DE19530865A1 - Wirkstoff sowie Mittel zur parenteralen Ernährung - Google Patents
Wirkstoff sowie Mittel zur parenteralen ErnährungInfo
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Description
Die vorliegende Erfindung betrifft einen Wirkstoff sowie
ein diesen Wirkstoff enthaltendes Mittel für die pa
renterale Ernährung, d. h. einer Behandlung, bei der eine
Nahrungszufuhr unter Umgehung des Magen-Darm-Kanals, sprich
durch subkutane, intramuskuläre oder intravenöse Injektion
bzw. Infusion, erfolgt.
Die parenterale Ernährung wird üblicherweise durch
intravenöse Zufuhr von Glukose in die Blutbahn
durchgeführt. Die parenterale Ernährung ist jedoch mit
einigen Problemen behaftet. Unter anderem gelingt es häufig
selbst bei an sich stoffwechselgesunden Patienten nicht,
eine gewünschte Menge an Glukose ohne Provokation einer
Überzuckerung im Blut (Hyperglykämie) zu infundieren (siehe
H.S. Bjerke und M.M. Shabot in: Am. Surg. 58: 728-731
(1992)). Deshalb ist häufig sogar bei Nicht-Diabetikern die
gleichzeitige Gabe von Insulin notwendig. Dies birgt jedoch
die entgegengesetzte Gefahr einer Unterzuckerung im Blut
und erfordert deshalb die Durchführung zahlreicher
Kontrollmessungen, die zeitaufwendig und kostenintensiv
sind.
Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, die
parenterale Ernährung so zu verbessern, daß der
Kalorienbedarf gedeckt werden kann, während es weder zu
einer Überzuckerung noch zu einer Unterzuckerung im Blut
kommt.
Die Aufgabe wird gelöst durch die Verwendung des Glucagon
ähnlichen Peptids 1 [7-36-Amid] (engl. Glucagon-Like
Peptide 1; GLP-1) und/oder des gastroinhibitorischen
Peptids (engl. Gastric Inhibitory Peptide; GIP) zur
parenteralen Ernährung.
Durch die vorliegende Erfindung wird ferner ein
Arzneimittel für die parenterale Ernährung zur Verfügung
gestellt, welches das Glucagon-ähnliche Peptid 1
[7-36-Amid] und/oder das gastroinhibitorische Peptid als
Wirkstoff enthält.
Durch die Verwendung der genannten speziellen Peptide bzw.
deren insulinotropen Derivate wird ein unerwartet
wertvoller medizinischer Effekt erzielt. Die Vorteile
gegenüber der bisherigen Behandlung mit parenteraler
Ernährung, gegebenenfalls mit begleitender Insulininfusion,
ergeben sich aus einem erheblich geringeren, wenn überhaupt
vorhandenen Risiko einer Unterzuckerung und dem damit
wesentlich geringeren Kontrollaufwand, während mit dem
parenteralen Nährstoff gleichzeitig eine hochkalorische
Ernährung durchgeführt werden kann, so daß der
Kalorienbedarf des behandelten Patienten besser gedeckt
werden kann. Eine hochkalorische Ernährung war bisher mit
der herkömmlichen parenteralen Ernährung schwer möglich
aufgrund der ständigen Gefahr einer Überzuckerung.
Die erfindungsgemäß verwendeten, speziellen Peptide sind
an sich bekannt. Das gastroinhibitorische Peptid wurde
bereits 1973 beschreiben als ein körpereigenes Hormon mit
insulinotroper Wirkung (J. Dupre et al. in: J. Clin.
Endocrinol. Metab. 37: 826-828 (1973)). Das Glucagon
ähnliche Peptid 1 [7-36-Amid] wurde ebenfalls als ein
physiologischer insulinotroper Faktor charakterisiert (s.
B. Kreymann et al. in: Lancet 2: 1300-1304 (1987)). Seither
sind die genannten Peptide in zahlreichen biochemischen
Studien zur Aufklärung ihrer Rolle als gastrointestinale
Hormone beschrieben worden. In diesem Zusammenhang wurden
die Peptide auch intravenös verabreicht mit dem Ziel,
Plasmakonzentrationen der jeweiligen Peptide zu erreichen,
die denen nach einer oralen Glukoseeinnahme oder einer
normalen Mahlzeit entsprechen (siehe beispielsweise D.
Elahi et al. in: Am. J. Physiol. 237: E185-191 (1979); B.
Kreymann et al., s. o.; C. Orskov. et al. in: J. Clin. In
vest. 87: 415-423 (1991)). Dabei wurde festgestellt, daß die
GIP- und GLP-1-Konzentrationen im Blut nach oraler
Glukoseverabreichung ansteigen und daß eine verstärkte
Insulinsekretion stattfindet. Die Verwendung von GLP-1 oder
GIP als exogenes Mittel zur parenteralen Ernährung wurde
nicht in Betracht gezogen.
Im Rahmen der vorliegenden Erfindung können GLP-1 und GIP
einzeln oder in Kombination für die parenterale Ernährung
eingesetzt werden. Besonders günstige Effekte werden durch
exogene, parenterale Gabe von GLP-1 erzielt, wobei ggf. ein
wesentlich höherer Blutlevel als bei endogener Stimulierung
durch orale Glukose erreicht wird. Insbesondere wird die
Insulinsekretion während einer parenteralen Ernährung so
reguliert, daß die Plasmaglukoseanstiege geringer ausfallen
als ohne GLP-1. Folglich gelingt es, mehr Glukose in einer
24-Stunden Periode zu verabreichen und damit das kalorische
Defizit mancher parenteral ernährter Patienten besser zu
decken. GLP-1 ist daher für eine dauerhafte Anwendung einer
parenteralen Ernährung ohne hyper- oder hypoglykämische
Erscheinungen besonders gut geeignet.
Die vorliegende Erfindung umfaßt selbstverständlich auch
die Derivate von GLP-1 und/oder GIP, soweit sie die
erfindungsgemäße Aufgabe lösen. Als das zu verwendende
Material kann sowohl isoliertes natürliches, gentechno
logisch hergestelltes oder (halb-)synthetisches Peptid
eingesetzt werden. Die Peptidsequenzen von GLP-1 und GIP
können grundsätzlich von irgendeinem Säugetier stammen;
jedoch sollten die Sequenzen vorzugsweise denen der
jeweiligen Peptide entsprechen, die vom Menschen stammen,
damit bei der parenteralen Ernährung beim Menschen eine
hohe Wirksamkeit erzielt wird und nachteilige Immun
reaktionen vermieden werden.
Das GLP-1 und/oder das GIP wird (werden) üblicherweise in
Verbindung mit Nährstoff verwendet. Als Nährstoff eignet
sich vor allem Glukose und/oder Aminosäuren. Insbesondere
eine Kombination von Glukose mit einem geeigneten Gemisch
verschiedener Aminosäuren ist ausgezeichnet zur Bereit
stellung einer hochkalorischen parenteralen Ernährung. Die
Zusammensetzung des Aminosäurengemisches ist an sich
unkritisch. Beispielsweise sind kommerziell erhältliche
Aminosäurengemische geeignet. Besondere Vorteile ergeben
sich jedoch daraus, das Aminosäuregemisch so auszuwählen,
daß es einem post-prandialen Aminosäuremuster entspricht.
So enthält das Gemisch beispielsweise 2,4 g/l Alanin, 4,8 g/l
Arginin, 1 g/l Asparginsäure, 1,14 g/l Aspargin(x H₂O),
0,38 g/l Acetylcystein, 4,8 g/l Glutaminsäure, 1,2 g/l
Glycin, 2,4 g/l Histidin, 4 g/l Isoleucin, 6 g/l Leucin,
7,2 g/l Lysin, 1,6 g/l Methionin, 1,53 g/l Ornithin (x
H₂O), 2 g/l Phenylalanin, 2,4 g/l Prolin, 2 g/l Serin, 3,2 g/l
Threonin, 1,6 g/l Tryptophan, 0,5 g/l Tyrosin, 1,35 g/l
Acetyltyrosin und 4,8 g/l Valin.
Die oben genannten speziellen Peptide GLP-1 und GIP bzw.
deren Derivate werden erfindungsgemäß in einem Arzneimittel
eingesetzt, so daß das oben gesagte auch auf das erfin
dungsgemäße Arzneimittel zutrifft.
Das Arzneimittel umfaßt neben den genannten, einzeln oder
in Form einer Kombination vorliegenden Peptide weitere für
die Verabreichung geeignete Komponenten. Geeignete weitere
Komponenten des Mittels sind beispielsweise Trägerstoff wie
menschliches Serumalbumin, Mineralien, z. B. in Form einer
isotonischen Kochsalzlösung, Stabilisatoren und
Konservierungsmittel.
Das erfindungsgemäße Mittel wird zur parenteralen Ernährung
vorzugsweise in Form einer Infusion intravenös verabreicht.
Zwar können der Wirkstoff und der Nährstoff zusammen in
einer Infusionslösung verabreicht werden. Es ist jedoch von
Vorteil, den Wirkstoff bzw. das Mittel separat, aber
begleitend zu der Infusion der Nährstofflösung zu
verabreichen. Diese Maßnahme wirkt sich auf die Stabilität
der Wirkstoffe vorteilhaft aus; zudem wird dadurch eine
genauere Kontrolle der Zufuhr des Wirkstoffes unabhängig
von der Nährstoffzufuhr ermöglicht.
Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung besteht
daher in der Bereitstellung eines Kits, welcher zwei
Infusionslösungen umfaßt, wobei die eine Infusionslösung
wie oben beschrieben das Glucagon-ähnlichen Peptid 1
[7-36-Amid] und/oder das gastroinhibitorische Peptid, ggf.
zusammen mit weiteren Komponenten, und die andere
Infusionslösung den Nährstoff enthält.
Das erfindungsgemäße Arzneimittel wird vorzugsweise in Form
einer Stammlösung für eine Infusionslösung oder in Form
einer Infusionslösung zur Verfügung gestellt. Eine be
sonders geeignete Zusammensetzung für die Stammlösung für
die Infusionslösung umfaßt folgende Bestandteile:
1,5·10-6 bis 1,5·10-4 Mol/l GLP-1 und/oder GIP bzw. ein Derivat davon
0,1 bis 5% (vol/vol) Trägerstoff, z. B. menschliches Serumalbumin
Isotonische Salzlösung, z. B. 0,9% NaCl.
1,5·10-6 bis 1,5·10-4 Mol/l GLP-1 und/oder GIP bzw. ein Derivat davon
0,1 bis 5% (vol/vol) Trägerstoff, z. B. menschliches Serumalbumin
Isotonische Salzlösung, z. B. 0,9% NaCl.
Für die Infusion wird diese Stammlösung auf eine geeignete
Verdünnung gebracht, beispielsweise durch eine 1 : 20-Ver
dünnung mit einer Lösung, die den Trägerstoff und die
Salzlösung in der gleichen Konzentration wie der
Stammlösung enthält.
Geeignete Infusionsraten hinsichtlich der erfindungsgemäß
verwendeten Peptide liegen beispielsweise in einem Bereich
von 0,01 bis 50 pmol Peptid pro kg Körpergewicht pro min,
vorzugsweise in einem Bereich von 0,2 bis 2,5 pmol Peptid
pro kg Körpergewicht pro min. Die Infusion erfolgt
intravenös, z. B. mit einem Perfusor.
Die Nährstoff-Infusionslösung enthält für die parenterale
Ernährung üblicherweise verwendete, geeignete Mengen an
Nährstoffen, beispielsweise 10 bis 40 mol/l Glukose und 40
bis 120 g/l Aminosäuregemisch.
Das erfindungsgemäße Mittel kann bei der Nahrungszufuhr
durch die Blutbahn oder die Haut, d. h. bei der parenteralen
Ernährung im eigentlichen Sinne eingesetzt werden. Beson
ders vorteilhaft ist die erfindungsgemäße Verwendung bzw.
das erfindungsgemäße Arzneimittel bei Patienten, die zu ho
hen Blutzuckerwerten neigen, insbesondere bei Diabetes oder
bei gestörter Glukosetoleranz. Sehr hilfreich ist die er
findungsgemäße Verwendung bzw. das erfindungsgemäße Arznei
mittel aber auch zur Überbrückung von Nüchternperioden,
z. B. bei Untersuchungen im Krankenhaus, auch wenn keine
voll-kalorische Ernährung, sondern nur ein stabiler Nüch
ternblutzucker angestrebt wird.
Die Erfindung wird nachfolgend durch ein Beispiel näher
erläutert.
Ein 60-jähriger Patient wird wegen einer entzündlichen
Darmerkrankung parenteral ernährt. Er wiegt 75 kg. Die
parenterale Ernährung wird als 1,5 Liter einer 40%
Glukoselösung entsprechend 600 g/24 Std. und 1 Liter einer
10%igen, handelsüblichen Aminosäure-Gemischlösung über
einen zentralen Venenkatheter mittels eines Infusomaten
verabreicht. Blutzuckerkontrollen ergeben Werte zwischen
160 und 190 mg/dl. Zu diesem Zeitpunkt ist es sinnvoll,
gleichzeitig Glucagon-ähnliches Peptid 1 und/oder
gastroinhibitorisches Peptid als Begleitmedikation
intravenös zu infundieren.
Zu diesem Zweck wird eine Stammlösung von GLP-1, enthaltend
50 µg/ml und aufgelöst in 0,9% NaCl mit Zusatz von humanem
Serumalbumin (Endkonzentration 1% vol/vol) hergestellt.
Diese Lösung wird auf bakterielle Kontamination und
Pyrogene getestet und kann 3 Monate lang, bei Temperaturen
bis -30°C gefroren, gelagert werden.
Die Stammlösung enthält 15,16 nmol GLP-1/ml. 2,375 ml
dieser Stammlösung werden auf 50 ml Gesamtvolumen mit 0,9%iger
Kochsalzlösung mit 1,0% humanem Serumalbumin
Endkonzentration verdünnt.
Die Gabe erfolgt intravenös mit einem Perfusor (Firma
Braun, Melsungen, BRD), und zwar bei einer Dosis von 0,8 pmol/kg/min
und einer Infusionsrate von 5 ml/Std. Bei
dieser Infusionsrate werden für eine 10stündige Infusion
36 nmol GLP-1 benötigt.
Von dieser Infusion ist eine Steigerung der
Insulinsekretion so lange zu erwarten, wie der Blutzucker
bei 105 bis 110 mg/dl liegt. Nach Erreichen von
Blutzuckerwerten in diesem Bereich läßt die
Insulinsekretions-steigernde Wirkung von GLP-1 so stark
nach, daß eine Unterzuckerung bei fortlaufender Infusion
von GLP-1 nicht zu erwarten ist.
Claims (8)
1. Verwendung des Glucagon-ähnlichen Peptids 1 [7-36-Amid]
und/oder des gastroinhibitorischen Peptids zur parenteralen
Ernährung.
2. Verwendung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß
das Glucagon-ähnliche Peptid 1 [7-36-Amid] und/oder das ga
stroinhibitorische Peptid zusammen mit Nährstoff verwendet
wird.
3. Verwendung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß
der Nährstoff Glukose- und/oder ein Gemisch von Aminosäuren
ist.
4. Arzneimittel für die parenterale Ernährung, dadurch ge
kennzeichnet, daß es das Glucagon-ähnliche Peptid 1 [7-36-Amid]
und/oder das gastroinhibitorische Peptid enthält.
5. Arzneimittel nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet,
daß es ferner Nährstoff enthält.
6. Arzneimittel nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet,
daß der Nährstoff Glukose und/oder ein Gemisch von Ami
nosäuren ist.
7. Arzneimittel nach Anspruch 5 oder 6, dadurch
gekennzeichnet, daß das Glucagon-ähnliche Peptid 1 [7-36-Amid]
und/oder das gastroinhibitorische Peptid einerseits
und der Nährstoff andererseits in getrennten
Infusionslösungen zubereitet sind.
8. Kit zur Anwendung bei der parenteralen Ernährung,
umfassend eine Infusionslösung, die das Glucagon-ähnliche
Peptid 1 [7-36-Amid] und/oder das gastroinhibitorische
Peptid enthält, sowie eine Nährstoff-Infusionslösung.
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