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Die vorliegende Erfindung betrifft den Saft aus der Hanfpflanze.
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Hintergrund der Erfindung
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Hanf gehört zur Familie der Cannabicea und ist der nächste Verwandte des Hopfens. Er ist eine sehr schnell wachsende, sehr anspruchslose Pflanze und kann oft bereits nach 100 Tagen geerntet werden.
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Als Nutzhanf werden alle Sorten des Hanf bezeichnet, die für die kommerzielle Nutzung abseits der Verwendung als Rauschmittel angebaut werden. Es handelt sich vor allem um Sorten der Hanfart Cannabis sativa und dessen Kulturform. Nutzhanf wird vor allem zur Gewinnung von Hanffasern angebaut, weitere Produkte sind Hanfschäben, Hanfsamen sowie das daraus gewonnene Hanföl und Hanfblüten und -blätter. Insgesamt stehen 41 von der EU zertifizierte Sorten mit niedrigen Gehalten an Tetrahydrocannabinol (THC) für den Hanfanbau zur Verfügung. Sie besitzen im Gegensatz zu anderen Sorten einen sehr hohen Faseranteil von 30–40%.
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Normalerweise ist die Hanfpflanze zweihäusig, das heißt es gibt eine männlich und eine weibliche Form der Pflanze. Während der weibliche Hanf harzreiche Blüten bildet, finden sich der männlichen Pflanze kaum psychoaktive Substanzen. Wird die weibliche Blüte vom Pollen der männlichen Blüte bestäubt, so bildet sich ein Samen, der in einem Zeitraum von etwa 6 Wochen heranreift. Es gibt auch einhäusige Hanfpflanzen, wo sowohl männliche als auch weibliche Blüten von einer einzigen Pflanze gebildet werden. Äußerlich sehen diese Zwitter den weiblichen Pflanzen sehr ähnlich.
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Das Hanfblatt besteht aus mehreren Fingern, deren Anzahl sehr variabel ist. Sie bewegt sich meistens zwischen 5 und 13 Fingern und ist aufgrund der Anordnung der Finger auf dem Blatt fast immer ungerade. Blatt und Blüte der Hanfpflanze können heute zu ätherischen Hanfölen veredelt werden. Diese Wasserdampfdestillate finden dann als Geschmacksstoffe in Lebensmitteln oder als Geruchsstoff in z. B. Waschmitteln Verwendung.
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Bereits seit langem sind Hanfsamen unverzichtbarer Bestandteil von Vogelfutter. Aus den Hanfsamen wird auch Hanföl gewonnen.
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Hanffasern werden durch Brechen und Walzen der Stängel vom Rest der Pflanze getrennt. Je nach Länge der so gewonnenen Faser entstehen aus ihnen grobe Fliese oder feinster Zellstoff. Hanffasern sind wegen ihrer Langlebigkeit und Schädlingsresistenz als Dämmstoff gefragt. Auch für die Herstellung von Textilien und von Papier eignen sie sich. Eine klassische Anwendung ist als Dichtmaterial von Rohrgewinden zu sehen. Anlagen mechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik verwenden Hanffasern um Wasser- und Heizungsrohre abzudichten.
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Die Schäben sind die Reste der verholzten Pflanzenteile, die sich nicht zur Fasergewinnung verwenden lassen. Hanfschäben finden vor allem als Einstreu für Pferde Verwendung.
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Die Aussaat des Hanfs erfolgt zwischen Mitte April und Mitte Mai mit Getreidedrillmaschinen auf 4–6 cm Saattiefe. Die Ernte von Faserhanf erfolgt mit Spezialmaschinen oder für die Hanfernte angepasste Erntetechnik zur Zeit der Vollblüte der männlichen Blüten und erstreckt sich je nach Sorte und Anbaubedingungen von Ende Juli bis Ende September. Je nach Art der vorgesehenen Verwendung der Hanffaser unterscheidet sich die Nacherntebehandlung auf dem Feld. Für die Langfaserverarbeitung wird das Hanfstroh auf dem Feld parallel ausgelegt und getrocknet. Der Trocknung folgt eine Röstung und eine erneute Trocknung auf dem Feld. Zur Vorbehandlung auf den Faseraufschluss der Kurzfaser- und Gesamtfaserlinie wird das Hanfstroh auf dem Feld gekürzt und geröstet und danach in Rund- und Quaderballen gepresst. Werden auch die Samen genutzt, findet die Ernte mit der Vollreife der Samen Mitte September bis Mitte Oktober statt.
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Die Gewinnung von Saft aus Blättern, Fasern und Schäben war bisher nicht bekannt.
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Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, Saft aus der Hanfpflanze bereitzustellen.
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Zusammenfassung der Erfindung
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Gemäß einer ersten Ausführungsform wird die Aufgabe durch Saft aus der Hanfpflanze gelöst, der nach einem Verfahren herstellbar ist, bei dem der gesamte Hanfstängel nach der Ernte, ohne vorherige Trocknung oder Röstung ausgepresst wird.
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Gelöst wird die Aufgabe gemäß einer zweiten Ausführungsform durch Saft aus der Hanfpflanze, hergestellt nach einem Verfahren bei dem
- a) nach der Ernte der obere blättrige Teil der Stängel abgetrennt wird,
- b) die Blätter vom übrigen Stängel gestreift werden,
- c) bei den Stängeln Fasern und Schäben voneinander getrennt werden,
- d) der blättrige Teil der Stängel, die Fasern und die Schäben jeweils getrennt unter Druck ausgepresst werden und
- e) die so erhaltenen ausgepressten Säfte kontrolliert gemischt werden.
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Detaillierte Beschreibung der Erfindung
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Gemäß einer ersten Ausführungsform wird die Hanfpflanze unmittelbar nach der Ernte als Ganze Pflanze oder bevorzugt nach Abtrennung der Blätter und Blüten ausgepresst, ohne dass eine vorherige Trocknung oder Röstung der geernteten Pflanze erfolgt.
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Vorzugsweise wird die Pflanze von Erde gereinigt und dann, wie unten beschrieben, bevorzugt mit einem Extruder oder einer Presswalze ausgepresst. Der so gewonnene Saft kann als Getränk verwendet werden, zu einem kohlensäurehaltigen Getränk, Kosmetikprodukten oder medizinischen Produkten weiterverarbeitet werden oder zu einem alkoholischen Getränk vergoren und gegebenenfalls anschließend destilliert werden.
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Alternativ wird unmittelbar nach der Ernte des Hanfes zunächst der obere blättrige Teil der Stängel von der restlichen Pflanze abgetrennt. Der obere blättrige Teil beträgt in der Regel etwa 1/3 bis 1/4 der Länge der Hanfpflanze im oberen Teil. Am unteren grünen und saftigen Stängel wird die Trennung der fasrigen Hülle des Hanfstängels – den „Fasern” – von dem holzigen Inneren des Stängels – den „Schäben” – vorgenommen.
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Für die Qualität der Getränke und weiteren Produkte aus dem Hanfsaft ist diese Trennung von Fasern und Schäben, sowie der Abtrennung des oberen, blattreichen Teiles des Hanfstängels vor dem Auspressvorgang vorteilhaft. Die wässrigen Auszüge/Presssäfte aus den Fasern und die aus den Schäben sowie die aus dem oberen blattreichen Teil des Stängels, haben unterschiedlichen Geschmack, Geruch und Farbe. Die kontrollierte Mischung dieser drei flüssigen Anteile aus der Hanfpflanze ermöglicht die Herstellung unterschiedlicher Getränke und Produkte für den menschlichen Konsum.
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Nach Abtrennen des oberen blättrigen Teils des Hanfstängels wird der restliche, untere Teil der Hanfpflanze vorzugsweise von Erde befreit und/oder vorzugsweise in kleinere Teile geschlagen. Vorzugsweise wird der restliche, untere Teil der Hanfpflanze in Teile mit einer Länge zwischen 5 und 50 cm, bevorzugter zwischen 10 und 40 cm geschlagen.
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Die Trennung in Fasern und Schäben kann auf unterschiedliche Weise vorgenommen werden. Die bereits verwendeten Maschinen, die zur Trennung von Fasern und Schäben bei dem traditionell gerösteten bzw. getrockneten und gelagerten Hanf in Anwendung kommen, sind für das erfindungsgemäße Verfahren gut geeignet. Bevorzugt erfolgt die Zerkleinerung des restlichen unteren Teils der Hanfpflanze und das anschließende Trennen von Fasern und Schäben unter Verwendung von rotierenden Schaufeln. Dabei bleiben die vom vorherigen Schlagen der Pflanze abstehenden Fasern an rotierenden Schaufeln hängen, während die Schäben abplatzen und somit sauber von den Fasern getrennt werden.
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Vor dem Auspressen werden die Pflanzen Vorzugsweise von Erdresten gewaschen oder Erdreste werden mit Pressluft entfernt. Bevorzugt werden die Stängel nach dem Abstreifen der Blätter gewaschen.
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Das Auspressen des blättrigen Teils der Stängel, der Fasern und der Schäben erfolgt jeweils getrennt unter Druck. Dazu kann jede gewöhnliche Presse wie eine Weinpresse verwendet werden. Bevorzugt werden der blättrige Teil des Stängels, die Fasern und/oder die Schäben bei einem Druck von 10 bis 300 bar, bevorzugt 20 bis 200 bar, bevorzugter 30 bis 100 bar, vorzugsweise in einem Extruder und/oder einer Presswalze ausgepresst. Auch das Auspressen der gesamten, gegebenenfalls von Blättern und/oder Blüten befreiten Hanfpflanze gemäß der ersten Ausführungsform erfolgt vorzugsweise in einem Extruder oder einer Presswalze, bevorzugt bei einem Druck von 10 bis 300 bar, bevorzugt 20 bis 200 bar, bevorzugter 30 bis 100 bar.
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Die Art des Auspressens hängt von der gewünschten Weiterverarbeitung des Rückstandes ab. Sollen die Fasern beispielsweise zu Textilien oder die Schäben beispielsweise zu Papier oder Zellstoff weiterverarbeitet werden, dann ist ein Extruder bevorzugt, da ein hoher Pressdruck ausgeübt werden kann. Durch hohen Pressdruck können zusätzlich wertvolle ölige Anteile aus dem Hanf gepresst werden. Bei der Weiterverarbeitung des Pressrückstandes zu Dämmstoffen oder Tierstreu kann eine weniger kompressierende Pressart gewählt werden. Hier ist eine Presswalze vorteilhaft. In jedem Fall ist es jedoch bevorzugt, dass der Pressrückstand nach dem Auspressen einen Feuchtigkeitsgehalt von unter 15% (w/w), vorzugsweise unter 10% (w/w), am meisten bevorzugt unter 5% (w/w) aufweist.
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Die oben genannten Extruder sind zum Auspressen von Saft gut bekannt und werden beispielsweise in der
DE 44 10 768 A1 beschrieben, auf die hier vollständig Bezug genommen wird.
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Die oben genannten Presswalzen sind gut bekannt und werden beispielsweise für Zuckerrohrpressen verwendet. Im Cane Sugar Handbook, James C. P. Chen, 11. Aufl., John Wiley & Sons (1984) wird ein präziser Überblick über die Rohrpreßtechnik beschrieben. Der dort enthaltene Inhalt wird durch Verweis hierin aufgenommen. Wie aus dem Cane Sugar Handbook hervorgeht, enthalten die bekanntesten Preßeinheiten im allgemeinen drei zylindrische Preßwalzen, die in Dreiecksform angeordnet sind, wobei allerdings auch Preßeinheiten mit zwei bis fünf oder mehr Walzen verwendet werden. Gewöhnlich werden drei bis sieben Sätze solcher Preßeinheiten verwendet, um einen Preßverbund zu bilden.
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Eine Presswalze enthält typischerweise einen zylindrischen Walzenkörper, der eng auf eine zentrale Welle aufgeschrumpft ist. Im Allgemeinen haben die meisten Preßwalzenkörper eine V-förmige, umlaufende Rillung auf der Umfangsfläche, um die Mahlfläche pro Ungeneinheit zu vergrößern. Die Größe der Rillung nimmt im Allgemeinen von der ersten Preßwalze zur letzten Preßwalze ab und kann variieren von vier bis sechs Rillen pro Zoll bei einer Ganghöhe von einem Zoll oder größer. Typischerweise enthält eine Drei-Walzen-Einheit eine ”obere Rolle” (oder ”obere Walze”) und zwei untere Rollen” (oder ”untere Walzen”), die in einem Dreiecksverhältnis angeordnet sind. Die beiden unteren Walzen enthalten m stromaufseitigen Ende eine ”Zuführwalze” oder ”Rohrwalze” zur Aufnahme des zerkleinerten Zuckerrohrs und am stromabseitigen Ende eine ”Abführwalze” oder ”Bagassewalze”, um die zerquetschte Bagasse herauszubefördern.
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Während des Preßverfahrens werden die Fasern und/oder Schäben bzw. die gesamte, gegebenenfalls von Blättern und/oder Blüten befreite Hanfpflanze zuerst in eine Öffnung zwischen der oberen und der Zuführwalze eingeführt. Dann wird die Bagasse zusammen mit etwas ausgepreßtem Saft von der Öffnung zwischen der oberen und der Zuführwalze zu der Öffnung zwischen der oberen und der Abführwalze über eine gekrümmte Platte geleitet, die zwischen der Zuführ- und Abführwalze unter der oberen Walze positioniert ist und häufig Umlenkplatte genannt wird. Der ausgepresste Saft wird in einem Safttrog unterhalb der unteren Walzen gesammelt. Die Presse sollte eine möglichst hohe Presskapazität aufweisen.
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Eine für das Auspressen der Fasern und/oder der Schäben der Hanfpflanze bew. der gesamten, gegebenenfalls von Blättern und/oder Blüten befreiten Hanfpflanze sehr geeignete Preßwalze ist auch in der
DE 693 04 347 T2 beschrieben, auf die hier vollständig Bezug genommen wird.
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Es ist weiterhin bevorzugt, dass die Hanfpflanze vor der Samenreife geerntet wird. Die Ernte der Hanfpflanze vor der Samenreife und die geringere Verweildauer der Hanfpflanze auf dem Feld haben den Vorteil, dass der Hanf in Deutschland zweimal im Jahr geerntet werden kann oder als zweite Ackerfrucht auf dem Feld eine zusätzliche Ernte im Jahr ermöglicht.
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Vorzugsweise wird die Hanfpflanze sofort nach der Ernte ausgepresst und weiterverarbeitet, ohne dass die Pflanze vor der Saftgewinnung getrocknet oder geröstet wird. Ohne Trocknung oder Röstung wird der Hanf dabei – wie oben beschrieben – auf vorzugsweise unter 15% Feuchtigkeitsgehalt (w/w) gepresst und damit sofort lagerfähig. Der Saft, die Blätter, sowie die Fasern und Schäben erleiden durch die sofortige Weiterverarbeitung keinerlei Qualitätseinbußen. Die Elastizität der Fasern in der Stängel-Ummantelung, sowie der Zellstofffasern in den Schäben ist vorteilhaft erhöht, wodurch die für die weitere Verwendung, zum Beispiel zur Herstellung von Dämm- und Dichtstoffen nützlich sind. Bei den Schäben bleibt durch das erfindungsgemäße Verfahren außerdem die natürliche helle Farbe erhalten, sodass zur Weiterverarbeitung zu Papier oder Windeln/Damenhygiene-Vorlagen etc, die umweltschädliche Bleiche, wie sie bei der Zellstoffherstellung aus Holz notwendig ist, entfallen bzw. reduziert werden kann.
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Ein weiterer Vorteil der Gewinnung des Pflanzensafts ohne vorherige Trocknung und Röstung der Pflanze ist die leichtere und sauberere Trennung der Fasern von den Schäben, da im frisch geernteten Zustand Fasern und Schäben durch eine trennende Schicht von Pflanzenflüssigkeit gegeneinander abgegrenzt sind. Bei der üblichen Trocknung oder Röstung geht diese trennende Pflanzenflüssigkeit verloren und an den Fasern bleiben beim Abschaben oft Schäbenteile kleben und umgekehrt. Dadurch werden weitere Arbeitsgänge erforderlich, die bei dem erfindungsgemäßen Verfahren entfallen können.
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Sollte die Pflanze nicht unmittelbar weiterverarbeitet werden können, wird sie vorzugsweise in geschlossenen Behältern aufbewahrt, in denen die verdunstete Flüssigkeit aufgefangen wird. Diese kann später dem gewonnenen Saft zugemischt werden oder vorzugsweise zur Bearbeitung von Lederoberflächen oder zur Herstellung von Hautkosmetik verwendet werden, da die verdunstete Flüssigkeit Stoffe enthält, die Leder und/oder Haut geschmeidig machen.
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Der durch die erfindungsgemäßen Verfahren gewonnene Saft ist direkt zum Verzehr geeignet, kann jedoch auch mit Kohlensäure versetzt oder zu einem Bierähnlichen Getränk vergoren und/oder destilliert werden. Ferner kann er als Beimischung in Kosmetika, Reinigungsmitteln oder, bevorzugt nach Verarbeitung zu Cremes oder Gelen, zu medizinischen Zwecken wie Wundheilung und Heilung von Ekzemen auf der Haut oder zu kosmetischen Zwecken verwendet werden. Aus dem gewonnenen Hanfsaft können auch Mischgetränke hergestellt werden. Vorzugsweise wird aus Hanfsaft ein bierähnliches Getränk gebraut.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 4410768 A1 [0023]
- DE 69304347 T2 [0027]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Cane Sugar Handbook, James C. P. Chen, 11. Aufl., John Wiley & Sons (1984) [0024]