DE2107479B2 - Verfahren zur dekontaminierung der oberflaechen von kernreaktorbauteilen - Google Patents
Verfahren zur dekontaminierung der oberflaechen von kernreaktorbauteilenInfo
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Description
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Reinigung von während des Betriebes mit H2O bzw. D2O benetzten
Teilen von Kernkraftwerksanlagen, insbesondere zur Dekontamination von radioaktiv verseuchten Flächen.,
bei dem nach dem Prinzip der Sandstrahltechnik Strah lgut mit Hilfe eines Preßgasstrornes zur mechanischen
Abarbeitung der zu reinigenden Flächen auf dieselben geblasen wird.
Die Primärkreisläufe wassergekühlter Kernreakioren, auch solcher, die mit schwerem Wasser gekühlt
sind, setzen sich außerhalb des eigentlichen Reaktorbehälters aus Rohrleitungen, Dampferzeugern, Kondensatoren,
Pumpen und ähnlichen Einrichtungen zusammen, die normalerweise aus Stahl! gefertigt sind.
Es läßt sich dabei nicht vermeiden, daß sich auf den Innenwandungen dieser Teile im Laufe der Zeit ein
Belag absetzt, der sowohl aus den radioaktiven und inaktiven Korrosionsprodukten der Strukturmaterialien,
als auch aus radioaktiven Spaltprodukten aus detekten Brennelementen bestehen kann. Die Radioaktivität
dieser Schichten kann dabei im Laufe der Zeit so groß werden, daß im Falle notwendig werdender
Reparaturen ein Arbeiten in der Nähe derselben aus Strahlungsgründen nur ganz kurzfristig oder überhaupt
nicht möglich ist, so daß normalerweise eine längere Betriebspause des Kernreaktors eingelegt
werden muß, bis die Radioaktivität in den zu reparierenden Bauteilen, z.B. einer Pumpe od^r einem
Dampferzeuger, so weit abgeklungen ist, daß eine Gefährdung des Personals nicht mehr gegeben ist.
Für den wirtschaftlichen Betrieb einer Kernkraftwerksanlage sind derartig lange Stillstandszeiten jedoch
völlig untragbar. Die üblichen Dekontaminierungstechniken mit Hilfe von Säure und Beizen
verbieten sich an eingebaut bleibenden Kraftwerksteilen, da die dort mögliche Verschleppung solcher
Medien in andere Anlagenteile zu weiterei, nicht abschätzbaren Schaden führen könnte. Auch die bekannte
Sandstrahltechnik, wie sie auch fur Dekontaminationszwecke an in besondere Behandlungskammcrp
einzubringende Bauteilen bekannt wurde siehe Nucleonics Band 12. 1954, Heft 5, Seite 55 ist
insbesondere wegen nicht vermeidbarer Ruckstände bei solchen Anlagenteilen unbrauchbar.
Der Erfindung l;e^t daher die Aufgabe zugrunde,
unter bewußter Abkehr von solchen bekannten Verfahren und Techniken eine Dekontaminationsmethode
zu finden, die sofort nach der Abschaltung der Kraftwerksanlage /um Einsatz kommen kann und somit
die Durchführung der notwendigen Reparaturen sowie das Anfahren der Kraftwerksanlage in kürzest
möglicher Zeit erlaubt. Dabei sollen mit absoluter Sicherheit evtl. schädliche Einwirkungen dieser Methode
auf andere Kernreaktorbauteile vermieden werden. Die Methode soll weiterhin so sicher sein,
daß auch bei irgendeiner Fehlbedienung eine Schädigung des Grundmaterials und der zu reinigenden
Oberflächen der Bauteile mit Sicherheit nicht eintritt.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch erfüllt, daß als Strahlgut Bortrioxidteilchen verwendet
werden, daß die zu reinigenden Flächen bis auf die Passivierungsschicht des Grundmaterials abgearbeitet
werden und daß die Reste des Strahlgutes durch Spülwasser gelöst sowie die abgearbeiteten Teilchen in an
sich bekannter Weise mit Hilfe dieses Spülwassers von den zu reinigenden Flächen entfcnt werden.
Es handelt sich dabei also um eine modifizierte Sandstrahltechnik, wobei an Stelle des Quarzes mit
einer Mohshärte von 7 Bortrioxid (B2O3) mit einer
Mohshärte von 5 bis 6 Verwendung findet. Dieses Material ist demnach erheblich weicher als Quarz und
üegt in seiner Härte in der Größenordnung derjenigen der zu entfernenden Beläge auf den Bauteilen, die
im wesentlichen aus zusammenhängenden Schichten magnetitartigen Charakters bestehen. Dabei ist die
erste Oxidationsschicht auf dem Grundmaterial infolge des Fehlens anderer Fremdstoffeinlagerungen
wesentlich härter als die darüberliegenden Schichten. Dieser Grundschicht kommt dabei die Aufgabe zu,
das Grundmaterial vor weiterer Korrosion zu schützen, man bezeichnet sie auch als eine Passivierungsschicht.
Eine Beschädigung dieser Schicht bei der Dekontaminierung würde daher das Grundmaterial
einem erneuten Korrosionsangriff aussetzen, was nach Möglichkeit verhindert werden muß. Da das nach dem
erfindungsgemäßen Verfahren verwendete Strahlgut Bortrioxid etwas weicher als diese Passivierungsschicht
ist, findet bei diesem Verfahren ein Angriff
desselben nicht mehr statt. Unabhängig von Behandlurgszeit und Geschwindigkeit aer Bortrioxidteilchen
bleibt also diese Passivierungsschicht erhalten, so daß diesem Behandlungsverfahren eine inhärente Sicherheit
innewohnt. Das Bortrioxid hat weiterhin den großen Vorteil, daß es gut wasserlöslich ist, so daß es
durch Spülen verhältnismäßig leicht aus den gereinigten
Bauteilen wieder herausbefördert werden kann. Sollten jedoch noch Bortrioxidteilchen auch nach dem
SpLilvorgang oder der anschließenden Reparatur noch in der Anlage verbleiben, so ist dies ohne jeden Nachteil,
da diese dann durch das Reaktorkühlmittel gelöst werden, wobei sie sich in Borsäure umwandeln. Gerade
aber in wassergekühlten Kernreaktoren wird Borsaure sowieso als im Kühlwasser gelöstes Neutronengift
zur Kompensation der Überschußreaktivität verwendet, so daß die vom Reinigungsvorgang herrührende
zusätzliche Borsäurekomponente durch das Borsaureregelsystem des Reaktors ohne Schwierig-
! ;··! weitei verarbeitet werden kann.
Der »Bortrioxidsand«, der in verschiedenen Körnungen
verwendet werden kann, ist zwar als hygroskopisch zu bezeichnen, jedoch beträgt die Haltbarkeit
bereits geöffneter Gefäße mit diesem Strahlgut diine besondere Vorkehrungen durchaus mehrere
Tage. Für die Handhabung desselben ist also kein besonderer Feuchtigkeitsschutz notwendig, so daß sich
die Durchführung des Verfahrens relativ unkompliziert gestaltet.
Von diesen Vorteilen abgesehen, hat dieses erfindungsgemäße
Verfahren gegenüber der an sich bekannten Säurebeizung den großen weiteren Vorteil,
daß es viel gezielter anwendbai ist, d.h. es können sowohl bestimmte Oberflächenteile - auch solche sehr
geringer Abmessungen von nur wenigen Quadratzentimetern - als auch die ganzen Oberflächen von
Kernreakt^rbauteilen dekontaminiert werden.
Zur weiteren Veranschaulichung dieses Verfahrens sei auf die Figur verwiesen, in der ein Ar.wendungsfall
für dieses '•chematisch dargestellt ist. Es dreht sich hier
um die Reinigung der Rohrplatte eines Dampferzeugers in einem Kernkraftwerk. Diese Reinigung ist notwendig,
ua z.B. eine oder mehrere Wärmetauscherrohre 34 undicht geworden sind. Es ist daher
notwendig, diese in der Rohrplatte 31 zu verschließen, was jedoch nur nach einer Dekontamination der
Oberfläche derselben möglich ist. Die Strahleinrichtung 2 w;rd dazu durch ein Mannloch 33 der einen
Kammer des Kessels 3 eingeführt. Die Strahldüse 31 wird dabei nach einem Koordinatenfahrsystem an der
Oberfläche der Rohrplatte 31 hin- und hergeführt und das Preßgas in bekannter Weise, z.B. durch einen
Kompressor 22, zugeführt. Das Vorratsgefäß für den Bortrioxidsand ist aus Übersichtlichkeitsgründen nicht
näher dargestellt. Die Körnung dieses Strahlmittels beträgt beispielsweise 150 μ, der Druck des Gases 6 atü.
Innerhalb einer Minute werden etwa 500 g verstrahlt und dabei eine Fläche von etwa 100 bis 200 cm2
gesäubert. Die Entfernung der Hauptmenge des verstrahlten Bortrioxids geschieht durch Absaugen und
Einfüllen in Fässer, wobei entsprechende Filter für den Schutz der Umgebung vorgesehen sind. Nach
Durchführung der Dekontaminierung wird Wasser über die zu behandelnde Fläche gespült und somit Reste
von Bortrioxid ar derselben weggelöst. Es wird dabei vorteilhaft sein, während des Strahlvorganges
die direkte Umgebung des zu behandelnden Wärmetauschers vordem Bortrioxidstaub und den dann auch
darin enthaltenen radioaktiven Verunreinigungen zu schützen. Dies kann durch eine Abschirmung 4, z. B.
aus Plastikfolie, geschehen, wobei selbstverständlich dann die in den Dampferzeuger eingeführte Preßluft
über eine Absaugeöffnung 24 wieder entfernt werden muß. Sie wird über ein Filter 25, das die mitgeführten
Bortrioxidteilchen zurückhält, wieder ins Freie entlassen. Es kann weiterhin vorteilhaft sein, innerhalb
dieses Arbeitsraumes mit Hilfe von Vemebelungsdüsen 41 eine kräftige Anfeuchtung der Raumluft
durchzuführen und damit die Bortrioxidstaubteilchen sowie auch Teilchen der abgetragenen Beläge niederzuschlagen
und sie in ein Gefäß 42 zu sammeln.
Wenn eine derartige Dekontamination von Hand durchgeführt werden kann, das Bedienungspersonal sich also im Bereich des Bortrioxidstaubes befindet, ist v- zweckmäßig, eine Atemschutzmaske zu tragen sowie eine entsprechende Schutzbrille für die Augen, damit keine Borsäureschadigung derselben eintreten kann. Dies sind aber Geratschalten, die auch beim normalen Sandstrahlen Verwendung finden müssen. Furdie Strahleinrichtung genügt normalerweise die Ve-wendung einer Düse, wie sie aus der Sandstrahltechnik her bekannt ist. Wenn jedoch in gezielter Weise besonders kleine Flächen dekontaminiert werden müssen bzw. ungünstig gelagerte Oberflachenformen erreicht werden sollen, is; es zweckmäßig, das Strahlgut mit möglichst geringer Streuung, also in einem möglichst parallelen Strahl auf die betreffende Oberfläche aufzuschleudern. Dies läßt sich durch eine lavaldüsenähniiche Gestaltung der Strahldüse erreichen sowie durch eine entsprechend angepaßte Korngröße des Strahlgutes. Durch eine derartige Düsenform läßt sich auch die Geschwindigkeit des Strahlgutes erhöhen, was einer Vergrößerung der Effektivität derselben gleichkommt - ohne jedoch die Passivierungsschicht des Grundmaterials anzugreifen. In dem hier dargestellten Beispiel wird selbstverständlich nach der Dekontaminierung der einen Kammer die durch die Trennwand 32 abgetrennte andere Kammer über das zweite Mannloch 33 behandelt. Nach Durchführung der erwähnten Spülvorgänge können die Kammern betreten werden und die Abdichtungsarbeiten an den defekten Rohren 34 erfolgen. Nach einer abschließenden Druckprüfung des so reparierten Dampferzeugers kann derselbe wieder an den Reaktorkreislauf angeschlossen werden, so daß die Zeiten für die Reparaturarbeiten praktisch den Stillstandszeiten des Kraftwerkes gleichgesetzt wer-
Wenn eine derartige Dekontamination von Hand durchgeführt werden kann, das Bedienungspersonal sich also im Bereich des Bortrioxidstaubes befindet, ist v- zweckmäßig, eine Atemschutzmaske zu tragen sowie eine entsprechende Schutzbrille für die Augen, damit keine Borsäureschadigung derselben eintreten kann. Dies sind aber Geratschalten, die auch beim normalen Sandstrahlen Verwendung finden müssen. Furdie Strahleinrichtung genügt normalerweise die Ve-wendung einer Düse, wie sie aus der Sandstrahltechnik her bekannt ist. Wenn jedoch in gezielter Weise besonders kleine Flächen dekontaminiert werden müssen bzw. ungünstig gelagerte Oberflachenformen erreicht werden sollen, is; es zweckmäßig, das Strahlgut mit möglichst geringer Streuung, also in einem möglichst parallelen Strahl auf die betreffende Oberfläche aufzuschleudern. Dies läßt sich durch eine lavaldüsenähniiche Gestaltung der Strahldüse erreichen sowie durch eine entsprechend angepaßte Korngröße des Strahlgutes. Durch eine derartige Düsenform läßt sich auch die Geschwindigkeit des Strahlgutes erhöhen, was einer Vergrößerung der Effektivität derselben gleichkommt - ohne jedoch die Passivierungsschicht des Grundmaterials anzugreifen. In dem hier dargestellten Beispiel wird selbstverständlich nach der Dekontaminierung der einen Kammer die durch die Trennwand 32 abgetrennte andere Kammer über das zweite Mannloch 33 behandelt. Nach Durchführung der erwähnten Spülvorgänge können die Kammern betreten werden und die Abdichtungsarbeiten an den defekten Rohren 34 erfolgen. Nach einer abschließenden Druckprüfung des so reparierten Dampferzeugers kann derselbe wieder an den Reaktorkreislauf angeschlossen werden, so daß die Zeiten für die Reparaturarbeiten praktisch den Stillstandszeiten des Kraftwerkes gleichgesetzt wer-
ί,ο uen können. Das Abwanen von Abklingzeiten für die
Radioaktivität ist nicht notwendig.
Für andere Reaktorbauteile, wie Rohrleitungen, Pumpen usw., ergeben sich selbstverständlich ähnliche
Arbeitsabläufe. Selbstverständlich eignet sich dieses Verfahren a .eh für normale Reinigungsarbeiten an
nicht kontaminierten Oberflächen und ist daher auch nicht auf Bauteile von Kernkraftwerksanlagen beschränkt.
Abschließend seien nochmals die besonderen Vorteile dieses Verfahrens zusammengefaßt:
1. Inhärente Sicherheit beim Abtragen der Ablageningen,
da die Passivierungsschicht des Grundmaterials nicht angegriffen wird.
2. Wasserlöslichkeit des Strahlgutes, so daß die Entfernung desselben aus dem Reaktorkreislauf oder auch anderen Bauteilen keine Schwierigkeiten bringt. Eine Beschädigung von Dichtungen, Lagern u. dgl., wie es beim Sandstrahlen unausweichlich wäre, tritt mit Sicherheit nicht auf.
2. Wasserlöslichkeit des Strahlgutes, so daß die Entfernung desselben aus dem Reaktorkreislauf oder auch anderen Bauteilen keine Schwierigkeiten bringt. Eine Beschädigung von Dichtungen, Lagern u. dgl., wie es beim Sandstrahlen unausweichlich wäre, tritt mit Sicherheit nicht auf.
Unschädlichkeit der durch das Auflösen von Bortrioxid in Wasser entstehenden Borsäure für
den Reaktorkreislauf, der den gleichen Stoff als Trimmaterial für den Ausgleich der Überschußreaktivität
bereits enthält. Aber auch wenn normalerweise im Reaktorbetrieb die Verwendung von Borsäure nicht vorgesehen sein sollte, bietet
die Entfernung derselben aus dem Kühlwasser, ζ B. über Ionenaustauscher, keine Schwierigkeiten.
Hierzu 1 Blatt Zeichnungen
Claims (5)
1. Verfahren zur Reinigung von während des Betriebes mit H2O bzw. D,O benetzten Teilen von
Kernkraftwerksanlagen, insbesondere zur Dekontamination von radioaktiv verseuchten Flächen,
bei dem nach dem Prinzip der Sandstrahltechnik Strahlgut mit Hilfe eines Preßgasstrome?
zur mechanischen Abarbeitung der zu reinigenden Flächen auf dieselben geblasen wird, dadurch
gekennzeichnet, daß als Strahlgut Bortrioxidteilchen
verwendet werden, daß die zu reinigenden Flächen bis auf die Passivierungsschicht
des Grundmateiials abgearbeitet werden und 1S
daß die Reste des Strahlgutes durch Spülwasser gelöst sowie die abgearbeiteten Teilchen in an
sich bekannte Weise mit Hilfe dieses Spülwassers \on den zu reinigenden Flachen entfernt werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekjnnzeichnet,
daß der Strahl der Bortrioxidteilchen durch eine lavaldüsenartige Ausbildung der
Strahldüse möglichst paralk I gebündelt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
daß die zu reinigenden Flächen durch eine entsprechend ihrer Form nach Koordiniten
bewegbare Strahleinrichtung an sich bekannter Bauart fernbedient behandelt werden.
4. Verfahren lach den Ansprüchen 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die bewegbare Strahle
;nrichtung in an sich bekannter Weise für die Zu- und Abführung der Spülflüsaigke* eingerichtet ist.
5. Einrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach den Ansprüchen 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet,
daß der Arbeitsraum einschließlich der zu reinigenden Flächen in an sich bekannter
Weise gegenüber der Umgebung abgeschlossen ist, daß Absaugevorrichtungen und Filter für das
zugeführte Preßgas eingesetzt sind und eine Anfeuchtung der Luft des Arbeitsraumes für den
Niederschlag des stauhförmigen Arbeitsmittels sowie der abgearbeiteten evtl. radioaktiven Verunreinigungen
sowie ein entsprechendes Samrrelgefäß vorgesehen ist.
45
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