-
Getrocknete Roßkastanienextrakte, wie sie-sich zur Verarbeitung zu
Tabletten, Dragees oder Kapseln eignen, sind bisher meist nur mit einem Äscingehalt
von höchstens 25% gewinnbar. Für gewöhnlich liegt ihr Gehalt nur bei 17 bis 18%,
da infolge des Aufbereitungsprozesses in der Großproduktion Verluste an Äscin auftreten.
Unter Ascingehalt ist der mit der Farbreaktion nach W. 5 c h 1 e m m e r (Deutsche
Apotheker-Zeitung, 106, 1315 [1966]) erfaßbare Anteil an Triterpenglykosiden, bezogen
auf BXscin als Standardsubstanz, zu verstehen.
-
Neben diesem therapeutisch wichtigen Anteil enthalten Roßkastanienextrakte
in erster Linie Ballaststoffe, wie z. B. Mono- und Oligosaccharide, Aminosäuren
und Salze, die dem Roßkastanienextrakt hygroskopischen Charakter verleihen und deshalb
die technologische Verarbeitung zu Pulver, Granulaten, Tabletten usw. erschweren.
In manchen Fällen, z. B. für ein Präparat mit protrahierter Wirkung, kann es erforderlich
sein, 50 mg und mehr Ascin als Einzeldosis einzusetzen, was bei dem bisher großtechnisch
hergestellten Roßkastanienextrakt mindestens 300 mg entspricht. Zusammen mit den
die Freigabe im Magen-Darm-Trakt erschwerenden Hilfsstoffen ergeben sich Arzneiformgrößen
für Dragees oder Kapseln, deren Einnahme dem -Patienten schwer zuzumuten ist.
-
Aus dem Stand der Technik ist es bereits bekannt, eine Reinigung
und Anreicherung des Saponins aus Kastanienextrakten durch wäßrig organische Lösungsmittel
herbeizuführen. So ist in der deutschen Patentschrift 916 664 ein Verfahren beschrieben,
bei dem man einen in bekannter Weise mit Hilfe von wäßrigen organischen Lösungsmitteln
gewonnenen Kastanien-Saponin-Extrakt nach Entfernen der organischen Lö sungsmittelkomponente
mit einem zweiten mit Wasser teilweise mischbaren organischen Lösungsmittel, beispielsweise
Methylä thylketon, extrahiert und von den beiden entstehenden Phasen die wäßrige
Schicht zur Trockne eindampft. Aus der deutschen Auslegeschrift 1 034 816 ist bekannt,
daß man kristallisiertes Roßkastaniensaponin durch eine Säurebehandlung erhalten
kann, wobei zerkleinerte Kastaniensamen mit wasserhaltigen organischen, unter 88"
C siedenden Lösungsmitteln in der Kälte extrahiert -werden und daß der vom Unlöslichen
abgetrennte Extrakt auf pH 1,5 bis 2 eingestellt wird, worauf der saure Extrakt
durch Destillation unter Wasserzusatz vom organischen Lösungsmittel befreit und
nach Erreichen einer Siedetemperatur von 88° C bis zur völligen Abscheidung des
Saponins, d. h. etwa 15 Minuten, am Sieden gehalten wird, worauf der Niederschlag
gewonnen, getrocknet, in Alkohol gelöst und mit Wasser gefällt wird. Bei dieser
sauren Behandlung tritt aber eine starke Hydrolyse ein, die zu Veränderungen desAscins
führt.
-
Es wurde nun überraschenderweise erkannt, daß sich relativ reine
Konzentrate auf verhältnismäßig einfache Weise wirtschaftlich herstellen lassen,
wobei der AnteiI der therapeutisch wertlosen und technologisch schwierigen Ballaststoffe
gesenkt und der Anteil des wertvollen Äscins ohne chemische Hydrolyse stark erhöht
wird. Das neue Verfahren zur Herstellung von äscinreichen Roßkastanienextrakten
durch Extrahieren der Roßkastanien mit wäßrigem Methyl-bzw. Äthylalkohol oder Aceton
und Entfernen -des organischen Lösungsmittels unter Einengung des wäßrigen Extrakts
bei vermindertem Druck ist da-
durch gekennzeichnet, daß man die 30 bis 70% feste
Extraktivstoffe enthaltende wäßrige Lösung mit Wasser mischbaren einwertigen aliphatischen
Alkoholen, Aceton oder Tetrahydrofuran im Verhältnis von 0,5 bis 7 Volumteilen versetzt
und die sich bildende Fällung abtrennt, worauf die Lösung zur Trockne eingedampft
oder unter Zusatz von Wasser von organischen Lösungsmitteln befreit wird.
-
Das Zusetzen des Fällungsmittels oder Fållungsmittelgemisches wird
vorzugsweise nach einem Konzentrieren bis zu einer honigartigen Konsistenz durchgeführt,
Dabei kommt es zur Ausfällung der Ballaststoffe, während das Äscin fast quantitativ
in Lösung bleibt,-anteilsmäßig bis 40% der Trockensubstanz ausmacht und dadurch
um etwa 50% weniger Roßkastanienextrakt mit gleichbleibender Ascinmenge therapeutisch
eingesetzt werden können.
-
Als Fällungsmittel können statt Alkoholen, Aceton oder Tetrahydrofuran
Lösungen von Chlorkohlenwasserstoffen, insbesondere Chloroform, und das Lösen dieser
Stoffe in Wasser vermittelnden Mitteln, z. B. niederen aliphatischen Alkoholen,
wie l2ithylalkohol oder Methylalkohol, verwendet werden. Die Anteilmenge an Fällungsmitteln
im Bereich von 0,2 bis zum Zehnfachen des Volumens der Extraktlösung wird vorzugsweise
um so niedriger gewählt, je lipophiler das Fällungsmittel bzw. das Fållungsmittelgemisch
ist.
-
Vorzüglich eignet sich als Fällungsmittel Isopropylalkohol, das bereits
in geringen Mengen, z. B. etwa 1,3 Gewichtsteile zu 1 Gewichtsteil 50%igem Roßkastanienextrakt,
zu einem ausgezeichneten Konzentrat führt.
-
Die Menge des zuzusetzenden Fällungsmittels richtet sich auch danach,
ob man in erster Linie eine möglichst hohe Ausbeute an Äscin oder einen möglichst
hohen Äscingehalt in der Trockensubstanz anstrebt. Im ersteren Falle wird man etwas
weniger Fällungsmittel als im letzteren Falle zusetzen, da ab einer bestimmten Konzentration
auch schon gewisse Mengen an Äscin mit ausfallen. Schließlich ist die optimale Menge
von z. B. Isopropanol auch vonder Beschaffenheit des zu fällenden Extraktes Q&scingehalt)
abhängig. Es wird bevorzugt, sich an Hand eines Laboratoriumsversuches mit z. B.
1,2, 1,5 und 1,8 Teilen von der jeweils günstigsten Isopropanolmenge zu überzeugen.
Die Laboratoriumsversuche sind, wie die später angeführten Beispiele zeigen, sehr
gut in den größeren Maßstab der Produktion zu übertragen.
-
Die folgenden Beispiele veranschaulichen bevorzugte Ausführungsformen
der Erfindung.
-
Beispiel 1 Fällung von Roßkastanienextrakt mit einem Äscingehalt
von 17% (bezogen auf Trockensubstanz) in verschiedener Konzentration an Trockensubstanz
und mit verschiedenen Mengen Isopropanol Tabelle 1
Zugesetzte |
Trockensubstanz- Gewichtsteile Trocken-Ascin in der |
gehaid Isopropanol substanz des Trockensubstanz |
Spissum-Enraktes (Spissum- Filtraes des Filtrats |
Extrakt =1) |
30 4 3,66 29, 2 |
30 5 2, 82 28,3 |
Fortsetzung
Zugesetzte |
Trockensubstanz- Gewichtsteile Trocken- Äscin in der |
gehalt des Isopropanol substanz des Trockensubstanz |
Spissum-Extraktes (Spissum- Filtrats des Filtrats |
% Extrakt = 1) % % |
30 6 2,19 26,5 |
40 2 8,13 31,7 |
40 3 5,30 33,2 |
40 4 3,49 30,5 |
50 1 16,38 31,8 |
50 2 7,17 34,5 |
50 3 3,98 28,0 |
Aus der Tabelle 1 ergibt sich, daß 50%iger Roßkastanienextrakt die geeignete Konzentration
zur Fällung mit Isopropanol darstellt, da bei niedrigeren Konzentrationen wesentlich
mehr Isopropanol zugesetzt werden muß, um eine ähnliche Anreicherung an Äscin zu
erzielen und höhere Konzentrationen sich wegen ihrer erhöhten Viskosität nicht mehr
einfach verarbeiten lassen.
-
Beispiel 2 40 kg 50%iger Extrakt (Äscingehalt in der Trockensubstanz
22,4%) wurden mit 60 kg Isopropanol gefällt. Am nächsten Tag wurde dekantiert. Die
überstehende Lösung wurde in einer Menge von 84,5 kg mit einem Trockensubstanzgehalt
von 13,45% gewonnen; d. h. 43,1% der Trockensubstanz wurden ausgefällt. Der Äscingehalt
in der Trockensubstanz betrug 37,7% Die Ausbeute an Äscin betrug damit 4,29 kg oder
96% der ursprünglich im Extrakt vorhandenen 4,48 kg Äscin.
-
Beispiel 3 Je 1 Teil (= 100 g Roßkastanienextrakt 50%ig, Äscingehalt
in der Trockensubstanz 17%) wurden mit folgenden Lösungsmitteln gefällt: Tabelle
2
Trockensubstanz- |
gehalt in der Äscingehalt in |
überstehenden der Trocken- |
Lösung substanz |
1 T Isopropanol # 16,4 32,4 |
1,5 T Isopropanol ..... 10,95 34,7 |
1 T Aceton . . . . . . . . . 10,30 40,2 |
1,5 T Aceton ......... 4,25 39, 25 |
1 T n-Propanol 13,26 42,0 |
1,5 T n-Propanol ..... 9,45 42,7 |
1 T tert.-Butanol 12,62 43,9 |
1,5 T tert.-Butanol 7,87 41,4 |
1 T Tetrahydrofuran 16,65 36,3 |
3T Methanol 12, 3 17,5 |
3 T Åthanol........ 9,93 18,36 |
Beispiel 4 Je 100 g getrocknete, ungeschälte, nicht entfettete Roßkastanien wurden
jeweils mit 500 ml Lösungsmittel 3 Tage unter häufigem Umschütteln bei Raumtemperatur
extrahiert. Es ergaben sich folgende Werte: Tabelle 3
Lösungsmittel Gewichtsteile Alkohol Ausbeute an Trocken- Ausbeute
an Ascin, Ascingehalt in der |
oder Aceton in 100 g Gemisch substanz, bezogen auf die bezogen
auf die Trockensubstanz der |
eingesetzten Kastanien eingesetzten Kastanien Extraktion |
% % % |
40% Isopropanol................. 23,0 4,13 17,95 |
60% Isopropanol................. 18,72 4,06 21,70 |
80% Isopropanol................. 11,39 3,03 26,60 |
20% Aceton ................... .. 23,66 4, 25 17,95 |
40% Aceton..................... 23,60 5,12 21,70 |
60% Aceton ................... .. 18,64 4, 96 26,6 |
40% Äthanol .................. .. 22,09 4,96 22, 5 |
60% Athanol ................... 18,68 4,50 24,10 |
80% Äthanol .................. 9,57 1,83 19,11 |
94,7% Äthanol................... 4,90 0,775 15,80 |
40% Methanol................... 20,50 4,29 20,90 |
60% Methanol. : 20,62 4,56 22,05 |
80% Methanol.................... 15,27 3,16 20,70 |
100% Methanol................... 11,65 1,94 16,68 |
Der Extrakt, der mit 60%igem Athanol extrahiert worden war, wurde
nach dem Eindampfen auf 50% Trockensubstanz mit Isopropanol nachgefällt; es ergaben
sich folgende Werte: Tabelle 4
Trockensubstanz- |
Fällung mit gehalt der über- Äscingehalt in der |
stehenden Lösung Trockensubstanz |
% % |
1,2 T Isopropanol 16,45 36,43 |
1,5 T Isopropanol 13,46 40,70 |
1,8 T Isopropanol 11,32 42,05 |
Es ist ein Vorschlag bekanntgeworden, eine Anreicherung anAscin durchzuführen durch
Extrahieren
entfetteter Roßkastanien oder getrockneter Roßkastanienextrakte in Abwesenheit
von Wasser mit Gemischen von Glyzerin, 1,3-Butylenglykol oder 1,2-Propylenglykol
mit auf diesen Alkohol berechnet dem 3- bis 50fachen Volumen eines anderen einwertigen
Alkohols oder eines aliphatischen Ketons mit 2 bis 5 c-Atomen oder eines Chlormethans.
Dabei fallen aber Extrakte mit einer relativ schwerflüchtigen Komponente (Glykole)
an, die für die für eine orale Anwendung notwendige anschließende Trocknung der
Extrakte nicht geeignet sind. Dagegen führt die Fällung nach der Erfindung in Anwesenheit
von Wasser zu Produkten, die nach dem Abdampfen der sämtlich leichtflüchtigen Fällungsmittel
ohne weiteres getrocknet werden können. Davon abgesehen überschreiten die bei dem
bekannten Verfahren anfallenden Extrakte niemals 25%, während nach der Erfindung
Äscingehalte von über 40% resultieren. Beispiel 5 Je 1 Teil des 50%igen Roßkastanienextraktes
mit Äscingehalt von 17% in der Trockensubstanz wurde mit folgenden Lösungsmittelgemischen
gefällt.
-
Tabelle 5
Trockensubstanz- Äscingehalt in |
gehalt in der der Trocken- |
überstehenden substanz |
Lösung |
3 T Chloroform/ |
Methanol |
(46,7%/53,3%)... 8,57 35,45 |
4T Chloroform/ |
Methanol - |
(43,2%/56,8%) .. 7,56 31,7 |
2,5 T Chloroform/ |
Methanol |
(36,7%/63,3%)... 13,17 24,8 |