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Bei der Umsetzung von Chloriden mit Salpetersäure oder Distickstofftetroxyd
fallen große Mengen Nitrosylchlorid an. Dieses Nitrosylchlorid kann beispielsweise
zur Herstellung von reinem Chlor verwendet werden. Hierzu wird das Nitrosylchlorid
oxydiert und hierauf aus dem erhaltenen Gemisch das Chlor in bekannter Weise abgetrennt.
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Zur Herstellung von Chlor und Stickstoffdioxyd aus Nitrosylchlorid
sind verschiedene Verfahren bekannt. So wurde vorgeschlagen, Nitrosylchlorid mit
Salpetersäure nach der Gleichung NOCl -I- 2 HNO3 = 3 NO, --I- 1/2
Cl, -i- H20 zu Chlor und Stickstoffdioxyd umzusetzen. Nun liegt aber ein
Nachteil darin, daß bei dieser Reaktion Wasser entsteht, wodurch Korrosionserscheinungen
auftreten, die die Verwendung sehr kostspieliger Werkstoffe erforderlich machen.
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Weiter ist ein Verfahren zur Oxydation von Nitrosylchlorid mit Sauerstoff
in der Gasphase bekannt, wobei folgende Reaktionen stattfinden
(1) 2NOC1= 2N0 -E- C12 |
(2) 2N0 + 0Z = 2N02 |
(3) 2NOC1+ 02 = 2N02 -I- C12 |
Dabei wurde die Forderung aufgestellt, das Reaktionsgemisch so lange reagieren zu
lassen, bis die Hauptmenge der gebildeten Stickoxyde als Stickstoffdioxyd vorliegt.
Als Reaktionstemperatur wurden 200 bis 400°C vorgeschlagen. Unterhalb dieser Temperaturen
verläuft die Reaktion bei Normaldruck so langsam, daß sie technisch nicht verwendbar
ist.
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Wie eigene Versuche zeigten, ist es durch eine auch noch so große
Erhöhung der Verweilzeit nicht möglich, den Stickstoffmonoxydgehalt so zu senken,
daß er der oben angegebenen Forderung entspricht. Bleibt aber Stickstoffmonoxyd
im Gasgemisch, so führt dies bei der zur destillativen Abtrennung des Chlors nötigen
Kondensation der Reaktionsprodukte zu einer Rückbildung von Nitrosylchlorid aus
Stickstoffmonoxyd bzw. mit Stickstoffdioxyd gebildetem Distickstofftrioxyd und Chlor,
so daß die Ausbeute an Chlor unbefriedigend ist.
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Um diese Schwierigkeiten zu vermeiden, wurde ferner vorgeschlagen,
die Reaktion nicht in der Gasphase, sondern in der flüssigen Phase unter einem Druck
von 10 bis 100 Atmosphären durchzuführen, da hier die Oxydation mit Sauerstoff direkt
zu Stickstoffdioxyd führt. Dieses Verfahren hat den Nachteil, daß die Komponenten
bei diesen Bedingungen stark korrodierend. wirken, -was im Hinblick auf den anzuwendenden
Druck große apparative Schwierigkeiten mit sich bringt.
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Abgesehen davon, bedeutet die Kompression des Nitrosylchlorids .auf
Drücke. von 10 bis 100 Atmosphären eine beträchtliche Verteuerung des Verfahrens.
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Überraschenderweise konnte nun gefunden werden, daß die Nitrosylchloridoxydation
bei Atmosphärendruck so vorgenommen werden kann, daß kein störender Stickstoffmonoxydgehalt
der Reaktionsprodukte auftritt und damit die Nachteile der bekannten Verfahren vermieden
werden können. Dies gelingt dann, wenn man die Reaktion in 2 Stufen bei verschiedenen
Temperaturen und jeweils bei bestimmten Mindestverweilzeiten durchführt. Man arbeitet
so, daß die Spaltung des Nitrosylchlorids bei höherer Temperatur und die Oxydation
des entstandenen Stickoxyds bei einer Temperatur, bei der fast keine Nitrosylchlorid-Spaltung
mehr erfolgt, vorgenommen wird.
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Durch diese Maßnahme gelingt es den erzielbaren Umsatz nahezu zu verdoppeln.
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Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist demnach ein Verfahren zur
Gewinnung von Chlor aus Nitrosylchlorid, das gegebenenfalls noch Chlor, Stickstoffdioxyd
und Wasserdampf enthält, durch drucklose Oxydation mittels Sauerstoff, das dadurch
gekennzeichnet ist, daß in einer ersten Stufe bei 300 bis 400'C und einer Verweilzeit
von mindestens 5 Sekunden das Nitrosylchlorid oxydativ gespalten, das hierbei gebildete
Stickstoffmonoxyd nach Abkühlung des Reaktionsgemisches in einer zweiten Stufe bei
100 bis 200°C und einer Verweilzeit von mindestens 20 Sekunden zu Stickstoffdioxyd
weiteroxydiert und aus dem weitgehend stickoxydfreien Gemisch aus Chlor, Stickstoffdioxyd
und nicht umgesetztem Nitrosylchlorid das Chlor nach der Kondensation in bekannter
Weise abgetrennt wird.
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Durch die weitgehende Stickoxyd-Freiheit des ausreagierten Gemisches
kann es bei der nachfolgenden Kondensation des Gasgemisches kaum mehr zu einer Rückbildung
von Nitrosylchlorid kommen.
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Es hat sich ferner als zweckmäßig erwiesen, mit unterstöchiometrischen
Sauerstoffmengen zu arbeiten, da dann das den Reaktor verlassende Gas geringere
Sauerstoffmengen enthält. Dies bringt den Vorteil mit sich, daß bei der nachfolgenden
destillativen Trennung des Chlors die Chlormenge reduziert werden kann, die nach
Kondensation des Chlors mit dem Sauerstoff in die Gasphase geht.
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Zur praktischen Durchführung des Verfahrens eignet sich beispielsweise
eine Apparatur, bestehend aus einem Röhrenwärmetauscher aus Titan, in dem das Gemisch
kontinuierlich auf 300 bis 400°C erhitzt und dann in eine Verweilkammer aus hochlegiertem
Stahl, die auf einer Temperatur von 300 bis 400°C gehalten wird, eingebracht wird.
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Nach einer Mindestverweilzeit, die so lange gewählt werden muß, daß
die Hauptmenge an Nitrosylchlorid gespalten ist, wird das Gas, das auch noch Stickoxyd
enthält, in einem Wärmetauscher aus hochlegiertem Stahl, vorzugsweise mittels entsprechend
temperiertem Dampf auf 100 bis 200°C gekühlt und in einer zweiten Verweilkammer
auf einer Temperatur zwischen 100 und 200°C gehalten, bis praktisch alles Stickoxyd
zu Stickstoffdioxyd oxydiert ist. Aus dem abziehenden Gas, das Chlor, Stickstoffdioxyd
und noch Nitrosylchlorid aber kaum mehr NO enthält, kann nach dessen Kondensation
das Chlor in an sich bekannter Weise destillativ abgetrennt werden.
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Zwecks Vermeidung metallener, Korrosionsempfindlicher Wärmeaustauscher
ist es auch möglich, zur Erhitzung des nitrosylchloridhältigen Gases direkt überhitzten
Sauerstoff zu verwenden. Der Sauerstoff, der auch Chlor enthalten kann, wird in
einem metallischen Wärmetauscher auf 550 bis 600°C vorerhitzt, während das Nitrosylchlorid
in einem Kunststoffwärmetauscher auf etwa 130°C vorgewärmt wird. Die erforderliche
Spalttemperatur wird dann durch Mischen der beiden Gase eingestellt.
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Die folgenden Beispiele sollen den Gegenstand der Erfindung näher
erläutern.
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Beispiel 1 7,68 Nm3/h eines Gasgemisches, bestehend aus 58,6 °/o NOCI,
0,2 °/o C12, 10,90/,NO, und 30,30/,0,
werden kontinuierlich in einem
elektrisch beheizten Röhrenwärmetauscher aus Titan auf 340°C erhitzt. Dieses vorerhitzte
Gasgemisch wird dann in die gutisolierte erste Verweilkammer aus hochlegiertem Stahl
gebracht. Nach einer Verweilzeit von 25 Sekunden bei 340°C wird das Gas in einem
Wärmetauscher aus hochlegiertem Stahl mit entsprechend temperiertem Dampf auf 180°C
gekühlt und in der 2. Verweilkammer dann 60 Sekunden bei dieser Temperatur belassen.
Das erhaltene Gasgemisch hat folgende Zusammensetzung: 9,9 °/, NOCI, 24,2 °/,
C12,3,7 01,N0, 55,20/, N02 und 7,00/, 02. Dieses Gas wird dann bei -40°C
kondensiert und enthält nun 14,9 °/, NOCl, 24,6 °/, C12, 60,5 °/, N02. Der Umsatz
beträgt 76,7 °/,. Aus diesem Gasgemisch kann das Chlor dann durch Destillation gewonnen
werden. Beispie12 In die wie im Beispiel 1 verwendete Apparatur werden 6,89 Nm3/h
eines Gasgemisches, bestehend aus 64,7 °/, NOCI, 0,4 °/, C12, 6,9 °/, N02 und 27,6
°/, 02 eingebracht. Die Temperatur der ersten Kammer beträgt 320°C und die Verweilzeit
34 Sekunden. Dann wird das Gasgemisch abgekühlt und in einer zweiten Kammer 54 Sekunden
bei 150°C belassen, damit das Gemisch ausreagieren kann. Das erhaltene Gasgemisch
hat nun folgende Zusammensetzung: 12,8 °/, NOCI, 25,9 0/,C12, 3,6 °/,N0, 54,5 °/,N02
und 4,2l)/,02. Das nach Abkühlung erhaltene Kondensat besteht dann aus 17,3 °/,
NOCI, 25,4 °/, C12 und 57,3 °/, N02. Der Umsatz beträgt somit 74,5 °/,. Aus diesem
Gemisch kann das Chlor dann durch Destillation gewonnen werden.