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Verfahren zur Herstellung von expandierbaren Formmassen aus nachchlorierten
Polymerisaten von Vinylchlorid Es ist bekannt, daß man expandierbare körnige Formmassen
aus thermoplastischen Kunststoffen, die als Treibmittel leichtflüchtige, die Kunststoffe
nicht lösende Flüssigkeiten enthalten, herstellen kann, indem man Mischungen von
monomeren polymerisierbaren Verbindungen und den flüssigen Treibmitteln in Wasser
suspendiert und die monomeren Verbindungen in der Mischung polymerisiert. Auf diese
Weise werden expandierbare körnige Polymerisate von Styrol in großtechnischem Maßstab
gewonnn. Styrolpolymerisate haben aber, im Gegensatz zu den flammwidrigen nachchlorierten
Polymerisaten aus Vinylchlorid, den Nachteil, daß sie leicht entflammbar sind. Man
kann sie deshalb für Zwecke, bei denen es auf Flammwidligkeit ankommt, nur zusammen
mit flammhemmenden Zusätzen verwenden.
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Schließlich ist bekannt, verschäumbare thermoplastische Kunststoffe
herzustellen, indem man feinteilige Kunststoffe in wäßriger Suspension mit einem
leichtflüchtigen organischen Treibmittel behandelt.
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Besonders nachteilig bei diesem Verfahren ist es, daß die Teilchen
das Treibmittel inhomogen enthalten, so daß man nach dem Verschäumen Formkörper
nichteinheitlicher Struktur erhält. Ähnliches gilt für das Pigmentieren mit Farbpigmenten
gemäß diesem Verfahren.
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Es wurde nun gefunden, daß man expandierbare Formmassen aus nachchloriertem
Polyvinylchlorid durch Behandeln von gelöstem nachchloriertem Polyvinylchlorid mit
einem Treibmittel in Gegenwart eines Emulgiermittels und eines Schutzkolloids in
wäßriger Suspension vorteilhaft herstellen kann, indem man erstens 0,5 bis 5 Volumteile
einer 0,02- bis 0,50/0eigen wäßrigen Lösung einer quaternären Ammoniumverbindung,
die einen langkettigen Alkylrest besitzt, als Emulgiermittel mit zweitens 1 Volumteil
einer Lösung von a) 5 bis 50 Gewichtsprozent, bezogen auf die Lösung, eines nachchlorierten
Polymerisates von Vinylchlorid, b) 2 bis 20 Gewichtsprozent, bezogen auf das Polymerisat,
einer leichtflüchtigen wasserunlöslichen, das Polymerisat nichtlösenden organischen
Flüssigkeit und c) 0,2 bis 5 Gewichtsprozent, bezogen auf das Polymerisat, eines
wasserlöslichen synthetischen hochmolekularen organischen Schutzkolloids in einer
wasserunlöslichen, unterhalb 80°C siedenden, organischen Flüssigkeit als Lösungsmittel
mischt, die Mischung gleichmäßig, nicht zu stark bewegt, so daß sich Tröpfchen der
Lösung 2 in der Lösung 1 bilden,
durch Durchblasen von Luft oder eines Inertgases
das Lösungsmittel von 2 aus der weiterhin gleichmäßig, nicht zu stark bewegten Mischung
entfernt und die entstandene körnige Formmasse von der wäßrigen Phase abtrennt.
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Nachchlorierte Polymerisate von Vinylchlorid können nach bekannten
Verfahren durch Lösen von Vinylchloridpolymeren in inerten Lösungsmitteln, wie Tetrachloräthan,
und Einleiten von Chlor in der Wärme gewonnen werden. Der Chlorgehalt der Polymerisate
kann im Fall von Polyvinylchlorid etwa 60 bis 68 Gewichtsprozent betragen. Es eignen
sich auch nachchlorierte Mischpolymerisate aus mindestens 50 Gewichtsprozent Vinylchlorid.
Der Rest kann aus anderen polymerisierbaren Monomeren, wie Acrylsäurebutyl ester,
Vinylacetat, Vinylidenchlorid oder Acrylnitril, bestehen. Der Chlorgehalt der Mischpolymerisate
hängt selbstverständlich stark von Art und Menge des Comonomeren ab.
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Die nachchlorierten Polymerisate können als solche isoliert und für
das erfindungsgemäße Verfahren neu gelöst werden. In manchen Fällen ist es von Vorteil,
die Polymerisate ohne vorherige Isolierung in Form der chlorierten Lösungen zu verwenden.
Voraussetzung hierfür ist, daß das bei der Chlorierung verwendete Lösungsmittel
sich auch für das erfindungsgemäße Verfahren eignet und daß der gebildete Chlorwasserstoff
entfernt wird.
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Als Lösungsmittel für die nachchlorierten Polymerisate werden in
Wasser unlösliche, unterhalb 80"C siedende organische Flüssigkeiten verwendet. Es
eignen sich vorzugsweise Methylenchlorid, Chloroform oder Äthylenchlorid. Ferner
kommen Benzol und Äthylformiat
oder Äthylacetat in - Frage. Der
Gehalt der Lösungen an den nachchlorierten Polymerisaten beträgt 5 bis 50 Gewichtsprozent.
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Zum Expandierbarmachen der nachchlorierten Vinylpolymeren setzt man
den Lösungen noch eine übliche leichtflüchtige organische Flüssigkeit zu, die das
Polymerisat nicht löst und die ebenso wie das Lösungsmittel in Wasser unlöslich
oder schwer löslich ist. Der Siedepunkt der Flüssigkeit soll unterhalb des Erweichungspunktes
des Polymeren und kann unterhalb des Siedepunlctes des Lösungsmittels liegen. Es
eignen sich vorzugsweise niedrigsiedende aliphatische oder cycloaliphatische Kohlenwasserstoffe,
wie Pentan, Hexan, Heptan, Cyclopentan oder Cyclohexan oder Gemische dieser. Die
Menge des Expandiermittels beträgt 2 bis 20 Gewichtsprozent, bezogen auf Kunststoff.
Lösungsmittel für die Polymeren sind als Treibmittel ungeeignet. Sie ergeben Schaumstoffe,
die nur geringe mechanische Festigkeit und sehr große Poren besitzen. Die Lösungsmittel
sollen deshalb möglichst vollständig aus der blähfähigen Masse entfernt werden.
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Die Lösung von nachchlorierten Vinylchloridpolymeren muß außerdem
ein wasserlösliches, synthetisches, hochmolekulares, organisches Schutzkolloid enthalten.
Als solches eignen sich Polymerisate oder Mischpolymerisate ton Vinylpyrrolidon,
Vinylalkohol, Acrylsäure oder Methacrylamid. Der Gehalt der Lösung beträgt 0,2 bis
5 Gewichtsprozent, vorzugsweise 1 bis 3 Gewichtsprozent, bezogen auf Vinylchloridpolymeres.
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Diese treibmittel- und schutzkolloidhaltige Lösung von nachchlorierten
Vinylchloridpolymeren muß mit einer wäßrigen Lösung einer quaternären Ammoniumverbindung,
die einen langkettigen Alkylrest besitzt, z. B. von Trimethylnonylammoniumchlorid
als Emulgiermittel gemischt werden. Man verwendet 0,02- bis 0,5°/Oige, vorzugsweise
0,1- bis 0,30/,ige, wäßrige Lösungen des Emulgiermittels. Da größere Mengen von
Emulgator die Bildung sehr feinkörniger Massen und kleinere Mengen die Bildung grober
Konglomerate begünstigen, muß die optimale Emulgatormenge in Abhängigkeit von den
übrigen Verfahrensbedingungen von Fall zu Fall ermittelt werden.
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Das Mischen der Lösungen kann so vorgenommen werden, daß man die
organische Phase zügig in die gleichmäßig, nicht zu stark gerührte Emulgiermittellösung
gibt. Im Prinzip ist es auch möglich, umgekehrt vorzugehen, also die wäßrige Emulgiermittellösung
unter Rühren in die organische Phase zu geben. Die Rührgeschwindigkeit kann zweckmäßigerweise
50 bis 250 U/Min. betragen. Die besondere Form des Rührers ist ebenfalls von Bedeutung.
Mit Vorteil kann man Blattrührer verwenden, die die ganze Masse der Mischung in
eine nicht turbulente Kreisbewegung versetzen. Sehr hohe Rührgeschwindigkeiten bewirken
eine Verteilung der Kunststofflösung zu immer kleineren Tröpfchen, so daß man bei
kräftiger turbulenter Bewegung der Mischung und bei Verwendung von größeren Mengen
Emulgiermittel unter Umständen in die kolloide Größenordnung der Verteilung gelangen
kann. Außer durch Rühren kann man die Mischung auch durch einen steten Gasstrom,
der gleichzeitig das Lösungsmittel entfernt, in einer gleichmäßigen, nicht zu starken
Bewegung halten.
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Das Flottenverhältnis, also das Verhältnis des Volumens der wäßrigen
Emulgiermittellösung zu dem Volumen der organischen Phase, beträgt 5:1 bis 0,5:1.
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Der Lösung 2 können außer dem Treibmittel und dem Schutzkolloid noch
weitere übliche Zusatzstoffe, beispielsweise Füllstoffe, Pigmente, Farbstoffe, Weichmacher
oder Insektizide, zugesetzt werden. Man gelangt auf diese Weise zu blähfähigen körnigen
Massen, die die betreffenden Zusatzstoffe in feinverteilter Form enthalten.
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Während des Mischens der beiden Lösungen oder anschließend an das
Mischen wird das Lösungsmittel für das Polymerisat aus der Mischung entfernt, wobei
auf eine möglichst vollständige Entfernung Wert zu legen ist. Da es sich bei diesen
Lösungsmitteln um niedrigsiedende, also leichtflüchtige Flüssigkeiten handelt, genügt
es im allgemeinen, wenn man etwa 3 bis 10 Stunden ein Inertgas, wie Stickstoff oder
Kohlendioxyd, durch die Mischung leitet. Zur Beschleunigung der Entfernung des Lösungsmittels
kann man die Lösung auch etwas erwärmen und etwas Unterdruck anlegen. Die meisten
Kunststofflösungen sind auch gegen Luft genügend unempfindlich, so daß man auch
Luft zur Entfernung des Lösungsmittels verwenden kann. Nach Entfernen des Lösungsmittels
erhält man feste, körnige Massen, die sich durch Filtrieren oder Zentrifugieren
leicht von der wäßrigen Phase abtrennen lassen.
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Die nach dieser Erfindung hergestellten körnigen Formmassen enthalten
ein Treibmittel in gleichmäßiger Verteilung und lassen sich deshalb zu porösen Massen
mit geschlossenen Zellen aufschäumen, die infolge des Chlorgehaltes ausgezeichnete
fiammwidrige Eigenschaften haben. Man erhält bei Beachtung der verschiedenen Verfahrensbedingungen
(Bewegungszustand der Mischung, Emulgiermittel- und Schutzkolloidkonzentration,
Viskosität der Kunststofflösung und Flottenverhältnis) Formmassen mit einheitlicher
Korngröße zwischen 0,2 und 5 mm, die zur Herstellung von Schaumkörpern durch Erhitzen
in nicht gasdicht geschlossenen Formen große technische Bedeutung haben.
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Die in den Beispielen genannten Teile sind Gewichtsteile.
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Beispiel 1 In einem zylindrischen, mit einem kreisrunden Blattrührer
ausgestatteten Rührgefäß befinden sich 600 Teile Wasser, in dem 0,6 Teile von Dimethyl-benzyl-dodecyl-ammoniumchlorid
gelöst werden. Unter Rühren mit einer Geschwindigkeit von 100 U/Min. werden in diese
Lösung 600 Teile einer 200/0eigen Lösung von nachchloriertem Polyvinylchlorid mit
einem Chlorgehalt von 620/0 in Methylenchlorid gegeben. Diese Lösung 2 (organische
Phase) enthält außerdem 30 Teile Pentan (etwa 250/0 Isopentan und 750/o n-Pentan)
und 0,3 Teile eines Polyvinylalkohols, von dessen Hydroxylgruppen 50/o mit Essigsäure
verestert sind.
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Während des Mischens verteilt sich die organische Phase in Form gleichmäßiger
Tröpfchen in der wäßrigen Emulgiermittellösung. Durch die weiterhin mit 100 U/Min.
gerührte Mischung wird von unten ein steter Luftstrom geleitet, der das Methylenchlorid
mitreißt. Nach Ablauf von 15 Stunden werden die entstandenen, nahezu lösungsmittelfreien,
treibmittelhaltigen Perlen abgesiebt. 95°/0 der Perlen haben einen Durchmesser von
0,8 bis 3 mm. Sie lassen sich durch 10 Minuten langes Behandeln mit kochendem Wasser
zu feinporigen Kugeln mit einem Schüttgewicht von 15 bis 20 g/l aufschäumen. Die
aufgeschäumten Perlen lassen sich durch Einwirkung von Wasserdampf von
0,5
bis 1 at in einer nicht gasdicht geschlossenen Form zu einem gut verschweißten,
elastischen Zellkörper verarbeiten, der eine hervorragende Flammwidrigkeit aufweist.
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Beispiel 2 In einem zylindrischen, mit einem kreisrunden Blattrührer
ausgestatteten Gefäß befinden sich 600 Teile Wasser, in denen 0,8 Teile Dodecyl-pyridiniumchlorid
gelöst werden. In diese Lösung läßt man 500Teile einer Methylenchloridlösung einfließen,
die durch Nachchlorieren von 125 Teilen Polyvinylchlorid mit einem K-Wert 65 bis
zu einem Chlorgehalt von 60°/o und Neutralisierung der entstandenen Salzsäure mit
gasförmigem Ammoniak bis zum pH-Wert 8 erhalten wurde. Die Lösung enthält außerdem
0,7 Teile Polyvinylpyrrolidon und 20 Teile n-Pentan.
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Die Mischung wird, wie im Beispiel 1 beschrieben, weiterverarbeitet.
Die erhaltene expandierbare körnige Masse ist flammwidrig und besitzt zu 900/0 Teilchen
von 0,5 bis 3 mm Durchmesser. Sie läßt sich zu porösen Kügelchen aufschäumen, die
ein Schüttgewicht von etwa 20 g/l haben.
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Beispiel 3 In einem zylindrischen, mit einem kreisrunden Blattrührer
ausgestatteten Gefäß befindet sich eine Lösung von 0,9 Teilen des Natriumsalzes
einer Alkylnaphthalinsulfonsäure in 600 Teilen Wasser. In diese Lösung werden bei
einer Rührgeschwindigkeit von 110 U/Min.
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600 Teile einer 200/0eigen Lösung eines Mischpolymerisates aus 85
Teilen Vinylchlorid und 15 Teilen Vinylpropionat, dessen Chlorgehalt durch nachträgliche
Chlorierung auf 550/o erhöht wurde, in Methylenchlorid (Kp. 80,8°C) gegeben. Die
Lösung enthält ferner 12 Teile Cyclohexan sowie 2,4 Teile eines Mischpolymerisates
aus 75 Teilen Vinylpyrrolidon, 20 Teilen Methacrylamid und 5 Teilen Vinylimidazol.
Die Mischung wird auf 35"C erwärmt. Das Lösungsmittel wird aus den entstandenen
Tröpfchen entfernt, indem Luft durch die Mischung geleitet wird. Die zurückbleibenden
treibmittelhaltigen Perlen haben einen Durchmesser von 0,2 bis 2 mm und lassen sich
nach dem Absieben zu fiammwidrigen porösen Kugeln mit einem Schüttgewicht von 25
g/l aufschäumen.
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Beispiel 4 In einem zylindrischen, mit einem kreisrunden Blattrührer
ausgestatteten Rührgefäß befinden sich 600 Teile Wasser, in dem 0,6 Teile von Dimethyl-benzyl-dodecyl-ammoniumchlorid
gelöst werden. Unter Rühren mit einer Geschwindigkeit von 100 U/Min. werden in diese
Lösung 600Teile einer 200/0eigen Lösung von
nachchloriertem Polyvinylchlorid mit
einem Chlorgehalt von 62°/o in Chloroform (Kp. 61,2"C) gegeben.
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Diese Lösung enthält außerdem 30 Teile einer Mischung aus etwa 25
Gewichtsprozent Isopentan (Kp. 27,9°C) und 75 Gewichtsprozent n-Pentan (Kp. 36,O"C)
und 0,3 Teile eines Polyvinylalkohols, von dessen Hydroxylgruppen 50/o mit Essigsäure
verestert sind. Während des Mischens verteilt sich die organische Phase in Form
gleichmäßiger Tröpfchen in der wäßrigen Emulgiermittellösung. Durch die weiterhin
mit 100 U/Min. gerührte Mischung wird von unten ein steter Luftstrom durch die auf
30"C gehaltene Lösung geleitet, der das Chloroform mitreißt. Nach Ablauf von 20
Stunden werden die entstandenen nahezu chloroformfreien, treibmittelhaltigen Perlen
abgesiebt.