bq7 90 138 Phenylmethacrylat £g7 - - 150 tert.-Dodecylmercaptan ßq7 0,75 0,5 0,75
Azodiisobuttersäuredinitril [g] 1,5 1,0 1,2 tert.-Butylperoctoat [g] 0,5 0,6 0,5
Intrinsicviskosität [dl/g], gemessen in THF bei 25°C 0,8 0,7 0,8 Brechungsindex
nD20 1,5336 1,5463 1,5382 Abbé-Zahl vD 46,8 39 46,8 Beispiel 5 Ein auf ähnliche
Weise wie Beispiele 2-4 hergestelltes Copolymerisat aus 30 Gewichtsteilen Cyclohexylmethacrylat
und 70 Gewichtsteilen Styrol hat folgende optische Werte: 20 Brechungsindex nD =
1,5662 Abbe-Zahl vD = 38,3
Vergleichsversuch Es wird die Wasseraufnahme
von Polycyclohexylmethacrylat, eines Copolymerisats aus Cyclohexylmethacrylat mit
30 % Styrol und Polymethylmethacrylat bei der Lagerung bei 54 eigen, 84 %iger-und
100 %iger Luftfeuchtigkeit bestimmt.
-
Die Proben wurden im Vakuum bei 5 x 10 5 Torr bis zur Gewichtskonstanz
getrocknet und anschließend in Gefäße überführt, in denen eine relative Luftfeuchte
von 54 %, 84 % bzw. 100 % herrschte und dort bis zur Gewichtskonstanz belassen.
-
Gewichtszunahme in % bei Probe 54 % 84 % 100 % relativer Luftfeuchte
Polycyclohexylmethacrylat 0,3 0,3 0,4 Copolymerisat aus 70 % Cyclohexylmethacrylat
+ 30% Styrol 0,3 0,3 Polymethylmethacrylat 1,8 1,8 2,15