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Verfahren zur Herstellung von entzündungshemmenden Heparinsalzen Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von entzündungshemmenden Heparinsalzen
als Wirkstoffe für Pharmazeutika mit örtlich entzündungshemmender Wirkung, die sich
insbesondere in der Ophthalmologie z. B. als Collyrien (Augenwässer) für die Behandlung
von Augenkrankheiten bei örtlichen Entzündungen, wie z. B. Bindehautentzündung.
Hornhautentzündung oder Hornhautvaskularisierungen. in der Hals-(Kehlkopf-)Nasen-Ohren-Heilkunde.
in der Gynäkologie und in der Dermatologie mit bestem Erfolg anwendbar sind.
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Das beanspruchte Verfahren zur Herstellung von entzündungshemmenden
Heparinsalzen ist dadurch gekennzeichnet, daß man Heparin in wäßriger Lösung mit
einer gefäßverengenden Verbindung, und zwar entweder 2-( 1 Naphthyl-methyl)-imidazolin
oder einer gefäßverengenden Verbindung der allgemeinen Formel
in welcher R Wasserstoff oder eine Methylgruppe darstellt und R' und R" Wasserstoff
oder eine Hydroxylgruppe bedeuten, in einem Verhältnis umsetzt, daß die entstehende
Lösung 0,25 bis 1 Gewichtsprozent der gefäßverengenden Verbindung und 0,50 bis 10
Gewichtsprozent Heparinionen enthält, wobei man für den Fall, daß die stöchiometrische
Menge des Heparins die des gefäßverengenden Mittels überschreitet, den Uberschuß
an Heparin mit einer ungiftigen Base neutralisiert.
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Da Heparin eine Säure, Heparinsäure. ist und das gefäßverengende
Mittel ein basisches Stickstoffatom enthält, ist der erfindungsgemäß herstellbare
Wirkstoff ein Salz, z. B. das Heparinsalz des L-m-Methylaminoäthanolphenols. des
Ephedrins oder des Adrenalins. Um den etwaigen Heparinüberschuß zu neutralisieren.
verwendet man als nicht toxische Base zweckmäßigerweise Methylglucamin.
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Die Verwendungszwecke von Heparin in freier Form, in Form der Salze
oder Verbindungen. die unter Dissoziation das Heparinion frei machen, sind wohlbekannt.
Jedoch zeigen pharmakologische und klinische Versuche. daß man in der Augenpathologie
praktisch keine merkliche Heilwirkung beobachten kann, die dem Heparin oder seinen
Verbindungen zugeschrieben werden kann.
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Die obengenannten gefäßverengenden Mittel, wie z. B. insbesondere
das L-m-Methylaminoäthanolphenolchlorhydrat (im folgenden »Neosynephrin« genannt).
sind sympathomimetische Mittel, die als gefäßverengende Mittel zur oralen Anwendung
in Dosen von 10 bis 25 mg, zur subcutanen und intramuskulären Anwendung in Dosen
von 1 bis 10 mg. zur intravenösen Anwendung in Dosen von 0,2 und 0.8 mg und zur
örtlichen (äußeren) Anwendung in Dosen von 0,1 bis 05 cm 0.50/'iger Lösung vorgeschlagen
worden sind. Doch selbst bei Konzentrationen von 20/) hat z. B. das Neosynephrin
praktisch keine entsprechende Wirkung in der Augenheilkunde; die leichte Verminderung
der Gefäßerweiterung der Schleimhaut. die man nach seiner Verabreichung beobachten
kann, ist einzig nützlich im Zusammenhang mit der Untersuchung der Iris und hat
keinerlei Wirkung auf entzündliche oder congestive Augenerkrankungen.
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Es wurde überraschenderweise gefunden. daß die erfindungsgemäß herstellbaren
Heparinsalze. z. B. des Neosynephrins. eine wirksame Behandlung von Entzündungen
der obengenannten Art und der damit entstehenden Schäden bereits in solchen Dosen
erlauten, in denen Heparin und Neosynephrin für sich noch ohne jegliche Wirkung
sind. Mit diesen Mengen der Einzelkomponenten wurde nicht einmal eine Additivwirkung
beobachtet.
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Die erfindungsgemäß erhältlichen Verbindungen sind wirksam für die
Behandlung von verschiedenen Erkrankungen, wie -: z. B. in der Ophthalmologie -akuten
oder chronischen Bindehautentzündungen, banalen oder follikulären Hornhautentzündungen,
sowie solchen. die von einer starken Hornhautvaskularisation begleitet sind, die
sich bisher allen bekannten Behandlungsarten widersetzten, selbst Versuchen mit
dem einen oder anderen Bestandteil der erfindungsgemäßen Wirkstoffe in den gleichen
Konzentrationen, in denen sie darin enthalten sind.
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Die erfindungsgemäß herstellbaren Wirkstoffe sind in Form von wäßrigen
Lösungen als Augenwasser oder als Tropfen oder in Form von Pulvern. Salben oder
Tabletten anwendbar.
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Beispiel Die Herstellung der erfindungsgemäß herstellbaren Wirkstoffe
sei an der Umsetzung von Heparin mit L-m- Methylaminoäthanol- phenolchlorhydrat
(Neosynephrin) erläutert. wobei ein Heparinüberschuß zur Anwendung kam.
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Es werden zunächst 4 g Heparin in wäßriger Lösung mit 0,5 g Neosynephrin
umgesetzt.
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Die Menge an ungiftiger Base, die zur Neutralisation des Heparinüberschusses
erforderlich ist. wird an einer gesonderten Probe durch Titration mit Sodalösung
festgestellt. Dabei bemerkt man sechs mehr oder weniger deutliche Haltepunkte. bis
bei einem pH-Wert von etwa 7 ein sehr deutlicher Haltepunkt vorliegt. Wenn man dann
die Zugabe von Sodalösung fortsetzt. steigt der pH-Wert plötzlich stark an. Dies
entspricht der Existenz von sieben Säuregruppen im Heparinmolekül. Auch die verbrauchte
Sodamenge entspricht der theoretisch ermittelten Menge von 7 Aquivalenten Base zur
Neutralisation eines Mols Heparin.
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Auf Grund dieser Kenntnis errechnet man die Sodamenge, die zur Neutralisation
des Heparinüberschusses nach Umsetzung von 4 g Heparin mit 0,5 g Neosynephrin
erforderlich ist. Die dieser Sodamenge äquivalente Menge von 3.77g Methylglucamin
(als ungiftige Base) wird dann dem Umsetzungsprodukt aus Heparin und Neosynephrin
zugesetzt. Man kann auch während der Neutralisation pH-Wertbestimmungen vornehmen.
Die erfindungsgemäß erhältlichen Wirkstofflösungen haben einen pH-Wert von 7.2.
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Zur Herstellung eines Collyriums setzt man 8.27 g des obigen Umsetzungsproduktes
ein physiologisches Serum in solcher Menge zu, daß 100 cm3 Lösung entstehen.
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Die Vorteile der Erfindung werden im folgenden am Heparinsalz des
Neosynephrins erläutert.
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Zubereitungen mit 0,50/0 Heparin und 0,50/0 Neosynephrin sind, wie
aus den weiter unten aufgeführten klinischen Versuchen ersichtlich ist. bereits
sehr wirksam. Eine Zubereitung mit einer stärkeren Heparinkonzentration, z. B. mit
1°/o Heparin. ist noch wirksamer, aber sie erwies sich als unangebracht da die Nebenwirkungen
des gleichzeitig anwesenden
äquivalenten Anteils von Neosynephrin, also mehr als
1 0/, zu stark werden. Deshalb hält man den Anteil an Neosynephrin in allen Zubereitungen
bei etwa 0,5°/0 konstant. während der Anteil an Heparin höher sein kann und bis
zu 4 bis 5°/o betragen kann, wobei man den Heparinüberschuß neutralisiert, ohne
daß dies einen nachteiligen Einfluß auf die Wirksamkeit dieser Verbindung ausübt.
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So enthalten Zubereitungen mit den erfindungsgemäß herstellbaren
Produkten z. B. etwa 0,50/0 Neosynephrin, also etwa ein Viertel bis ein Fünftel
der noch als unwirksam bekannten Dosis, und ungefähr 0,5 bis 100/o Heparin, also
etwa bis herab zu einem Zwanzigstel der Konzentration von 100/0, die sich bei klinischen
Versuchen als unwirksam für den Menschen erweist. Diese Mindestmenge an Neosynephrin
genügt in allen Fällen, um die Wirksamkeit des Umsetzungsproduktes mit Heparin zu
gewährleisten, wobei diese Wirksamkeit mit dem Heparingehalt steigt und nur nach
Umsetzung mit z. B. Neosynephrin auftritt.
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Die folgenden beiden Collyrien A und B, die je eine der erfindungsgemäß
erhältlichen Verbindungen enthalten, wurden getestet: Collyrium A Neosynephrin-heparinat
.......... 1 g Physiologisches Serum zum Auffüllen auf . ..... 100 ccm Somit Gehalt
an Heparin .... ................. 0,50% Neosynephrin ................. 0,50% Collyrium
B Gemischtes Heparinat von Neosynephrin + Methylglucamin gemäß Beispiel .... ...........
8,27 g Physiologisches Serum zum Auffüllen auf ... ........ ............ 100 ccm
Somit Gehalt an Heparin ....... ....... 40/0 Neosynephrin .... ........... 0,50%
Methylglucamin .......... .... 3,77% Diese beiden Mittel wurden entweder in wäßriger
Lösung oder als Augensalbe bei zwei häufigen Typen von Augenkrankheiten angewandt,
und zwar bei akuten Bindehaut- und Hornhautentzündungen sowie bei verschleppter
vaskularisierter Hornhautentzündung und vaskularisierten Folgen von Keratoplastik.
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Diese Collyrien wurden in mehr als 200 Fällen zur zwei- bis viermaligen
Anwendung pro Tag verschrieben; es wurde eine bestimmte Anzahl von »Suggestions«-Versuchen
durchgeführt sowie solche unter Ersatz der Collyrien durch einfache Heparin-oder
Neosynephrinlösungen. In allen Fällen zeigte sich die überlegene Wirkung der erfindungsgemäßen
Verbindungen.
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Entzündungserscheinungen verschwinden sofort, und die Epithelvernarbung
vollzieht sich rasch.
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Es erfolgte keine Wirkung auf die follikulären Bindehäute, dagegen
zeigte sich bei vaskularisierten Folgen verschleppter Hornhautentzündung ein Zurückgehen
der Vaskularisation und oft ein bemerkenswertes Klarwerden der Hornhaut. Komplikationen
wurden nicht festgestellt. Die Lösung kann im
Gegensatz zu Corticoiden
Kranken ohne Risiko und ohne ständige Uberwachung verschrieben werden.
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Die klinischen Ergebnisse wurden durch ein pharmakodynamisches Experiment
beim Kaninchen nach der Technik von D r a i z e, W o o d a r d und C a 1 v e r y
(vgl. J. Pharmacol. exp. Therapeut., 82 [1944], S. 377 bis 390) bestätigt. Diese
Autoren haben eine Aufstellung über die verschiedenen ex-
perimentellen Entzündungsstufen
der Bindehautentzündung von Kaninchen gemacht, mit deren Hilfe es möglich war, die
Schutzwirkung der erfindungsgemäßen Collyrien gegen Entzündungen festzustellen,
die durch Einträufeln von Ammoniak- oder Formaldehydlösung in das Auge von Kaninchen
hervorgerufen worden waren; die Ergebnisse sind in der folgenden Tabelle zusammengefaßt:
Anzahl der Mittelwert |
Verwendetes Collyrium Anzahl der Fälle begünstigten Fälle der
Besserung |
Zum Vergleich |
Heparin 10/0 ................................... 40 10 15°/o |
Heparin 50/0 ................................... 20 20 290/0 |
Cortison 1%.................................... | 30 | 0 |
Neosynephrin 101o .............................. 40 10 soX0 |
Neosynephrin 2% ...................................| 20 | 10
| 13% |
Erfindungsgemäß hergestellte Produkte |
Neosynephrin-Heparinat (Collyrium A) 1°/o ........ 80 70 700/0 |
gemischtes Heparinat (Collyrium B) 40/0 Heparin .... 100 100
87% |
Die vorstehende Beschreibung wurde weitgehend auf die Anwendung der erfindungsgemäßen
Mittel in der Augenheilkunde abgestellt, doch ist, wie eingangs erwähnt, deren Anwendungsbereich
noch größer und umfaßt die Behandlung aller Reizungen der Schleimhäute und in einigen
Fällen der Haut selbst.
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Die weitere Verwendbarkeit der erfindungsgemäß herstellbaren Mittel
sei auf dem Gebiet der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde erläutert. Hier können die Verbindungen
in Form von Tropfen oder Pulver verabreicht werden, welche auf 100 g destilliertes
Wasser die folgenden Bestandteile enthalten: Einbasisches Neosynephrin- und salzbasisches
Methylglucamin-Doppelsalz der Heparinsäure . . 5 mg Zitronensäure . . . .. 50 mg
Natriumzitrat .... ......... 2 g Ammoniumsulfat 3 g Diesem flüssigen Gemisch kann
man eventuell eine angemessene Menge eines Antibiotikums, z. B.
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1 g Framycetinsulfat, und eine kleine Menge eines Desinfektionsmittels,
z. B. 500mg ß,ß,ß-Trichlortert.-butanol, zusetzen.
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Dieses gleiche Gemisch kann ebenso in Form von Tabletten zum Lutschen
verabreicht werden, die Heparin ...... ...... 0,010 bis 0,100 g Neosynephrin . .
. 0,005 bis 0,025 g enthalten, oder in Form von Salbe, die Heparin ...... .....
..... 0,50 bis 5% Neosynephrin .... ...... 0,10 bis 1,0% enthält.
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Diese Medikamente wurden bei Ohrenkrankheiten (akute und chronische
Außenohr- und Mittelrohr entzündungen, Folgen von Eingriffen), bei Nasenkatarrhen,
akuten und chronischen Nasen- und Rachenentzündungen, Nebenhöhlenentzündungen und
Folgen von Nasennebenhöhleneingriffen an gewandt.
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Die Mittel wurden ausgezeichnet vertragen, selbst bei einer großen
Oeffnung im Trommelfell, wo die Verwendung derzeitiger Medikamente immer sehr starke
Schmerzen hervorruft.
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Die erfindungsgemäß herstellbaren Produkte ergaben in diesem Anwendungsbereich
bei zwei- bis fünfmaliger Anwendung von 5 bis 10 Tropfen der obengenannten Lösung
pro Tag auf das Ohr oder bei zwei- bis viermaliger Nasen- und Racheneinsprühung
der gleichen Lösung pro Tag in die Nasenlöcher in 58 Fällen 43 sehr gute Ergebnisse
und 8 mittlere Ergebnisse, während in nur 7 Fällen keine Wirkung eintrat.