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Die Erfindung betrifft eine Aminosäurelösung zur parenteralen Infusion
mit einem Gehalt an Arginin, Histidin, Isoleucin, Leucin, Lysin, Methionin, Phenylalanin,
Threonin, Tryptophan, Valin, Alanin, Glykokoll und Prolin in wäßriger Lösung, die
dadurch gekennzeichnet ist, daß das Aminosäuregemisch die folgende Zusammensetzung
hat : 10,7 Gewichtsteile Alanin 7,2 Gewichtsteile Arginin 2,6 Gewichtsteile Asparagin
1,0 Gewichtsteile Asparaginsäure 0,4 Gewichtsteile Cystin 3,6 Gewichtsteile Glutaminsäure
6,2 Gewichtsteile Glykokoll 5,5 Gewichtsteile Histidin-HCL 4,0 Gewichtsteile Isoleucin
7,0 Gewichtsteile Leucin 5,5 Gewichtsteile Lysin-HCL 3,0 Gewichtsteile Methionin
2,5 Gewichtsteile Ornithin-HCL 4,0 Gewichtsteile Phenylalanin 7,0 Gewichtsteile
Prolin 1,9 Gewichtsteile Serin 3,2 Gewichtsteile Threonin 1,4 Gewichtsteile Tryptophan
1,0 Gewichtsteile Tyrosin 3,8 Gewichtsteile Valin Es sind bereits Aminosäurelösungen
zur parenteralen Infusion bekannt, die bestimmte Mengen der essentiellen Aminosäuren
sowie von Glykokoll und gegebenenfalls Alanin und Prolin enthalten. Alle bekannten
Aminosäureinfusionslösungen basieren auf den Untersuchungen von R o s e, der durch
orale Ernährungsversuche für die essentiellen Aminosäuren (Arginin, Histidin, Isoleucin,
Leucin, Lysin, Methionin, Phenylalanin, Threonin, Tryptophan und Valin) die zur
Ernährung benötigten Minimalmengen ermittelte, bei deren Unterschreitung die Aufrechterhaltung
des Stickstoffgleichgewichtes nicht mehr gewährleistet ist.
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Dabei ergab sich, daß nicht nur die Absolutmengen, sondern auch das
gegenseitige Verhältnis zwischen den einzelnen essentiellen Aminosäuren sowie das
Verhältnis von essentiellem zu nichtessentiellem Stickstoff von Bedeutung ist. Die
bekannten Aminosäurelösungen enthalten nichtessentiellen Stickstoff in Form von
Glykokoll und gegebenenfalls Alanin und Prolin.
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Die Ergebnisse von R o s e wurden jedoch mit einer für heutige Verhältnisse
unzureichenden Methodik gewonnen. Neuere Untersuchungen führten zu wesentlich anderen
Minimalmengen. Sodann können Ergebnisse von oralen Ernährungsversuchen nicht ohne
weiteres auf die parenterale Ernährung mit Infusionslösungen übertragen werden.
Bei natürlicher Ernährung verfügt der Qrganismus über verschiedene Möglichkeiten,
um ein oral zugeführtes Aminosäuremuster seinem körpereigenen Aminosäuremuster anzugleichen.
Bereits im Darmlumen werden die Nahrungsproteine mit der 5fachen Menge körpereigener
Aminosäuren aus Fermentproteinen, Darmmucosazellen und freien Aminosäuren vermischt.
Die Darmwand mit ihrem lebhaften Aminosäurestoffwechsel und die Leber als wichtigstes
Organ des Intermediärstoffwechsels verändern das zugeführte Aminosäuregemisch sehr
weitgehend. Das Aminosäuremuster des peripheren Blutes und damit auch das Aminosäureangebot
an die peripheren Organe bleibt daher auch nach Aufnahme eines einseitig zusammengesetzten
Nah-
rungsgemisches ziemlich konstant. Dies ist wichtig, da sonst bei der Aminosäureeinschleusung
in die Zelle, bei der Proteinsynthese und bei verschiedenen Reaktionen des intermediären
Stoffwechsels Konkurrenzen und Antagonismen zwischen den einzelnen Substanzen auftreten,
die ihre Verwertung beeinträchtigen.
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Bei Voruntersuchungen im Rahmen der vorliegenden Erfindung über das
Verhalten der Plasmaaminosäuren nach oraler Zufuhr einer großen Proteinmenge ergab
sich nur ein relativ geringer Anstieg der einzelnen Aminosäuren im Plasma, der bemerkenswerterweise
für die einzelnen Aminosäuren proportional erfolgte.
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Die gegenseitige Relation der Einzelaminosäuren zueinander blieb gewahrt.
Das natürliche, für den Menschen charakteristische Aminosäuremuster des Blutplasmas
wurde während und nach der Resorptionsphase nicht verändert. Eine vermehrte Aminosäureausscheidung
in den Harn trat nicht auf. Hingegen wurde bei intravenöser Zuführung einer der
bekannten Aminosäurelösungen in Mengen von 0,25 g Aminosäuren, entsprechend 42 mg
Stickstoff pro kg Körpergewicht, die in 45 Minuten infundiert wurden, eine wesentlich
stärkere Verschiebung des Aminosäuremusters im Plasma erhalten als nach oraler Gabe
einer viermal größeren Proteinmenge. Einige Plasmaaminosäuren erreichten das 4-bis
10fache ihres Ausgangswertes. Andere fielen deutlich ab. Auch 3 Stunden nach Beendigung
der Infusion waren diese Veränderungen noch nicht ausgeglichen. Die Aminosäureausscheidung
im Harn stieg während und nach der Infusionsperiode erheblich an. Als Folge der
starken Verschiebungen der Relation der Plasmaaminosäuren zueinander wurden auch
solche Aminosäuren vermehrt ausgeschieden, die nicht zugeführt worden waren. Bei
Untersuchungen der Stickstoffbilanz an Versuchspersonen, denen diese Lösung als
einzige Stickstoffquelle zugeführt wurde, konnten auch mit großen Mengen (128 mg
pro kg Körpergewicht und Tag) nur negative Stickstoffbilanzen erzielt werden.
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Auf Grund dieser Erfahrungen wurden im Rahmen der vorliegenden Erfindung
neue Infusionslösungen zusammengestellt und experimentell und klinisch an gesunden
Versuchspersonen sowie an Patienten mit verschiedenen Erkrankungen geprüft. Zunächst
wurde eine Lösung geprüft, die alle physiologischen Aminosäuren in gleicher Relation
enthielt, wie sie normalerweise im Plasma vorkommen. Die essentiellen Aminosäuren
waren darin in größerer Menge vorhanden als in den bekannten Lösungen, und zwar
auf Kosten des nichtessentiellen Stickstoffs. Dieser wurde aber nicht allein als
Glykokoll angeboten, sondern enthielt das volle Spektrum der nichtessentiellen Aminosäuren.
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Nach Infusion einer gleich großen Menge dieser Lösung in gleicher
Zeit stieg die Konzentration des Gesamtaminostickstoffs und der meisten Einzelaminosäuren
im Plasma weniger stark an als bei den bekannten Lösungen. Die physiologische Relation
der einzelnen Plasmaaminosäuren zueinander zeigte ebenfalls geringere Verschiebungen
und entsprach etwa der physiologischen Nahrungsaufnahme. 3 Stunden nach Beendigung
der Infusion lag die Konzentration der meisten Plasmaaminosäuren wieder im Bereich
der Ausgangswerte. Einige Aminosäuren waren aber trotz beachtlicher Zufuhr etwas
unter ihren Ausgangswert abgesunken, insbesondere Leucin, Isoleucin und Threonin.
Dies war ebenfalls unerwünscht, da im Absinken des Plasmaspiegels einer bestimmten
Aminosäure das feinste Anzeichen dafür zu sehen ist, daß
für diese
ein Defizit auftritt, daß das zugeführte Gemisch also in dieser Beziehung ungenügend
ausbalanciert ist. Bei kurzfristigen Versuchen ist dies zwar unerheblich, da die
Konzentration keiner einzigen Aminosäure bei diesen Versuchen den normalen Streubereich
verließ. Bei längerer parenteraler Ernährung sollte aber auch ein geringes Ungleichgewicht
beachtet werden. Durch orale Ernährungsversuche war außerdem bekannt, daß mit einer
dem Aminosauremuster des Plasmas genau entsprechenden Nahrung ungünstigere Resultate
erzielt werden als z. B. mit Eierprotein, da gewisse Aminosäuren, insbesondere die
Leucine, hierbei in zu geringer Menge zugeführt werden.
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Nach diesen Versuchen wurde in jahrelangen systematischen Untersuchungen
die Zusammensetzung von Aminosäureinfusionslösungen mehrfach variiert. Dabei wurde
als Richtschnur das Verhalten der Plasmaaminosäuren nach der Infusion bei Versuchspersonen
benutzt, denen die Lösungen sowohl in kurzfristigen als auch in lang dauernden Versuchen
als einzige Stickstoffquelle zugeführt wurde. Die dabei mit einer Versuchslösung
erzielten Ergebnisse dienten jeweils als Grundlage für die Zusammenstellung einer
weiteren Lösung. Dadurch wurde in schrittweiser Näherung die erfindungsgemäße Aminosäurezusammensetzung
gefunden, die optimal für Zwecke der parenteralen Ernährung ist.
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Die erfindungsgemäße Aminosäurelösung bietet folgende Vorteile :
1. Die Lösung ist klinisch ausgezeichnet verträglich.
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Auch bei schneller Infusion werden keine Nebenerscheinungen beobachtet,
wie dies bei bekannten Lösungen sehr häufig der Fall ist.
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2. Das physiologische Aminosäuremuster des Plasmas bleibt während
und nach der Infusion weitgehend gewahrt. Dies bedeutet, daß das den Körperzellen
zur Verfügung stehende Aminosäureangebot deren Bedürfnissen entspricht und optimal
genutzt werden kann. Der Stickstoffverlust, der durch den Ausgleich eines unphysiologischen
Aminosäuremusters entsteht, und die dazu notwendige, einen hohen Kalorienverbrauch
bedingende Stoffwechselarbeit wird reduziert.
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3. Die erfindungsgemäße Aminosäurelösung führt auch dann zu keiner
nennenswerten Aminoacidurie, wenn große Mengen in kurzer Zeit infundiert werden.
Dagegen ist der Aminosäureverlust im Harn bei Infusion bekannter Lösungen beachtlich
und beträgt bei einzelnen Aminosäuren bis zu 30°/0 der zugeführten Menge.
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4. In langfristigen Stoffwechseluntersuchungen wurde die Stickstoffbilanz
bei gesunden Versuchspersonen und bei Kranken geprüft, die eine erfindungsgemäße
Aminosäurelösung als einzige Stickstoffquelle bekamen. Dabei konnten ebenso gute
Bilanzen erzielt werden wie bei oraler Ernährung mit dem biologisch hochwertigsten
Nahrungsprotein. Mit drei verschiedenen handelsüblichen Lösungen, die unter denselben
Bedingungen in gleicher Menge zugeführt wurden, wurde dagegen kein Bilanzausgleich
erreicht. Die damit behandelten Versuchspersonen nahmen an Gewicht ab und zeigten
erhebliche Stickstoffverluste. Die eindeutige und sehr auffällige Überlegenheit
der erfindungsgemäßen Aminosäurelösung war bei allen Versuchspersonen nachweisbar,
unabhängig davon, welche Lösung in der ersten Periode des Versuches und welche in
der folgenden Kontroll-
periode zugeführt wurde. Die Bilanzuntersuchungen lieferten
also den Beweis, daß eine parenterale Ernährung mit einer erfindungsgemäßen Aminosäurelösung
als alleiniger Stickstoffquelle gut möglich ist, während dies mit keiner der bisherigen
Lösungen erreicht werden konnte.
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Die drei Vergleichslösungen hatten die folgenden Zusammensetzungen
:
I Losung A Lösung B Lösung C |
Alanin 20,01-7,06 |
Arginin 11,13 1, 87 10,00 |
Cystin ~ ~ |
Glutaminsäure.......--- |
Glykokoll 19,33 31, 25 20,00 |
Histidin-HCl........ 3,12-4,28 |
Isoleucin 2,16 2, 63 3,32 |
Leucin 3,71 4, 18 4,40 |
Lysin-HCl 3,86 7, 18 10,00 |
Methionin 3,71 4, 27 7,06 |
Ornithin-HCl........--0, 68 |
Prolin............... 4, 63-- |
Serin ~ ~ |
Tryptophan.......... 0, 77 1, 55 1, 60 |
Tyrosin.............--- |
Valin............... 2,74 3, 56 4, 00 |
Die Zusammensetzung der erfindungsgemäßen Aminosäurelösung, die in mühevoller, experimenteller
Arbeit ermittelt wurde, stellt einen echten Fortschritt für die parenterale Ernährung
des Menschen dar. Sie wurde als einzige Lösung nicht auf Grund oraler Ernährungsversuche
zusammengestellt, sondern sie beruht auf experimenteller Erfahrung mit verschiedenen
Infusionslösungen, die laufend verbessert wurden. Sie wurde als bisher einzige Lösung
sowohl nach dem Verhalten der Plasmaaminosäuren während der Infusionsperiode als
auch der Stickstoffbilanz entwickelt. Sie ist ausgezeichnet verträglich und gestattet
eine voll ausreichende parenterale Ernährung. Sie kann daher als Arzneimittel bei
allen Patienten, die oral nicht ausreichend ernährt werden können, insbesondere
bei allen Formen des Proteinmangels, Verwendung finden.
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Ihre Zusammensetzung ist durch das festgelegte Verhältnis der verschiedenen
essentiellen und nichtessentiellen Einzelaminosäuren zueinander gekennzeichnet und
von allen bisher verwendeten Aminosäurelösungen verschieden. Die Absolutmengen pro
Liter Lösung sind dabei unerheblich. Im Beispiel wird eine Lösung beschrieben, die
etwa 8 °/o Aminosäuren pro Liter Wasser enthält. Die gleiche Aminosäurezusammensetzung
kann jedoch auch in niedriger oder höher konzentrierter Lösung hergestellt und infundiert
werden.
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Das zugrunde gelegte Prinzip und die Art seiner Prüfung wurde im
Rahmen der vorliegenden Erfindung entwickelt und hat sich als zweckmäßig erwiesen.
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Stärkere Veränderungen des Konzentrationsverhältnisses der einzelnen
essentiellen Aminosäuren sowie des Verhältnisses von essentiellem zu nichtessentiellem
Stickstoff wurden zu Verschiebungen im Aminosäuremuster
des Blutplasmas
der damit behandelten Patienten führen und die Verträglichkeit und Verwertbarkeit
der Lösung beeinträchtigen.
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Das folgende Beispiel erläutert die Erfindung.
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Beispiel Es wurde eine Aminosäureinfusionslösung mit folgender Zusammensetzung
angesetzt : 9/1 Alanin.................... 10,7 Arginin.................... 7,2
Asparagin................. 2,6 Asparaginsäure 1,0 Cystin..................... 0,4
Glutaminsäure 3,6 Glykokoll................. 6,2 Histidin-HCL.............. 5,5
Isoleucin.................. 4,0 Leucin.................... 7,0 Lysin-HCL................
5,5 Methionin................. 3,0 Ornithin-HCL.............. 2,5 Phenylalanin...............
4,0 Prolin..................... 7,0 Serin...................... 1,9 Threonin..................
3,2 Tryptophan................ 1,4 Tyrosin.................... 1,0 Valin......................
3,8 Diese Lösung hatte einen Gesamtaminosäuregehalt von 81,5 g/l und entsprach somit
einer etwa 8°Jaigen Lösung.
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Die vorstehende Lösung wurde bei Gesunden und bei Schwerkranken geprüft.
Sie war klinisch ausgezeichnet verträglich. Auch bei schneller Infusion
wurden keine
Nebenerscheinungen beobachtet. Das physiologische Aminosäuremuster des Plasmas blieb
während und nach der Infusion weitgehend gewahrt.
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Auch wenn große Mengen der Lösungen in kurzer Zeit infundiert wurden,
trat keine nennenswerte Aminoacidurie auf.