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Die
Erfindung betrifft ein Sitzgelenk mit einem trägergestellseitigen
Auflagerteil mit einer oberen Trägerfläche und
einem sitzseitigen Abrollelement, das zum Abrollen auf dem Auflagerteil
um eine horizontale Achse eingerichtet ist, wobei das Auflagerteil
und das Abrollelement relativ zueinander beweglich verbunden sind
und beim Abrollen aus einer Ruhelage am Abrollelement ein dem Abrollen
entgegengerichtetes Kippmoment entsteht. Des Weiteren betrifft die
Erfindung eine Sitzvorrichtung, die mit einem derartigen Sitzgelenk
ausgestattet ist.
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Ein
Sitzgelenk für eine aktiv-dynamische Sitzvorrichtung, insbesondere
für einen in Bezug auf ein Trägergestell verschwenkbaren
oder neigbaren Sitz, umfasst gemäß
EP 1 005 812 ein Auflagerteil mit
einer konvex gekrümmten Trägerfläche
und eine mit einem Sitz verbundene Platte. Zur Kopplung der Platte
mit der Trägerfläche des Auflagerteils ist ein zentraler
Stift vorgesehen, der ein allseitiges Verschwenken der Platte relativ
zum Auflagerteil ermöglicht. Das Verschwenken umfasst eine
Bewegung der Platte auf dem Auflagerteil, die mit einem Abrollen beschrieben
werden kann.
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Das
in
EP 1 005 812 beschriebene
Sitzgelenk hat die folgenden Eigenschaften, die für bestimmte
Anwendungen des Sitzgelenks von Nachteil sein können. Erstens
ermöglicht das Sitzgelenk kein mechanisch stabiles Sitzen.
Beim Verschwenken des Sitzes mit der Platte relativ zum Auflagerteil
tritt ein Kippmoment auf, welches die Schwenkbewegung unterstützt.
Die sitzende Person muss sich, falls keine weiteren Stabilisierungsmaßnahme,
z. B. am Trägergestell, vorgesehen ist, laufend mit den Beinen gegenüber
dem Fußboden abstützen. Dieses Abstützen
kann beim aktiv-dynamischen Sitzen gewünscht sein, stellt
aber bei vielen Anwendungen von Sitzvorrichtungen, z. B. im Bürobereich
eine nachteilige, unerwünschte Zusatzbelastung für
die sitzende Person dar. Des Weiteren hat das genannte Sitzgelenk
einen komplexen Aufbau. Das Sitzgelenk umfasst mehrere Einzelteile,
die für ein korrektes Zusammenwirken mit Präzisionswerkzeugen
hergestellt werden müssen.
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Ein
weiteres Sitzgelenk, dass zur Verbindung eines verschwenkbaren Sitzes
mit einem Trägergestell vorgesehen ist, wird in
DE 100 03 197 A1 betrieben.
Bei diesem Sitzgelenk ist ebenfalls ein Auflagerteil vorgesehen,
auf dem mit einem zentralen Stift eine mit dem Sitz verbundene Platte
befestigt ist. Die zueinanderweisenden Seiten des Auflagerteils
und der Platte sind so geformt, dass bei Ausübung eines
Kippmoments am Sitz eine abrollende Schwenkbewegung des Sitzes über
dem Auflagerteil ausgeführt wird. In
DE 100 03 197 A1 ist offenbart, dass
das Auflagerteil wie in
EP 1
005 812 eine konvex gekrümmte oder alternativ
eine ebene Trägerfläche des Auflagerteils aufweist,
wobei auf der Trägerfläche entsprechend eine ebene
oder eine zum Trägergestell hin gekrümmte Platte
angeordnet ist. Die Kombination aus einer gekrümmten Trägerfläche
und einer ebenen Platte hat die selben Nachteile wie das Sitzgelenk
gemäß
EP 1
005 812 . Die abgewandelte Variante mit einer Kombination
aus einer ebenen Trägerfläche und einer gekrümmten
Platte hat zwar den Vorteil, dass die mechanische Instabilität
des Sitzgelenks überwunden werden kann. Dennoch hat auch das
Sitzgelenk gemäß
DE 100 03 197 A1 erhebliche Nachteile, durch
die eine Anwendung in der Praxis beschränkt ist.
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Ein
erster Nachteil besteht darin, dass für die Kopplung zwischen
dem Auflagerteil und der Platte des Sitzes eine Blatt feder vorgesehen
ist. Mit der Blattfeder sollen unerwünschte Verschiebungen
des Sitzes relativ zum Trägergestell vermieden werden. Dadurch
wird die Einstellung des rückstellenden Kippmoments nicht
allein durch das Gewicht der sitzenden Person, sondern zusätzlich
durch die elastische Rückstellkraft der Blattfeder bestimmt.
Die elastische Rückstellkraft repräsentiert jedoch
einen vom Gewicht der sitzenden Person abhängigen Einfluss auf
das rückstellende Kippmoment, so dass das dynamische Verhalten
des herkömmlichen Sitzgelenks für jedes Gewicht
anders ausgeprägt ist. Ein weiterer Nachteil besteht im
komplexen Aufbau des herkömmlichen Sitzgelenks, wobei die
Blattfeder eine unerwünschte Zusatzmasse darstellt. Ein
weiterer Nachteil besteht schließlich in der beschränkten
Benutzungssicherheit des herkömmlichen Sitzgelenks, bei
dem die Gefahr besteht, dass eine sitzende Person sich beim Verschwenken
des Sitzes unbeabsichtigt die Finger einklemmt.
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Ein
weiteres gattungsgemäßes Sitzgelenk ist in
DE 10 2006 036 816 beschrieben,
bei dem das Auflagerteil und das Abrollelement über mindestens zwei
Kopplungsstifte, z. B. Stahlseile miteinander gekoppelt und relativ
zueinander beweglich verbunden sind.
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Die
Aufgabe der Erfindung ist es, ein verbessertes Sitzgelenk bereitzustellen,
mit dem Nachteile herkömmlicher Sitzgelenke überwunden
werden. Die Aufgabe der Erfindung besteht auch in der Bereitstellung
einer verbesserten Sitzvorrichtung, die mit einem verbesserten Sitzgelenk
ausgestattet ist.
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Diese
Aufgaben werden durch ein Sitzgelenk und eine Sitzvorrichtung mit
den Merkmalen der unabhängigen Ansprüche gelöst.
Vorteilhafte Ausführungsformen und Anwendungen der Erfindung
ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen.
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Die
Erfindung basiert auf der allgemeinen technischen Lehre, ein gattungsgemäßes
Sitzgelenk mit einem Auflagerteil, einem relativ zum Auflagerteil verschwenkbaren
Abrollelement und einer Kopplungseinrichtung zur gegenseitigen Verankerung
des Abrollelements und des Auflagerteils derart auszubilden, dass
die Kopplungseinrichtung ein einziges Kopplungselement umfasst,
das sich durch das Auflagerteil und das Abrollelement erstreckt
und eine Führung mit einer gegenseitigen Verbindung bei
einer Abrollbewegung des Abrollteils auf dem Auflagerteil bildet,
wobei eine horizontale Verschiebung des Abrollelements relativ zum
Auflagerteil durch das Kopplungselement behindert wird. Erfindungsgemäß sind
das Auflagerteil und das Abrollelement ausschließlich über
das einzige Kopplungselement verbunden. Das Kopplungselement ist
mit mindestens einem von dem Auflagerteil und dem Abrollelement beweglich
gekoppelt (insbesondere beweglich verankert). Vorteilhafterweise
hat sich gezeigt, dass mit der Bereitstellung des alleinigen Kopplungselements eine
Kopplung des Abrollteils mit dem Auflagerteil im Unterschied zum
Stand der Technik ohne eine zusätzliche Blattfeder möglich
ist. Das erfindungsgemäße Sitzgelenk zeichnet
sich dadurch aus, dass ausschließlich durch das Kopplungselement
eine ausreichende Kopplung des Abrollelements und des Auflagerteils
relativ zueinander realisiert werden kann.
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Die
Erfindung basiert gemäß einem weiteren Gesichtspunkt
auf der allgemeinen technischen Lehre, eine Sitzvorrichtung bereitzustellen,
die mit dem erfindungsgemäßen Sitzgelenk ausgestattet
ist. Die Sitzvorrichtung umfasst vorzugsweise mindestens einen Sitz
und mindestens ein Trägergestell, wobei das Sitzgelenk
so angeordnet ist, dass das Abrollelement mit dem Sitz und das Auflagerteil
mit dem Trägergestell verbunden ist.
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Mit ”Sitzvorrichtung” werden
hier alle Konstruktionen bezeichnet, die dazu eingerichtet sind, als
Sitzunterlage zu dienen, wie beispielsweise Hocker, Stühle,
Sessel, Barhocker, Bänke oder ein Teil einer Systembestuhlung.
Mit ”Sitz” wird hier jedes Bauteil bezeichnet,
das als Träger für eine sitzende Person dient.
Mit ”Trägergestell” werden hier Vorrichtungen
bezeichnet, die auf den Sitz aufgebrachte Kräfte in einen
Boden ableiten. Der Sitz ist im normalen Anwendungszustand der Sitzvorrichtung
horizontal ausgerichtet und vertikal oberhalb des Trägergestells
angeordnet.
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Das
erfindungsgemäße Sitzgelenk zeichnet sich vorteilhafterweise
bei Verschwenkung oder Neigung des Sitzes gegenüber einer
vertikalen Bezugsrichtung durch eine Selbststabilisierung aus. Das Sitzgelenk
ist so gebildet, dass das sitzseitige Abrollelement in Ruhelage
des Sitzgelenks im wesentlichen horizontal ausgerichtet ist und
beim Auslenken des Sitzgelenks aus der Ruhelage ein Kippmoment entsteht,
das der Auslenkung entgegengerichtet ist. Das rückstellende
Kippmoment (Rückstellmoment) wird ausschließlich
durch die bei der Auslenkung am Sitz oder Sitzgelenk angreifende
Schwerkraft durch das Gewicht einer sitzenden Person gebildet.
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Vorteilhafterweise
kann das Sitzgelenk frei von elastisch federnden Bauteilen aufgebaut
sein, die sich auf das Rückstellmoment auswirken. Selbst wenn
das Kopplungselement biegsam gebildet ist (siehe unten), ist das
Drehmoment, das durch das ggf. gebogene oder federnd gelagerte Kopplungselement
gebildet wird, vernachlässigbar gering gegenüber
dem Rückstellmoment, das durch die Form des Abrollelements
und/oder des Auflagerteils bestimmt wird. Die bei Verschwenkung
oder Neigung des Sitzes gebildete Rückstellkraft ist bei
gegebenem Schwenkwinkel stets proportional zu dem Gewicht der sitzenden
Person. Die Rückstellkraft muss nicht in Abhängigkeit
vom Ge wicht der sitzenden Person verändert werden. Dadurch
wird stets eine optimale Balancierwirkung erzielt.
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Wenn
gemäß einer bevorzugten Ausführungsform
der Erfindung das Auflagerteil eine ebene, im Betriebszustand des
Sitzgelenks horizontale Trägerfläche aufweist,
können sich Vorteile für die einfache Einstellung
einer vorbestimmten Rückstellwirkung allein durch den Krümmungsradius
des Abrollelements geben. Des Weiteren wird der Aufbau des Sitzgelenks
mit einer ebenen Trägerfläche vereinfacht.
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Gemäß einer
alternativen Ausführungsform der Erfindung kann die Trägerfläche
des Auflagerteils eine gekrümmte Hohlform bilden. Die Trägerfläche
ist in diesem Fall von der Mitte zum Rand des Auflagerteils hin
nach oben gekrümmt. Die Trägerfläche
hat eine konkave Form. Die Ausführungsform des erfindungsgemäßen
Sitzgelenks mit einer gekrümmten Trägerfläche
des Auflagerteils hat den Vorteil, dass bei seitlicher Verschwenkung
des Sitzes und einer entsprechenden Abrollbewegung des Abrollelements auf
der gekrümmten Trägerfläche das Rückstellmoment
mit zunehmender Verschwenkung stärker als bei einem ebenen
Auflager anwächst. Vorteilhafterweise kann das Sitzgelenk
mit einer gekrümmten Trägerfläche des
Auflagerteils eine verkleinerte Bauform aufweisen.
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Gemäß einer
weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung besteht
das Kopplungselement aus einem biegsamen Kopplungsstift, insbesondere
aus einem elastisch biegsamen Kopplungsstift. Der Kopplungsstift
umfasst z. B. ein Stahlseil oder ein Kunststoffseil. Das Stahl-
oder Kunststoffseil weist an wenigstens einem Ende einen Verankerungsvorsprung
auf. Gemäß einer Variante ist beispielsweise vorgesehen,
dass das Stahl- oder Kunststoffseil mit einem ersten Ende an einem
von dem Auflagerteil und dem Abrollelement befestigt ist und durch
eine Bohrung im jeweils anderen von dem Auflagerteil und dem Abrollelement
hindurch ragt. Der Verankerungsvorsprung an dem hindurchragenden Ende
verhindert ein komplettes Abheben des Abrollelements vom Auflagerteil.
Gemäß einer zweiten Variante sind an beiden Enden
des Stahl- oder Kunststoffseils Verankerungsvorsprünge
vorgesehen, mit denen das Seil einerseits am Abrollelement und andererseits
am Auflagerteil verankert ist.
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Die
Verwendung eines biegsamen Kopplungselements ist jedoch nicht zwingend
erforderlich. Gemäß einer weiteren, alternativen
Ausführungsform der Erfindung kann das Kopplungselement
einen starren Kopplungsstift, z. B. eine Stahlstange oder eine Kunststoffstange
umfassen.
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Das
biegsame oder starre Kopplungselement kann einen Kopplungsstift
mit einem Mantel (Hülle) aus einem elastischen Material,
z. B. Gummi aufweisen, so dass vorteilhafterweise eine federnde Lagerung
des Kopplungsstifts bereitgestellt oder verbessert wird.
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Weitere
Vorteile für eine kompakte Bauform des Sitzgelenks ergeben
sich, wenn das Kopplungselement einen Durchmesser aufweist, der
geringer als 11 mm, insbesondere geringer als 6 mm ist.
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Wenn
das Kopplungselement gemäß einer weiteren Variante
der Erfindung eine federnde Kopplung des Kopplungselements relativ
zu mindestens einem von dem Auflagerteil und dem Abrollelement vorgesehen
ist, insbesondere das Kopplungselement an dem Auflagerteil und/oder
an dem Abrollelement federnd verankert ist, können vorteilhafterweise
Geräusche bei der Abrollbewegung vermieden werden.
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Wenn
gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführungsform
der Erfindung das Sitzgelenk mit einer Arretiereinrichtung ausgestattet
ist, kann die Funktionalität des Sitzgelenks vorteilhafterweise
erweitert werden. Mit der Arretiereinrichtung, die vorzugsweise
an einem äußeren Rand des Abrollelements oder
des Auflagerteils vorgesehen ist, kann die Abrollbewegung des Abrollelements
blockiert werden.
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Gemäß einer
weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung kann
an einem äußeren Rand des Abrollelements oder
des Auflagerteils eine Abdeckungseinrichtung vorgesehen sein, mit
der vorteilhafterweise die Betriebssicherheit des Sitzgelenks verbessert
wird. Die Abdeckungseinrichtung bildet eine Abschirmung des Abstandes
zwischen dem Auflagerteil und dem Abrollelement gegenüber der
Umgebung. Entsprechend kann ein unbeabsichtigtes Einklemmen einer
sitzenden Person beim Abrollen des Abrollelements ausgeschlossen
werden. Besonders bevorzugt ist eine Variante der Erfindung, bei
der die Abdeckungseinrichtung ein Winkelelement umfasst, dass sich
am äußeren Rand des Abrollelements erstreckt,
wie z. B. ein ringförmiges Winkelelement, das den gesamten
Rand des Abrollelements umgibt.
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Gemäß einer
besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfindung können
die Funktionen der Arretiereinrichtung und der Abdeckungseinrichtung
kombiniert werden. Wenn die Abdeckungseinrichtung um die vertikale
Achse verschwenkbar am Abrollelement befestigt und die Arretiereinrichtung als
Teil der Abdeckungseinrichtung gebildet ist, kann vorteilhafterweise
durch ein Verschwenken der Abdeckungseinrichtung, z. B. unter Verwendung
eines an der Abdeckungseinrichtung angebrachten Hebels, das Sitzgelenk
arretiert oder freigegeben werden.
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Vorteilhafterweise
ergibt sich ein besonders einfacher Aufbau des Sitzgelenks, wenn
die Arretiereinrichtung eine Kombination aus mindestens einer einwärts
gebogenen Lasche des Winkelelements der Abdeckungseinrichtung und
mindestens einer dazu passenden Ausnehmung am Rand des Auflagerteils gebildet
wird. In einem Freigabezustand ist die Abdeckungseinrichtung so
eingestellt, dass die mindestens eine Lasche und die mindestens
eine Ausnehmung fluchtend ausgerichtet sind, so dass beim Verschwenken
des Sitzgelenks die Lasche sich frei durch die Ausnehmung bewegen
kann. In einem Arretierzustand ist die Abdeckungseinrichtung so
verschenkt, dass die Lasche den Rand des Auflagerteils hintergreift.
In diesem Zustand ist die Abrollbewegung des Abrollelements auf
dem Auflagerteil und damit die Verschwenkbarkeit des Sitzgelenks
blockiert.
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Wenn
gemäß einer weiteren Variante der Erfindung zwischen
dem Auflagerteil und dem Abrollelement ein geräuschdämpfendes
Material angeordnet ist, können sich Vorteile aus der Vermeidung
von Geräuschen während der Abrollbewegung ergeben. Das
geräuschdämpfende Material bildet vorzugsweise
eine Schicht auf einer Oberfläche von mindestens einem
des Auflagerteils und des Abrollelements.
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Ein
weiterer Vorteil der Erfindung besteht in der Möglichkeit,
die Bewegungscharakteristik des Sitzgelenks durch die Gestalt der
zum Auflagerteil weisenden Oberfläche des Abrollelements
(Abrollfläche) einzustellen. Beispielsweise ist es möglich,
dass die Abrollfläche des Abrollelements einem Ausschnitt einer
Zylindermantelfläche entspricht. In diesem Fall ist das
Abrollelement in genau eine Richtung auf dem Auflagerteil verschwenkbar.
Die sitzende Person kann beispielsweise nach vorne und nach hinten schwenken.
Diese beschränkte Verschwenkbarkeit ist insbesondere bei
der Anwendung der Erfindung in einer Systembestuhlung von Vorteil.
Alternativ kann das Abrollelement eine allseits gekrümmte
Abrollfläche, z. B. in Form einer Kugelschale aufweisen,
so dass vorteilhafterweise ein allseitige Verschwenkbarkeit des
Sitzgelenks gegeben ist.
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Wenn
gemäß einer weiteren Variante der Erfindung das
Abrollelement einen Teil des Sitzes bildet, können sich
Vorteile für eine einfache und leichte Bauform der Sitzvorrichtung
ergeben.
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Weitere
Einzelheiten und Vorteile der Erfindung werden aus der folgenden
Beschreibung bevorzugter Ausführungsformen unter Bezug
auf die beigefügten Zeichnungen ersichtlich. Es zeigen:
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1 bis 3:
verschiedene Ausführungsformen erfindungsgemäßer
Sitzgelenke;
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4:
eine Draufsicht auf eine Arretiereinrichtung, die bei der Ausführungsform
gemäß 3 vorgesehen sein kann;
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5 und 6:
weitere Ausführungsformen des erfindungsgemäßen
Sitzgelenks; und
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7:
eine schematische Illustration einer erfindungsgemäßen
Sitzvorrichtung.
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Die
in den Zeichnungen gezeigten Ausführungsformen des erfindungsgemäßen
Sitzgelenks sind mit schematischen Schnittdarstellungen illustriert.
Die Zeichnungen zeigen die Teile des Sitzgelenks und der Sitzvorrichtung
mit der Ausrichtung, die dem Anwendungszustand der Sitzvorrichtung
entspricht, in der sich insbesondere der Sitz oberhalb vom Trägergestell
befin det. Einander entsprechende Teile des Sitzgelenks und der Sitzvorrichtung
sind in den Zeichnungen mit den gleichen Bezugszeichen versehen.
In den 1 bis 5 ist ein Sitzgelenk mit einer
allseitigen Neigbarkeit gezeigt, während 6 die
Variante mit einer Neigbarkeit in nur eine Richtung illustriert.
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1 zeigt
eine erste Ausführungsform des erfindungsgemäßen
Sitzgelenks 100, das zwischen dem Sitz 210 und
dem Trägergestell 220 einer erfindungsgemäßen
Sitzvorrichtung 200 (siehe auch 7) angeordnet
ist. Der Sitz 210 umfasst in an sich bekannter Weise eine
Sitzplatte 211 und ein Sitzpolster 212, beispielsweise
aus mit Textil abgedecktem Schaumstoff. Das Trägergestell 220 umfasst
beispielsweise, wenn das Sitzgelenk in einen Bürostuhl
eingebaut wird, ein Fußteil 221, eine Trägersäule 222 und
ein am oberen Ende der Trägersäule 22 angebrachtes
Verbindungsstück 223. Das Fußteil 221 kann
beispielsweise mit einer glatten oder einer gekrümmten
Oberfläche auf dem Boden stehen. Alternativ kann als Trägergestell
ein mit Rollen versehenes Drehgestell wie das eines Bürostuhls vorgesehen
sein. Alternativ können als Trägergestell Wandhalterungen
zur Montage an einer Wand vorgesehen sein. Es ist zudem möglich,
dass auf einem Trägergestell mehr als ein Sitzelement angeordnet ist,
beispielsweise bei Bänken oder einer Hörsaalbestuhlung.
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Das
Sitzgelenk 100 umfasst das trägergestellseitige
Auflagerteil 110, das Abrollelement 120, die Kopplungseinrichtung 130,
die Arretiereinrichtung 140 und die Abdeckungseinrichtung 150.
Die Komponenten 120, 140 und 150 sind
auf der im Anwendungszustand unteren Seite der Sitzplatte 211 vorgesehen.
Die Unterseite des Auflagerteils 110 ist mit dem Verbindungsstück 223 des
Trägergestells 220 fest verbunden.
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Das
Auflagerteil 110 umfasst eine ebene Platte, z. B. aus Kunststoff
oder Metall mit einer runden oder eckigen Grundfläche.
Die Dicke des Auflagerteils 110 beträgt bei Verwendung
von Stahlblech z. B. 2 mm bei einem Durchmesser von 15 cm. Auf der
im Anwendungszustand oberen Seite des Auflagerteils 110 ist
die Trägerfläche 111 für das
Abrollelement 120 vorgesehen, die bei der dargestellten
Ausführungsform der Erfindung durch die Oberseite der Auflageschicht 113 aus
einem geräuschdämpfenden Material gebildet wird.
Die Auflageschicht 113 umfasst beispielsweise ein gummielastisches
Material oder ein textiles Material, insbesondere Filz. Die Dicke
der Auflageschicht 113 wird in Abhängigkeit vom verwendeten
Material so gewählt, dass die gewünschte Schalldämpfung
erreicht wird. Die Dicke der Auflageschicht 113 ist beispielsweise
im Bereich von 0.5 mm bis 2 mm gewählt.
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Das
Abrollelement 120 umfasst eine Kalotte 121, deren
nach unten weisende Oberfläche eine Abrollfläche 122 bildet,
die auf der Trägerfläche 111 des Auflagerteils 110 ruht.
Die Abrollfläche 122 hat z. B. die Form eines
Ausschnitts einer Zylinder- oder Kugeloberfläche mit einem
vorbestimmten Krümmungsradius. Alternativ kann die Abrollfläche 122 eine Krümmung
von einem von der Mitte zum äußeren Rand 123 veränderlichen,
z. B. zunehmendem Krümmungsradius aufweisen. Die Kalotte 121 ist über
ein Halteelement 124 (z. B. einen Haltering) mit der Sitzplatte 211 verbunden.
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Die
Kalotte 121 besteht z. B. aus Kunststoff, Metall oder Holz.
Die Dicke der Kalotte 121 ist so gewählt, dass
das Sitzgelenk 100 eine genügende mechanische
Stabilität bei Belastung durch eine sitzende Person aufweist.
Der Krümmungsradius der Abrollfläche 122 ist
so gewählt, dass der Krümmungsmittelpunkt der
Abrollfläche in jedem Zustand der Abrollbewegung des Abrollelements 120 auf
dem Auflagerteil 110 oberhalb des Schwerpunkts der sitzenden Person
liegt. Typischerweise ist der Krümmungsradius größer
als 20 cm, vorzugsweise größer als 35 cm gewählt.
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Die
Kopplungseinrichtung 130 umfasst ein einziges Kopplungselement 131,
durch das das Auflagerteil 110 und das Abrollelement 120 so
miteinander verbunden sind, dass das Abrollelement 120 eine Abrollbewegung
ausführen kann, ohne jedoch in horizontaler Richtung verschiebbar
zu sein. Hierzu ist das Kopplungselement 131 in der Mitte
des Abrollelements 120 angeordnet. Beim dargestellten Beispiel sind
in dem Auflagerteil 110 und dem Abrollelement 120 jeweils
Bohrungen 115, 125 vorgesehen, durch die das Kopplungselement 131 hindurch
ragt. Das Kopplungselement 131 steht an der Bohrung 125 senkrecht
auf der Abrollfläche 122. An seinem Ende weist
das Kopplungselement 131 zur Verankerung an den Teilen 110, 120 Verankerungsvorsprünge 133 mit
einem Durchmesser größer als der Durchmesser der
Bohrungen 115, 125 auf.
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Das
Kopplungselement 131 umfasst z. B. ein Stahlseil. Bei einem
Krümmungsradius der Kalotte 121 von 35 cm und
einer ebenen Trägerfläche 111 hat das
Kopplungselement z. B. einen Durchmesser von 8 mm und eine Länge
von 2,5 cm. Als Verankerungsvorsprünge sind an den Enden
des Stahlseils z. B. quer stehende Schrauben oder Plomben befestigt oder
Verdickungen, z. B. durch Quetschenden gebildet.
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Die
Arretiereinrichtung 140 umfasst beim dargestellten Beispiel
zwei oder mehr schematisch illustrierte Schwenkhebel 141,
die um eine vertikale Achse drehbar an der Unterseite der Sitzplatte 211 befestigt
sind. Die Schwenkhebel 141 sind von einer tangentialen
Ausrichtung (Freigabezustand) in eine radiale Ausrichtung (Arretierzustand,
in 1 illustriert) verschwenkbar. Im Arretierzustand
greifen die Schwenkhebel 141 in den Abstand zwischen dem Abrollelement 120 und
dem Auflagerteil 110, so dass die Abrollbewegung des Abrollelements 120 blockiert wird.
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Die
Abdeckungseinrichtung 150 umfasst ein Ringblech 151,
dass an dem äußeren Umfangsrand der Sitzplatte 211 befestigt
ist und sich, abgesehen von Zugriffsöffnungen zu den Schwenkhebeln 141 entlang
des gesamten Umfangs des Sitzgelenks 100 erstreckt.
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Bei
einer Gewichtsverlagerung einer auf dem Sitz 210 sitzenden
Person erfolgt eine Abrollbewegung des Abrollelements 120 auf
dem Auflagerteil 110. Der lokale Drehpunkt der Abrollbewegung
wandert von der Mitte der Trägerfläche 111 zum
Rand, wobei durch das Gewicht der sitzenden Person das Rückstellmoment
gebildet wird, unter dessen Wirkung ohne äußere
Kräfte das Abrollelement 120 zurückrollt.
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2 zeigt
eine abgewandelte Ausführungsform des Sitzgelenks 100 als
Teil der Sitzvorrichtung 200, bei dem das Abrollelement 120 als
Teil der Sitzplatte 211 des Sitzes 210 gebildet
ist. Die Sitzplatte 211 umfasst bei dieser Variante der
Erfindung ein zumindest teilweise hohles, schalenförmiges
Bauteil, in dessen Inneres das Kopplungselement 131 ragt.
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Die 3 und 4 zeigen
eine weitere Ausführungsform des erfindungsgemäßen
Sitzgelenks 100, die sich gegenüber der Ausführungsform gemäß 1 durch
die Gestaltung der Arretiereinrichtung 140 und der Abdeckungseinrichtung 150 unterscheiden.
Die Arretiereinrichtung 140 wird durch eine Kombination
von Laschen 142 der Abdeckungseinrichtung 150 und
Ausnehmungen 143 gebildet, die im äußeren
Rand des Auflagerteils 110 vorgesehen sind. Die Abdeckungseinrichtung 150 umfasst
einen Winkelring 152, der in schematischer Draufsicht in 4 illustriert
ist. Der horizontale Teil des Winkelrings 152 ist an der
Sitzplatte 211 des Sitzes 210 angeschraubt. Die
Schrauben 153 sitzen in Langlöchern 154,
so dass die Abdeckungseinrichtung 150 um die vertikale
Achse verschwenkbar ist (siehe Doppelpfeil in 4).
Zur manuellen Verschwenkung der Abdeckungseinrichtung 150 kann
beispielsweise ein Griff 155 vorgesehen sein.
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Durch
die Verschwenkung der Abdeckungseinrichtung 150 kann diese
so eingestellt werden, dass die Laschen 142 mit den Ausnehmungen 143 im
Auflagerteil 110 fluchtend ausgerichtet sind. Dadurch kann
bei Verschwenken des Sitzes 210 das Abrollelement 120 auf
dem Auflagerteil 110 abrollen (Freigabezustand). Wenn die
Abdeckungseinrichtung 150 verschwenkt wird, können
die Laschen 142 mit dem Rand des Auflagerteils 110 überlappen.
In diesem Fall ist die Schwenkbewegung blockiert (Arretierzustand).
Für einen gleitenden Übergang vom Freigabezustand
zum Arretierzustand kann an den Rändern der Ausnehmungen 143 eine
rampenförmige Schräge vorgesehen sein, auf der
die Lasche 142 im Arretierzustand zumindest teilweise aufsitzt.
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5 zeigt
eine weitere Ausführungsform der Erfindung, bei der im
Unterschied zu den 1 bis 4 ein Auflagerteil 110 mit
einer gekrümmten Trägerfläche 111 vorgesehen
ist. Die Trägerfläche 111 hat als Ausschnitt
einer Kugelfläche oder einer Zylindermantelfläche
einen konstanten Krümmungsradius oder alternativ einen
zum Rand sich verändernden, insbesondere vergrößernden
Krümmungsradius. Der Krümmungsradius der Trägerfläche 111 wird
z. B. 20 cm bis 30 cm größer als der Krümmungsradius
der Kalotte 121 gewählt. Bei einer Abrollbewegung
des Abrollelements auf der gekrümmten Trägerfläche
bewegt sich der aktuelle Krümmungsmittelpunkt der Ab rollbewegung
auf der Trägerfläche 111 nach oben. Entsprechend
wächst das Rückstellmoment mit dem Winkel der
Verschwenkung.
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6 illustriert
das Auflagerteil 110 und das Abrollelement 120 des
Sitzgelenks 100 bei einer Ausführungsform mit
beschränkter Verschwenkbarkeit in genau eine Richtung.
Die Abrollfläche des Abrollelements hat die Form einer
Zylindermantelfläche. Die Bohrung 125 zur Aufnahme
des Kopplungselements ist auf einer horizontalen Linie angeordnet,
die senkrecht zur Achse des Zylinders verläuft.
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7 zeigt
beispielhaft eine Ausführungsform der erfindungsgemäßen
Sitzvorrichtung 200 mit dem Sitz 210, dem Trägergestell 220 und
dem Sitzgelenk 100 (gestrichelt gezeigt). Alternativ zur
illustrierten Anwendung im Bürostuhl kann das erfindungsgemäße
Sitzgelenk auch in anderen Stuhltypen wie z. B. einem Sessel vorgesehen
sein.
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Die
in der vorstehenden Beschreibung, deren Zeichnungen und den Ansprüchen
offenbarten Merkmale der Erfindung können sowohl einzeln
als auch in Kombination für die Verwirklichung der Erfindung
in ihren verschiedenen Ausgestaltungen von Bedeutung sein.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- - EP 1005812 [0002, 0003, 0004, 0004]
- - DE 10003197 A1 [0004, 0004, 0004]
- - DE 102006036816 [0006]