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Die Erfindung betrifft ein expandiertes Lebens- oder Futtermittelextrudat gemäß dem Oberbegriff von Anspruch 1.
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Im Stand der Technik ist die Herstellung gepuffter Lebens- oder Futtermittel mit einem Extruder bekannt.
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Schneckenextrusion ist seit den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts ein gängiges Verfahren zur Verarbeitung von Lebensmitteln. Dazu wird das Lebensmittel (das Extrudat) einem mit einer oder zwei Extrusionsschnecken versehenen Bearbeitungsraum zugeführt, in dem die durch einen Motor angetriebenen Extrusionsschnecken den Druck und durch Reibung und Scherung induziert die Temperatur im Bearbeitungsraum erhöhen.
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Gängige Extruder für Lebens- oder Futtermittel können Drücke bis zu 1000 bar und darüber erzeugen und das Lebens- oder Futtermittel dabei bis zu 300°C erhitzen. (Für technische Anwendungen gibt es Extruder mit noch höheren Werten.)
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Hat das Extrudat durch die Extrusionsschnecken befördert den Bearbeitungsraum durchlaufen, wird es durch eine Düse wieder ausgetragen.
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Moderne Extruder haben unter anderem die Möglichkeit, während der Durchganges die Temperatur zu erhöhen oder zu mindern und zusätzliche Stoffe zu- oder abzuführen.
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Neben gängigen Nutzanwendungen der Extrusion wie Garen, Mischen, Konfektionieren, Textuieren oder Sterilisieren wird die Extrusion im Lebensmittelbereich häufig zum sogenannten „puffen“, d.h. der Expansion des Lebensmittels, eingesetzt. Je nach Zusammensetzung des Extrudats und Einstellung der Extrusionsparameter lassen sich Expansions- bzw. Puff-Raten von wenigen Prozent (man spricht in diesem Fall oft von „Textuieren“) bis zu mehreren 1000 % (z.B. bei aus Maisstärke bestehende Erdnussflips) erreichen. Bei Expansionsraten von bis zu 300% wird im Folgenden von geringer Expansion gesprochen, bei mehr als 300% von hoher Expansion.
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Beim Puffen werden Wasser enthaltende Extrudate (Extrusionsteige) bei Temperaturen über 100°C extrudiert. Durch den durch den Extruder aufgebauten Druck kann das Wasser trotz Temperaturen über 100°C nicht in eine gasförmige Phase übergehen, es überhitzt.
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Wird der Extrusionsteig durch die Düse ausgetragen, findet die innerhalb des Extruders nicht mögliche Phasenumwandlung des Wassers von flüssig zu gasförmig schlagartig statt.
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Liegt ein geeignetes Extrudat vor, das heißt ein Extrudat, das in geeigneter Menge eine strukturbildende Ingredienz aufweist, entweicht der expandierende Dampf nicht in die Umgebung, sondern bleibt im Extrudat fein verteilt enthalten: Das Volumen des Extrudats nimmt bis zu mehreren tausend Prozenten zu.
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Wird ein geeignetes strukturbildendes Ingredienz genutzt, bleibt diese aufgeblähte Form des Lebensmittels auch nach Abkühlung und der Kondensation des Wasserdampfes (mit einem entsprechenden Druckabfall) erhalten. Das Extrudat ist gepufft.
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Durch Puffen verarbeitete Lebensmittel spielen eine große Rolle im Snack Bereich (in Produkten wie Erdnussflips) und bei Frühstücksprodukten (z.B. gepuffte Cerealien). Eiweißhaltige Extrudate werden als Fleischersatz eingesetzt. Extrudieren und Puffen sind auch häufig eingesetzte Methoden zur Konfektionierung von Futtermitteln.
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Folgende Gründe machen das Puffen von Lebensmitteln für Lebensmittelprodukte attraktiv: Hohes Volumen (=geringe Dichte), in der Regel gutes Saugvermögen für Flüssigkeiten und auch für Fette, gut trockenbar, lange Haltbarkeit, für den Konsumenten einfach zu kauen und ein gutes Mundgefühl („Crispy“).
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Für das Verständnis der Expansion sind die stofflichen Eigenschaften der zu extrudierenden Zutaten besonders wichtig. Der Mechanismus erfolgt allgemein in 3 Schritten:
- 1. Um eine Expansion zu erreichen, ist ein Extrudat nötig, das beim Durchgang durch den Verarbeitungsprozess (meist innerhalb des Extruders, es gibt aber auch Verfahren mit einer Vorverkleisterung) verkleistert, so dass ein elastischer Teig entsteht.
- 2. Direkt nach dem Austritt aus der Extruderdüse entstehen innerhalb des Teiges aus überhitztem Wasser Dampfblasen, die den Extrusionsteig expandieren.
- 3. Durch den Phasenübergang des im Extrusionsteig enthaltenen Wassers zu Wasserdampf entsteht Verdunstungskälte. Der Teig muss sich nun bei der Abkühlung verfestigen, damit die durch den Dampf entstandenen Blasen auch nach vollständiger Abkühlung und Wiederverflüssigung des Wasserdampfes stabil bleiben.
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Ob und in welchem Maß es bei der Extrusion zu einer Expansion kommt, ist zwar auch von der geeigneten Einstellung des Extruders (Schraubengeschwindigkeit, Materialzuführung, Düsenkonfiguration, Wasserzugabe, Temperaturverlauf etc.) abhängig. Entscheidend sind jedoch die stofflichen Eigenschaften und die Zusammensetzung des Extrudats und der darin enthaltenen strukturbildenden Ingredienzen, die zum einen verkleistern und zum anderen nach der Expansion stabile Strukturen ausbilden müssen.
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In besonders guter Weise erfüllen diese Voraussetzung Extrudate, die als strukturbildende Ingredienz Stärke (Mais, Getreide, Reis, Quinoa o.ä. und besonders auch die daraus erzeugten Stärke-Isolate) enthalten. Die zugrunde liegenden chemischen Details der Verkleisterung und Strukturbildung von Stärke sind seit den 40er Jahren des 19ten Jahrhunderts wohlbekannt. Der Mindestgehalt von Stärke in einem Extrudat, so dass noch eine Expansion möglich ist, ist 20% (Caroline Joy Steel, Maria Gabriela Vernaza Leoro, Marcio Schmiele, Reinaldo Eduardo Ferreira and Yoon Kil Chang: InTECH, Thermoplastic Extrusion in Food Processing).
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Seit den 1970er Jahren beschäftigen sich viele Patente mit der Änderung der Nährstoffzusammensetzung gepuffter Extrudate.
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Zum einen wurde eine sehr hohe Anzahl von Verfahren zur Erhöhung des Anteils an pflanzlichem Eiweiß entwickelt, da diese Eiweiße die Anforderungen einer strukturbildenden Ingredienz erfüllen können. Hier eine kleine Auswahl dazu:
- - US000004044159A vom 23.08.1977: beschreibt die Herstellung von proteinreichen Flakes mit Soja.
- - DD000000155133A1 vom 19.05.1982: beschreibt, wie man durch eine Vorab-Denaturierung aus Leguminosenprotein ein gepufftes Extrudat herstellen kann.
- - US020050064079A1 vom 24.03.2005: beschreibt die Produktion eines ballaststoffreichen gepufften Extrudats mit mindestens 50% Protein und mindestens 5% Stärke, wobei die Expansion durch eine hohe Expansionsdrehzahl und hohe Drücke erreicht wird.
- - US 2013/0040040 A1 vom 14.02.2013 und CA000002413951A1 vom 06.11.2004: beschreiben die Produktion gepuffter Lebensmittel auf Basis von Proteinen als strukturbildende Ingredienz, bevorzugt Soja Protein. Dafür werden zum Erreichen eines guten Expansionsergebnisses Eiweißanteile am Extrudat von bis zu 45% bis 90% vorgeschlagen, bevorzugter Weise entöltes Sojamehl bzw. Sojaproteinisolat. Im Falle niedrigerer Proteinkonzentrationen (< 80%) wird zusätzlich die Verwendung stärkehaltiger Lebensmittel (Mais, Reis, Getreide) vorgeschlagen, um die gewünschte Expansion zu erreichen.
- - EP000003395181A1 vom 31.10.2018: beschreibt die Herstellung fleischähnlicher Texturen aus Sojaprotein, wobei ein erhöhter Fettanteil ermöglicht wird.
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Andere Patente beschäftigen sich mit weiteren Modifikationen der Extrudat-Zusammensetzung unter Nutzung tierischer Eiweiße, z.B. mit Milchpulver, Schlachtabfällen oder Proteinkombinationen
- - CA000002364693A1 vom 28.09.2000: beschreibt die Produktion eines puffenden Extrudats mit Milchpulver, bis zu 12% Milchfett, bis zu 15% Zucker und 50% Stärke bzw. Getreide.
- - DE000003879601T2 vom 01.07.1993: beschreibt, wie aus 80% tierischen (Schlachtabfälle) und 20% pflanzlichen Proteinen durch Limitierung der Gelatinebildung während der Extrusion ein texturiertes, leicht gepufftes Extrudat hergestellt werden kann.
- - DE000003039348A1 vom 22.04.1982: beschreibt, wie aus Casein, Caseinnat, Gluten, Sojaisolat ein gepufftes Snackprodukt hergestellt werden kann.
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Aus diesen Patenten und der Fachliteratur ergibt sich eine Untergrenze von 45% Protein, unter der eine erkennbare Expansion des Extrudats nicht mehr zu beobachten ist. Hohe Expansionsraten werden fast ausschließlich mit Extrudaten mit teilweise oder vorwiegend Sojaprotein oder Molkeeiweiß erzielt.
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Zum anderen beschäftigen sich viele Patente mit der Erhöhung des Ballaststoffanteils in gepufften Extrudaten, vor allem um gesundheitlich wertvollere Produkte zu entwickeln (gesundheitlich positive Effekte von Ballaststoffen selbst und Reduktion von Stärkeanteil und damit dem Brennwert):
- - JP000H03262461A vom 22.11.1991: beschreibt, wie man durch die Nutzung von Chitosan trotz bis zu 30% Ballaststoff ein gepufftes Lebensmittel herstellen kann. Der vorgeschlagene Stärkeanteil als strukturbildende Ingredienz liegt bei 40% - 70%.
- - US000005151283A vom 29.09.1992: schlägt die Nutzung von Gerstenextrakt zur Verbesserung der sensorischen Eigenschaften eines expandierten Lebensmittels mit einem Ballaststoffanteil von bis zu 50% vor.
- - JP0000H0723739A vom 26.01.1995: beschreibt eine Mischung aus Proteinen, Stärke und Ballaststoffen zur Produktion eines ballaststoffreichen expandierten Lebensmittels.
- - US000005591471A vom 07.01.1997: beschreibt die Produktion eines expandierten Extrudats mit Sojaprotein, Stärke und Ballaststoffen, wobei die Relation Sojaprotein zu Ballaststoff mindestens 1:0,4 ist. Zu Erreichung einer guten Expansion wird die Nutzung eines Schäumungsmittels vorgeschlagen.
- - CA000002068166C vom 30.12.2003: extrudiert ein Extrudat mit bis zu 40% Ballaststoffen ohne es dabei zu expandieren. Nach einer speziellen Formung und Trocknung erfolgt dann eine Expansion nur durch Hitze als Kissenexpansion (pillow puffing).
- - US020070054029A1 vom 08.03.2007: beschreibt die Produktion einer Reis-Cerealie mit einem Ballaststoffanteil von bis zu 25%. Um eine negative Beeinflussung weiterer Bearbeitungsschritte (inkl. Expansion durch Extrusion) durch den Ballaststoff zu minimieren, wird eine Vorbehandlung der Ballaststoffe durch mehrere Kochschritte vorgeschlagen.
- - WO002006138705A1 vom 28.12.2006: beschreibt die Herstellung eines ballaststoffreichen Lebensmittels, indem eine gepuffte, vor allem stärkehaltige Cerealie mit einer ballaststoffreichen Schicht gecoatet wird.
- - WO 002007124427 A2 vom 01.11.2007: beschreibt die Herstellung möglichst ballaststoffreicher Puff-Produkte mit speziellen Extrudereinstellungen und der zusätzlichen Zugabe von Backtriebmitteln. Der Ballaststoffanteil kann damit über 10% erhöht werden.
- - WO002009094421A1 vom 30.07.2009: beschreibt eine Methode, expandierte Extrudate mit die Expansion hindernden oder hitzeempfindlichen Zutaten zu produzieren, indem 25% - 75% vorverkleisterte Stärke genutzt wird.
- - WO002010124922A1 vom 04.11.2010: beschreibt die Herstellung einer gepufften Cerealie auf Basis von 20% Roggenkleie und 50% Maisstärke.
- - CN000103238777A vom 14.08.2013: beschreibt die Herstellung eines Reisersatzes mit hohem Ballaststoffanteil, mit 30% bis 40% stärkehaltigem Reispulver sowie anderen stärkehaltigen Lebensmitteln als Bestandteil des Extrudats.
- - US020170181462A1 vom 29.07.2017: beschäftigt sich damit, wie die die Expansion hindernde Wirkung von Ballastoffen durch Pellettierung dieser reduziert werden kann und dadurch gepuffte Frühstückscerealien hergestellt werden können, die einen höheren Ballaststoffanteil, aber dafür weniger Stärke aufweisen. Erfindungsgemäß wird aber auch hier ein Stärkeanteil von mindestens 50% als strukturbildende Ingredienz vorgeschlagen.
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In keinem der ermittelten Verfahren wurde ein Ballaststoff als strukturbildende Ingredienz genutzt, sondern in allen Fällen wurde ausschließlich das Problem gelöst, dass Ballaststoffe potentiell eine Expansion hindern, d.h. die strukturbildenden Eigenschaften von Stärke oder Proteinen reduziert oder zu nicht vorteilhaften Eigenschaften des gepufften Extrudats beiträgt.
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Kombinationen aus Protein und Stärke pufften nur, wenn der Proteinanteil bei mindestens 45% lag. In keinem Patent wurde beispielhaft berichtet, dass ein hoch gepufftes Resultat mit einem Ballaststoffanteil von über 40% erzeugt werden konnte.
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Bei Kombinationen von Stärke und Ballaststoffen konnte eine theoretisch mögliche Reduktion des Stärkegehaltes auf unter 25% trotz hoher Forschungsaufwendungen bei weitem nicht erreicht werden, da Ballaststoffe die Verkleisterung der Stärke hemmen. Auch hier existieren keine Beispiele von hoch gepufften Resultaten mit einem Ballaststoffanteil über 40%.
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Die Ingredienz Flohsamen in extrudierten Lebensmitteln
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Flohsamenschalen (engl. Psyllium Husks) sind die Samenschalen der Wegerich-Art Plantago ovata. Flohsamenschalen bestehen zu 80% aus wasserlöslichen Ballastoffen und sind in der Lage, große Mengen Wasser zu binden (Quellzahl > 40).
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In zahlreichen medizinischen Studien wurden Flohsamenschalen positive gesundheitliche Wirkungen nachgewiesen.
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Flohsamenschalen bilden in Verbindung mit Wasser ein schleimiges Gel, was auf den Inhaltstoff Arabinoxylan zurückzuführen ist, der in indischem Flohsamen zu bis zu 30% enthalten ist (Milton H. Fischer, a Nanxiong Yu, b Gary R. Gray, b John Ralph, c Laurens Andersond,* and Judith A. Marlett: The gel-forming polysaccharide of psyllium husk).
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Der direkte Genuss von Flohsamenschalen in therapeutischen Mengen (5g) gestaltet sich auf Grund der hohen Wasserbindungsfähigkeit schwierig. Deshalb gibt es viele Ansätze, Flohsamenschalen in Lebensmittel einzubauen:
- - US000005026689A vom 25.06.1991: beschreibt die Produktion von Cerealien mit Flohsamenschalen, wobei explizit beschrieben wird, dass im Sinne des Patentes ein Kochen solcher Teige mit Extrudern mit hohen Drücken zu vermeiden ist. Dieser sollte, wenn überhaupt, nur zur Konfektion des Teiges eingesetzt werden.
- - US000000036067E vom 26.01.1999: beschreibt die Herstellung gekochter Cerealien, denen wegen der gesundheitlichen Wirkungen Flohsamenschalenmehl in Kombination mit nicht wasserlöslichen Ballaststoffen hinzugefügt wird.
- - KR102004074163A vom 23.08.2004: beschreibt die Produktion ballaststoffreicher Nudeln mit bis zu 4% Flohsamenschalen. Der Hauptbestandteil des Teiges ist Weizenmehl. Die Extrusion erfolgt dann über einen Nudelextruder.
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Auch bei extrudierten Lebensmitteln gibt es Erfindungen, die die Verwendung von Flohsamenschalen beinhalten:
- - EP000000144644A2 vom 19.06.1985: beschreibt die Produktion von Riegeln oder Keksen mit einem Anteil von 10% - 80% Flohsamenschalen mit Hilfe eines Extruders. Zusätzlich wird 10% - 30% einer strukturbildenden Ingredienz (im Text: Streckmittel, d.h. Reispulver, Maispulver, modifizierte Stärke) eingesetzt, um die für einen Riegel oder Keks notwendige Expansion zu erreichen. Im Patent wird festgestellt, dass die hohe Menge Flohsamen unter geeigneter Wassermischung nicht wie erwartet die Expansion des Streckmittels verhindert, sondern fördert.
- - GB000002201875A vom 14.09.1988: beschreibt die Herstellung eines Lebensmittels, das hohe Mengen Flohsamenschalen sowie andere Ballaststoffe enthält. Um dieses zu kochen und zu konfektionieren, wird als eine von mehreren Methoden ein Extruder vorgeschlagen. Eine mögliche Expansion dieser Mischung wird zwar als möglich erwähnt, jedoch nicht näher beschrieben.
- - US000005223298A vom 29.06.1993: beschreibt die Herstellung eines extrudierten Lebensmittels mit einem Flohsamenanteil von bis zu 10%. Inhalt dieser Erfindung ist es, die gelbildenden Eigenschaften der Flohsamenschalen durch einen Zwischenbehandlungsschritt zu deaktivieren, um die geschmacklichen und texturalen Eigenschaften des ansonsten vor allem Stärke enthaltenden Extrudats möglichst nicht zu verändern.
- - US000005382443A vom 17.01.1995: beschreibt die Herstellung von mit Flohsamenschalen angereicherten Cerealien. Die Flohsamen werden in einem ersten Extrusionsprozess ohne Expansion behandelt und dann mit stärkehaltigen Zutaten als strukturbildende Ingredienz in einem zweiten Extrusionsschritt gepufft.
- - WO 002007124427 A2 vom 01.11.2007: beschreibt die Herstellung möglichst ballaststoffreicher gepuffter Produkte. Es wird als mögliche Ballaststoffquelle auch Psyllium genannt. Inhalt der Erfindung ist es, bei höheren Ballaststoffkonzentrationen die Expansion durch Zusatz verschiedener Treibmittel zu unterstützen.
- - CN000103960593A vom 06.08.2014: beschreibt die Herstellung gepuffter Lebensmittel mit geringen Mengen Flohsamenschalen und nutzt als Hauptzutat und strukturbildende Ingredienz stärkehaltige Weizenkleie sowie Backpulver zur Unterstützung.
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Die meisten Patente beschäftigen sich damit, die durch die Flohsamenschalen im Extrudat entstehende gummiartige Konsistenz zu unterdrücken:
- - EP000000144644A2 beschreibt schon mögliche positiven Eigenschaften von Flohsamenschalen für die Expansion, setzt aber zur Verkleisterung als strukturbildende Ingredienz Stärke ein, wodurch aber nur geringe Expansionen erreichbar sind, so dass als Produkte nur Riegel oder Kekse, aber keine hoch expandierten Produkte erstellt werden können.
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Zuckeralkohole (Polyole) in extrudierten Lebensmitteln
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Zuckeralkohole (Polyole) werden in der Lebensmittelherstellung als Zuckeraustauschstoffe eingesetzt. Beispiele für derartige Zuckeralkohole sind Sorbitol, Maltitol, Isomalt, Erythritol, Xylitol, Lactitol und Mannitol. Alle Zuckeralkohole bilden zuckerähnliche Kristalle und haben gegenüber Zucker eine etwas reduzierte Süßkraft. Sorbitol, Erythritol, Xylitol, Lactitol haben einen Schmelzpunkt von unter 120°C, also einen im Vergleich zum Schmelzpunkt von Zucker niedrigeren Wert.
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Auch zu Zuckeralkoholen gibt es Erfindungen im Zusammenhang mit gepufften Lebensmitteln. Diese werden aber nicht funktionell für den Extrusionsprozess, sondern nur zur Reduktion des Zuckers und des Brennwertes in eingesetzt:
- - EP000001858349B1 vom 26.05.2010: beschreibt die Verwendung von Isomalt in extrudierten Cerealien-Produkten.
- - CN000105614682A vom 22.10.2015: setzt den Zuckeralkohol Erythritol in gepufften Cerealien ein, um den glykämischen Index zu reduzieren. Der Zuckeralkohol ersetzt Zucker als Süßungsmittel, hat jedoch keine funktionellen Wirkungen.
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Beschreibung der Erfindung
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Während in bisher beschriebenen Verfahren die Erstellung eines gepufften Lebensmittels entweder mit einem Stärkeanteil von mindestens 20% oder einem Anteil an Eiweiß von mindestens 45% möglich ist, da bisher nach Stand der Technik nur diese Inhaltsstoffe als strukturbildende Ingredienzien geeignet sind, wird in der vorgeschlagenen Erfindung ein Lebens- oder Futtermittelextrudat offenbart mit einem Stärkeanteil, der zwischen 0 - 20 % liegt (also entweder stärkefrei ist oder nur einen geringen Stärkeanteil aufweist) und einem Eiweißanteil von 0-45% (also entweder proteinfrei ist oder nur einen ebenfalls geringen Proteinanteil besitzt). Die Bedeutung von Stärke- und/oder Proteinanteilen am erfindungsgemäßen Lebens- oder Futtermittelextrudat als wesentliche strukturbildende Ingredienzien entfällt damit.
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In Anspruch 1 wird daher ein Lebens- oder Futtermittelextrudat beansprucht, welches dadurch gekennzeichnet ist, dass das Lebens- oder Futtermittelextrudat als wesentliche strukturbildende Ingredienz einen gelbildenden Ballaststoff und eine kristalline Zutat mit einem Schmelzpunkt unter 150°C enthält und die übrigen Inhaltsstoffe als Füllstoffe und/oder nicht expansionsrelevante Inhaltsstoffe zugegeben sind.
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In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird als verkleisternde, den Extrusionsteig elastisch machende Zutat mit einem Anteil von 8% - 40% ein gel- und/oder schleimbildender Ballaststoff, bevorzugt Flohsamenschalen, eingesetzt.
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Dabei kann die gelbildende Zutat Flohsamenschalen oder eine sonstige zu mindestens 10% aus dem Polysacharid Arabinoxylan bestehende natürliche oder synthetische Substanz sein.
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Die Erfindung beruht auf der Erkenntnis, dass Flohsamenschalen bei geeigneter Konfiguration des Extruders in der Lage sind zu verkleistern, d.h. eine gelartige, den Extrusions-Teig elastisch machende Struktur auszubilden. Solche Extrusions-Teige können dann um 300% und mehr expandieren.
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Die „Verkleisterung“ ist hierbei ein Vorgang, der durch mechanische und/oder thermische Behandlung die Elastizität eines Extrusionsteiges (=dickflüssiges Extrudat nach Wasserzugabe) zu einer gelartigen Struktur verändert. Während in der einschlägigen Literatur der Begriff „Verkleisterung“ vorwiegend für Prozesse angewandt wird, die auf Stärke basieren, wird hier der Begriff sinngemäß auch auf Protein- und Ballstoff- basierte vergleichbare Reaktionen angewendet (der englische Begriff „Gelatinize“ beschreibt den Vorgang exakter und unabhängig von der Stoffklasse, eine deutsche Übersetzung in „Gelanitisieren“ wäre jedoch missverständlich.).
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Der Nachteil von Flohsamen ist jedoch, dass bei einem Wasser enthaltenden Teig das Extrusionsergebnis gummiartig wird und Flohsamenschalen im Gegensatz zu Stärke und Eiweißen nicht in der Lage ist, die durch die Expansion gebildeten Strukturen ausreichend zu stabilisieren.
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Deshalb besteht die Gefahr, dass, nachdem der Wasserdampf nach Erkaltung kondensiert, das expandierte Lebens- oder Futtermittelextrudat wieder kollabiert.
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Deshalb wird erfindungsgemäß dem Lebens- oder Futtermittelextrudat mit einem Anteil von 15% - 70% eine kristalline, bei weniger als 150° C schmelzende Zutat hinzugefügt, wobei vorteilhafterweise die kristalline, bei < 150°C schmelzende Zutat ein Polyol, Polysaccharid oder Zucker oder eine daraus erstellte Mischung ist.
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In einer besonderen Ausführungsform der Erfindung ist die kristalline, bei < 150°C schmelzende Zutat ein Zuckeralkohol, vorteilhafterweise Erythritol und/oder Xylithol.
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Die kristalline, bei weniger als 150° C schmelzende Zutat wird im Extruder auf eine Temperatur oberhalb des Schmelzpunktes erhitzt, verflüssigt sich und verteilt sich dann durch die Extruderwirkung sehr gleichmäßig im Extrusionsteig. Nach der Expansion durch die Düse und induziert durch die Verdunstungskälte des Wassers kristallisiert die kristalline, bei weniger als 150° C schmelzende Zutat aus und stabilisiert damit den expandierten Teig.
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Gemäß Anspruch 6 liegt die für eine Expansion minimal notwendige Konzentration von Flohsamenschalen im Extrusionsteig bei 8%, da ansonsten eine Expansion nicht stattfindet. Bei über 40% Anteil Flohsamenschalen wird der Extrusionsteig so labil, dass das Extrudat nach dem Austritt aus der Düse sofort wieder kollabiert.
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Gemäß Anspruch 7 liegt die für eine Stabilisierung minimal notwendige Konzentration der kristallinen, bei < 150°C schmelzende Zutat im Extrusionsteig bei 15%. Bei über 70% Anteil der kristallinen, bei < 150°C schmelzende Zutat im Extrusionsteig wird dieser nach dem Aufschmelzen dieser Zutat im Extruder so flüssig, dass keine Expansion mehr stattfindet.
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Nach Trocknung des Lebens- oder Futtermittelextrudats verlieren auch die Flohsamenschalen ihre gummiartige Konsistenz und das erzeugte Lebens- bzw. Futtermittelextrudat erhält eine knusprige Konsistenz.
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Wesentlich für das erfindungsgemäße Lebens- oder Futtermittelextrudat ist insofern neben der gelbildenden Zutat als ein Bestandteil mindestens eine kristalline Zutat mit einem Schmelzpunkt bis 150°C, vorzugsweise ein Zuckeralkohol, insbesondere Erythritol und/oder Xylithol, dessen Kristalle im Extruder aufgeschmolzen werden und bei der Rekristallisierung die Expansion des Lebens- oder Futtermittelextrudat stabilisieren.
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Mit Hilfe des erfindungsgemäßen expandierten, extrudierten, gepufften Lebens- oder Futtermittels auf Basis von Flohsamenschalen und mit z.B. Erythritol als strukturbildende Ingredienzenkombination lassen sich fast zucker-, fett- und stärkefreie hoch gepuffte Lebens- oder Futtermittelextrudate herstellen, die einen sehr geringen Brennwert aufweisen.
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Da durch die Erfindung im Prinzip kohlenhydratfreie Lebensmittel herstellbar sind, können hoch gepuffte Snack- und Frühstücks-Produkte für die immer populärer werdende Low-Carb-Ernährung hergestellt werden.
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Des Weiteren sind durch die Erfindung hoch gepuffte Lebens- oder Futtermittelextrudate mit einem Ballaststoffanteil von bis zu 70% möglich, wobei nicht alle Ballaststoffanteile auch als strukturbildende Ingredienzien wirken.
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Zusammenfassend ist festzustellen, dass beim sogenannten „Puffing“ von Lebens- oder Futtermitteln die Stärke bei Konzentrationen über 25% im Lebens- oder Futtermittelextrudat die meist genutzte strukturbildende Ingredienz für die Expansion darstellt. Stärke ermöglicht in hohen Konzentrationen (>50%) sehr hohe Expansionen. In der vorliegenden Erfindung geht es im Gegensatz zum Stand der Technik jedoch um Lebens- oder Futtermittelextrudate ohne Stärkeanteile bzw. um Extrudate mit Stärkeanteilen von unter 20%, so dass diese Stärkeanteile keine oder nur eine geringfügige Auswirkung auf die Expansion haben.
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Proteine sind als strukturbildende Ingredienz unterschiedlich geeignet je nach Art und Konzentration des Proteins im Lebens- oder Futtermittelextrudat (üblicherweise > 45%). Pflanzliche Proteine können in hohen Konzentrationen zu einer Expansion führen, tierische Proteine können in besonderen Verfahren ebenfalls zu einer Expansion beitragen. In der vorliegenden Erfindung geht es im Gegensatz zum Stand der Technik jedoch um Lebens- oder Futtermittelextrudate ohne Proteinanteile bzw. um Extrudate mit Proteinanteilen von unter 45%, so dass diese Proteinanteile keine oder nur eine geringfügige Auswirkung auf die Expansion haben.
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Die vorgeschlagene erfinderische Extrudatzusammensetzung aus einer gelbildenden und einer kristallinen Zutat mit einem Schmelzpunkt unter 150° C ermöglicht eine Expansion des Lebens- oder Futtermittelextrudats um über 300%.
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In einer weiteren Ausführungsform der Erfindung hat das erfindungsgemäße Extrudat insgesamt einen geringen Stärkeanteil von 0,1% - 20% und einen geringen Proteinanteil von 0,1% - 45 %.
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Bei weiteren erfindungsgemäßen Lebens- oder Futtermittelextrudaten sind Ballaststoffpulver, Getreidekleie,für den Lebens- oder Futtermittelbereich relevante Faserprodukte (z.B. Kartoffelfasern, Apfelfasern, Weizenfasern, Erbsenfasern, kakaofasern aus den Schalen der Kakaobohne oder auch Süßholz), Getreideprodukte, Saatenprodukte, Nussprodukte, getrocknete Früchte, getrocknete Gemüse, Kräuter, Gewürze, Hefen, Pilze, Mineralien, Süßungsmittel, Süßstoffe, für den Lebens- oder -Futtermittelbereich relevante Quellstoffe, für den Lebens- oder Futtermittelbereich relevante Schleimstoffe, Knochen, Emulgatoren, Gelatine, Backtriebmittel, Farbstoffe, Aromen, Inulin, resistente Stärke, modifizierte Stärke, Dextrose, Polysacharide, Oligosacharide, Pektine, synthetische Lebensmittelzutaten, Proteinmehle, Proteinkonzentrate, Proteinisolate (alle Proteinquellen jeweils sowohl tierischen als auch pflanzlichen Ursprungs) entweder allein oder in Kombination als weitere, nicht expansionsrelevante Inhaltsstoffe enthalten.
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Als konkrete Ausführungsform der Erfindung wird beansprucht, dass der Extrusionsteig aus einer Mischung aus 10% Flohsamenschalen, 30% Erythritol, 30% Faserprodukten und 30% Proteinmehl sowie 10% Gewichtsanteil an Wasser besteht.
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Nachfolgend ist eine vorteilhafte Kombination von Inhaltsstoffen des erfindungsgemäßen Lebens- oder Futtermittelextrudats beschrieben nebst der Herstellung eines Extrusionsteiges nach bekanntem Herstellungsverfahren:
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Beispiel:
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Eine Mischung aus 10% Flohsamenschalen, 30% Erythritol, 30% Kakaofasern und 30% entöltem Kürbiskernmehl wurde auf einem 2 Schneckenextruder extrudiert. Innerhalb des Extruders wurden 10% Gewichtsprozent Wasser zugegeben und eine Temperatur von 140°C eingestellt. Der Druck war 60-80 bar. Die Durchlaufzeit durch den Extruder betrug ca. 30 Sekunden.
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Die Austragung erfolgte über eine 2,5 mm Düse. Das Lebens- oder Futtermittelextrudat expandierte auf 6 mm, was eine radiale Expansion um fast 600% darstellte. Direkt nach der Expansion hatte das Lebens- oder Futtermittelextrudat eine weiche, jedoch stabile Struktur. Nach Trocknung auf unter 5% Wassergehalt stellte sich eine knusprige Konsistenz ein.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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