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Die Erfindung betrifft eine Seefunk-Sendeeinrichtung, insbesondere See-Notfall-Sendeeinrichtung, nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1.
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In der Berufs- und Sportschifffahrt ist es im Notfall wünschenswert, wenn nicht gar notwendig, die Position einer über Bord gegangenen Person oder auch eines Rettungsmittels wie einer Rettungsinsel oder eines Rettungsbootes schnell zu erfassen. Das bietet den deutlichen Vorteil, die daraufhin folgende Rettungsaktion schnell durchführen zu können.
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Nach heutigem Stand der Technik stehen hierfür verschiedene Systeme bzw. Verfahren zur Verfügung. Die wohl bekannteste, aber auch einfachste Art ist das Ausguck-Gehen und visuelle Erfassen des Verunglückten bzw. des Rettungsmittels. Nachteilig an diesem Verfahren ist, dass ein Ausguck-Gehen nicht immer möglich ist und oft das Überbordgehen gar nicht bemerkt wird. Zudem ist es bei widrigen Wetterbedingungen schwierig, den Verunglückten bzw. das Rettungsmittel im Auge zu behalten. Dritte können sich an einer so eingeleiteten Rettung außerdem nur schwerlich beteiligen.
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Als weitere Verfahren sind mechanische Verbindungssysteme zwischen dem Rettungsmittel und dem Schiff bekannt. Hier wird dem Verunglückten ein Rettungsring nachgeworfen, der eine mechanische Verbindung zwischen dem Boot und dem Verunglückten aufbaut und damit die Rettung ermöglicht. Auch hier ist es von Nachteil, dass das Überbordgehen bemerkt werden muss, um eine erfolgreiche Rettung einzuleiten. Und es können sich Dritte an einer so eingeleiteten Rettung wieder nur schwerlich beteiligen.
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Ein weiteres bekanntes Verfahren ist es, an der Position des Unfalls eine Boje ins Wasser zu werfen, die weithin sichtbar und so über eine längere Distanz und Zeit im Auge zu behalten ist. Auch an diesem Verfahren ist es wieder nachteilig, dass das Überbordgehen bemerkt werden muss, um eine erfolgreiche Rettung einzuleiten.
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Bojen gibt es auch in elektronischer Form. Bei den sogenannten Funkbojen (EPIRB, Emergency Position Indicating Radio Beacon) werden über geostationäre Satelliten Positionsdaten gesendet, mit denen Küstenfunkstellen die Rettung einleiten können. Ein Nachteil hierbei ist, dass der Unfall auch in diesem Fall beobachtet werden muss, um die Stelle per Funkboje zu kennzeichnen. Deshalb haben manche Rettungsmittel solch eine Funkboje integriert.
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Dennoch ist eine sichere Rettung nicht gewährleistet, weil die gesendeten Signale nur über spezielle Satelliten empfangen werden können und eine groß angelegte Rettungsaktion über die Einbindung von Küstenfunkstellen und Rettungsorganisationen eingeleitet werden muss.
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Es gibt im maritimen Bereich ein weiteres Funkrufsystem, das DSC (Digital Selective Calling) genannt wird und sehr weit verbreitet ist. Es wird alternativ zum Sprechfunk verwendet. Mittels DSC kann eine Funkverbindung mit einer bestimmten Funkstelle, mit allen erreichbaren Funkstellen oder mit allen Funkstellen in einem bestimmten geographischen Bereich hergestellt werden. Der Anruf geschieht durch Übermittlung eines speziellen Funktelegramms, weshalb die Seefunkanlagen sowohl der sendenden als auch der empfangenden Funkstellen mit DSC-Sendern und -Empfängern ausgerüstet sein müssen. Zur Herstellung der Funkverbindung mit einer bestimmten Funkstelle wird die MMSI (Maritime Mobile Service Identity) des betreffenden Schiffes bzw. der betreffenden Funkstelle genutzt. Diese MMSI dient der Kennzeichnung der betreffenden Funkstelle.
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Auch Notrufmeldungen werden mittels DSC (über die UKW-Frequenz 156,525 MHz) gesendet. Dabei werden die Anrufart (Notruf), die eigene geographische Position und die MMSI der eigenen Funkstelle (als Identifikation) übermittelt. Die abgesetzten Notruf-Telegramme können von anderen Schiffen in der Reichweite des UKW-Senders empfangen und automatisch an andere Schiffe oder Küstenfunkstellen in wiederum deren Reichweite weitergeleitet werden.
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Ein vor allem in der Berufsschifffahrt verwendetes Funksystem ist das AIS (Automatic Identification System), mittels dem sich Schiffe identifizieren, indem sie Navigations- und andere Schiffsdaten austauschen. Die verwendeten UKW-Frequenzen liegen bei 161,975 MHz und 162,025 MHz.
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Es ist nun bekannt, die genannten Funkverfahren zu kombinieren. So ist aus der
DE 20 2009 009 227 U1 eine Sendeeinrichtung für Rettungsmittel bekannt, mit welcher Funktelegramme sowohl des EPIRB- als auch des AIS-Standards ausgesendet werden können. Die in der
DE 20 2009 011 351 U1 beschriebene Sendeeinrichtung kann darüber hinaus auch noch DSC-Funktelegramme versenden. Und in der
DE 20 2011 002 633 U1 wird ein Seennotrettungssender beschrieben, der sowohl AIS als auch DSC über eine Modulationseinrichtung realisiert.
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Der Standard RTCM 11901.1 (Normvorschlag vom 04.06.2012) beschreibt den Prozessablauf bei Seenotrettungssendern, die sowohl AIS- als auch DSC-Funktelegramme nutzen, um eine Alarmierung mit Position des Überbordgegangenen auszusenden. Nach Aktivierung des AIS-DSC-Kombigerätes (z. B. eines „Search and Rescue Transmitters” – SART – oder eines „Man over Board” – MOB – Gerätes, jeweils mit AIS- und DSC-Fähigkeit) hat zuerst ein lokaler DSC-Notruf an das eigene Mutterschiff zu erfolgen (sog. „closed loop”). Wenn das Mutterschiff den DSC-Notruf nicht innerhalb einer vorgeschriebenen Zeitspanne bestätigt, soll das Kombigerät einen DSC-Notruf an alle Schiffe senden (sog. „open loop”).
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Für den lokalen DSC-Notruf („closed loop”) ist es notwendig, dass die MMSI, also die Identnummer der Funkstelle, des Mutterschiffes dem Kombigerät bekannt ist. Diese MMSI muss also in das Kombigerät einprogrammiert worden sein.
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Für diese Programmierung sind verschiedene Verfahren bekannt. Das Gerät kann in einen Programmiersockel eingesteckt werden. Über eine Schnittstelle zu einem PC oder Tablet, (USB bzw. seriell) kann mittels einer Software die MMSI der Funkstelle des Mutterschiffes einprogrammiert werden. Eine alternative Übertragung der MMSI erfolgt mittels einer Fotodiode oder eines Fototransistors. Hierzu wird auf einem Bildschirm eine schwarz/weiß-Sequenz erzeugt. Der Fototransistor bzw. die Fotodiode verarbeitet mittels Software die Sequenz. Über das Auslesen der Sequenz der Fotodiode wird im Gerät ein 0/1-Code erzeugt, den das Gerät dann in die MMSI der benannten Funkstelle übersetzt. Auch das Eingeben der MMSI per Tastatur oder das Einprogrammieren per Bluetooth oder WLAN/WiFi mit entsprechender Softwareunterstützung von PC oder Tablet ist möglich.
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All den oben genannten Verfahren wie Programmiersockel, Fotodiode, WiFi oder Bluetooth ist jedoch gemeinsam, dass entsprechende Peripheriegeräte wie der Sockel, ein PC oder ein Tablet notwendig sind, um eine MMSI in das Funkgerät einzuprogrammieren. Oft befinden sich jedoch die Geräte (wie z. B. ein AIS-SART und DSC oder ein AIS-MOB und DSC) in einer Schwimmweste verbaut und an Bord eines Schiffes. Es stehen demzufolge nicht immer oder nur unter erhöhtem Aufwand die vorher genannten Peripheriegeräte zur Verfügung. Das stellt des Öfteren ein Problem dar, gerade wenn Schiffsbesatzungen wechseln und auf verschiedenen Schiffen ihren Dienst verrichten. Die Umprogrammierung auf die MMSI der Funkstelle des jeweiligen Schiffes gestaltet sich dann zumeist sehr schwierig.
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Ausgehend von dem genannten Stand der Technik ist es die Aufgabe der Erfindung, eine Seefunk-Sendeeinrichtung vorzuschlagen, bei welcher die genannten Nachteile vermieden werden.
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Diese Aufgabe wird von einer Seefunk-Sendeeinrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen beschrieben.
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Die erfindungsgemäße Seefunk-Sendeeinrichtung, welche zumindest die DSC-Funktionalität aufweist, hat ein spezielles Empfängermodul, welches die MMSI, also die Kennung der Funkstelle des zugehörigen Schiffes während einer DSC-Aussendung der Funkstelle ausliest und diese MMSI als Kennung der Funkstelle für eigene DSC-Aussendungen im „closed loop” übernimmt. Damit ist eine Programmierung ohne Peripheriegeräte einfach durchführbar und möglich.
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Die Seefunk-Sendeeinrichtung kann durch einen Bedienerbefehl, z. B. einen speziellen Tastendruck, in den Programmiermodus gesetzt werden, in dem das spezielle Empfängermodul in einen „Abhörzustand” geht und für einen gewissen Zeitraum in diesem „Abhörmodus” bleibt. Erfolgt nun in dieser Zeit des aktiven „Abhörmodus” eine Sendung der Funkstelle des betreffenden Schiffes, so wird die Kennung, also die MMSI, der Funkstelle des betreffenden Schiffes durch das Empfängermodul als die Kennung für den „closed loop” registriert und übernommen. Das umständliche Programmieren des Gerätes mittels Peripheriegräten entfällt.
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In Ausgestaltung der Erfindung kann vorgesehen sein, dass die Seefunk-Sendeeinrichtung die Kennungen (MMSIs) mehrerer unterschiedlicher Funkstellen speichert und an diese gespeicherten Funkstellen im Falle eines Notrufes sequenziell „closed loop”-Aussendungen erzeugt.
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Darüber hinaus kann in Weiterbildung der Erfindung vorgesehen sein, dass MMSIs auch über übliche Schnittstellen wie Programmiersockel per Drahtschnittstelle und/oder WiFi und/oder Bluetooth und/oder fotoempfindliche Bauteile in die Seefunk-Sendeeinrichtung einprogrammiert werden können.
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Im Folgenden wird ein Ausführungsbeispiel der Erfindung anhand der Zeichnungen näher erläutert. Es zeigen:
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1 ein auf das Wesentlichste beschränktes Blockschaltbild einer erfindungsgemäßen Seefunk-Sendeeinrichtung
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2 ein auf das Wesentlichste beschränktes Blockschaltbild einer mit der erfindungsgemäßen Seefunk-Sendeeinrichtung zusammenarbeitenden Funkstelle.
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Eine als See-Notfall-Sendeeinrichtung dienende, an oder in einer Schwimm- bzw. Rettungsweste angeordnete Seefunk-Sendeeinrichtung 1 weist ein Sendemodul 2, ein Empfangsmodul 3, eine Speichereinheit 4, eine drahtlose Schnittstelle 5 und eine Antenne 6 auf. Das Sendemodul 2 und das Empfangsmodul 3 sind über eine Antennenweiche mit der Antenne 6 verbunden bzw. verbindbar. Alternativ können natürlich auch separate Antennen für das Sendemodul 2 und das Empfangsmodul 3 vorgesehen sein.
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Das Sendemodul 2 ist dazu ausgebildet und eingerichtet, DSC-Funktelegramme zu erstellen und über die Antenne 6 auszusenden. Das Empfangsmodul 3 ist dazu ausgebildet und eingerichtet, DSC-Funksignale über die Antenne 6 zu empfangen, auszuwerten und die MMSI einer sendenden Funkstelle 7 aus dem empfangenen Funksignal zu extrahieren und an die Speichereinheit 4 weiterzuleiten bzw. zu übertragen. Die Speichereinheit 4 ist dazu ausgebildet und eingerichtet, die vom Empfangsmodul 3 erhaltene MMSI der Funkstelle 7 zu speichern und zur Aussendung eines DSC-Funksignals, insbesondere eines DSC-Notruf-Funksignals, dem Sendemodul 2 zuzuleiten. Das Sendemodul 2 verwendet die von der Speichereinheit 4 erhaltene MMSI der Funkstelle 7 für den lokalen Notruf („closed loop”) an die Funkstelle 7.
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Die Funkstelle 7 ist durch ein Funkgerät eines Schiffes gebildet. Sie weist eine Antenne 8 auf, die über eine Antennenweiche mit einem Sendemodul 9 und einem Empfängermodul 10 verbunden oder verbindbar ist.
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Um die MMSI der Funkstelle 7 (also sozusagen die Funk-Kennung des „Mutterschiffes”) in die Speichereinheit 4 der Seefunk-Sendeeinheit 1 (also der See-Notfall-Sendeeinrichtung in der zum „Mutterschiff” zugehörigen Schwimm- bzw. Rettungsweste) einzuspeichern, muss die Seefunk-Sendeeinheit 1 (bzw. deren Speichereinheit 4 und/oder deren Empfängermodul 3) in einen Programmiermodus geschaltet werden. Dies kann durch das (längere) Drücken einer (Test-)Taste oder das (gleichzeitige) Drücken mehrerer Tasten (in den Figuren nicht gezeigt) erfolgen und akustisch (z. B. durch einen mehrmaligen oder längeren Piepston) und/oder optisch (z. B. über eine oder mehrere leuchtende oder blinkende Leuchtdioden – in den Figuren ebenfals nicht gezeigt) angezeigt werden. Nur solange die Seefunk-Sendeeinheit 1 sich in diesem Programmiermodus befindet, ist ein Einspeichern der MMSI in der Speichereinheit 4 möglich.
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Wird nun von der Funkstelle 7 ein die MMSI der Funkstelle 7 quasi als Absender-Adresse enthaltendes DSC-Funksignal (z. B. ein sog. selektiver Schiffsanruf) – manuell initiiert – ausgesendet und über die Antenne 6 durch das Empfangsmodul 3 empfangen, wird die MMSI der Funkstelle 7 in der Speichereinheit 4 fest eingespeichert. Danach wird der Programmiermodus automatisch beendet, damit nicht fälschlicherweise MMSIs anderer Funkstellen, deren Funksignale ebenfalls empfangen werden, in die Speichereinheit 4 eingespeichert werden.
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Falls innerhalb einer bestimmten oder bestimmbaren Zeitspanne kein DSC-Funksignal (d. h. keine Funkstellen-MMSI) empfangen wird, wird der Programmiermodus ebenfalls automatisch beendet.
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Natürlich ist es auch möglich, mehrere MMSIs (von mehreren Funkstellen) in der Speichereinheit einzuspeichern. Hierzu muss die Seefunk-Sendeeinrichtung 1 aber erst wieder in den Programmiermodus geschaltet werden.
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Sind mehrere MMSIs in der Speichereinheit 4 hinterlegt, sendet die Seefunk-Sendeeinrichtung 1 im Notfall nacheinander lokale Notruf-Telegramme an alle hinterlegten Funkstellen-MMSIs.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Seefunk-Sendeeinrichtung
- 2
- Sendemodul
- 3
- Empfängermodul
- 4
- Speichereinheit
- 5
- Schnittstelle
- 6
- Antenne
- 7
- Funkstelle
- 8
- Antenne
- 9
- Sendemodul
- 10
- Empfängermodul
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 202009009227 U1 [0011]
- DE 202009011351 U1 [0011]
- DE 202011002633 U1 [0011]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Standard RTCM 11901.1 [0012]