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Die Erfindung betrifft einen weichen, zellstoffhaltigen Polyurethanschaumstoff
mit gutem Saugverhalten sowie wärme- und schalldämmenden Eigenschaften, der in erster
Linie für die Herstellung von hygienischen Artikeln, beispielsweise Binden, Tampons,
Schweißblättern, Schuheinlegesohlen, darüber hinaus aber auch als Verpackungsmaterial
sowie zur Wärme- und Schalldämmung verwendet werden soll.
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Für viele der genannten Zwecke bietet sich insbesondere Naturschwamm
oder Cellulose an. Im Hinblick auf die bekannte Begrenzung der Naturschwamm-Vorkommen
hat es dementsprechend nicht an Versuchen gefehlt, diesen Stoff durch synthetische
Schaumstoffe zu ersetzen. Hierbei hat sich jedoch gezeigt, daß die meisten der untersuchten
Stoffe gegenüber wasserhaltigen Flüssigkeiten, z. B.
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Sekreten, nur ein verhältnismäßig geringes Saugvermögen haben, so
daß ihre Verwendung überall dort ausscheidet, wo es gerade auf diese Eigenschaft
besonders ankommt, also insbesondere in der Hygiene.
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Es ist zwar bereits bekannt, elastische Schaumstoffe z. B. durch
Aufbau aus hydrophilen Komponenten (deutsche Auslegeschrift 1 109 364) oder durch
nachträgliches Hydrophilieren (deutsche Auslegeschrift 1 168 070) stärker saugfähig
zu machen.
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Trotz gewisser Erfolge auf diesem Gebiet stehen die so hergestellten
bzw. behandelten Schaumstoffe doch noch weit hinter den nativen kapillaraktiven
Stoffen zurück.
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Hydrophile Stoffe mit aufgelockerter Struktur, wie Aerosil, Kieselgur,
Bentonit und gemahlener Zellstoff, finden als Rohstoffe zur Herstellung von kapillaraktiven,
saugfähigen sowie wärme- und schalldämmenden Körpern Verwendung. Ihr Einsatzbereich
ist jedoch dadurch begrenzt, daß sie im »aktiven«, aufgelockerten Zustand nur geringe
mechanische Festigkeit aufweisen und nahezu kein rückprallelastisches Verhalten
zeigen. Besonders kraß tritt dieser Mangel dort in Erscheinung, wo sich solche Stoffe,
z. B. bei der Verwendung in Saugkörpern durch die Benetzung verdichten, zusammenfallen
und starr werden. Es ist daher auch bereits bekannt, Stoffe dieser Art im Schichtenaufbau
mit rückprallelastischen Werkstoffen zu verbinden (deutsche Auslegeschrift 1170581).
Die Inhomogenität derartiger Konstruktionen führt jedoch zu unangenehmen Nebenerscheinungen.
So verursacht z. B. bei einem aus Lagen von Zellstoff und Polyurethan-Schaumstoff-Bahnen
gebildeter Saugkörper der an den Schichtgrenzerr gestörte bzw. unterbrochene Flüssigkeitstransport
ungenügende Verteilung im Saugkörper, was zur Folge hat, daß alsbald ein Flüssigkeitsstau
eintritt und daß die Flüssigkeit versucht, seitlich aus clem Verbundkörper auszulaufen.
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Der Erfindung liegt demnach die Aufgabe zugrunde, einen gegenüber
wasserhaltigen Flüssigkeiten, insbesondere Sekreten, stark saugfähigen sowie wärme-
und schalldämmenden weichen Verbundstoff vorzuschlagen, der neben seinem hohen Saugvermögen
noch gute rückprallelastische Eigenschaften aufweist.
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Zur Lösung dieser Aufgabe wird von einem offenporigen Polyurethanschaumstoff
ausgegangen, wie er beispielsweise aus der deutschen Patentschrift 915033 bekannt
ist. Erfindungsgemäß wird ein derartiger Schaumstoff vorgeschlagen, dessen offene
Poren feinteiligen Zellstoff in Mengen von 10 bis 200 0/o, be-
zogen auf das Polyurethangewicht,
eingelagert enthalten.
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Wesentlich ist, daß die Teilchen des kapillaraktiven Stoffes in die
offenen Poren des Polyurethanschaumstoffes eingelagert sind, damit sie beim Zufließen
von zu absorbierenden Flüssigkeiten voll wirksam werden können. Bei Versuchen mit
derartigen Stoffen hat sich gezeigt, daß die an sich bekannten guten rückprallelastischen
Eigenschaften des Polyurethanschaumstoffes durch das Einlagern der genannten Mengen
an kapillaraktiven Stoffen nicht nennenswert verändert werden.
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Verbundkörper aus Polyurethanschaum und Zellstoffpulver sind an sich
bereits aus der französischen Patentschrift 1 239 132 bekannt. Die dort beschriebenen
Verbundkörper werden so hergestellt, daß der fein gemahlene Zellstoff mit den den
Schaumstoff bildenden Reaktionskomponenten vermischt wird und die Komponenten danach
zusammengeführt werden. Auf diese Weise entsteht ein Verbundkörper, bei dem die
einzelnen Zellstoffteilchen weitestgehend von Kunststoff umhüllt sind, wodurch ihnen
ihre Kapillaraktivität genommen wird. Außerdem gestattet es das vorbekannte Verfahren,
lediglich geringe Mengen von Zellstoffen in den Schaumstoff einzubringen, da bei
größeren Zellstoffmengen die Ausgangskomponenten so weit vom Zellstoff aufgesaugt
werden daß sie nicht mehr miteinander reagieren können.
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Um eine möglichst hohe Kapillaraktivität des in die offenen Poren
des Polyurethanschaumstoffes eingelagerten Stoffes zu erreichen, sollte dieser möglichst
rein verwendet werden. Versuche haben allerdings gezeigt, daß es auch möglich ist,
zusammen mit dem Zellstoff kleine Mengen von Bindemitteln in Form von Pulvern, Dispersionen
oder Lösungen in die offenen Poren des Polyurethanschaumes einzubringen und dadurch
die Zellstoffteilchen in den Poren festzukleben. In aller Regel ist eine derartige
Maßnahme jedoch nicht erforderlich, da sich überraschenderweise gezeigt hat, daß
die Zellstoffteilchen, wenn sie einmal in die offenen Poren des Schaumstoffes eingebracht
sind, dort ohne Schwierigkeiten verbleiben, ein Effekt, auf den nachfolgend noch
eingegangen wird.
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Zur Herstellung der erfindungsgemäß vorgeschlagenen kapillaraktiven
Verbundstoffe wird von einem fertig ausgeschäumten, offenporigen Weichschaumstoff
auf Polyurethanbasis ausgegangen und diesem Stoff, der beispielsweise in Form von
Platten oder Bahnen vorliegen kann, Zellstoff in Mengen von 10 bis 200 Gewichtsprozent,
bezogen auf das Gewicht des Schaumstoffes, durch Einsaugen mittels Luft inkorporiert.
Der vom Luftstrom mitgerissene Zellstoff dringt dabei überraschend leicht ion die
offenen Poren des Schaumstoffes ein und lagert sich in diesen ab. Versuche haben
gezeigt, daß der Zellstoff leicht in die offenen Poren eindringt und bereits nach
kurzer Zeit den gesamten Querschnitt des Schaumstoffes annähernd gleich stark ausfüllt.
Ist der Schaumstoff mit Zellstoff gesättigt, so tritt merkwürdigerweise kein weiterer
Zellstoff durch die Schaumstoffschicht hindurch, was ja an sich erwartet werden
könnte. Dieser Effekt ist vermutlich darauf zurückzuführen, daß der Zellstoff an
den Porenwänden des Schaumstoffes eine erhebliche Reibung erfährt und dort vermutlich
durch elektrostatische Aufladung festgehalten wird.
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Ist beabsichtigt, den kapillaraktiven Stoff trotz seiner an sich
guten Haftung im Schaumstoff noch durch Bindemittel festzulegen, so können diese
ebenfalls in Form von Pulvern, Dispersionen oder Lösungen dem Schaumstoff inkorporiert
werden.
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Es hat sich gezeigt, daß ein so präparierter Polyurethanschaumstoff
die Fähigkeit erhält, Flüssigkeiten sehr rasch aufzusaugen und sie durch die Kapillarwirkung
des über offenen Poren zusammenhängenden, eingelagerten Zellstoffes an ein angrenzendes
Medium weiterzuleiten oder auch festzuhalten, ohne merklich an Elastizität zu verlieren.
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So haben Versuche gezeigt, daß z. B. bei einem Polyäther-Urethan-Schaumstoff
von der Dichte 42 kg/m3 der Rückprall bei 500/oiger Stauchung 70 ovo der Stauchlast
beträgt. Nach Füllung mit 35 <)/& des Schaumstoffgewichtes an Zellstoffstaub
ist dieser Anteil nur auf 60°/e oOO/o zurückgegangen. Zur Demonstration des durch
eine solche Füllung erzielten Effektes wurden 4 mm starke Schaumstoffplatten horizontal
auf eine ebenfalls saugende Unterlage gebracht. Bestimmt wurde die Zeit, in der
5 ml in einer Testflüssigkeit auf einer Kreisfläche von 7,1 m2 aufgesaugt und, soweit
nicht durch Benetzung fixiert, an die Unterlage abgegeben wurden. Die Testflüssigkeit
hatte blutähnliches Verhalten, eine Viskosität von 10 cP und bestand aus: 25 g Methylcellulose,
100 g Glycerin, lOg NaCl, 4g NaHCO3, 1 g rotem Farbstoff (Anthralon rot BBT), ad
1000 ml Wasser.
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Die angegebenen Ansaugzeiten sind das Mittel aus fiinf Einzelmessungen;
nachstehende Tabelle I gibt zum Vergleich die Werte an, die an den nur aus Zellstoff
bestehenden saugenden Unterlagen gemessen wurden. a) 20 mm starkes Paket aus 30
Lagen Zellstoffwattekrepp, bedeckt mit weitmaschigem Gewirk aus Zellwollgarn. b)
20 mm starkes Vlies aus Zellstoffflocken mit einem Raumgewicht von etwa 30 g/l.
c) 20 mm starker Saugkörper aus 10 mm Flockenvlies wie b) und etwa 15 Lagen Zellstoffwattekrepp
darüber. d) Flockenvlies wie b) mit einer 2lagigen Zellstoffwattekreppschicht abgedeckt.
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Tabelle I
a b b | c | d |
2" 3" 3,5" j 5" |
Die zellstoffgefüllten Schaumstoffplatten gemäß der Erfindung zeigen in der oben
beschriebenen Versuchsanordnung zur Bestimmung der Ansaugzeit ein kräftiges Saugvermögen,
während unbehandelte cellulosefreie, lediglich aus Polyurethanschaum bestehende
Platten sich geradezu wie eine Sperrschicht verhalten und zum Teil nach Stunden
noch keine Benetzung oder Durchfeuchtung erkennen lassen.
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Zur Demonstration des Saugvermögens werden die zellstoffgefüllten
Schaumkörper auf unterschiedlich saugenden Unterlagen der Prüfung auf Saugfähigkeit,
wie bereits geschildert, unterworfen. Und zwar einmal bei Verwendung von Polyester-urethanschaumstoff
(Tabelle II) und einmal mit hydrophilem Polyätherurethanschaum (Tabelle III).
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Tabelle II (mit Polyesterurethanschaumstoff)
Saugende Einsaugzeit °/o Einsaugzeit |
Unterlage des unbe- Zellstoffstaub, des gefüllten |
handelten bezogen auf Schaumstoffes |
Schaumstoffes Schaumstoff |
Zellstoff- |
flockenvlies |
20 mm.. 600" 125 83" |
Zellstoff- |
wattekrepp |
20nun mm.. 900" 68 156" |
Ein aus hydrophilem Polyäthertetrol aufgebauter Polyurethanschaumstoff mit einem
Raumgewicht von 42 kg/m3 und einer durchschnittlichen Porengröße von etwa 1 mm Durchmesser
zeigt im zellstofffreien Urzustand ein sehr träges Saugverhalten. Er besitzt, erfindungsgemäß
mit Zellstoffstaub gefüllt, ein Saugvermögen gemäß folgender Tabelle III.
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Tabelle III (mit hydrophilem Polyätherurethanschaumstoff)
Einsaugzeit k.l 0/0 Einsaugzeit |
Saugende des unbe- Zellstoffstaub, des gefüllten |
Unterlage handelten bezogen auf Schaumstoffes |
Schaumstoffes Schaumstoff |
Zellstoff- |
flockenvlies |
20 mm 356" 53 10" |
Zellstoff- |
wattekrepp |
20 . 160" 59 10" |
Die zellstoffgefüllten kapillaraktiven Weichschaumstoffe nach vorliegender Erfindung
können als Verpackungsmaterial, zum Aufsaugen von menschlichen und tierischen Sekreten,
also als Wundverband, Tampon, Schweißblatt, Schuheinlegesohlen, ferner zum Aufsaugen
von Flüssigkeiten, wie Getränkeresten, Öl, Fett, sowie zur Wärme- und Schalldämmung
Verwendung finden.