DE19856052A1 - Konjugat zur Anreicherung in neuronalen Zellen - Google Patents
Konjugat zur Anreicherung in neuronalen ZellenInfo
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Abstract
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Konjugat zur Einführung von Wirkstoffen in neuronale Zellen, wobei das Konjugat die schwere Kette eines Toxins der Gattung Clostridium und mindestens einen Wirkstoff umfaßt, wobei die leichte Kette des Toxins abwesend ist. Weiter betrifft die Erfindung ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Konjugats, einen Kit und die Verwendung des Konjugats.
Description
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Konjugat zur Anreicherung in neuronalen
Zellen, ein Verfahren zur Herstellung des Konjugats, einen Kit sowie die Verwen
dung dieser Gegenstände.
Es gibt verschiedenste Krankheiten, die Zellen des zentralen und/oder peripheren
Nervensystems betreffen. Beispielsweise seien Morbus Parkinson, Alzheimer
Krankheit, Schlaganfall, Hirntumore (z. B. Gliome, Medulloblastome, Astrozyto
me) oder Neuroblastome, genannt. Das Neuroblastom macht etwa 8-10% aller
Krebserkrankungen bei Kindern aus und stellt den häufigsten extrakraniellen
soliden Tumor bei Kindern dar. Das Neuroblastom entsteht aus neuroektoderma
len Zellen der Neuralleiste. Diese Zellen wandern während der Embryonalent
wicklung aus der Neuralleiste aus und bilden das sympathische Nervensystem
und das Nebennierenmark. Gesichert gilt inzwischen, daß es bei etwa 30% der
höher-malignen Neuroblastomen zu einer Amplifikation von MYC N kommt,
wobei die Menge der Amplifikation von MYC N mit der Agressivität des Tumor
wachstums korreliert ist. Insgesamt ist für alle Neuroblastome festzustellen, daß
diese durch ein komplexes Krankheitsbild und einen heterogenen Krankheits
verlauf charakterisiert sind. Während es bei einigen Patienten zur spontanen
Regression des Tumors kommt, schreitet die Krankheit bei ungefähr der Hälfte
der Patienten trotz intensiver Therapie fort. Auch bei Hirntumoren ist die Thera
pie schwierig. Dies liegt insbesondere daran, daß die meisten Medikamente be
stimmte Zellschranken, wie die Blut-Hirn-Schranke, nicht passieren können und
überhaupt nicht an den gewünschten Wirkort kommen. Auch radiologische
Behandlungen sind lange nicht so erfolgreich wie wünschenswert. Hier wäre
eine medikamentöse Vorbehandlung der Tumoren zur Photosensibilisierung
sicher dem Erfolg der nachträglichen Strahlenbehandlung zuträglich (photody
namische Therapie). Aber auch diese scheitert daran, daß keine Wege bereit
stehen, wie die Mittel in die erkrankten Zellen gelangen. Die vorstehend aufge
zeigte Problematik bei Neuroblastomen und Hirntumoren besteht generell für alle
Erkrankungen des Nervensystems, da auch bei anderen Erkrankungen als Krebs
erkrankungen die therapeutischen und diagnostischen Wirkstoffe nicht effizient
in Nervenzellen gelangen.
Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht nun darin, ein Mittel bereitzu
stellen, mit dem unterschiedlichste Substanzen bzw. Wirkstoffe in neuronale
Zellen eingeführt werden können.
Diese Aufgabe wird durch die Gegenstände der Patentansprüche gelöst.
Von den Erfindern wurde herausgefunden, daß mit einem Konjugat, das die
schwere Kette eines Toxins der Gattung Clostridium unterschiedlichste Sub
stanzen bzw. Wirkstoffe mit therapeutischer oder diagnostischer Wirkung in
neuronale Zellen transportiert werden können. Die schwere Kette eines Toxins
der Gattung Clostridium vermittelt den Wirkstoffen die gewünschte Zellpermea
bilität für neuronale Zellen. Erfindungsgemäß sollen unter der "schweren Kette
eines Toxins der Gattung Clostridium" auch Fragmente oder Modifikationen (z. B.
Austausche, Inversionen, Deletionen oder Insertionen) zu verstehen sein, die
aber weiterhin Transporteigenschaften in neuronale Zellen aufweisen. Unter
einem "Toxin der Gattung Clostridum" sind beispielsweise das Tetanus-Toxin,
Botulinus-Toxin sowie seine Serotypen (A-G) dieser zu verstehen. Dabei ist der
primäre Wirkort von Tetanus-Toxin das zentrale Nervensystem und von Botuli
nus-Toxin das periphere Nervensystem.
Mit Zellpermeabilität wird hier die Eigenschaft von Substanzen bzw. Wirkstoffen
bezeichnet, in neuronale Zellen einzudringen. Diese Eigenschaft findet sich natur
gegeben allerdings wie bereits oben ausgeführt nur bei wenigen Substanzen. Die
meisten Substanzen benötigen Hilfsmittel bzw. Verfahren, um in Zellen ein
zudringen. Beispiele hierfür sind Mikroinjektion, Elektroporation, Assoziation mit
kationischen Lipiden, Liposomenbildung, Rezeptor-vermittelte Endocytose und
Virusinfektion. Diese Hilfsmittel bzw. Verfahren weisen jedoch große Nachteile
auf. Insbesondere sind sie teuer, erfordern komplexe Versuchsanordnungen und
sind nur begrenzt einsetzbar. Ferner ist ihre Effizienz gering und sie erweisen
sich oft als toxisch. Diese Probleme können mit den erfindungsgemäßen Kon
jugaten umgangen werden. Dies gilt insbesondere deshalb, da nur die nicht
toxische schwere Kette des Toxins verwendet wird und nicht das gesamte
Toxin, wie in WO 95/32738, das aus zwei Polypeptidketten (leichte Kette und
schwere Kette) aufgebaut ist. Das Toxin der Gattung Clostridium wurde erfin
dungsgemäß so modifiert, daß die toxische leichte Kette des Moleküls eliminiert
wurde bzw. durch eine Domäne ersetzt wurde, die eine Affinität für die in
neuronale Zellen einzubringenden Substanzen verleiht. Von den Erfindern wurde
herausgefunden, daß Konjugate, die nur die schwere Kette eines Clostridium-
Toxins enthalten, die oben genannte Aufgabe lösen, da die Funktionen der
neurospezifischen Bindung und Aufnahme, sowie des Transports und der Frei
setzung in das Zytoplasma alle in der Sequenz der schweren Kette kodiert sind.
Letzteres ist ein wichtiger Vorteil der schweren Kette gegenüber dem C-Frag
ment.
Der Ausdruck "Vermittlung von Zellpermeabilität an Substanzen" weist darauf
hin, daß die schwere Kette eines Toxins der Gattung Clostridium Zellpermeabili
tät an Wirkstoffe jeglicher Art und Abstammung vermitteln kann. Die Wirkstoffe
können z. B. (Poly)peptide, Proteine, Nukleinsäuren oder chemische Verbindun
gen sein. Beispiele von Polypeptiden sind Struktur-Polypeptide, Tumornekrose
faktor, Interferone, Interleukine, Lymphokine, Wachstumsfaktoren, Plasma
proteine, z. B. Gerinnungsfaktoren und Stoffwechselenzyme, und Rezeptoren.
Insbesondere können die Polypeptide solche sein, welche die Immunogenität von
Zellen steigern können. Dies können Polypeptide sein, die Tumorzellen fehlen,
z. B. Zytokine, wie IL-2, und GM-CSF, und kostimulatorische Moleküle, wie B7-1,
tumorassoziierte Antigene, z. B. MAGE1, Tyrosinasen und virale Polypeptide, z. B.
E7 von humanem Papillomvirus und EBNA-3-Polypeptid von Epstein-Barr-Virus.
Ferner können die Polypeptide Adapter-Polypeptide, Oligomerisierungsmotive
eines Polypeptids, Polypeptidfragmente von Virus-Hüllpolypeptiden, Hormone
und Ribozyme sein. Beispiele von Nukleinsäuren sind solche, die für vorstehende
Polypeptide kodieren. Ferner können es Antisense-Oligonukleotide (insbesondere
zur Inhibierung von MYC N bei der Behandlung von Neuroblastoma-Tumoren),
Peptid-Nukleinsäuren und Consenus-Sequenzen für Transkriptionsfaktoren sein.
Beispiele von chemischen Verbindungen sind Arzneimittel, die keine Polypeptid-
Struktur aufweisen. Solche können Cytostatika, Anästhetika, Antihistaminika,
Antibiotika, photoaktive Substanzen, radioaktive Substanzen, zur Fluoreszenz
fähige Substanzen oder Substanzen für die Fluor-Kernspinspektroskopie. Bei
spiele der Chemotherapeutika sind Virustatika, Antiprotozoenmittel, Zytostatika
und Antibiotika. Vertreter dieser sind z. B. Doxorubicin, Daunorubicin, Tetracycli
ne, Antimetaboliten, wie Methotrexat, und Derivate davon. Beispiele der photo
aktiven Substanzen sind Porphyrine, wie o-, m- und/oder p-Tetracarboxyphenyl
porphyrin (TCPP), Chlorine und Bakteriochlorine. Ein Beispiel der radioaktiven
Substanz ist ein mit radioaktivem Jod markiertes Tyrosin. Beispiele der zur
Fluoreszenz-fähigen Substanzen sind Fluoreszenzfarbstoffe, wie Fluorescein,
Aminofluorescein (AFI), sowie Derivate und Analoga davon. Beispiele der Sub
stanzen für die Fluor-Kernspinspektroskopie sind Polyfluorcarbonsäuren, wie
Trifluoressigsäure.
Von vorstehenden Wirkstoffen können einer oder mehrere im erfindungsgemä
ßen Konjugat vorliegen. Bei mehreren können diese gleich oder verschieden
voneinander sein.
In einer bevorzugten Ausführungsform wird die schwere Ketten eines Toxins der
Gattung Clostridium über einen Linker mit dem Wirkstoff verbunden. Die Kon
jugation mit der schweren Kette kann dabei prinzipiell auf zwei Wegen erreicht
werden:
- a) Der zu koppelnde Wirkstoff wird mit einem aminoreaktiven, bispezifischen Crosslinker modifiziert und dabei aktiviert. Nachfolgend reagiert diese modifizier te Molekül über eine aktivierte Disulfidbrücke, die vom Linker stammt, mit der freien SH-Gruppe der schweren Kette und bildet eine kovalente Disulfidbrücke. Dafür geeignete Crosslinker sind SPDP, LC-SPDP oder Sulfo-LC-SPDP; SMPT oder Sulfo-LC-SMPT; SMCC oder Sulfo-SMCC; MBS oder Sulfo-MBS, SIAB oder Sulfo-SIAB, SMPB oder Sulfo-SMPB; GMBS oder Sulfo-GMBS, SIAX oder SI AXX; SIAC oder SIACC, NPIA (alle Fa. Pierce, Rockford, USA)
- b) Die schwere Kette wird durch einen Crosslinker aktiviert, der dann eine Bindung an einen Wirkstoff gewährleistet. Beispielsweise kann die schwere Kette mit NHS-SS-Biotin umgesetzt werden, dann Bindung über Biotin an Avidin oder Streptavidin. Weitere dafür geeignete Linker sind D-Biotin oder Biocytin; NHS-Biotin oder Sulfo-NHS-Biotin, NHS-LC-Biotin oder Sulfo-NHS-LC-Biotin; NHS-Iminobiotin; Sulfo-NHS-SS-Biotin; Biotin-BMCC; Biotin-HPDP; Iodoacetyl- LC-Biotin; Biotin-Hydrazid oder Biotin-LC-Hydrazid, Biocytin-Hydrazid, 5-(Biotina mido)-pentylamin (alle Fa. Pierce, Rockford, USA). Weitere dem Fachmann bekannte Linker können ebenfalls verwendet werden. Der Linker kann am N- Terminus, am C-Terminus, an primären Aminogruppen oder SH-Gruppen vor liegen, wobei auch in der Mitte des Moleküls liegende Aminosäuren modifiziert werden können. Mit der Einstellung des pH-Wertes bei der Reaktion kann die Reaktion so gesteuert werden, daß bevorzugt am N-Terminus modifiziert wird. Aber auch Lysin-Reste sind reaktiv, besonders bei hohem pH-Wert. Gerade im Fall der gewünschten Bindung eines Proteins, Peptids oder Ribozyms als Wirk stoff hat es sich bewährt, die Kopplung an die schwere Kette des Clostridium- Toxins mittels eines chemischen Crosslinkers durchzuführen. Das Vorgehen ist dabei beispielsweise wie folgt. Von einem Toxin, bevorzugt Tetanustoxin (Clo stridium tetani), wird die schwere Kette mittels isoelektrischer Fokussierung von der leichten Kette abgetrennt (Weiler et al., Eur. J. Biochem. 182, S. 649-656 (1989)), wobei sie und in einer harnstoffhaltigen Lösung (z. B. 2 M Harnstoff, 50 mM DTT) vorliegt. Um wieder zu der natürlichen Konformation zu kommen, wird diese Lösung gegen einen physiologischen Puffer dialysiert. Dabei kommt es spontan zur nativen Disulfidbrückenbildung im C-terminalen Teil, und die Cy stein-Gruppe, welche normalerweise die Bindung zur leichten Kette bildet, liegt exponiert am N-Terminus der schweren Kette vor. Um dort die gewünschte Disulfid-Bindung zu erreichen, kann ein bispezifischer Crosslinker, wie Sulfo-LC- SPDP (Fa. Pierce, USA), eingesetzt werden. Im Prinzip läuft die Reaktion so, daß zunächst die zu koppelnde Substanz über eine primäre Aminogruppe mit der NHS-Gruppe des Linkers reagiert und eine stabile Amidbindung erzeugt. Im zweiten Schritt wird das entstandene Konstrukt mit der schweren Kette des Toxins umgesetzt. Dabei erfolgt ein Disulfidaustausch zwischen dem Linker und der SH-Gruppe der schweren Kette des Toxins. Es entsteht dabei eine stabile Disulfidbrücke, die die zu koppelnde Substanz mit der schweren Kette des Toxins verbindet.
In einer anderen bevorzugten Ausführungsform liegt die schwere Kette eines
Toxins der Gattung Clostridium in Form eines Fusionspolypeptids vor. Der Aus
druck "schwere Kette eines Toxins der Gattung Clostridium" umfaßt daher auch
ein Fusionspolypeptid bzw. -protein, in dem die schwere Kette des Toxins als
durchgängiges Polypeptid oder Protein mit einem anderen Polypeptid oder
Protein rekombinant hergestellt worden ist. Dieses andere Peptid oder Protein
soll der schweren Kette des Toxins bindende Eigenschaften für obige Substan
zen verleihen, wobei die Bindung (z. B. im Falle von Nukleinsäuren) über ionische
Wechselwirkungen stattfindet. Diese Peptide oder Proteine, die dem Toxin
bindende Eigenschaften verleihen, sind insbesondere basische Proteine, wie z. B.
das HMG (High Mobility Group)-1 Protein, Histon-Proteine, Protamin, Spermidin
oder Polypeptide mit speziellen DNA-Bindemotive, wie z. B. Helix-turn-Helix, Zink-
Finger oder Leucin-Zipper.
Eine weitere Möglichkeit, insbesondere zur Anknüpfung von Nukleinsäuren an
die schwere Kette, ist die Kopplung eines Oligonukloetids (z. B. über Crosslinker),
wobei dieses Oligonukleotid in der Lage ist, mit speziellen Nukleinsäure-Sequen
zen, z. B. auf einem Plasmid, eine sog. Triplehelix zu bilden. Damit werden die
Nukleinsäuren über Wasserstoffbrücken mit dem Oligonukleotid an die schwere
Kette gebunden. Der Vorteil ist, daß diese Bindung unter physiologischen Bedin
gungen stabiler ist als ionische Wechselwirkungen.
Die Vermittlung von Zellpermeabilität an Wirkstoffe kann durch übliche Ver
fahren nachgewiesen werden. Günstig ist es, Zellen mit den Toxin-verbundenen
Substanzen zu inkubieren und das Eindringen bzw. Vorliegen der schweren Kette
eines Clostridium-Toxins und/oder den Substanzen in den Zellen nachzuweisen.
Dies kann z. B. durch spezifische Antikörper (z. B. im Rahmen der Immunfluo
reszenz-Methode) oder Reagentien erfolgen, die direkt oder indirekt mit der
schweren Kette eines Clostridum-Toxins bzw. den Substanzen reagieren.
Die schwere Kette des Clostridium-Toxins muß vor ihrer Konjugation an die
therapeutischen oder diagnostischen Wirkstoffe von der leichten Kette abge
trennt werden. Die Herstellung der schweren Kette erfolgt bevorzugt rekom
binant, kann aber auch auf anderen dem Fachmann bekannten Wegen erfolgen.
Ein Weg, den die Verwendung der schweren Kette bietet, ist die native Kom
position des Toxins möglichst identisch nachzuahmen, um ein Konstrukt herzu
stellen, das alle Funktionen des Toxin-Proteins mit Ausnahme der toxischen
Eigenschaften besitzt. Dazu wird die leichte Kette des Toxins bevorzugt durch
andere Proteine oder Substanzen ersetzt, die wie im nativen Toxin über eine
Disulfidbrücke an die schwere Kette gebunden werden.
Nukleinsäuren, wie anti-sense Oligonkleotide, werden bevorzugt an ein Fusions
protein der schweren Kette eines Clostridium-Toxins gekoppelt. Dies ist ausführ
lich einem der nachfolgenden Beispiele beschrieben. Solche Konstrukte eignen
sich bestens für gentherapeutische Zwecke, z. B. zur Behandlung von Neurobla
stoma-Tumoren, wenn das anti-sense Oligonukleotid z. B. die Expression von
MYC N hemmt.
Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist ein Kit. Ein solcher
umfaßt eine oder mehrere der folgenden Komponenten:
- a) die schwere Kette eines Toxins der Gattung Clostridium
- b) übliche Hilfsstoffe, wie Träger, Puffer, Lösungsmittel, Kontrollen, etc.
Von den einzelnen Komponenten können jeweils ein oder mehrere Vertreter vor
liegen. Hinsichtlich der einzelnen Ausdrücke wird auf vorstehende Ausführungen
verwiesen.
Die vorliegende Erfindung ermöglicht es Zellpermeabilität für neuronale Zellen an
Substanzen jeglicher Art und Abstammung zu vermitteln. Auch können die
Zellen ex vivo bzw. in vivo vorliegen. Desweiteren löst die Zellpermeabilität
keine toxischen Effekte aus.
Die vorliegende Erfindung eignet sich somit bestens für Diagnose und Therapie.
Letzteres umfaßt das Eingreifen in die Expression von Genen und in Stoffwech
selprozesse. Besonders eignet sich die vorliegende Erfindung für die Diagnose
und Therapie schwerster Erkrankungen, z. B. von Tumoren. Ganz besonders
zeichnet sich die vorliegende Erfindung dadurch aus, daß sie sowohl für kon
servative als auch gentherapeutische Behandlungsmaßnahmen eingesetzt wer
den kann.
Die Erfindung wird nachfolgend anhand der Figuren beschrieben.
Fig. 1 Aufnahme von Konjugaten in Neuroblastom-Zellen
A1 Dapi-Zellkernfärbung der HDN-16 Zellen von Bild A2
A2 Avidin-Signale von HDN-16 Zellen, die mit einem Kon jugat aus der schweren Kette des Tetanus-Toxin und Avidin inkubiert wurden. Der Avidin-Nachweis erfolgte durch einen FITC-markierten Sekundärantikörper, der einen spezifischen Avidin-Antikörper erkennt.
B1 Propidiumjodid-Zellkernfärbung der Kelly-Zellen von Bild B2.
B2 FITC-Signal von Oligonukleotiden, die mit einem Kon jugat aus der schweren Kette des Tetanus-Toxin, Avidin und biotinylierten Oligonukleotiden (FITC-mar kiert) inkubiert wurden.
A1 Dapi-Zellkernfärbung der HDN-16 Zellen von Bild A2
A2 Avidin-Signale von HDN-16 Zellen, die mit einem Kon jugat aus der schweren Kette des Tetanus-Toxin und Avidin inkubiert wurden. Der Avidin-Nachweis erfolgte durch einen FITC-markierten Sekundärantikörper, der einen spezifischen Avidin-Antikörper erkennt.
B1 Propidiumjodid-Zellkernfärbung der Kelly-Zellen von Bild B2.
B2 FITC-Signal von Oligonukleotiden, die mit einem Kon jugat aus der schweren Kette des Tetanus-Toxin, Avidin und biotinylierten Oligonukleotiden (FITC-mar kiert) inkubiert wurden.
Fig. 2 Nachweis der Aufnahme des full length-Fusionsproteins aus
dem verkürzten HMG-1-Protein und der schweren Kette des
Tetanus-Toxin in die Neuroblastom-Zellinie IMR-32
A Dapi-Zellkernfärbung der Zellen von Bild B
B Nachweis des Fusionsproteins über einen polyklonalen AK gegen das C-Fragment der schweren Kette des Tetanus-Toxin und einen CY-2 markierten Sekundä rantikörper
A Dapi-Zellkernfärbung der Zellen von Bild B
B Nachweis des Fusionsproteins über einen polyklonalen AK gegen das C-Fragment der schweren Kette des Tetanus-Toxin und einen CY-2 markierten Sekundä rantikörper
Die Erfindung wird nachfolgend anhand der Beispiele beschrieben. Die Arbeits
methoden basieren auf Sambrook, J., Fritsch, E. F. und Maniatis, T., Molecular
Cloning; A Laboratory Manual, Cold Spring Habor, und Current Protocols in
Molecular Biology, John Wiley and Sons, 1994-1998.
Als Ausgangsmaterial wurde ein lyophilisiertes Bakteriensediment von Clostridi
um tetani (Massachusetts-Stamm), das von ATCC unter der Nummer ATCC
10709 bezogen wurde, verwendet. Nach der DNA-Extraktion war es das Ziel,
mittels der Pfu-Polymerase und nachfolgenden Primern, welche die Restrik
tionsstellen für die Klonierung einführten, das etwa 2,5 kb große Gen der schw
eren Kette ohne Mutationen zu amplifizieren. Dazu wurden folgende Parameter
gewählt: große Menge von Ausgangs-DNA (0,5 µg), große Menge Polymerase
(10 U), lange Extensionszeiten für die "proof- reading" Funktion der Polymerase
(7 min für das 2,5 kb-Gen), geringe Anzahl von Zyklen (5 Zyklen bei 54°C, da
in den ersten Zyklen die Restriktionsstellen nicht komplementär sind, dann 15
Zyklen bei 60°C):
PCR-Ansatz: 0,5 pg DNA
25 µmol Klonierungsprimer 1
25 µmol Klonierungsprimer 2
5 µl 10 × Pfu-Puffer (200 mM Tris-HCl, pH 8,8
20 mM MgSO4
100 mM KCl
100 mM (NH4)2SO4
1% Triton
1 mg/ml BSA)
10 µl dNTP-Mix
10 U Pfu-Polymerase
ad 50 µl H2O
PCR-Ansatz: 0,5 pg DNA
25 µmol Klonierungsprimer 1
25 µmol Klonierungsprimer 2
5 µl 10 × Pfu-Puffer (200 mM Tris-HCl, pH 8,8
20 mM MgSO4
100 mM KCl
100 mM (NH4)2SO4
1% Triton
1 mg/ml BSA)
10 µl dNTP-Mix
10 U Pfu-Polymerase
ad 50 µl H2O
Unter den oben genannten PCR-Bedingungen war es möglich, das erwartete 2,5-
kb-Fragment ohne Nebenprodukte zu bilden. Nach einer präparativen Agarosegel
elektrophorese mit nachfolgender Gelextraktion wurde das DNA-Fragment mit
Ncol und Smal geschnitten und in den gemäß Herstellerangaben vorbereiteten
Expressionsvektor pCYB4 (IMPACT-System, New England Biolabs, Beverly,
USA) kloniert. Der erhaltene Vektor wurde pCYB4-HCH genannt. Die Klonierung
wurde durch Sequenzierung verifiziert.
Klonierungstechnisch bedingt hatte das rekombinante Protein am C-Terminus
zusätzlich die Aminosäuren Glycin und Prolin vor der Intein-Spaltstelle. Am
Amino-Terminus war es um drei Aminosäuren im Vergleich zum Wildtyp-Protein
verkürzt. Somit war die erste Aminosäure des rekombinanten Proteins nach dem
Formyl-Methionin ein Aspartat. Diese Aminosäure kann in eukaryotischen Zellen
für eine Destabilisierung des Proteins sorgen, indem es einen raschen Abbau
induziert. Um sicherzustellen, daß die rekombinante schwere Kette nach der
Aufnahme von humanen Zellen stabil ist, wurde der Amino-Terminus komplet
tiert. Dazu wurde über eine Ncol und BseRI Schnittstelle ein Oligoadapter in
pCYB4-HCH eingeführt, der für die drei fehlenden aminoterminalen Aminosäuren
codiert. Somit bestand die erste Aminosäure nun in einem Serin, die stabilisie
rend für das Protein ist. Die Klonierung wurde durch Sequenzierung verifiziert.
Das neue Konstrukt wurde pCYB4-Ad-A + B-HCH genannt.
Als weiteres Expressionssystem wurde das IMPACT T7 System (New England
Biolabs, Beverley, USA) eingesetzt. Dieses nutzt im Unterschied zum ursprüng
lichen System die T7-Polymerase zur Transkription der Expressions-Plasmid. Da
auch mit diesem System eine zusätzliche Reinigung über eine N-Terminale His
tag ermöglicht werden sollte, wurde ein entsprechender Adapter in das Ex
pressions-Plasmid pTYB1 kloniert. Der Vektor wurde mit Ndel und Xhol verdaut
und der Adapter I + II ligiert.
Die Klonierung wurde durch Sequenzierung verifiziert. Das Konstrukt wurde
pTYB1-Ad-I + II genannt.
Das Plasmid pTYB1-Ad-I + II wurde mit Sapl verdaut, die überhängenden Basen
mit dem Klenow-Fragment aufgefüllt und der Vektor nochmals mit Xhol verdaut.
Ausgehend von dem Plasmid pCYB4-Ad-A + B-HCH mit dem kompletten Gen der
schweren Kette, wurde für die Klonierung eine PCR mit der Pfu-Polymerase
durchgeführt. Damit wurde das Gen der schweren Kette amplifiziert, das am 5'-
Ende eine Xhol-Schnittstelle hatte und am 3'-Ende das Codon für Aspartat
(letzte Aminosäure wt schwere Kette) mit dem Codon für Serin ausgetauscht
hatte. Dieser Aminosäureaustausch war nötig geworden, da Aspartat eine totale
in vivo-Spaltung des HCH-Intein-Fusionsprotein bewirkt hätte (Manual IMPACT-
System). Das PCR-Produkt wurde, nach Xhol-Verdau in den vorbereiteten Vektor
pTYB1-Ad-I + II sticky/blunt ligiert. Durch diese Strategie wurde das Gen für die
schwere Kette ohne zusätzliche Aminosäure am C-Terminus direkt vor die erste
Aminosäure des Inteins kloniert.
Das Konstrukt wurde pTYB1-HCH genannt.
5 min 95°C
25 Zyklen 1 min 95°C
1 min 55°C
7,5 min 72°C
10 min 72°C, dann 4°C
25 Zyklen 1 min 95°C
1 min 55°C
7,5 min 72°C
10 min 72°C, dann 4°C
Aus einer E.coli K12 Bakterienkultur vom pTYB1-HCH wurde eine 200 ml LB-
Amp-Übernachtkultur angeimpft. Diese wurde am nächsten Tag zu 800 ml LB-
Amp gegeben und bei 37°C bis zu einer OD600 von 1,0 bis 1,5 geschüttelt. Von
diesen Bakterien wurden 50 ml als uninduzierte Probe entnommen und sedimen
tiert. Zu dem restlichen Ansatz wurde IPTG mit einer Endkonzentration von 1 mM
gegeben und die Bakterien bei Raumtemperatur für 4-5 Stunden geschüttelt.
Nach der Induktionszeit wurden die Bakterien sedimentiert und konnten bei
-20°C gelagert werden. Alle nachfolgenden Schritte wurden auf Eis oder im
Kühlraum durchgeführt.
Die Sedimente, die einer Bakteriensuspension von ca. 250 ml entsprachen,
wurden mit 6,25 ml Lysepuffer (20 mM HEPES, PH8,0 ggf. 2M Harnstoff 500 uM
EDTA 0,1% Triton X-100) resuspendiert. Zur Verhinderung von proteolyti
schem Abbau wurde COMPLETE-Proteinase Inhibitor (Fa. Boehringer Mannheim)
nach Angaben des Herstellers zugegeben. Der Zellaufschluß erfolgte mittels
Ultraschall (Branson-Sonifier 250; 5 × 1 min. 20% Leistung, mit jeweils 30 sec Pause). Nach der anschließenden Zentrifugation für 30 min bei 12 000 g wurde
der Überstand auf eine mit Lysepuffer äquilibrierte Chitin-Säule gegeben. Der
Durchfluß wurde aufgefangen und nochmals über die Säule gegeben. Der erste
Waschschritt mit dem 4-fach Säulenvolumen erfolgte mit dem Lysepuffer. Es
schlossen sich ein Waschschritt mit dem Waschpuffer 1 (20 mM HEPES, pH
8,0; 500 mM NaCl; 0,1 mM EDTA; 0,1% Triton X-100) (8-faches Säulenvolu
men) und Waschpuffer 2 (50 mM BICINE, pH 8,5; 150 mM NaCl; 1 mm EDTA)
(4-faches Säulenvolumen) an. Zur Induktion der Proteinspaltung wurden 3
Säulenvolumen Cleavage Puffer (50 mM BICINE, pH 8,5; 150 mM NaCl; 1 mM
EDTA, 30 mM β-Mercaptoethanol) über die Säule gegeben und diese dann über
Nacht verschlossen. Die Elution erfolgte mit dem Waschpuffer 2 und die Protein
konzentration wurde mittels des BioRad Detektionssystems bestimmt.
Nach der oben beschriebenen C-terminalen Reinigung der rekombinanten Protei
ne eluierten Produkte mit heterogener Größe. Als weiteren Reinigungsschritt
sollte deshalb das full length Protein, das 6 Histidine am N-Terminus besaß, über
eine Ni-Agarose Affinitätsmatrix homogen isoliert werden.
Die Ni-Agarose-Suspension wurde mit dem Waschpuffer 2 (4 M Harnstoff, 100 mM
NaH2PO4, 10 mM Tris-HCl, pH 6,3) äquilibriert. Die Proteinlösung wurde
durch das Zugeben des gleichen Volumens von Waschpuffer 1 (8 M Harnstoff,
100 mM NaH2PO4, 10 mM Tris-HCl, pH 6,3) auf eine Harnstoffkonzentration
von 4 M eingestellt. Nach Zugabe der Ni-Beads wurde die Suspension in einem
Reaktionsgefäß auf einem Taumelrollenmischer bei 4°C für 30-60 min inkubiert.
Anschließend wurde das Gemisch in eine leere Säule gefüllt, die durch eine Fritte
die Beads zurückhielt. Ungebundene Proteine wurden mit dem 10-fachen Säulen
bettvolumen an Waschpuffer 2 entfernt. Vor der Elution wurde der Harnstoff
durch den Waschpuffer 3 (50 mM NaH2PO4, pH 8,0, 150 mM NaCl) entfernt
und der pH auf 8,0 eingestellt. Die gebundenen Proteine wurden durch den
Elutionspuffer freigesetzt und aufgefangen.
Ein weiteres Ziel war es, das Gen der schweren Kette des Tetanus-Toxins mit
einem anderen Gen zu kombinieren, um ein Fusionsprotein mit neuen Eigen
schaften zu erhalten. Die Funktionen der schweren Kette, die die zelltypspezifi
sche Bindung, Aufnahme und Freisetzung des Toxins umfassen, sollten durch
eine DNA-Bindedomäne ergänzt werden. Zu diesem Zweck wurde das humane
Chromatinprotein HMG-1 kloniert.
Die Bezeichnung HMG steht für High Mobility Group und bezieht sich auf das
Laufverhalten der Proteine bei der Polyacrylamid-Gelelektrophorese. Die Proteine
gehören zum nicht-Histon-Anteil des Chromatins und werden in drei Familien
eingeteilt: 1. HMG-1/2; 2. HMG-14/17; 3. HMG-I(Y). HMG-1 /2-Proteine werden
in allen Zellen exprimiert, ihre genaue Funktion ist allerdings nicht bekannt. Das
Molekulargewicht beträgt etwa 25 kDa. Es handelt sich, ähnlich wie bei den
Histonen, um Proteine mit stark konservierter Sequenz. So beträgt die Homolo
gie zwischen dem HMG-T der Forelle und dem humanen HMG-1 noch 70%.
Charakteristisch für das HMG-1-Protein sind die zwei sogenannten HMG-Boxen
A und B, die homolog zu anderen HMG-Proteinen sind. Diese Boxen liegen im N-
terminalen Bereich, haben eine Nettoladung von + 20 und bewirken eine un
spezifische DNA-Bindung. Die Bindung umfaßt ca. 14 bp, wobei die DNA gebo
gen wird. Im Gegensatz zu den HMG-Boxen ist der C-Terminus negativ geladen,
so daß die Gesamtladung bei -5 liegt.
Mittels Datenbankrecherche wurde ein IMAGE-Klon identifiziert, der das
gewünschte Gen enthielt. Von dem Ressourcenzentrum Berlin (MPI für Molekula
re Genetik) wurde der Klon p998B091570 (clone ID 645032) geliefert.
Mit Hilfe von sequenzspezifischen Primern, die am 5'-Ende eine Ncol- bzw.
Smal-Schnittstelle besaßen, wurde das Gen mit der Pfu-Polymerase amplifiziert.
Ansatz: s. Beispiel 1
PCR-Parameter 5 min 95°C
5 Zyklen 1 min 95°C
1 min 56°C
7 min 72°C
15 Zyklen 1 min 95°C
1 min 62°C
7 min 72°C
10 min 72°C, dann 4°C
5 Zyklen 1 min 95°C
1 min 56°C
7 min 72°C
15 Zyklen 1 min 95°C
1 min 62°C
7 min 72°C
10 min 72°C, dann 4°C
Das Plasmid pCYB4-HCH (s. Bsp. 1) wurde mit Ncol und BseRl verdaut und der
Adapter Ad X + Y eingefügt. Dieser Adapter ermöglichte es, das mit Ncol und
Smal verdaute HMG-1 PCR-Fragment über Ncol und Snaßl (ebenso wie Smal
blunt) in frame vor das Gen der schweren Kette zu ligieren. Ebenso wurde durch
den Adapter das 5'-Ende der schweren Kette komplettiert und ein Peptidlinker
zwischen den beiden Proteinen eingefügt. Der Peptidlinker hatte folgende Se
quenz: Val-Lys-Ser-Ala-Pro-Ser-Gly.
Alle Klonierungen wurden durch Sequenzierung verifiziert. Der Vektor mit dem
inserierten Adapter wurde pCYB4-Ad-X + Y-HCH und der Vektor mit dem inse
rierten HMG-1-Gen pCYB4-HMG-1-HCH genannt. Da das HMG-1 PCR-Fragment
vor der Ligation auch mit Smal verdaut und blunt an den Adapter ligiert wurde,
hatte das HMG-1-Protein am C-Terminus zusätzlich noch die Aminosäure Glycin
(Codon: GGG). Somit besaß das Fusionsprotein die folgende schematische
Sequenz: ATG-wt HMG 1-Gly-Val-Lys-Ser-Ala-Pro-Ser-Gly-wt schwere Kette
Tetanustoxin-Gly-Pro-Intein-Chitin-Bindeprotein.
Da bei allen Isolaten neben dem Produkt mit der korrekten Größe auch kleinere
Fragmente eluiert wurden, sollte der Expressionsvektor derart verändert werden,
daß die rekombinanten Proteine zusätzlich über den N-Terminus gereinigt werden
konnten. Dazu wurde, ausgehend von dem Vektor pCYB4-Ad-X + Y-HCH, ein
Adapter einligiert, der nach dem Startcodon für sechs Histidine codiert und
somit eine Reinigung über Metall-Affinitäts-Säulen ermöglichte. Nach den His-
Codons befand sich eine Xhol-Schnittstelle. Nach Verdau mit Xhol und SnaBl
konnten somit weitere Gene in frame integriert werden. Der Vektor wurde mit
Ncol und SnaBl verdaut und der Adapter sticky/blunt unter Rekonstitution der
SnaBl (blunt)-Schnittstelle ligiert.
Die Klonierung wurde durch Sequenzierung verifiziert. Dieses Konstrukt wurde
pCYB4-HIS-HCH genannt. Auch eine Reinigung der rekombinanten schweren
Kette über die His-Tag war mit diesem Plasmid möglich. Dieses Protein hatte
zusätzlich zur Wildtyp-Sequenz 18 Aminosäuren am N-Terminus (6 × His-Leu-Glu-
Gly-Gly-Tyr-Val-Lys-Ser-Ala-Pro-Ser-Gly).
Zur Konstruktion von HMG-1/schwere Kette-Fusionsproteinen, die zusätzlich
über eine aminoterminale His-Tag gereinigt werden können, wurden das HMG-1
Gen mit sequenzspezifischen Primern amplifiziert, die am 5'-Ende eine Xhol-
Schnittstelle einführten. Die Prüfer am 3'-Ende des Gens waren komplett kom
plementär, so daß eine sticky/blunt-Ligation durchgeführt werden konnte. Als
weitere Variation wurde ein am 3'-Ende verkürztes Fragment des HMG-1-Gens
kloniert, welches nur die DNA-bindenden Domänen (HMG-Box A + B) enthielt.
Die PCR wurde mit der Pfu-Polymerase und dem Klon pCYB4-HMG-1-HCH als
Matrize durchgeführt.
PCR-Parameter
5 min 95°C
25 Zyklen 1 min 95°C
1 min 55°C
1,5 min 72°C
10 min 72°C, dann 4°C
5 min 95°C
25 Zyklen 1 min 95°C
1 min 55°C
1,5 min 72°C
10 min 72°C, dann 4°C
Das Plasmid pCYB4-HIS-HCH wurde mit Xhol und SnaBl verdaut und die PCR-
Fragmente nach Xhol-Verdau einligiert. Die Konstrukte wurden pCYB4-His-HMG-
1-HCH bzw. pCYB4-His-ΔHMG-1-HCH genannt. Die Klonierungen wurden durch
Sequenzierung verifiziert.
Die Herstellung des Fusionsproteins erfolgte mit pCYB4-His-HMG-1-HCH bzw.
pCYB4-His-ΔHMG-1-HCH analog Beispiel 2 rekombinant in E. coli.
Der bispezifische Crosslinker Sulfo-LC-SPDP (Fa. Pierce, Rockford, USA) besitzt
eine Amino- und eine SH-reaktive Gruppe.
Das Protein neutrAvidin (Fa. Pierce, USA) lag in einer Konzentration von 5 mg/ml
in 50 mM BICINE (Fa. Sigma), pH 8,5; 80 mM NaCl vor. Es handelte sich hierbei
im Gegensatz zum Wildtyp um ein Protein ohne Zuckerseitenketten und damit
mit neutralem pl-Wert. Dies verhindert die unspezifischen Wechselwirkungen
z. B. mit Zellen, die bei dem basischen Wildtyp-Protein vorkommen. Der Cross
linker war in einer Konzentration von 15 mM in DMSO gelöst (Lagerung bei
-80°C). 2,5 mg Avidin wurden mit einem dreifachen molaren Überschuß des
Crosslinkers für zwei Stunden bei Raumtemperatur umgesetzt. Die Reaktion
wurde durch Zugabe von Tris-Puffer pH 8,0 gestoppt. Der Reaktionsansatz
wurde durch eine Gelfiltration über eine G-25 Entsalzungssäule (FPLC) in 50 mM
MOPS pH 7,4; 80 mM NaCl überführt und dabei die überschüssigen Crosslinker
entfernt. Nach Angaben des Herstellers wurde mit dem Bio-Rad Protein Assay
Kit I (Bio-Rad, München) die Proteinkonzentration der Säulenfraktionen bestimmt
und anschließend durch Reduktion eines Teils des modifizierten Proteins die
Anzahl der gekoppelten Linker pro Molekül gemäß Standardmethoden photome
trisch bestimmt. Es ergab sich eine Anzahl von 1,9 Linkern pro Avidin-Molekül.
Zunächst wurden die beiden Proteine gekoppelt, um eine Einschleusung von
Avidin in Neuroblastom-Zellen über die schwere Kette nachzuweisen. Dazu
wurde 1 nmol ( = 60 µg) des modifizierten Avidins mit 192 pmol ( = 19,2 µg)
der schweren Kette von Tetanustoxin in 50 mM MOPS-Puffer, pH 7,4 und 80 mM
NaCl bei 4°C für 3 Tage inkubiert. Der Reaktionsansatz wurde über eine
Superdex-200-Gelfiltrationssäule, die mit 50 mM CHES pH 9,5 und 1,5 M NaCl
äquilibriert war, aufgetrennt. 100 µl Proben aus den ersten Peakfraktionen
wurden für Immunfluoreszenz-Experimente verwendet.
Für diesen Versuch wurde die Neuroblastom-Zellinie HDN-16 vorbereitet. Die
Zellen waren am Vortag des Experiments auf unbeschichtete Glas-Deckgläschen
(∅ = 1 cm) ausgesät und in 6-Loch-Gefäße (∅ je Loch = 3,5 cm) mit je 4 ml
Medium überschichtet worden. Vor Beginn des Experiments wurden die Zellen
mit Medium gewaschen, um abgestorbene Zellen zu entfernen. Nachfolgend
wurden die Zellen zu 100 µl Elutionsfraktion in 1 ml RPMI-Medium (+ 10% FCS)
gegeben und für 5 h ohne Bewegung inkubiert. Alle Schritte der Immunfluo
reszenz wurden bei Raumtemperatur durchgeführt. Nach Ende der Inkubations
zeit wurden die Zellen ausgiebig mit Medium gewaschen und direkt danach
fixiert.
Sowohl die Erst- (anti-Avidin, Kaninchen, 2 µg/ml; Rockland, Gilbertsville, USA)
als auch die Zweitantikörper (Ziege-anti-Kaninchen-CY-2; 3,3 µg/ml; Rockland,
Gilbertsville, USA) wurden mit der Verdünnungslösung (PBS, 0,1% BSA) ange
setzt.
Das Volumen betrug 50 µl. Diese Lösung wurde in einem 6-Loch-Gefäß vor
gelegt und die Deckgläschen mit der Zellseite darauf gelegt. Die Inkubationszeit
betrug mindestens 30 min. anschließend wurden die Zellen mit PBS ausgiebig
gewaschen.
Zur Färbung des Zellkerns wurden die Zellen für 10 min mit einer Dapi-Lösung
(5 ng/ml in 2 × SSC) inkubiert und anschließend mit PBS gewaschen.
Auf einen Objektträger wurden 15 µl des Mounting-Mediums (2,4 g Mowiol in
6 ml Glycerin, 1 h Rühren, + 6 ml H2O, 2 h Rühren + 12 ml 0,2 M Tris-HCl, pH
8,5, 50°C mit gelegentlichem Rühren, Zentrifugation: 5000 g für 15 min.
Zugabe von 23 mg/ml DABCO; Lagerung von 1 ml Portionen bei -20°C) vor
gelegt und die Deckgläschen mit der Zellseite unter Vermeidung von Luftblasen
langsam aufgelegt. Die Objektträger wurden waagerecht und abgedunkelt über
Nacht zum Auspolymerisieren gelagert. Das erstarrte Einbett-Medium konserviert
das Präparat und das beinhaltete Dabco soll das Ausbleichen der Farbstoffe bei
der Fluoreszenz-Mikroskopie verhindern. Die Präparate konnten bei 4°C über
mehrere Wochen gelagert werden.
Die Präparate wurden mit einem Zeiss Axiophot Epifluoreszenz-Mikroskop ausge
wertet. Die Aufnahmen wurden mit einer CCD-Kamera CH250 der Firma Photo
metrics (München) gemacht und mit der Bildverarbeitungs-Software IPLab-
Spectrum 10 (Vers. 3.0) dokumentiert.
In Fig. 1 sind die deutlichen Avidin-Signale zu sehen. Kontrollansätze mit a)
Avidin, b) der schweren Kette und c) einem Ansatz mit unmodifizierten Avidin
und der schweren Kette in der Konzentration der Elutionsfraktion, erbrachten
keine Signale (Daten nicht gezeigt).
Durch dieses Experimentieren wurde der Nachweis erbracht, daß es mit der
schweren Kette des Tetanus-Toxins möglich ist, andere Proteine in Neublastrom-
Zellen zu transportieren.
In weiteren Ansätzen sollte die schwere Kette mit dem modifizierten Avidin
gekoppelt werden, um dann an diese Konjugate DNA-Oligonukleotide (15-mer
mit zufälliger Sequenz, Fa. MWG Biotech, München) zu binden. Dazu wurde 1
nmol ( = 100 µg) der schweren Kette von Tetanustoxin mit 500 µmol ( = 30 µg)
des modifizierten Avidins (neutrAvidin, Fa. Pierce, Rockford, USA) in 50 mM
Hepes pH 8,5 und 150 mM NaCl für 6 h bei Raumtemperatur geschüttelt.
Anschließend wurden 50 µmol eines 15mer DNA-Oligonukleotids zugegeben und
der Ansatz ohne Bewegung über Nacht bei 4°C inkubiert. Die Oligonukleotide
besaßen an ihrem 3'-Ende eine Biotin-Gruppe, die eine Bindung an Avidin er
möglicht. Am 5'-Ende waren die Oligonukleotide mit einer FITC-Gruppe modifi
ziert, um so eine eventuelle Aufnahme in Zellen nachweisen zu können. Die
Modifikationen der Oligonukleotide waren vom Hersteller bei der Synthese einge
führt worden (Fa. MWG Biotech, München).
Obwohl in den Ansätzen Avidin in einem 10fachen molaren Überschuß vorlag
und theoretisch pro Avidin vier Biotin-Bindestellen zur Verfügung standen,
sollten noch eventuell vorhandene freie Oligonukleotide aus den Ansätzen
entfernt werden, um Versuchsartefakte zu minimieren. Dazu wurden die Ansätze
entweder mit magnetischen Beads, die mit Streptavidin gekoppelt waren,
inkubiert, oder über eine NickSpin Column (Pharmacia) aufgetrennt. Im ersten
Fall wurden die Streptavidin-Beads mit 50 mM Hepes pH 7,4; 150 mM NaCl
äquilibriert, die Ansätze zugegeben und für 15 min geschüttelt. Nach der magne
tischen Separierung der Beads wurde der Ansatz entnommen. Die NickSpin
Columns, die eine Sephadex G-50 Matrix besaßen, wurden mit dem gleichen
Puffer äquilibriert und die Ansätze nach den Angaben des Herstellers aufge
trennt. Beide Proben wurden bei den Immunfluoreszenz-Versuchen (analog
Beispiel 4) eingesetzt, zeigten aber keinen signifikanten Unterschied in dem
Signalmuster (vgl. Fig. 1).
Das homogen isolierte Fusionsprotein aus einem verkürzten HMG-1-Protein und
der schweren Kette des Tetanus Toxin wurde mit der Neuroblastom-Zellinie IMR-
32 inkubiert, um durch Immunfluoreszenz-Analysen die Aufnahme des Proteins
zu testen. Nach einer vierstündigen Inkubation von etwa 0,5 µg des Fusions
proteins in 1,5 ml RPMI-Medium (+ 10% FCS) wurden die Zellen ausgiebig mit
Medium gewaschen, fixiert, mittels Antikörper gegen das C-Fragment des
Tetanus-Toxins (1 : 100-1 : 300; Fa. Charles River, Southbridge, USA) und
einem CY-2 markierten Sekundärantikörper (Ziege-anti-Kaninchen-CY-2; Fa
Rockland, Gilbertsville, USA) das Fusionsprotein detektiert. In Fig. 2 ist das
Resultat des Experiments zu sehen. Es sind sehr starke Signale in fast allen
Zellen zu erkennen.
Claims (12)
1. Konjugat zur Einführung von Wirkstoffen in neuronale Zellen, wobei das
Konjugat die schwere Kette eines Toxins der Gattung Clostridium und
mindestens einen Wirkstoff umfaßt, wobei die leichte Kette des Toxins
abwesend ist.
2. Konjugat nach Anspruch 1, wobei das Toxin der Gattung Clostridium
Tetanus-Toxin oder Botulinus-Toxin ist.
3. Konjugat nach Anspruch 1 oder 2, wobei der Wirkstoff ausgewählt ist aus
(Poly)peptiden, Proteinen, Nukleinsäuren oder chemische Verbindungen.
4. Konjugat nach einem der Ansprüche 1 bis 3, wobei der Wirkstoff und die
schwere Kette des Toxins über einen Linker miteinander verbunden sind.
5. Konjugat nach Anspruch 4, wobei der Linker NHS-SS-Biotin, NHS-Imino
biotin oder Sulfo-LC-SPDP ist.
6. Konjugat nach einem der Ansprüche 1 bis 5, wobei die schwere Kette des
Toxins als Fusionsprotein vorliegt.
7. Konjugat nach Anspruch 6, wobei der Fusionsanteil ein basisches Protein,
vorzugsweise humanes HMG-1-Protein, ist.
8. Verfahren zur Herstellung eines Konjugats nach einem der Ansprüche 1-7,
wobei der Wirkstoff, die schwere Kette eines Toxins der Gattung Clostri
um und ggf. ein Linker miteinander umgesetzt werden.
9. Kit umfassend eine oder mehrere der folgenden Komponenten:
- (a)die schwere Kette eines Toxins der Gattung Clostridium
- (b)übliche Hilfsstoffe, wie Träger, Puffer, Lösungsmittel, Kontrollen, etc.
10. Verwendung des Konjugats nach einem der Ansprüche 1-7 zur Anreiche
rung in neuronalen Zellen.
11. Verwendung des Konjugats nach Anspruch 10 zur Behandlung und/oder
Therapie neuronaler Erkrankungen.
12. Verwendung des Konjugats nach Anspruch 10 oder 11 zur gentherapeuti
schen Behandlung von Neuroblastom-Tumoren.
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