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Verfahren zum Antreiben eines Geschosses in einem Waffenrohr und
Antriebssystem zur J)urchführung dieses Verfahrens Die Erfindung eignet sich für
Rohrwaffen, worunter hier solche Waffen vers-tanden werden sollen, die aus einem,
während des Schusses einseitig verschlossenen, glatten oder gezogenen Rohr bestehen,
in dem zwischen Verschluß und Geschoßboden das. Antriebsmittel verbrannt wird und
die dabei entstehenden Feuergase das Geschoß durch das Rohr treiben.
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Üblicherweise werden zur Erzeugung das Geschoß treibender Peuergase,
also für das Antriebssystem im Sinne der Erfindung, feste, in der Regel als Pulver
bezeichnete Stoffsysteme verwendet, die aus Brennstoff und Oxydator bestehen bzw0
den für die Verbrennung erforderlichen Sauerstoff chemisch gebunden enthalten. Als
Beispiele seien Schwarzpulver als Stoffgemisch und Nitrocellulose als Substanz mit
chemisch gebundenem Sauerstoff erwähnt.
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Das Pulver ist in der Regel in einer Kartusche untergebracht, deren
Volumen meist sehr viel größer ist als das des durch die Pulvergase zu befördernden
Geschosses.
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Die Kadenz von automatischen Feuerwaffen wird u.a. durch die Länge
des Verschlußweges besti-mst, d.h. jenes Weges, den der Rohrverschluß zurücklegen
muß, um das Einführen eines Geschosses mit Kartusche in das Rohr zu ermöglichen.
-Es ist daher erwünscht, die Kartusche möglichst klein zu halten bzw. ganz ohne
Kartusche auszukommen, um kurze Verschlußwege zu erreichen.-Die sogenannten zerstörbaren
Kartuschen ändern an dem Problem der Kadenzbegrenzung durch die Kartuschen nichts.
- -Durch ihren Einsatz wird zwar ein großer Nachteil der klassischen Metallkartuschen
beseitigt, der darin besteht, daß bei Verwendung von automatischen Waffen in geschlossenen
Räumen - wie z.B. den Drehtürmen der Panzer - nach dem Schuß -die ausgeworfene Kartusche
in diesen geschlossenen Raum gelangt,'wo die in ihr verbliebenen Pulvergasschwaden
zu einer Beeinträchtigung des die Waffe bedienenden Personals führen.
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Will man jedoch sowohl die Verkürzung des Verschlußweges als auch
die Vermeidung des Auswurfes von mit Pulvergasschwaden gefüllten Kartuschen erreichen,
so muß das Antriebsmittel
direkt oder zumindest zum @eitaus größten
Teil zwischen Geschoßboden und Verschluß eingebracht werden können.
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Die Zufuhr pulverförmiger oder gekörnter Schießstoffe im klassischen
Sinn erlaubt keine Verbesserung der Kadenz.
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Es ist daher schon mehrfach versucht worden, flüssige Treibmittel,
wie sie auch in Raketen Verwendung finden, in die Vertrennungsräume der Rohrwaffen
einzuspritzen und durch deren Verbrennung die erforderlichen Feuergasmengen zur
Bewegung der Geschosse zu erhalten.
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Besonders geeignet für diesen Zweck sind Stoffsysteme, die als Hypergole
bezeichnet Werden, d.h. Stoffe, die bei Vermischung spontan miteinander unter Bildung
von heißen Feuergasen reagieren.
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Als Beispiel erwähnt sei konzentrierte Salpetersäure als Oxydator
und ein Gemisch aus Triäthylamin und m-Xylidin als Brennstoff.
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Die Anwendung sclcher Stoffsysteme stößt im wesentlichen auf folgende
Schwierigkeiten: 1) Der Viskositätsgang der Flüssigkeiten in Abhängigkeit von der
Temperatur ist normalerweise fUr Oxydator und Brennstoff nicht gleich.
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Bei einem Druckfördersystem ist die in einer definierten Zeit durch
eine definierte Öffnung geförderte Flüssigkeitsmenge bei einem ebenfalls definierten
Druckverhältnis abhängig von der Viskositat. Das bedeutet, daß bei witterun -bedingten
Schwankungen der Treibmitteltemperatur Schwankungen im Mischungsverhältnis der Komponenten
auftreten, die zu einer Streuung der Geschoßgeschwindigkeit führen müssen.
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2) Die Arbeitsdrücke in den klassischen Rohrwaffen liegen gegenwärtig
in der Größenordnung 2500 - 4000 at.
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Die Druckspitze tritt meist im Patronenlager bzw. Verbrennungsraum
der Waffe aufX Bis zur Mündung fällt der Druck rasch ab.
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Grob vereinfacht kann man den Druck-Zeit-Verlauf etwa als spitzwinkliges
Dreieck beschreiben.
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Günstiger wäre - vom rein ballistischen Standpunkt aus betrachtet
- eine Schub-Zeit-Charakteristik in Form eines Rechtecks.
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Bei Verbrennung von flüssigen Treibmitteln, die während des Abbrandes
aus den Vorratsbehältern nachgefördert werden können, läßt sich eine derartige Diagrammform
erzielen Abgesehen davon, daß bei dieser Diagrammform ein sehr hoher Mündungsdruck
mit entsprechend großem
Mündungsfeuer aus taktischer Erwägung unerwünscht
wäre (Erkennbarkeit der Abschußstelle), ist es außerordentlich schwierig, ohne eine
wesentliche Verlängerung des Waffenrohres mit Gasdrticken von weniger als etwa 1500
at eine befriedigende Geschoßgeschwindigkeit zu erzielen.
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Die Verlängerung des Waffenrohres ist aus technisch-taktiachen Gründen
ebenfalls unerwünscht, im (7'egenteil, man ist bestrebt, mit möglichst kurzen Rohren
bzw. Mäusen auszukommen. Wird nun ein Verbrennungsdruck in der GröXenordnung von
1500 at gefordert, so müßte der Einspritzdruck, wenn nicht die gesamte Treibstoffmenge
innerhalb der sogenannten Induktionsperiode (Zündverzugszeit) in den Verbrennungsraum
gefördert werden kann, größer als 1500 at sei, Die Förderung der Flüssigkeiten mittels
Preßgas aus Druckbehältern schaltet damit aus. Eine Pumpenförderung (Einspritzpumpen
nach Art der Diesel-Einspritzpumpen) ist zwar technisch realisierbar, bedingt Jedoch
einen sehr großen Aufwand an zusätzlichem Gerät zum Betrieb der Pumpe.
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Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren zum Antreiben eines Geschosses
in einem Waffenrohr sowie ein Antriebssystem für Rohrwaffenmunition zur Durchführung
dieses Verfahrens zu schaffen, mit denen die vorgenannten Schwierigkeiten bzw. Nachteile
vermieden werden.
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Diese aufgabe wird durch ein Verfahren gelöst, bei em erfindungsgemäß
die das Geschoß antreibenden Feuergase im Verbrennungsraum des Waffenrohres durch
die Verbrennung eines festen Brennsatzes mit einem, in diesen eingespritzten flüssigen
Oxydator, der mit dem Brennatoff oder mit Teilen desselben hypergol reagiert, erzeugt
werden, Das Antriebssystem zur Durchführung dieses Verfahrens zeichnet sich gemäß
ddr Erfindung aus durch einen an dem anzutreibenden Geschoß vorgesehenen festen
Brennsatz sowie eine in den Verbrennungsraum des iiaffenrohres mündende Einspritzvorrichtung
zum Einspritzen des Oxydators auf bzw.
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in den mindestens teilvieise mit dem Oxydator hypergol reagierenden
Brennsatz.
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Vorzugsweise besteht das erfindungsgemäße Antriebssystem.
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aus einem mit dem Geschoß verbundenen festen brennsatz und dem mit
der Waffe verbundenen Einspritzsystem für den flüssigen Oxydator, Durch Wahl geeigneter
chemischer Kombinationen von Oxydator und Brennsats kanndie Hypergolität erreicht
werden - durch die Geometrie des Brennsatzes kann der Druckverlauf variiert werden.
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Die Erfindung wird nachstehend anhand einiger in den Figuren 1 - 3
der Zeichnung schematisch - unter Weglassung der an
sich bekannten
Öffnungsvorrichtungen für den Verbrennungsraum zum Einbringen des Geschosses - dargestellter
besonders bevorzugter Ausführungsbeispiele näher erläutert; sie ist jedoch nicht
hierauf beschränkt, sondern läßt sich unter den angegebenen Richtlinien in vielfältiger
Weise mit Erfolg verwirklichen. Es zeigen ig0 1 einen Längsschnitt durch ein Antriebssystem,
bei dem der Brennsatz dauerhaft mit dem Geschoß verbunden ist.
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Fig. 2 einen der Fig. 1 entsprechenden Längsschnitt einer anderen
Ausführungsform, bei der sich das Geschoß während des Antriebsvorganges vom Brennsatz
löst, und Fig. 3 einen Längsschnitt durch eine weitere Ausführungsform eines Antriebssystems,
bei dem ein kombinierter Brennsatz vorgesehen ist.
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Im einfachsten Fall - siehe Abbildung 1 - ist der Brennsatz 2 mit
dem Geschoß 1 durch Einkleben oder Einbördeln fest verbunden.
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Der Brennsatz ist mit in Richtung der Geschoßachse verlaufenden Bohrungen
versehen. Im Bodenstück 3 der Waffe liegt ein Einspritzelement 4, durch das der
flüssige Oxydator aus dem Vorratsbehälter mittels z.B. Pumpenförderung gedrückt
und in die bohrungen des Brennsatzes 2 gespritzt wird.
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Bei Kontakt des Oxydators mit dem Brennsatz tritt eine chemische Reaktion
ein, die zur Entflammung des Brennsatzes führt Die Zeit zwischen dem Auftreffen
des Oxydators auf den Brennsatz und dessen Entflammung, die sogenannte Induktionsperiode,
sowie der bei der Verbrennung des Breensatzes mit dem Oxydator entstehende Feuergasdruck
im Waffenrohr ist so abzustimmen, daß der Einspritzvorgang des Oxydators beendet
ist, wenn der Druckanstieg im Verbrennungsraum 5 in den Bereich des Einspritzdruckes
des Oxydators gelangt.
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In Abbildung 2 ist eine andere Anordnung des Brennsatzes darges-tellt.
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Wieder ist im Geschoß 1 der Brennsatz 3 befestigt.und trägt, ähnlich
wie in Abb. 1, acheparallele Bohrungen. Der Außenaurchmesser des Brennsatzes ist
größer als der Geschoß durchmesser. Der überstehende Brennsatzteil wird durch eine
Absetzung 6 am Verbrennungsraum 5 am Eintritt in den eigentlichen Lauf 7 der Rohrwaffe
gehindert., Das Kaliber des Verbrennungsraumes 5 und des Brennsatzes 2 sind also
größer als das Kaliber des Waffenrohres 7.
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Der Oxydator gelangt, wie in Beispiel 1 erwähnt, mittels einer Fördereinrichtung
aus dem Vorratsbehälter über die
Binspritzdüse 4 in die Bohrungen
des Brennsatzes 20 Die Zündung setzt durch die beginnende Reaktion ein. Der Druck
der entstandenen Feuergase treibt das Geschoß 1 in das Waffenrohr 7, während der
Brennsatz 2 im'Verrennungsraum 5 zurückbleibt.
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Auch in diesem Pall gilt, daß der Einspritzvorgang beendet sein soll,
bevor der Druckanstieg der durch die Verbrennung gebildeten Feuergase die Größenordnung
des Einspritzdruckes erreicht.
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Während bei den Beispielen 1 und 2 der Brennsatz insgesamt als hypergol
gegen den Oxydator zündend ausgebildet wqr, zeigt Abbildung 3 einen Aufbau, bei
dem nur ein Teil des Brennsatzes hypergol mit dem Oxydator reagiert.
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In eine Heckbohrung 8 des Geschosses 1 ist ein hypergol mit dem Oxydator
reagierender Brennsatz eingesetzt. Er wird zum Bodenstück 3 zu abgedeckt durch einen
nicht hypergol zündenden Brennsatz 9 mit Überkaliber, der, wie in Beispiel 2, bei
Beginn der Geschoßbewegung von diesem ausgelöst wird.
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Der Schußvorgang spielt sich hier wie folgt ab: Der Oxydator gelangt
aus dem Vorratsbehälter mittels Fördervorrichtung durch die Einspritzdüse 4 und
die Bohrungen im nicht hypergolen Brennsatz 9 in die Bohrungen des hypergolen
Brennsatzes
8, der sich entzündet.
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Die in den Bohrungen entstehenden heißen Feuergase strömen zurück
in die Bohrungen des Brennsatzes 9 und führen zu dessen Entzündung.
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Der Brennsatz 9 verbrennt mit den restlichen, während des Einspritzvorganges
in den Verbrennungsraum gelangten Oxydator.
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Der hypergole Brennsatz 8 kann gegenüber dem Brennsatz 9 sehr-klein
gehalten werden, da er im wesentlichen nur als Zündquelle verwendet wird.
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Die Brennsätze nach Zeichnung 1 und 2 können z.B. aus dem an sich
bekannten Diamidooxalsäuredihydrazid bestehen, das gegen die als Oxydator verwendete
Salpetersäure hypergol zündet, während im Beispiel 3 der Brennsatz z.B. aus Polyäthylen
bestehen kann, das gegen Salpetersäure nicht hypergol zündet.
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In diesem Fall kann der hypergole Brennsatz 8 z.B. aus Lithiumhydrid
mit hydrophobierender Abdeckung bestehen.
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Außer Salpetersäure können auch andere Oxydatoren Verwendung finden,
wie z.B. das Eutektikum Tetranitromethan-Distickstoffdioxyd.