DE19747748A1 - Testverfahren zur Identifizierung von Personen mit defektem Mismatch-Reparatursystem - Google Patents
Testverfahren zur Identifizierung von Personen mit defektem Mismatch-ReparatursystemInfo
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Description
Die vorliegende Erfindung betrifft Verfahren zur Feststellung des Vorliegens von erblich beding
ten Defekten im Mismatch-Reparatursystem, insbesondere von erblich bedingtem nicht
polypösem Colonkarzinom bzw. der Prädisposition zur Entwicklung dieser Erkrankung.
Etwa 3-6% aller Patienten mit Colonkarzinom leiden an einer autosomal-dominant vererbten
Erkrankung (erblich bedingtes nicht-polypöses Colonkarzinom; hereditary non-polyposis colo
rectal cancer; HNPCC). Die genetische Basis hierfür sind Keimbahnmutationen in Mismatch-
Reparaturgenen (MMR-Genen), die zu einem Defect im Mismatch-Reparatursystem (MMR-
System) führen, das durch die Genprodukte der MMR-Gene gebildet wird. In einer normalen
Körperzelle werden durch das MMR-System Fehler korrigiert, die während der im Rahmen der
Zellteilung ablaufenden DNA-Replikation auftreten. Ein Defekt im MMR-System infolge von
Mutationen innerhalb der MMR-Gene führt zu einer Akkumulierung von Mutationen in anderen
Genen bzw. DNA-Abschnitten der betroffenen Zelle mit einer gegenüber normalen Zellen erhöh
ten Rate, da Replikationsfehler nicht korrigiert werden können. Infolgedessen besteht bei Trägern
einer solchen Mutation in einem MMR-Gen ein stark erhöhtes Risiko, Krebs zu entwickeln (etwa
80%). Entsprechend besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, daß es zur Entwicklung entweder nur
von Colonkarzinomen (Lynch I-Syndrom) kommt, oder von anderen Karzinomen, etwa der
Brust, des Endometriums, des Harntraktes, des Magens, der Leber oder des Pankreas (Lynch
H-Syndrom); Lynch und Smyrk, Cancer 78 (1996), S. 1149-1167.
Die Identifizierung von Patienten mit erblich bedingten Defekten im MMR-System ist in diesem
Zusammenhang unter anderem aus zweierlei Gründen von größter Bedeutung:
- 1. Die Patienten mit HNPCC haben ein sehr hohes Risiko, Zweit-Colonkarzinome zu entwickeln, oder an einer anderen Krebsart des Lynch II-Syndroms zu erkranken. Sie bedürfen daher einer besonders intensiven Überwachung und können möglicherweise von einer vergleichsweise ra dikaleren chirurgischen Behandlung profitieren, wie einer subtotalen Colektomie anstelle einer Hemicolektomie.
- 2. Die Verwandten ersten Grades des Patienten, wie Geschwister und Kinder, haben ein 50%iges Risiko, Träger der Mutation zu sein. Ist dies der Fall, so beträgt ihr Risiko, ein Colonkar zinom oder ein Karzinom des Lynch II-Syndroms zu entwickeln, etwa 80%.
Bisher basiert die Identifizierung eines HNPCC-Patienten entweder auf der Familiengeschichte
(Amsterdam- und Kopenhagen-Kriterien) oder auf molekulargenetischen Befunden. Mit Abnah
me der durchschnittlichen Größe von Familien in den westlichen Ländern ist die Auswertung der
Familiengeschichte jedoch nicht mehr hinreichend empfindlich, um die Mehrzahl der tatsächlich
betroffenen Patienten eindeutig als HNPCC-Patienten zu identifizieren. Ein weiteres Problem
besteht darin, daß selbst eine Häufung von Krebsfallen in einer Familie keinen Beweis für eine
genetisch bedingte Erkrankung darstellt. Es kann sich dabei vielmehr auch um eine Häufung
sporadischer Falle von Krebs handeln, die entweder zufällig aufgetreten ist oder durch Umwelt
faktoren hervorgerufen wurde, die die Entstehung von Krebs begünstigen. Neben diesem Pro
blem kann die Familiengeschichte auch keinen Hinweis darüber geben, ob ein gesundes Famili
enmitglied Träger eines Gendefektes ist oder nicht.
Auf der anderen Seite können auch molekulargenetische Befunde diese Fragen häufig nicht be
antworten. Sie geben nur bei einem geringen Anteil aller Patienten Auskunft darüber, ob sie an
einer Krebserkrankung leiden, deren Ursache in einem erblich bedingten Defekt des
MMR-Systems liegt. Ein Ansatz ist die Analyse der Instabilität der Mikrosatelliten in den Tumorzellen
eines Patienten. Mikrosatelliten sind repetitive DNA-Sequenzen wie etwa Folgen von Mono-, Di-
oder Trinukleotiden. Bei HNPCC-Patienten zeigt der Tumor in etwa 92% der Fälle Mikrosatelli
ten-Instabilität, was sich in einem Längenunterschied amplifizierter Mikrosatelliten-DNA von
normalen Körperzellen gegenüber denen von Tumorzellen äußert. Dieses Phänomen ist das Re
sultat eines Defektes im MMR-System dieser Patienten. Mikrosatelliten-Instabilität wird jedoch
auch in 10-16% der sporadischen Fälle von Colonkarzinom gefunden. Auf der anderen Seite
weisen fast 10% der Colonkarzinome von Patienten, bei denen HNPCC vorliegt, keine Mikrosa
telliten-Instabilität auf. Entsprechend liefert der Nachweis von Mikrosatelliten-Instabilität in ei
nem Colonkarzinom keinen Beweis dafür, daß der betroffene Patient an HNPCC leidet, und
umgekehrt schließt der Befund, daß keine Mikrosatelliten-Instabilität vorliegt, das Bestehen von
HNPCC nicht aus.
Darüber hinaus hilft die Analyse der Mikrosatelliten-Instabilität im Tumorgewebe eines Patienten
in keiner Weise bei der Beantwortung der Frage, ob und welche Familienmitglieder defekte
MMR-Gene tragen. Der Grund dafür liegt darin, daß Mikrosatelliten-Instabilität nur im Tumor
gewebe eines betroffenen Patienten bestimmt wird, nicht jedoch im Gewebe einer gesunden Per
son.
Die Analyse der Mikrosatelliten-Instabilität bei einem Patienten kann daher bestenfalls einen
Hinweis auf eine gegenüber anderen Personen erhöhte Wahrscheinlichkeit liefern, an HNPCC
erkrankt zu sein, und darauf, daß der betreffende Patient in bezug auf HNPCC genauer unter
sucht werden sollte. Sie kann jedoch nicht als Basis für die Diagnose von HNPCC dienen. Zudem
wird bei den derzeit verwendeten Analysen eine Tumorprobe benötigt. Falls kein Tumorgewebe
verfügbar ist, kann das Verfahren somit nicht angewandt werden.
Derzeit basiert sowohl die Bestätigung der Diagnose von HNPCC bei einem Patienten als auch
die Identifizierung von Familienmitgliedern mit genetisch bedingter Prädisposition für HNPCC
aufgrund einer Keimbahn-Mutation in einem oder mehreren MMR-Genen auf der Identifizierung
der Mutationen in den MMR-Genen selbst. Dieser Ansatz ist zeitaufwendig und kostenintensiv.
Mindestens vier Gene, deren Beteiligung am MMR-System derzeit bekannt ist, müssen auf mole
kulargenetischer Ebene im Hinblick auf vorliegende Mutationen studiert werden. Zudem gibt es
wahrscheinlich noch mehr Gene, die in die Entstehung von HNPCC involviert sind. Selbst mit
den ausgereiftesten Verfahren wird jedoch nur in der Hälfte der Familien, bei denen das Vorliegen
von HNPCC angenommen wird, eine Mutation nachgewiesen; Liu et al., Nature Med 2 (1996),
S. 169-174. Wenn eine Mutation gefunden wird, ist es häufig schwierig oder oft sogar unmöglich
festzustellen, ob es sich dabei um eine für die Erkrankung ursächliche Mutation oder um einen
harmlosen Polymorphismus handelt. Falls keine Mutation aufgefunden wird, bleibt unklar, ob
tatsächlich keine Mutation vorliegt (in welchem Falle in der untersuchten Familie kein Fall von
HNPCC vorliegt bzw. diesbezüglich keine genetische Prädisposition besteht), ob eine Mutation
vorhanden ist, jedoch durch das verwendete Verfahren nicht nachgewiesen wurde, oder ob eine
Mutation in einem weiteren Gen vorliegt, das nicht untersucht wurde bzw. zum Zeitpunkt der
Untersuchung nicht bekannt ist. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, daß es sehr wahr
scheinlich weitere MMR-Gene gibt, die in die Pathogenese von HNPCC involviert sind, jedoch
zum heutigen Zeitpunkt noch nicht bekannt sind.
Vor diesem Hintergrund kann mit den derzeitigen Untersuchungsverfahren das Vorliegen von
HNPCC bei Patienten mit Colonkarzinom und damit deren Risiko, weitere Tumore des Lynch I-
oder Lynch II-Syndroms zu entwickeln, oder das Risiko von Familienmitgliedern der Patienten,
ebenfalls HNPCC oder Tumore des Lynch II-Syndroms zu entwickeln, nicht mit der gewünschten
Genauigkeit bestimmt werden.
In früheren experimentellen Untersuchungen, an denen auch die Autoren von Liu et al., a.a.O.,
beteiligt waren, wurde bei einem Teil von HNPCC-Patienten mit genau charakterisierten Muta
tionen in bestimmten MMR-Genen erhöhte Anzahlen von Mutationen auch in den Mikrosatelliten
von nicht-neoplastischen Zellen, d. h. von Zellen, die nicht aus Tumorgewebe stammen, gefunden;
Parsons et al., Science 268 (1995), S. 738-740. Gleichzeitig wurde in in vitro-Tests mit Zellex
trakten von nicht-neoplastischen Zeilen dieser Patienten verringerte MMR-Aktivität bezüglich
eines künstlichen DNA-Substrates festgestellt. Bei den anderen untersuchten HNPCC-Patienten
wurde trotz der bei ihnen zuvor festgestellten Mutationen in MMR-Genen keine Mikrosatelliten-
Instabilität in den nicht-neoplastischen Zellen gefunden. Ferner zeigten diese Zellen substantielle
MMR-Aktivität in in vitro-Tests. Als mögliche Erklärungen für die beobachtete Mikrosatelliten-
Instabilität in den phänotypisch normalen (d. h. nicht-neoplastischen) Zellen bestimmter HNPCC-
Patienten wurden eventuell bestehende weitere Defekte in bisher unbekannten MMR-Genen oder
ein dominant-negativer Effekt der bei diesen Patienten bereits festgestellten speziellen MMR-
Genmutationen in bezug auf das jeweils intakte Allel angeführt. Die Autoren stellten fest, es sei
überraschend, daß sich bei diesem Teil der untersuchten HNPCC-Patienten nicht mehr Colon
karzinome entwickelt hatten und stellten daran anschließend Überlegungen bezüglich des Zu
sammenhangs zwischen Mutagenese und Karzinogenese an. Patienten, bei denen lediglich ein
Verdacht auf das Bestehen eines erblich bedingten Defektes im MMR-System bzw. auf HNPCC
bestand, waren nicht in die Untersuchungen von Parsons et al. einbezogen.
Entsprechend besteht eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung darin, ein Testverfahren zur
Feststellung des Vorliegens erblich bedingter Defekte im MMR-System bzw. zur Feststellung des
Vorliegens von HNPCC oder einer diesbezüglichen Prädisposition bei einer zu untersuchenden
Person bereitzustellen, das die Nachteile der vorstehend genannten Untersuchungs- und Analyse
verfahren vermeidet, einfach zu handhaben ist und als Basis für die Diagnose von HNPCC oder
einer diesbezüglichen Prädisposition dienen kann.
Diese und weitere Aufgaben werden durch das in Anspruch 1 und den nachfolgenden Ansprü
chen beanspruchte Verfahren gelöst. Entsprechend betrifft die vorliegende Erfindung ein Testver
fahren zur Feststellung des Vorliegens eines erblich bedingten Defekts im MMR-System
bzw. zur Feststellung des Vorliegens von HNPCC oder einer diesbezüglichen Prädisposition
bei einer zu untersuchenden Person, das die folgenden Schritte umfaßt:
- a) Kultivierung von nicht-neoplastischen Zellen der zu untersuchenden Person unter Bedin gungen, die Zellteilung erlauben, wobei vor und/oder während der Kultivierung ein mutagener Stimulus gegeben wird;
- b) Herstellung mehrerer DNA-Proben aus den kultivierten Zellen, die jeweils in ihrer DNA-Menge oder bezüglich der in ihnen enthaltenen Sequenzinformation der genomischen DNA etwa einer oder einiger weniger dieser Zellen entsprechen;
- c) Amplifikation bestimmter Abschnitte der DNA-Proben mittels der Polymerase- Kettenreaktion ("polymerase chain reaction"; PCR) unter Einsatz sequenzspezifischer Primer, insbesondere Mikrosatelliten-DNA-spezifischer Primer; und
- d) Analyse der Amplifikationsprodukte hinsichtlich des erhöhten Auftretens von Mutationen innerhalb der amplifizierten Sequenzen.
In einem weiteren Aspekt betrifft die Erfindung die Verwendung des erfindungsgemäßen
Verfahrens zur Bestimmung des erhöhten Auftretens von Mutationen in der genomischen
DNA, etwa in der Mikrosatelliten-DNA, der nicht-neoplastischen Zellen einer zu untersu
chenden Person zur Feststellung des Vorliegens erblich bedingter Defekte im MMR-System
bzw. zur Feststellung des Vorliegens von HNPCC oder einer diesbezüglichen Prädisposition
bei einer zu untersuchenden Person.
In einem weiteren Aspekt betrifft die Erfindung die Verwendung von Mikrosatelliten-DNA-
spezifischen Primern in dem erfindungsgemäßen Verfahren.
Das erfindungsgemäße Verfahren ist unabhängig von der Analyse von Tumorgewebe bzw. dessen
Verfügbarkeit. Entsprechend kann es auch in bezug auf Personen angewandt werden, die bisher
keinen Krebs entwickelt haben. Es ist zudem in der Lage, funktionelle Defekte im MMR-System
nachzuweisen, die durch Mutationen in bisher unbekannten Genen hervorgerufen werden. Das
erfindungsgemäße Verfahren kann ferner im Hinblick auf Einzelpersonen durchgeführt werden,
ohne daß es erforderlich wäre, andere Mitglieder der Familie dieser Personen in die Untersuchung
einzubeziehen. Für die Anwendung des Verfahrens ist es auch nicht erforderlich, das Vorliegen
einer Keimbahn-Mutation in einem MMR-Gen nachzuweisen, wozu die Sequenzierung mehrerer
MMR-Gene erforderlich wäre. Das erfindungsgemäße Verfahren kann schließlich in den folgen
den Situationen verwendet bzw. angewandt werden, in denen keiner der bisherigen Ansätze, wie
die Analyse der Mikrosatelliten-Instabilität in einem Tumor oder die Sequenzierung von einzelnen
MMR-Genen, in der Lage ist, die Diagnose von HNPCC zu bestätigen:
- - Wenn ein phänotypisch gesundes Familienmitglied wissen möchte, ob er oder sie Träger eines genetischen Defektes in einem MMR-Gen ist, eine entsprechende Keimbahn-Mutation in der betreffenden Familie jedoch nicht festgestellt wurde;
- - wenn ein Krebspatient wissen möchte, ob er oder sie Träger eines Defektes im MMR-System ist, eine Tumorprobe zur Analyse jedoch nicht verfügbar ist (beispielsweise wenn der Patient vor vielen Jahren an einem Colonkarzinom operiert wurde und aufbewahrte Gewebeproben nicht mehr verfügbar sind);
- - wenn ein Mitglied einer Familie (Patient oder phänotypisch gesunde Person), bei der eine Häufung von Krebsfallen vorliegt, wissen möchte, ob er oder sie an einem erblich bedingten Krebs-Syndrom leidet;
- - wenn ein Mitglied einer Familie (Patient oder phänotypisch gesunde Person), bei der eine Häutung von Krebsfallen vorliegt und bei der eine Mutation in einem MMR-Gen vorliegt, wissen möchte, ob diese Mutation zu einem Defekt im MMR-System führt.
Gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren werden zunächst nicht-neoplastische Zellen einer zu
untersuchenden Person in Kultur genommen und unter Bedingungen kultiviert, die Zellteilung
erlauben. Bei der zu untersuchenden Person kann es sich etwa um einen Patienten mit Colonkar
zinom handeln oder um eine Person, bei der der Verdacht auf Vorliegen von HNPCC oder einer
diesbezüglichen Prädisposition besteht.
Um Zellen für die Kultivierung zu gewinnen, werden von der zu untersuchenden Person nicht
neoplastische Zellen erhalten. Es kann sich dabei um verschiedene Zelltypen handeln. Geeignet
sind insbesondere Zellen, die sich leicht in Kultur nehmen lassen, und die in der Lage sind, sich
unter den gewählten Kulturbedingungen zu teilen. Bevorzugt sind beispielsweise Fibroblasten
oder epitheliale Zellen der Colonschleimhaut sowie Lymphozyten.
Lymphozyten sind aufgrund ihrer einfachen Zugänglichkeit und Kultivierbarkeit besonders bevor
zugt. Sie können z. B. in einfacher Weise aus abgenommenem Vollblut der zu untersuchenden
Person gewonnen werden. Falls das Blut nach der Abnahme nicht unverzüglich weiterverarbeitet
werden kann, wird ein Gerinnungshemmer zugegeben (EDTA, Heparin oder Citrat). Die Lym
phozyten werden dann aus dem abgenommenen Vollblut nach bekannten Verfahren durch Über
schichten auf ein Ficoll-Kissen und Zentrifugation gewonnen. Die Lymphozyten werden dabei aus
dem so entstandenen sogenannten Lymphozytenring abgenommen, gewaschen und in Kultur
genommen, wobei man eine Kultur erhält, die überwiegend Lymphozyten enthält.
Es ist auch möglich, die Zellen im Rahmen der Kultivierung zu immortalisieren. Beispielsweise
können von der zu untersuchenden Person gewonnene Lymphozyten mit Epstein-Barr-Virus
transformiert werden. Die Immortalisierung durch Transformation ist insbesondere bei nicht-
neoplastischen Zellen vorteilhaft, die schwierig in Kultur zu nehmen sind bzw. die sich in Kultur
nicht oder nur in geringem Maße teilen. In Übereinstimmung mit dem erfindungsgemäßen Ver
fahren können auch Einzelzellen von einer zu untersuchenden Person gewonnen und anschlie
ßend daraus Zellklone kultiviert werden, wobei sowohl die Einzelzellen als auch die daraus kulti
vierten Zellklone gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren behandelt werden können.
Vorzugsweise erfolgt die Kultivierung der Zellen unter Gabe bzw. Anwesenheit eines mutagenen
Stimulus. Geeignet als mutagene Stimuli sind insbesondere Substanzen, die die Mutationsrate der
Zellen erhöhen, z. B. Substanzen, die zu einem intrazellulären Ungleichgewicht der Nukleotid
bausteine führen. Bevorzugte mutagene Substanzen, die zu der Kultur nicht-neoplastischer Zellen
gegeben werden, sind in diesem Zusammenhang z. B. Methotrexat, Azathioprin, 6-Mercaptopurin
oder 5-Fluorouracil, wobei letzteres besonders bevorzugt ist. Andere Substanzen, deren mutage
ne Wirkung bei Zusatz zu Kulturen prokaryontischer oder eukaryontischer Zellen oder in vivo
dem Fachmann bekannt sind, können jedoch ebenfalls verwendet werden. Geeignete Konzentra
tionen zur Anwendung der vorstehend genannten mutagenen Substanzen liegen beispielsweise im
Bereich von 0,001 µM bis 0,5 mM oder 0,001 µM bis 100 µM, vorzugsweise im Bereich von
0,01 µM bis 10 µM und besonders bevorzugt von 0,1 µM bis 1 µM in der Kulturflüssigkeit. Eine
der genannten mutagenen Substanzen kann auch in Kombination mit einer anderen der genannten
mutagenen Substanzen eingesetzt werden, z. B. 5-Fluorouracil zusammen mit Methotrexat, oder
5-Fluorouracil zusammen mit 6-Mercaptopurin, oder in Kombination mit zwei oder mehreren der
genannten mutagenen Substanzen, wobei die Zugabe der verschiedenen Substanzen zur Kultur
nicht notwendigerweise gleichzeitig erfolgen muß.
Der mutagene Stimulus gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren kann auch physikalischer Art
sein. Die Zellen werden in diesem Falle vorzugsweise γ-Strahlen, Röntgenstrahlen oder
UV-Strahlen, besonders bevorzugt Röntgenstrahlen oder UV-Strahlen, in einer Dosis ausgesetzt, die
ausreicht, Mutationen in der genomischen DNA der Zellen zu induzieren. Bei Verwendung phy
sikalischer Stimuli kann die Exposition der Zellen vor oder während der Kultivierung erfolgen.
Vorteilhaft für die Zwecke der Erfindung ist auch eine Behandlung mit einer Kombination aus
chemischen und physikalischen mutagenen Stimuli, beispielsweise eine Behandlung der Kultur mit
5-Fluorouracil und gleichzeitig, anschließend oder im Vorfeld dazu, z. B. vor Kultivierung oder
vor 5-Fluorouracilgabe zur Kultur, eine Behandlung der Zellen mit einem physikalischen Stimu
lus, beispielsweise Bestrahlung der Zellen mit Röntgenstrahlung.
Generell wird die Dauer bzw. die Intensität des mutagenen Stimulus oder der in Kombination
gegebenen mutagenen Stimuli so eingestellt, daß es nicht zu substantiellen toxischen Wirkungen
bzw. zu massivem Zelltod in der Kultur kommt, wobei Dauer bzw. Intensität im Hinblick auf den
jeweiligen Zelltyp variieren kann. Insbesondere werden Applikationsdauer und Intensität so ein
gestellt, daß die Fähigkeit der Zellen, Zellteilungen zu durchlaufen, nicht wesentlich beeinträchtigt
wird. Zellteilungsaktivität und Zelltod in der Kultur lassen sich beispielsweise durch Aufnehmen
einer Wachstumskinetik durch wiederholte Probenentnahme und Auszählung der Zellen in einem
Zell-Counter oder durch Messung des Einbaus von 3H-markiertem Thymidin nach bekannten
Verfahren überwachen.
Gegebenenfalls können die Zellen nach einer Exposition gegenüber dem mutagenen Stimulus
beispielsweise durch Verdünnungsreihen vereinzelt und anschließend zu Zellklonen kultiviert
werden, deren genomische DNA anschließend, wie nachfolgend erläutert, extrahiert wird. Im
Sinne der Erfindung entspricht eine aus einem Zellklon erhaltene DNA-Probe bezüglich der in ihr
enthaltenen Sequenzinformation der genomischen DNA der Ausgangszelle des Zellklons.
Die Dauer der Kultivierung ist ebenfalls abhängig vom kultivierten Zelltyp, vom verwendeten
mutagenen Stimulus und davon, ob die kultivierten Zellen iminortalisiert wurden. Allgemein
sollte die Kultivierungsdauer für den jeweiligen Zelltyp so angesetzt werden, daß die Zellen die
Möglichkeit haben, wenigstens 1 oder 2, vorzugsweise 10 bis 15, besonders bevorzugt bis zu 20,
und insbesondere bevorzugt mehr als 20 Zellteilungen zu durchlaufen, wobei die Zellteilungsrate
vom jeweiligen Zelltyp und den jeweiligen Kulturbedingungen abhängt. Das Auftreten von Zell
teilungen in der Kultur und die Zellteilungsrate können anhand der vorstehend genannten bekann
ten Verfahren überwacht werden. Generell erhöht sich die Sensitivität des Testverfahrens, d. h. die
Nachweisempfindlichkeit gegenüber Defekten im MMR-System der kultivierten Zellen und damit
der zu untersuchenden Person, mit der Dauer der Kultivierung bzw. mit der Anzahl der Zelltei
lungen, die die kultivierten Zellen durchlaufen. Die Kultivierungsdauer wird bei nicht
immortalisierten Zellen durch das Auftreten von massivem Zelltod der Zellen in der Kultur be
grenzt, der wiederum anhand der genannten bekannten Verfahren überwacht werden kann. Die
Kultivierungsdauer beträgt üblicherweise 2 bis 15 Tagen, vorzugsweise 3 bis 10 Tage. Besonders
bevorzugt ist eine Kultivierungsdauer von 3 bis 5 Tagen, wobei eine Kultivierung für 3 Tage
ebenfalls besonders bevorzugt ist und sich insbesondere für aus Patientenblut isolierte Lympho
zyten eignet.
Gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren werden anschließend ausgehend von den kultivierten
nicht-neoplastischen Zellen DNA-Präparationen gewonnen. Die Gewinnung erfolgt durch
Extraktion der genomischen DNA aus den Zellen nach an sich bekannten Verfahren. Bei
einer bevorzugten Ausführungsform wird die Extraktion so durchgeführt, daß die erhaltene
genomische DNA-Präparation geeignet ist, direkt als solche als DNA-Probe gemäß der
Erfindung in einer anschließend durchgeführten PCR-Reaktion mit sequenzspezifischen
Primern eingesetzt zu werden. Dieses Verfahren beruht auf der Extraktion einzelner Zellen
("single-cell PCR"; Einzelzell-PCR) und ist beispielsweise in Kupper et al., Ann. Oncol 7,
Beil. 4 (1996), S. 35-39 beschrieben. Bei Anwendung dieses Extraktionsverfahrens werden
beispielsweise durch Verdünnungsreihen einzelne oder einige wenige Zellen, z. B. etwa 1-5
Zellen, vorzugsweise etwa 3-5 Zellen, und besonders bevorzugt etwa 3 Zellen vereinzelt und
anschließend extrahiert und der PCR unterworfen.
Bei einer weiteren bevorzugten Ausführungsform werden die kultivierten nicht-
neoplastischen Zellen insgesamt einer DNA-Extraktion unterzogen, um DNA-Präparationen
zu gewinnen. Bekannte Verfahren zur DNA-Extraktion kultivierter Zellen sind beispiels
weise in Molecular Cloning; A Laboratory Handhook, Sambrook et al., Cold Spring Harbor
Laboratory Press, 2. Aufl. (1989) beschrieben. Für die DNA-Extraktion gemäß der Erfindung
stehen zahlreiche weitere, z. T. kommerziell vertriebene Verfahren zur Verfügung, die statt der
beschriebenen Technik eingesetzt werden können.
Generell sind die DNA-Proben, die aus den extrahierten DNA-Präparationen aus den kulti
vierten Zellen hergestellt werden, bezüglich ihrer DNA-Menge bzw. der in ihnen enthaltenen
Sequenzinformation (bzw. der Komplexität der in ihnen enthaltenen DNA-Moleküle) so
eingestellt bzw. beschaffen, daß im anschließend durchgeführten Nachweisverfahren einzelne
mutierte DNA-Sequenzen zuverlässig nachgewiesen werden können, was wiederum von der
Sensitivität des verwendeten Nachweisverfahrens abhängt. Vorzugsweise entsprechen die
erfindungsgemäßen DNA-Proben bezüglich DNA-Menge bzw. der in ihnen enthaltenen
Sequenzinformation der genomischen DNA etwa einer oder einiger weniger kultivierter
nicht-neoplastischer Zellen, vorzugsweise 3-15 Zellen, besonders bevorzugt 3-5 Zellen und
insbesondere bevorzugt 3 Zellen. Dies schließt DNA-Proben mit ein, die bezüglich ihrer
DNA-Menge bzw. der in ihnen enthaltenen Sequenzinformation einem einzelnen Allel einer
kultivierten nicht-neoplastischen Zelle entsprechen.
Wenn die DNA-Präparation durch Extraktion der kultivierten nicht-neoplastischen Zellen
insgesamt gewonnen wird, wird sie zur Herstellung von DNA-Proben für eine anschließende
PCR-Amplifikation so verdünnt, daß die DNA-Menge in der zu amplifizierenden Probe der
DNA-Menge etwa einer oder einiger weniger Ausgangszellen entspricht. Bei Anwendung
von Einzelzell-PCR wird die Zahl der Ausgangszellen pro Ansatz so gewählt, daß die erhal
tenen DNA-Proben den vorstehend genannten Anforderungen hinsichtlich der DNA-Menge
bzw. der in ihnen enthaltenen Sequenzinformation entsprechen.
Die DNA-Proben aus den kultivierten Zellen werden anschließend einer PCR unterworfen. Es
werden mehrere parallele Ansätze vorbereitet, in denen einzelne DNA-Proben, die von den kulti
vierten Zellen der zu untersuchenden Person stammen und gemäß dem erfindungsgemäßen Ver
fahren gewonnen wurden, mit jeweils gleicher DNA-Menge und unter Verwendung gleicher
Reaktionsbedingungen amplifiziert werden. Vorzugsweise werden 5-20 parallele DNA-Proben in
der PCR amplifiziert, besonders bevorzugt 5-10 parallele Proben.
Gleichzeitig zu den DNA-Proben, die sich von der zu untersuchenden Person ableiten, können als
Kontrolle DNA-Proben amplifiziert werden, die von einer Person stammen, die nicht an einem
Defekt im MMR-System leidet. Als Kontroll-DNA-Proben werden vorzugsweise Proben ver
wendet, die nach dem gleichen Verfahren wie die zu untersuchenden Proben gewonnen wurden.
Dabei kann für die Amplifikation auch auf DNA-Proben aus standardisierten Kontroll-DNA-
Präparationen zurückgegriffen werden, die nicht parallel zu den konkret zu untersuchenden Prä
parationen bzw. Proben hergestellt wurden. Solche standardisierten Präparationen können z. B.
für verschiedene Zelltypen und für verschiedene definierte Kulturbedingungen und mutagene
Stimuli hergestellt und aufbewahrt werden, um dann bei der Durchführung des erfindungsgemä
ßen Testverfahrens zur Herstellung von Kontroll-DNA-Proben zu dienen. Die Kontroll-DNA-
Proben enthalten vorzugsweise die gleiche DNA-Menge bzw. die Sequenzinformation entspre
chend der gleichen Anzahl von Zellen wie die zu untersuchenden DNA-Proben und werden unter
den gleichen Bedingungen in der PCR amplifiziert.
Für jedes Gen oder jeden Abschnitt in der DNA-Probe können sequenzspezifische Primer einge
setzt werden, vorausgesetzt, das Primerpaar eignet sich zur Amplifikation und zum anschließen
den Nachweis von Mutationen. Besonders geeignet sind Mikrosatelliten-DNA-spezifische Pri
mer, da bei HNPCC-Patienten Mutationen dieser DNA-Sequenzen gefunden werden, und da
Mutationen in den Mikrosatelliten durch die veränderten Längen der mutierten DNA-Abschnitte
leicht nachgewiesen werden können. Das erfindungsgemäße Testverfahren ist jedoch nicht auf die
Untersuchung von Mikrosatelliten beschränkt, sondern kann auch zur Analyse anderer Abschnitte
des Genoms und zum Nachweis anderer Arten von Mutationen (z. B. Mismatch-Mutationen)
eingesetzt werden. Es können auch mehrere Primerpaare, die z. B. für verschiedene Mikrosatelli
ten-DNA-Sequenzen spezifisch sind, in parallelen Ansätzen verwendet werden. Die Primer kön
nen zudem mit einer radioaktiven oder nicht-radioaktiven Markierung versehen sein, um den
Nachweis des Amplifikationsproduktes zu erleichtern, z. B. 32P-markierte Primer oder Digoxi
genin- oder Fluoreszenz-markierte Primer. Alternativ kann die PCR auch in Anwesenheit radio
aktiv oder nicht-radioaktiv markierter Nukleotidbausteine durchgeführt werden.
Die Analyse der Amplifikationsprodukte ist mittels zahlreicher bekannter Techniken möglich.
Vorzugsweise erfolgt die Analyse durch Auftrennung der Amplifikationsprodukte in den Ansät
zen auf einem Gel, etwa einem herkömmlichen Sequenziergel, oder in einem automatischen
DNA-Sequencer. Ein anderes bevorzugtes Verfahren ist z. B. die Analyse von SSCP ("single
strand conformation polymorphism"; Einzelstrang-Konformationspolymorphismus-Analyse),
etwa nach dem von Teschauer et al., Eur. J. Clin. Chem. Clin. Biochem. 43 (1996), S. 125-131
beschriebenen Verfahren. Bevorzugt sind auch denaturierende Gradientengele, z. B. im Rahmen
von TGGE (Temperaturgradienten-Gelelektrophorese) oder DGGE (Denaturierungsgradienten-
Geleleklrophorese). Es ist auch möglich, die Produkte der Amplifikation zu sequenzieren, um
detailliertere Informationen über die Art der gefundenen Mutationen zu erhalten.
Wenn bei Verwendung von Mikrosatelliten-DNA-spezifischen Primern die einzelnen PCR-
Produkte in den Ansätzen nach Auftrennung auf einem Gel oder nach einem anderen Nachweis
verfahren unterschiedliche Längen zeigen, so ist das ein Beleg für Mikrosatelliteninstabilität in
den nicht-neoplastischen Zellen der zu untersuchenden Person. Die Anzahl der Längenunter
schiede kann auch, wie vorstehend erwähnt, mit der bei gegebenenfalls parallel analysierten Kon
troll-Ansätzen auftretenden Anzahl von Längenunterschieden verglichen werden, um die Diagno
se eines MMR-Defektes bzw. von HNPCC oder einer diesbezüglichen Prädisposition zu erhärten.
Es ist auch möglich, durch Standardisierung des Verfahrens den Grad bzw. das Ausmaß des
funktionellen Defekts im MMR-System für eine bestimmte Mutation in einem MMR-Gen zu
bestimmen.
Wie vorstehend erwähnt kann das erfindungsgemäße Verfahren dazu verwendet werden, bei
Personen mit nachgewiesenen Mutationen in MMR-Genen die Frage zu klären, ob es sich dabei
um Mutationen handelt, die zu einem funktionellen Defekt im MMR-System führen. Es ist auch
möglich, bei Personen mit nachgewiesenen Mutationen in bestimmten Genen, für die eine Bedeu
tung für das MMR-System vermutet wird, den Einfluß der Mutation auf die Funktion des MMR-
Systems zu untersuchen und somit die Frage der Beteiligung des mutierten Gens am MMR-
System zu klären.
Die Figur zeigt in schematischer Übersicht eine bevorzugte Vorgehensweise gemäß der Erfin
dung. Aus einer Blutprobe eines Patienten werden Lymphozyten gewonnen und in Kultur ge
nommen. Im Verlauf der Kultivierung werden die Zellen durch Zugabe einer mutagenen Substanz
mutagenem Streß ausgesetzt. Bei Vorliegen eines Defektes im MMR-System der kultivierten
Lymphozyten führt diese Behandlung zur Akkumulation von Mutationen in der genomischen
DNA sich teilender Zellen. Insbesondere treten im Rahmen solcher Mutationen Längenverände
rungen in den Mikrosatelliten-DNA-Sequenzen der Zellen auf. Nach Beendigung der Kultivie
rungsphase wird zur Herstellung von DNA-Proben die genomische DNA aus den Zellen extra
hiert. Die DNA-Menge der Proben wird dabei so eingestellt, daß sie der Menge an genomischer
DNA von 0,5-3 Zellen aus der Kultur entspricht. Mehrere der so gewonnenen DNA-Proben
werden dann parallel in der PCR mit Mikrosatelliten-DNA-spezifischen Primern amplifiziert (wie
für einen Ansatz in der Figur dargestellt). Die durch Mutation induzierten Längenunterschiede in
den beiden Allelen (in der Figur idealisiert als Balken unterschiedlicher Länge dargestellt) spiegeln
sich auch in den amplifizierten DNA-Produkten wieder und können nach Auftrennung auf einem
Sequenziergel nachgewiesen werden (in der Darstellung des Gels der Figur für 2 unterschiedliche
Mikrosatelliten-DNA-Sequenzen mit je 5 Parallelansätzen dargestellt).
Die nachfolgenden Beispiele beschreiben bevorzugte Ausführungsformen des erfindungsgemäßen
Testverfahrens im Detail und dienen zudem der Erläuterung der Erfindung.
Dem zu untersuchenden Patienten wird Vollblut abgenommen, wobei die Abnahme in ein
Röhrchen mit einer vorgelegten Menge an Citratpuffer erfolgt, die ausreicht, während der Wei
terverarbeitung des Patientenblutes die Gerinnung zu hemmen. Zur Abtrennung der Lymphozyten
werden 10 ml des abgenommenen Blutes auf 3 ml Ficoll-Lösung (Dichte 1,077 g/l) in einem 15
ml-Teströhrchen geschichtet. Anschließend erfolgt Zentrifugation bei Raumtemperatur für 15
Minuten bei 400 g in einer Mischzentrifuge. Die Zentrifuge wird langsam abgebremst, und der
Überstand (Plasma) wird abgenommen und verworfen. Der erhaltene Lymphozytenring wird mit
möglichst wenig Plasma und Ficoll in ein neues 15 ml-Teströhrchen überführt. Die darin enthalte
nen Zellen werden mit 5 ml RPMI-1640-Medium (Rosswell Park Memorial Inst.) mit 10% föta
lem Kälberserum (fetal calf serum; FCS) gewaschen. Anschließend erfolgt eine weitere Zentrifu
gation für 5 Minuten bei 400 g. Der Überstand wird abdekantiert und dieser Waschschritt wieder
holt. Anschließend werden die pelletierten Zellen in 5 ml RPMI-1640-Medium mit 10% FCS und
50 µg/ml PHA (Phytohämagglutinin, Leukagglutinin) resuspendiert und in eine Zellkulturflasche
überführt, um eine Lymphozytenkultur herzustellen. Die Lymphozytenkultur wird dann bei 36°C
unter CO2-Begasung für 3 Tage im Brutschrank inkubiert.
Der gemäß Beispiel 1 angesetzten Lymphozytenkultur wird zu Beginn der Kultivierung
5-Fluorouracil in einer Endkonzentration von 1 µM zugesetzt. Nach 24 Stunden Kultivierung wird
PHA aus dem Kulturmedium entfernt und die 5-Fluorouracilkonzentration auf 0,1 µM reduziert.
Hierzu wird die Kulturflüssigkeit mit weiteren 7,5 ml RPMI-1640-Medium mit 10% FCS ge
mischt. Anschließend werden die Zellen schonend pelletiert (350 g, 5 Minuten, schnelles Abbrem
sen). Die Zellen werden dann in 5 ml RPMI-1640-Medium mit 10% FCS und 0,1 µM
5-Fluorouracil ohne PHA resuspendiert und für weitere 48 Stunden unter den vorstehend genann
ten Inkubationsbedingungen im Brutschrank inkubiert.
Nach Ende der Kultivierung werden 7,5 ml Medium zu der gemäß Beispiel 2 erhaltenen Lym
phozytenkultur gegeben. Es folgt sanftes Suspendieren der Zellen in der Kulturflüssigkeit von
Hand ohne Einsatz eines Vortex. Vor Durchführung der DNA-Extraktion wird die Gesamtzahl
der kultivierten Zellen mittels Durchflußzytometrie in einem laborüblichen Zell-Counter be
stimmt. Hierzu wird ein Aliquot der Kulturflüssigkeit im Zell-Counter ausgezählt. Die Gesamt
zahl kultivierter Zellen wird anschließend aus dem Gesamtvolumen des Kulturmediums und der
im Zell-Counter bestimmten Zelldichte in der Kultur berechnet. Die Kulturflüssigkeit wird dann
zu gleichen Teilen auf zwei Teströhrchen aufgeteilt und die Zellen werden für 5 Minuten bei 350 g
pelletiert. Die Zellen eines der so erhaltenen Lymphozytenpellets werden tiefgefroren, um die
Möglichkeit nachfolgender Analysen z. B. bezüglich weiterer Mikrosatelliten-DNA-Sequenzen
offenzuhalten. Hierzu werden die Zellen des Pellets in I ml kaltem Einfriermedium (50% FCS,
10% DMSO, 40% RPMI-1640-Medium) resuspendiert und sofort in flüssigem Stickstoff
schockgefroren.
Zur Extraktion der genomischen DNA aus den gemäß Beispiel 3 erhaltenen Zellen (d. h. entweder
direkt von der Kultur gewonnene oder nach Zwischenlagerung in Einfriermedium erhaltene Zel
len) werden die Zellen nach einem oder mehreren Waschschritten mit kaltem PBS abzentrifugiert.
Bei Anwendung mehrerer Waschschritte die zu einem Verlust von Zellen führen können, wird die
Gesamtzellzahl vor dem letzten Waschschritt erneut mittels Durchflußzytometrie gemäß den
Angaben in Beispiel 3 bestimmt. Das nach dem letzten Waschschritt erhaltene Zellpellet wird in
einem Verdauungspuffer (100 mM NaCl, 10 mM Tris/HCl pH 8, 25 mM EDTA pH 8, 0,5%
SDS, 0,1 mg/ml Proteinase K) resuspendiert (108 Zellen/ml Puffer). Die Zellen werden dann für
mind. 3 Stunden bei 37°C unter regelmäßigem Schütteln (in einem Schüttelwasserbad oder auf
einer Schüttelplattform in einem Brutraum oder einem Inkubator) inkubiert. Anschließend wird
das Reaktionsgemisch auf Raumtemperatur abgekühlt, und 30% des Ausgangsvolumens an
gesättigter NaCl-Lösung (Raumtemperatur) werden hinzugefügt gefolgt von kräftigem Durchmi
schen (15 Sekunden Vortex). Es folgt Zentrifugation für 10 Minuten bei 12 000 g und Überführen
des Überstands in ein frisches Reaktionsgefäß. Nach Abkühlung auf 4°C wird das doppelte Vo
lumen 100% Ethanol (-20°C) hinzugegeben und die DNA durch Schütteln der Mischung gefällt.
Die DNA wird dann durch Zentrifugation (12 000 g) pelletiert, mit 70% Ethanol gewaschen,
getrocknet und in TE-Puffer resuspendiert. Über die Extinktion bei 260 nm wird die Konzentrati
on an DNA im TE-Puffer bestimmt. Zur Herstellung von DNA-Proben für die PCR wird die
DNA mit TE anschließend soweit verdünnt, daß sich in 5 µl erhaltener DNA-Probe die DNA-
Menge befindet, die rechnerisch der Menge an genomischer DNA von 3 Zellen entspricht (wobei
als Menge genomischer DNA pro Zelle von einem Wert von 6,4 pg DNA ausgegangen wird;
siehe z. B. Molecular Cell Biology, Lodish et al., Scientific American Books, W.H. Freeman
and Company, New York, 3. Aufl. (1995), S. 312).
Ausgehend von den gemäß Beispiel 4 erhaltenen DNA-Proben werden mittels PCR zwei ver
schiedene Mikrosatelliten-DNA-Sequenzen amplifiziert: D2S123, ein CA-Dinukleotidrepeat auf
Chromosom 2, und BAT 40, ein A-Mononukleotidrepeat (HSD3B-Gen, chromosomale Lokali
sation 1p13.1). Hierzu werden Primer mit den folgenden Sequenzen verwendet:
- a) D2S123 (CA-Dinukleotidrepeat):
5'-ACA TTG CTG GAA GTT CTG GC-3' (upper primer; SEQ ID-NO:1)
5'-CCT TTC TGA CTT GGA TAC CA-3' (lower primer; SEQ ID-NO:2)
Zu erwartende Länge des PCR-Produktes gemäß Sequenz embl:hs093xh3 aus der EMBL- Datenbank: 140bp. - b) BAT 40 (A-Mononukleotidrepeat):
5'-ATT AAC TTC CTA CAC CAC AAC-3' (upper primer; SEQ ID-NO:3)
5'-GTA GAG CAA GAC CAC CTT G-3' (lower primer; SEQ ID-NO:4)
Zu erwartende Länge des PCR-Produktes gemäß Sequenz emhum1:hsbhsd aus der EMBL- Datenbank: 126bp.
Dabei ist jeweils ein Primer der beiden vorstehend genannten Primerpaare an seinem 5'-Ende mit
einem Fluoreszenzfarbstoff markiert. Für jede zu amplifizierende Mikrosatelliten-DNA werden 5
parallele PCR-Ansätze vorbereitet. Jeder dieser Ansätze enthält als DNA-Probe bzw. Template 5
µl der gemäß Beispiel 4 verdünnten genomischen DNA. Zusätzlich zu den Ansätzen mit Patien
ten-DNA werden für jede zu amplifizierende Mikrosatelliten-DNA-Sequenz als Kontrolle 5
parallele Ansätze vorbereitet, die als Probe bzw. Template eine den Ansätzen mit Patienten-DNA
entsprechende Menge an genomischer DNA von Lymphozyten einer gesunden Person enthält,
wobei von der gesunden Person bekannt ist, daß sie nicht an einem Defekt im Mismatch-
Reparatursystem leidet. Die Kontroll-DNA-Präparation wurde nach dem gleichen Verfahren von
der gesunden Person gewonnen wie die Patienten-DNA-Präparation vom zu untersuchenden
Patienten. Die vorbereiteten Ansätze werden anschließend einer PCR mit 35 Zyklen mit einer
Annealing-Temperatur von 55°C für den Mikrosatelliten D2S123 bzw. von 51°C für den Mikro
satelliten BAT 40 unterzogen. Die PCR wird entsprechend üblicher Vorgehensweisen durchge
führt (2,5 U Taq-Polymerase pro Ansatz von 100 µl Volumen, Denaturierung bei 94°C, Polyme
rase-Reaktion bei 72°C, je eine Minute pro Zyklusschritt).
Nach Beendigung der PCR gemäß Beispiel 5 werden die Amplifikationsprodukte der einzelnen
Ansätze gemäß bekannter Verfahren in einem automatischen DNA-Sequencer aufgetrennt und
mittels der Fluoreszenzmarkierung der Primer nachgewiesen. Parallel zu den PCR-Produkten
werden geeignete markierte Größenmarker aufgetrennt, die zusätzlich direkte Informationen
bezüglich der Längen der PCR-Produkte liefern.
Die Ergebnisse der Auftrennung gemäß Beispiel 6 werden dahingehend analysiert, ob bzw. wie
oft die Amplifikationsprodukte sowohl der Patienten-DNA-Proben als auch der Kontroll-DNA-
Proben jeweils untereinander Längenunterschiede aufweisen. Finden sich unter den Amplifikati
onsprodukten der Patienten-DNA-Proben signifikant mehr Längenunterschiede als bei der Kon
trolle (d. h. eine gegenüber der Kontrolle signifikant erhöhte Längenheterogenität), so belegt dies
eine vorliegende Mikrosatelliteninstabilität und somit einen MMR-Defekt in den kultivierten
Zellen des untersuchten Patienten.
Claims (10)
1. Testverfahren zur Feststellung des Vorliegens eines erblich bedingten Defekts im Mis
match-Reparatursystem bei einer zu untersuchenden Person, umfassend
- a) Kultivierung von nicht-neoplastischen Zellen der zu untersuchenden Person unter Bedingungen, die Zellteilung erlauben, wobei vor und/oder während der Kultivierung ein mutagener Stimulus gegeben wird;
- b) Herstellung mehrerer DNA-Proben aus den kultivierten Zellen, die jeweils in ihrer DNA-Menge oder bezüglich der in ihnen enthaltenen Sequenzinformation der ge nomischen DNA etwa einer oder einiger weniger dieser Zellen entsprechen,
- c) Amplifikation bestimmter Abschnitte der DNA-Proben mittels der Polymerase- Kettenreaktion unter Einsatz sequenzspezifischer Primer; und
- d) Analyse der Amplifikationsprodukte hinsichtlich des erhöhten Auftretens von Muta tionen innerhalb der amplifizierten Sequenzen.
2. Testverfahren gemäß Anspruch 1, das auf die Feststellung des Vorliegens eines erblich
bedingten nicht-polypösen Colonkarzinoms (hereditary non-polyposis colorectal cancer;
HNPCC) oder einer diesbezüglichen Prädisposition bei einer zu untersuchenden Person
gerichtet ist.
3. Testverfahren gemäß Anspruch 1 oder 2, bei dem die Amplifikation der DNA-Proben
unter Einsatz von Mikrosatelliten-DNA-spezifischen Primern erfolgt.
4. Testverfahren gemäß einem der Ansprüche 1-3, wobei es sich bei den nicht-neoplastischen
Zellen um Lymphozyten handelt.
5. Testverfahren gemäß einem der Ansprüche 1-4, wobei der mutagene Stimulus in der Zugabe
von mutagenen Substanzen zu der Kultur besteht.
6. Testverfahren gemäß Anspruch 5, bei dem es sich bei der mutagenen Substanz um Me
thotrexat, Azathioprin, 6-Mercaptopurin oder 5-Fluorouracil handelt.
7. Testverfahren gemäß einem der Ansprüche 1-4, wobei der mutagene Stimulus ein physikali
scher Stimulus ist.
8. Testverfahren gemäß Anspruch 7, wobei der physikalische Stimulus in einer Bestrahlung mit
γ-Strahlen, Röntgenstrahlen oder UV-Strahlen besteht.
9. Verwendung von Mikrosatelliten-DNA-spezifischen Primern in einem Verfahren gemäß
einem der Ansprüche 1-8.
10. Verwendung gemäß Anspruch 9, wobei es sich bei den Primern um ein Primerpaar mit
jeweils der Sequenz SEQ ID-NO:1 und SEQ ID-NO:2 oder der Sequenz SEQ ID-NO:3
und SEQ ID-NO:4 handelt.
Priority Applications (2)
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DE19747748A DE19747748A1 (de) | 1997-10-29 | 1997-10-29 | Testverfahren zur Identifizierung von Personen mit defektem Mismatch-Reparatursystem |
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Family Applications (1)
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WO (1) | WO1999022022A2 (de) |
Cited By (2)
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WO2001074873A1 (fr) * | 2000-03-22 | 2001-10-11 | Biowindow Gene Development Inc. Shanghai | Nouveau polypeptide, proteine humaine de reparation 9 du mesappariement de l'adn, et polynucleotide codant pour ce polypeptide |
WO2019183286A1 (en) * | 2018-03-20 | 2019-09-26 | GenID Solutions, LLC | Systems and methods for monitoring subjects for hereditary cancers |
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Publication number | Priority date | Publication date | Assignee | Title |
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DE10214788A1 (de) * | 2002-04-04 | 2003-10-23 | Universitaetsklinikum Hamburg | Verfahren zum Nachweis einer Mutation an einem für hereditäre kolorektale Tumoren prädisponieredem Gen |
Family Cites Families (3)
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US6191268B1 (en) * | 1993-12-17 | 2001-02-20 | Dana-Farber Cancer Institute | Compositions and methods relating to DNA mismatch repair genes |
DE19712332A1 (de) * | 1997-03-25 | 1998-10-01 | Boehringer Mannheim Gmbh | Verfahren zum Nachweis von Mikrosatelliten-Instabilität zur Tumordiagnostik |
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1997
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1998
- 1998-10-28 WO PCT/EP1998/006836 patent/WO1999022022A2/de active Application Filing
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Also Published As
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WO1999022022A3 (de) | 1999-07-15 |
WO1999022022A2 (de) | 1999-05-06 |
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