DE19513314A1 - Verfahren zur Herstellung eines warmgefertigten langgestreckten Erzeugnisses insbesondere Stab oder Rohr aus hochlegiertem oder übereutektoidem Stahl - Google Patents
Verfahren zur Herstellung eines warmgefertigten langgestreckten Erzeugnisses insbesondere Stab oder Rohr aus hochlegiertem oder übereutektoidem StahlInfo
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Description
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines warmgefertigten
langgestreckten Erzeugnisses insbesondere Stab oder Rohr aus hochlegiertem oder
übereutektoidem Stahl gemäß dem Gattungsbegriff des Hauptanspruches.
Hochlegierte oder übereutektiode Stähle insbesondere Wälzlagerstahl wie z. B.
100Cr6 bilden bei Abkühlung von hohen Temperaturen (1100 bis 1250°C)
Korngrenzenkarbide und perlitische Gefügebestandteile. Diese verschlechtern eine
mechanische Bearbeitbarkeit und Härtbarkeit sowie eine spanlose Umformung. Das
zur Weiterverarbeitung geeignete Gefüge mit kugeligem Zementit kann nur nach
langen Glühprozessen (GKZ-Glühung) von 16 Stunden und mehr eingestellt werden.
In der Vergangenheit hat es eine Vielzahl von Überlegungen gegeben, wie man die
Dauer der Weichglühung verkürzen oder sogar die Weichglühung völlig substituieren
kann.
F. Mladen und E. Hornbogen haben den Einfluß einer thermomechanischen
Behandlung auf die mechanischen Eigenschaften des Stahls 100Cr6 untersucht
(Archiv Eisenhüttenwesen 49 (1978) Nr. 2, Seiten 449 bis 453). Das Austenitisieren
erfolgte bei einer Temperatur oberhalb der Grenztemperatur zur vollständigen
Auflösung von Fe₃C, die bei einem C-Gehalt von 0,99 Massenanteile in Prozent bei
etwas weniger als 1100°C liegt. Das Warmwalzen wurde beginnend bei 1100°C bei
gleichzeitiger Abkühlung bis auf 720°C durchgeführt. Die Abkühlung von 720°C auf
Raumtemperatur erfolgte durch Wasserabschrecken. Einzelheiten der Umformabfolge
sind in dieser Abhandlung nicht erwähnt. Das thermomechanisch behandelte Gefüge
zeigt eine so feindisperse Verteilung der Karbide, daß die Grenzen des
Auflösungsvermögens des Lichtmikroskops erreicht werden. Begründet wird die
günstigere Verteilung durch eine Erhöhung der Versetzungsdichte und die aus den
Versetzungen entstehenden Subkorngrenzen, wodurch neue Keimbildungsstellen für
die Karbide geschaffen werden.
Aus der DE-PS 23 61 330 ist ein Verfahren zur Herstellung von zylindrischen
Wälzkörpern aus einem Stahl mit 0,7 bis 1,2 Massenanteile in Prozent Kohlenstoff
bekannt. Bei diesem Verfahren wird der bei 1000°C warmgewalzte Stahldraht rasch
auf eine seiner unteren Perlitstufe entsprechende Temperatur abgekühlt, anschließend
isotherm umgewandelt und durch Kaltziehen ohne Zwischenglühung auf eine Härte
von 50 HRC gebracht. Durch das rasche Abkühlen des Drahtes sowie die
anschließende isotherme Umwandlung wird ein Gefüge mit feinlamellarem Perlit
erzielt, welches es ermöglicht, nach dem Entzundern und Phosphatieren den Draht zu
ziehen, ohne daß eine zwischengeschaltete Glühung erforderlich wäre.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein besonders kostengünstiges Verfahren
zur Herstellung eines warmgefertigten langgestreckten Erzeugnisses insbesondere
Stab oder Rohr aus hochlegiertem Stahl oder übereutektoidem Stahl insbesondere
Wälzlagerstahl anzugegen, bei dem ein Gefüge erzeugt wird, das ohne eine vorherige
Weichglühung wie z. B. Glühung auf kugeligen Zementit (GKZ) für eine spanlose
Weiterverarbeitung und eine Endwärmebehandlung bestens geeignet ist. Eine weitere
Aufgabe besteht darin, ein Gefüge zu erzeugen, das ohne eine vorherige
Weichglühung für eine spanende Weiterverarbeitung mit einer abschließenden
Endwärmebehandlung ebenfalls geeignet ist.
Diese Aufgabe wird mit den im kennzeichnenden Teil des Anspruches 1 angegebenen
Merkmalen gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen sind Bestandteil von Unteransprüchen.
Die aufeinander abgestimmten Verfahrensschritte ermöglichen es, das gewünschte
Gefüge zu erzeugen, wobei im Fall des Wälzlagerstahles eine Brinellhärte kleiner
gleich 280 HB30 vorzugsweise kleiner 250 HB30 erreicht wird. Dieses Gefüge
ermöglicht es auch, beispielsweise warmgefertigte Rohre unter Verzicht einer
Weichglühung direkt einer Bearbeitung zuzuführen. Der optimierte Fertigungsprozeß
ist besonders kostengünstig, da die Weichglühung wie auch die damit verbundenen
Transport- und Arbeitsgänge entfallen. Die Bearbeitung der erfindungsgemäß
warmgefertigten langgestreckten Erzeugnissen kann ein Kaltziehen oder Kaltpilgern
oder Kaltrollen bzw. Querwalzen sein.
Nachfolgend sind die Verfahrensschritte im einzelnen erläutert, die wesentlich zum
Erfolg des erfindungsgemäßen Verfahrens beitragen. Nach den ersten Umformungen
und vor der Wiedererwärmung für den nachfolgenden kontinuierlichen Walzprozeß ist
ein erster Verfahrensschritt das geregelte Erwärmen oder Abkühlen im Sinne eines
Temperaturausgleichs über Länge und Umfang des eine unterschiedliche Temperatur
aufweisenden Walzgutes, wobei die angesteuerte Ausgleichstemperatur unterhalb der
vorgegebenen Temperatur im Wiedererwärmungsofen liegt. Die vorgenannte
Maßnahme hat zum einen den Zweck, die Temperatur des Walzgutes sehr genau
auch unter Berücksichtigung der Regelungsmöglichkeiten des
Wiedererwärmungsofens einstellen zu können. Weiterhin soll mit dieser Maßnahme
erreicht werden, daß für die temperaturabhängige Wanddickenmessung beim Rohr vor
Einlauf in das Reduzierwalzwerk möglichst exakte und reproduzierbare Bedingungen
gegeben sind. Die wahlweise zu treffende Maßnahme, d. h. das Erwärmen oder
Abkühlen, ist abhängig von der Dicke des zu walzenden Gutes. Bei dickwandigen
Rohren wird beispielsweise bei einer Rohrstoßbankanlage die Temperatur des Rohres
nach den ersten Umformungen Lochen, Elongieren und Stoßen oberhalb 700°C
liegen. In einem solchen Fall wird ein Temperaturausgleich über ein geregeltes
Abkühlen auf eine vorgegebene Ausgleichstemperatur in einen Temperaturbereich
zwischen 650°C und 700°C erreicht. Bei dünnwandigen Rohren, die sehr schnell an
Temperatur verlieren, liegt häufig die Temperatur unterhalb 650°, so daß dann der
Temperaturausgleich über ein geregeltes Erwärmen auf eine vorgegebene
Ausgleichstemperatur in den zuvor genannten Bereich zwischen 650 und 700°C
erfolgen muß.
Die eigentliche Wiedererwärmung erfolgt auf eine Temperatur entweder unterhalb Ac₁
jedoch oberhalb 650°C oder oberhalb Ac₁ jedoch unterhalb Acma (a=Anfang des
Gebietes der Karbidauflösung). Dabei ist zu berücksichtigen, daß wie bekannt, die
Ac₁- bzw. Acma-Temperatur in erster Linie vom Kohlenstoffgehalt der eingesetzten
Werkstoffgüte und von der Umformgeschichte abhängig ist. Der erstgenannte
Temperaturbereich entspricht im kontinuierlichen Zeit-Temperatur-
Umwandlungsschaubild (ZTU) dem Zweiphasengebiet α + Fe₃C, der
zweitgenannte dem Zweiphasenmgebiet γ + Fe₃C.
Eine weitere Maßnahme für die vorgeschlagene Kombination von abgestimmten
Verfahrensschritten betrifft den abschließenden kontinuierlichen Walzprozeß
vorzugsweise im Streckreduzierwalzwerk. Im Unterschied zu anderen Walzverfahren
sind die Eingriffsmöglichkeiten bei diesem schnell ablaufenden kontinuierlichen
Walzprozeß gering. Trotzdem ist für das vorgeschlagene Verfahren von Bedeutung,
daß zum einen im Reduzierwalzwerk pro Gerüst eine Mindest-Teilumformung
ausgedrückt als Streckung λRW 1,03 und zum anderen ein Mindeststreckgrad für
die Gesamtumformung λ 1,5 eingehalten werden. In Sonderfällen kann die
Gesamtstreckung sogar noch etwas tiefer, d. h. bei λ 1,4 liegen. Außerdem soll die
während des Walzens aufgrund der Verlustarbeit sich ergebende Temperaturerhöhung
bzw. ein infolge zu starker Kühlung sich ergebender Temperaturabfall so gering wie
möglich sein. In jedem Fall muß sichergestellt werden, daß die Walzung im jeweiligen
Zweiphasengebiet erfolgt und auch bei Verlassen des letzten Gerüstes das Walzgut
eine dem jeweiligen Gebiet entsprechende Temperatur aufweist. Bei der bevorzugten
Walzung im γ + Fe₃C Gebiet bedeutet dies, daß die Temperatur des Walzgutes
Acma nicht übersteigen darf. Die Einhaltung dieses engen Temperaturbereiches ist
über eine gesteuerte Kühlmittelregelung in Sonderfällen eine Wärmezufuhr mittels
einer externen Wärmeeinrichtung sowie über die Variation der Walzengeometrie, der
Walzgeschwindigkeit und der Stichabnahme möglich. Bei der Walzengeometrie kommt
insbesondere der gedrückten Länge eine besondere Bedeutung zu.
Das erfindungsgemäße Verfahren ist generell für alle bekannten
Rohrerzeugungsverfahren anwendbar, die am Ende ein Reduzierwalzwerk mit oder
ohne Zug bzw. Maßwalzwerk aufweisen. Beispielsweise kann dies ein Verfahren auf
einer Rohrkontistraße, Stopfenstraße oder einem Asselwalzwerk sein. Ganz
besonders ist es für das Stoßbankverfahren zur Herstellung von nahtlosen Rohren aus
Wälzlagerstahl geeignet. Als Einsatzmaterial für das erfindungsgemäße Verfahren
kommen Blockguß (geschmiedet oder gewalzt) oder Strangguß (vierkant oder rund) in
Frage, wobei das Stranggußmaterial in bekannter Weise vor dem Walzeinsatz
verformt und verglüht wird. Versuche haben ergeben, daß das Verfahren besonders
vorteilhaft anzuwenden ist, wenn die chemische Analyse des an sich bekannten
Wälzlagerstahles modifiziert wird. Dies betrifft zum einen den Schwefel- und
Phosphorgehalt und zum anderen das Verhältnis von Chrom zu Kohlenstoff. Der
Schwefel- und Phosphorgehalt soll maximal je 0,005 Massenanteil in Prozent
betragen, um mögliche Aufschmelzungen an den Korngrenzen bei steigender
Umformgeschwindigkeit unter Berücksichtigung des Verhältnisses Mangan zu
Schwefel durch die Unterdrückung von FeS zu vermeiden. Diese Aufschmelzgefahr ist
durch die erforderliche hohe Umformtemperatur bei den ersten Umformschritten dann
gegeben, wenn die Formänderungsgeschwindigkeiten derart sind, daß sie zu einer
entsprechenden Temperaturerhöhung führen. Aus diesem Grunde wird die
Formänderungsgeschwindigkeit in den ersten Umformstufen so gewählt, daß die
Temperatur im Inneren des Walzgutes, d. h. an der ungünstigsten Stelle 1170°C nicht
übersteigt. Außerdem wirken sich niedrige Gehalte an S und P günstig auf eventuell
folgende spanlose Umformgänge aus.
Die abgesenkten S- und P-Gehalte sind auch von Vorteil in der Sekundärmetallurgie
zur Einstellung eines niedrigen Sauerstoffgehaltes in der Schmelze, was zu einer
Verbesserung des oxidischen Reinheitsgrades führt.
Das Chrom- zu Kohlenstoffverhältnis soll im Bereich zwqischen 1,35 und 1,52,
vorzugsweise bei 1,45, liegen. Der Kohlenstoffgehalt beträgt dann beispielsweise 0,94
Massenanteile in Prozent und der Chromgehalt etwa 1,36 Massenanteile in Prozent.
Über dieses Verhältnis kann die nicht gewünschte Karbidzeiligkeit positiv beeinflußt
werden.
Der Kostenvorteil, der sich aus dem Wegfall der ansonsten erforderlichen
Weichglühung ergibt, kann noch gesteigert werden, wenn man im Falle von
Wälzlagerstahl als Einsatzmaterial einen Stranggußstab ohne jegliche Vorverformung,
d. h. im Gußzustand und ohne vorherige Wärmebehandlung (Diffusion) verwendet.
Eine weitere verbessernde Maßnahme betrifft den Abkühlvorgang nach dem letzten
Umformvorgang. Nach Auslauf aus dem Walzwerk wird das Walzgut an ruhender Luft
bzw. mittels einer Luftdusche auf eine Temperatur abgekühlt, die im ZTU-Schaubild
einem Gefüge entspricht, das oberhalb des Martensitpunktes und unterhalb der Nase
des Bainits liegt. Das Umformgut wird in diesem Gebiet mehrere Stunden isotherm
gehalten. Diese Verfahrensweise hat sich im Hinblick auf die Verringerung der
Eigenspannungen als günstig herausgestellt. Anlagenmäßig kann dies in der Weise
erfolgen, daß das Kühlbett an geeigneter Stelle beispielsweise wärmedämmend
abgedeckt oder das Walzgut einem Temperaturausgleichs- oder Anlaßofen zugeführt
wird.
Um das Härten des einzelnen Fertigerzeugnisses nach dem spanenden Bearbeiten
einzusparen, wird weiterhin vorgeschlagen, das Walzgut nach dem Abkühlen auf 600
bis 700°C zu erwärmen, abzukühlen und anschließend bei 180 bis 210°C
anzulassen. Danach weist das Walzgut eine entsprechende Härte auf, die der
geforderten Endhärte des Fertigerzeugnisses entspricht.
Die vorgeschlagene neue Verfahrenstechnologie zur Herstellung von warmgefertigten
langgestreckten Erzeugnissen, insbesondere Stäben oder Rohren aus Wälzlagerstahl,
hat folgende Vorteile:
- a) Einsparung der Investitionsmittel für einen speziellen Glühofen und der Betriebskosten für die langzeitige GKZ-Glühung.
- b) Einsparung von Transport- und Arbeitsgängen (Glühen, Richten) und die damit verringerten Fehlermöglichkeiten führen bei kürzeren Betriebsdurchlaufzeiten zu einem kostengünstigeren warmgefertigten Erzeugnis bzw. zu einem preiswerteren Vormaterial für weitere Umformvorgänge.
- c) Bessere Materialausnutzung durch Verkürzung der Arbeitsfolgen und durch geringe Entkohlungstiefen aufgrund des Wegfalls der oxidierenden Glühung. Dadurch ergeben sich geringe Aufmaße und damit kleinere Zerspanungsvolumina sowie für den Kunden die Möglichkeit, seine Spannzangenmaße beibehalten zu können.
- d) Das aus dem Walzwerk auslaufende Walzgut hat wegen der abgesenkten Umformtemperatur eine höhere Steifigkeit und wird auf dem Kühlbett ausreichend gerade. Ein Richten kann deshalb im Regelfall entfallen.
- e) Das erzeugte Gefüge ist ausgesprochen feinkörnig. Dies führt bei der Vergütung zu einer höheren und homogeneren Härte sowie zu einer besseren Zähigkeit. Das wirkt sich positiv auf die spätere Lebensdauer des Fertigerzeugnisses, z. B. Wälzlager, aus.
- f) Das durch die neue Verfahrenstechnologie erzielte Gefüge kann ohne zusätzliche Wärmebehandlung einem Kaltumformvorgang wie z. B. Kaltziehen, Kaltpilgern, Kaltrollen bzw. Querwalzen unterzogen werden. Kaltgezogene Rohre weisen nach einem Spannungsarmglühen die gleichen Eigenschaftsmerkmale wie kaltgepilgerte Rohre auf.
- g) Die abgesenkten S- und P-Gehalte sowie die auf die Untergrenze gelegten Cr- und C-Gehalte wirken sich bei der Schmelzenerstellung kosteneinsparend aus. Die Minimierung der Karbidzeiligkeit und die Verbesserung des oxidischen Reinheitsgrades wirken sich steigernd auf die Gebrauchseigenschaften des Fertigerzeugnisses aus.
Anhand eines Ausführungsbeispieles wird das erfindungsgemäße Verfahren näher
erläutert. Hergestellt werden soll auf einer Rohrstoßbankanlage ein warmfertiges Rohr
der Abmessung 40,9 mm äußerer Durchmesser × 4,8 mm Wanddicke aus dem
Werkstoff 100Cr6. Aus einem Stranggußstab mit 220 mm Durchmesser und
11 000 mm Länge werden Einsatzblöcke von ca. 850 mm Länge geschnitten. Die
Einsatzblöcke aus 100Cr6 liegen im Gußzustand vor, d. h. sie sind weder
wärmebehandelt noch vorverformt. Die geschnittenen Blöcke werden in einen
Drehherdofen eingesetzt und auf ca. 1140°C erwärmt. Nach einer Gesamtwärmzeit
von 150 Minuten werden die Blöcke einzeln dem Ofen entnommen und nach einer
Preßwasserentzunderung der Lochpresse zugeführt. In der Lochpresse findet die erste
Umformung zum Lochstück statt. Für dieses Ausführungsbeispiel weist das Lochstück
die folgenden Abmessungen auf
Außendurchmesser 223 mm
Innendurchmesser 121 mm
Wanddicke 51 mm.
Innendurchmesser 121 mm
Wanddicke 51 mm.
Diese Umformung entspricht einer Querschnittsabnahme von 29,4% bzw. einer
Streckung von λ=1,42. Die Formänderungsgeschwindigkeit beträgt in diesem
Beispiel 0,45 s-1 und beeinflußt das optimale Temperaturfenster.
Nach der Lochpresse erfolgt ein weiterer Umformvorgang, nämlich das Elongieren in
einem Schulterwalzwerk. Bei dieser Umformung entsteht eine Hülse mit einem
Außendurchmesser von 192 mm, einem Innendurchmesser von 112 mm und einer
Wanddicke von 40 mm. Die Querschnittsabnahme beträgt 30,7% bzw. die Streckung
λ=1,44. In dieser Umformstufe entstehen beim Walzen hohe Temperaturen an der
Innenoberfläche. Deshalb ist an dieser Stelle besonders darauf zu achten, daß die
Temperatur an der Hülseninnenoberfläche 1170°C nicht übersteigt, da ansonsten
durch Korngrenzenaufschmelzungen mit Innenoberflächenfehlern zu rechnen ist. Als
Regelgrößen können Änderungen in der Walzendrehzahl sowie im Transportwinkel
genutzt werden. Als dritter Umformschritt schließt sich das Stoßen auf der Stoßbank
an. Für die gewählte Endabmessung wird eine Stoßbankluppe mit einem
Außendurchmesser von 122,8 mm, einem Innendurchmesser von 112 mm und einer
Wanddicke von 5,4 mm gefertigt. Nach dem Stoßen durch eine Anzahl von Gerüsten
wird die Luppe in einem Lösewalzwerk von der Stange als Innenwerkzeug gelöst.
Dabei sinkt die Temperatur der Luppe bis zum Ausziehduo weiter ab und erreicht im
vorbezeichneten Fall ein Niveau im Bereich von 650 bis 700°C. Nach dem Ausziehen
der Stoßstange wird der Luppenboden geschopft. Erfindungsgemäß wird vor Eintritt
der Luppe in die Wiedererwärmungseinrichtung diese einer geregelten Abkühlung
unterworfen, um eine gleichmäßige Temperaturverteilung im Bereich zwischen 650°C
und 700°C zu erreichen. Für diesen Fall wird ein Temperaturniveau von ca. 670°C
angestrebt. Mittels eines wärmegedämmten Puffers werden die Luppen für eine
gewisse Zeit gehalten, so daß von den Bereichen der Luppe mit einem höheren
Temperaturniveau Wärme zu den Bereichen mit einem niedrigen Temperaturniveau
fließen kann. Die Wärmedämmung sorgt dafür, daß das Gesamtniveau der
Luppentemperatur nicht unterhalb des vorgegebenen Sollwertes absinkt. Die
Temperatur des Wiedererwärmungsofens wird in diesem Beispiel so eingestellt, daß
sich am Umformgut eine Temperatur von etwa 740°C ergibt. Mit dieser Temperatur
läuft die Luppe in ein Streckreduzierwalzwerk ein. Dieses besteht aus einer größeren
Anzahl von Drei-Walzen-Gerüsten, die jeweils um 120° versetzt in einer Walzlinie
angeordnet sind. Für das gewählte Beispiel mit der Endabmessung 40,9 × 4,8 mm
werden 19 Gerüste eingesetzt. Die Teilumformung in den Grundgerüsten wird
zwischen 7,1 und 8,1% Querschnittsabnahme angesetzt. Die Gesamtumformung
beträgt 72,7% entsprechend einer Streckung λ von 3,66. Die Umformbedingungen
werden so gewählt, z. B. durch die Wahl der Kalibrierung und Walzgeschwindigkeit
sowie der Einstellung der Kühlung, daß eine geringe Temperaturerhöhung bis auf
760°C zugelassen wird. Damit wird sichergestellt, daß die Umformung im
Streckreduzierwalzwerk vollständig im Zweiphasengebiet γ + Fe₃C abläuft. Das so
gewalzte Rohr aus 100Cr6 weist nach der Abkühlung ein dem GKZ-Gefüge
nahekommendes Gefüge auf. Das feindisperse Gefüge besteht aus eingeformtem
Zementit mit geringen Perlitresten. Die Brinellhärte des so hergestellten Rohres liegt
unter 250 HB30. Die Streuung der Härtewerte ist gering. Das Gefüge ist feiner
ausgebildet als nach einer üblichen GKZ-Glühung wie der Vergleich der Abb. 1
mit Abb. 2 zeigt.
Das nach der erfindungsgemäßen Verfahrensweise hergestellte Rohr kann ohne eine
zusätzliche Wärmebehandlung spanlos oder spanend weiterverarbeitet werden.
Beispielsweise kann dies ein Kaltziehen sein. Durch die gewählte Verfahrensweise
- - gezielte Temperaturführung vor dem Eintritt in den Wiedererwärmungsofen
- - abgesenkte Temperatur des Wiedererwärmungsofens im Vergleich zur
üblichen Fahrweise
- - Walzen im Zweiphasengebiet
- - Entfall der GKZ-Glühung von mehr als 16 Stunden
erzielt man gegenüber dem bekannten Stand der Technik eine viel dünnere entkohlte
Schicht. Die für die spanende Bearbeitung erforderlichen Rohraufmaße können
deshalb verringert werden. Trotz eines Spannungsarmglühens nach dem Richten
weisen kaltgezogene Rohre, die ein entsprechend der erfindungsgemäßen
Verfahrensweise erzielbares Gefüge aufweisen, die gleichen Eigenschaftsmerkmale
wie kaltgepilgerte Rohre auf.
Um den Unterschied der neuen Verfahrenstechnologie zum bekannten Stand der
Technik deutlich zu machen, ist die gleiche Endabmessung 40,9 mm äußerer
Durchmesser × 4,8 mm Wanddicke aus 100Cr6 auch nach der üblichen Art gewalzt
worden. Die ermittelte Härte an diesen Rohren beträgt 328 HB30 bei einer Einstellung
des Wiedererwärmungsofens auf 1000°C. Diese Härte liegt so hoch, daß vor einer
Weiterverarbeitung eine GKZ-Glühung erforderlich ist.
Bei der Fertigung von dickwandigeren Warmrohrabmessungen, beispielsweise 60,3 ×
8,0 mm, ist es von Vorteil, die Abkühlung nach dem ZTU-Schaubild so zu steuern, daß
oberhalb des Martensitpunktes jedoch unterhalb der Bainitnase eine isotherme
Haltezeit eingeführt wird. Der Temperaturbereich liegt vorzugsweise zwischen 240 und
300°C. Nach einem Halten von mehr als 3,5 Stunden in diesem Temperaturgebiet
kann die Abkühlung auf Raumtemperatur erfolgen.
Claims (10)
1. Verfahren zur Herstellung eines warmgefertigten langgestreckten Erzeugnisses
insbesondere Stab oder Rohr aus hochlegiertem oder übereutektoidem Stahl,
bei dem die Einsatzlänge des gewählten Einsatzmateriales auf
Umformtemperatur erwärmt nach einem oder mehreren Umformschritten auf
eine unterhalb der ursprünglichen Umformtemperatur liegende Temperatur
wiedererwärmt wird und durch ein kontinuierliches Walzen mittels eines
mehrgerüstigen Reduzierwalzwerkes auf die Endabmessung umgeformt und
anschließend an ruhender Luft abgekühlt wird,
dadurch gekennzeichnet,
daß nach den ersten Umformschritten und vor der Wiedererwärmung durch ein
geregeltes Erwärmen oder Abkühlen auf eine vorgegebene Temperatur
innerhalb eines bestimmten Temperaturbereiches eine über Länge und Dicke
des Zwischenerzeugnisses gesehen gleichmäßige Temperaturverteilung
erzeugt wird und die anschließende Wiedererwärmung auf eine Temperatur
entweder unterhalb Ac1 jedoch höher als 650°C oder oberhalb Ac1 jedoch
unter Acma im Zweiphasengebiet erfolgt und die Umformung und Abkühlung
sowie die gegebenenfalls zusätzliche Fremderwärmung im Reduzierwalzwerk
so eingestellt werden, daß die Temperaturerhöhung im Walzgut bezogen auf
die Anstichtemperatur gering bleibt und das Walzgut während der Umformung
im Reduzierwalzwerk und bei Verlassen des Walzwerkes temperaturmäßig sich
im Zweiphasengebiet befindet, wobei die Mindestumformung als Streckung
ausgedrückt für die Gesamtumformung λ 1,5 und für die Mindest-Teilumformung
im Einzelgerüst des Reduzierwalzwerkes λRW 1,03
beträgt.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß die vorgegebene Temperatur für den Temperaturausgleich vor der
Wiedererwärmung in einem Bereich zwischen 650°C und 700°C liegt.
3. Verfahren nach Anspruch 1 und 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Wiedererwärmung des Walzgutes auf eine Temperatur in einem
Bereich größer 640°C jedoch kleiner 710°C oder in einem Temperaturbereich
größer 710°C jedoch kleiner 880°C erfolgt.
4. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Temperaturerhöhung bzw. der Temperaturabfall des Walzgutes im
Reduzierwalzwerk über eine gesteuerte Kühlmittelregelung in Sonderfällen eine
Wärmezufuhr mittels einer externen Wärmeeinrichtung sowie über die Variation
der Walzengeometrie, der Walzgeschwindigkeit und der Stichabnahme in
engen Grenzen gehalten wird.
5. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet,
daß bei Einsatz eines übereutektoiden Stahles, insbesondere Wälzlagerstahls,
der Schwefel- und Phosphorgehalt maximal je 0,005 Massenanteil in Prozent
beträgt und für das Chrom-Kohlenstoffverhältnis ein Bereich zwischen 1,35 und
1,52 gewählt wird.
6. Verfahren nach Anspruch 5,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Cr/C-Verhältnis vorzugsweise 1,45 beträgt.
7. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 6,
dadurch gekennzeichnet,
daß als Einsatzmaterial ein Stranggußstab ohne jegliche Vorverformung, d. h.
im Gußzustand und ohne vorherige Wärmebehandlung (Diffusionsglühung),
verwendet wird.
8. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 7,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Formänderungsgeschwindigkeit in den ersten Umformschritten vor dem
Temperaturausgleich so gewählt wird, daß die höchste Temperatur im Inneren
des Walzgutes 1170°C nicht übersteigt.
9. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 8,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Walzgut nach dem Walzen auf eine Temperatur oberhalb der
Martensittemperatur und unterhalb der Bainitnase (kontinuierliches ZTU-Schaubild) abgekühlt und längere Zeit gehalten und anschließend in bekannter
Weise bis auf Raumtemperatur abgekühlt wird.
10. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 9,
dadurch gekennzeichnet,
daß das fertiggewalzte Erzeugnis nach dem Abkühlen auf eine Temperatur
zwischen 650 und 700°C erwärmt und für eine vorgegebene Zeit gehalten und
dann wieder abgekühlt wird und anschließend ein Anlassen bei einer
Temperatur zwischen 180 bis 210°C mit anschließender Abkühlung an
ruhender Luft erfolgt.
Priority Applications (15)
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---|---|---|---|
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