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Verfahren zur Herstellung äthylenisch ungesättigter Chlorkohlenwasserstoffe
Bei dem Chlorierungs- oder »Oxychlorierungs<(-Verfahren nach Deacon wird gasförmiger
Chiorwasserstoff als Chlorierungsmittel verwendet. Bei diesem Verfahren wird gasförmiger
Chlorwasserstoff, ein sauerstoffhaltiges Gas, wie etwa Luft, und der zu chiorierende
Kohlenwasserstoff oder partiell chlorierte Kohlenwasserstoff in Gegenwart eines
Metallhalogenids als Katalysator umgesetzt. Bei einer anderen Ausführungsform des
Verfahrens wird an Stelle des gasförmigen Chlorwasserstoffes Chlor als Beschikkungsgas
verwendet. Bei der letztgenannten Verfahrensart ist Voraussetzung, daß zunächst
eine Chlorierung des Kohlenwasserstoffs oder Chlorkohlenwasserstoffs erfolgt. Es
werden daher Chlor, ein sauerstoffhaltiges Gas und der zu chlorierende Kohlenwasserstoff
oder Chlorkohlenwasserstoff mit einem Metallhalogenid als Katalysator in Berührung
gebracht. Das Chlor setzt sich mit dem Kohlenwasserstoff zu Chlorwasserstoff und
einem chlorierten Kohlenwasserstoff oder Chlorkohlenwasserstoff um.
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Auf diese Weise hergestellter Chlorwasserstoff wird zu Wasser und
freiem Chlor oxydiert, und das gewonnene Chlor wird zur zusätzlichen Chlorierung
des Kohlenwasserstoffs oder des Chlorkohlenwasserstoffs verwendet.
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Es wurde festgestellt, daß man mit den üblichen Katalysatoren nicht
die gewünschten Ausbeuten an äthylenisch ungesättigten Chlorkohlenwasserstoffen
erzielt. Das Verhältnis Kilogramm gewonnenes Produkt pro Kilogramm eingesetzter
Katalysator bleibt weit hinter dem Wert zurück, der einer zufriedenstellenden Produktivität
entspricht. Außerdem führen geringe Ausbeuten an den gewünschten äthylenisch ungesättigten
Chlorkohlenwasserstoffen zur Bildung großer Mengen gesättigter aliphatischer Chlorkohlenwasserstoffe,
wodurch die Abtrennung und Gewinnung des Produktes bei solch einem Verfahren zu
einem recht schwierigen Problem wird.
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Es wurde nun ein Verfahren zur Herstellung von äthylenisch ungesättigten
Chlorkohlenwasserstoffen mit 2 C-Atomen gefunden, das dadurch gekennzeichnet ist,
daß man Äthan, das gegebenenfalls partiell chloriert sein kann, mit Sauerstoff oder
einem Sauerstoff enthaltenden Inertgas und Chlorwasserstoff oder Chlor oder deren
Gemischen in Gegenwart eines Katalysators, der aus Kupferchlorid, Zinkchlolid und
Kaliumchlorid auf einem indifferenten Träger besteht. bei 450 bis 550"C umsetzt.
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Wird ein Sauerstoff enthaltendes Inertgas verwendet, so kommt als
letzteres z. B. in Frage: Stickstoff, Argon und Neon. Luft ist als Sauerstofflieferant
besonders geeignet. Andere Gase, die elementaren
Sauerstoff enthalten, können ebenfalls
verwendet werden.
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Die Chlorierungsmittel werden vorzugsweise in wasserfreier Form in
die Reaktionskammern eingeleitet, doch muß das zugeführte Chlorierungsmittel nicht
völlig wasserfrei sein.
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Neben Äthan kommen als Beschickung z. B. auch Äthylchlorid, 1,2-Dichloräthan,
1,1,2-Trichloräthan in Frage.
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Wird als Chlorierungsmittel Chlor verwendet, so liegt das geeignete
Beschickungsverhältnis zwischen 0,3 und 2,0 Mol, vorzugsweise bei 0,5 Mol Chlor
je Mol Kohlenwasserstoff und/oder Chlorkohlenwasserstoff.
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Wird HCI als Chlorierungsmittel verwendet, so liegt das geeignete
Beschickungsverhältnis zwischen 0,6 Mol HCl je Mol Kohlenwasserstoff und/oder Chlorkohlenwasserstoff
und 4,0 Mol HCl je Mol Kohlenwasserstoff, vorzugsweise kommt auf 1 Mol Kohlenwasserstoff
1,0 Mol HCl.
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Das Beschickungsverhältnis von Sauerstoff zu Chlor wird durch Regulierung
der Beschickungsgeschwindigkeit dieser Stoffe so reguliert, daß je Mol Chlor, 0,4
Mol bis 2,4 Mol Sauerstoff in die Reaktionszone eingeleitet werden. Bei Verwendung
von Luft wird die Menge des Gases um die Menge erhöht, in welcher andere Gase als
Sauerstoff vorhanden sind. Vorzugsweise wird Sauerstoff in solcher Menge zugeführt,
daß auf 1 Mol Chlor 1,5 Mol Sauerstoff kommen. Wird HCl als
Beschickungsmaterial
verwendet, so wird das Verhältnis von Sauerstoff zu HCl zwischen 0,4 und 2,4 Mol
Sauerstoff, vorzugsweise zwischen 1,5 Mol O2 je Mol HCl gehalten.
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Die Reaktion wird bei Atmosphärendruck oder leichtem Überdruck durchgeführt,
gegebenenfalls auch bei größerem Überdruck oder Unterdruck.
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Das erfindungsgemäße Verfahren läßt sich leicht in Ruheschüttung
durchführen; dabei werden rohrförmige oder länglich geformte Reaktionsgefäße, d.
h. im Vergleich zu ihrem inneren Durchmesser sehr lange Reaktoren, benutzt. Reaktionsgefäße
dieser Art sind gewöhnlich 8- bis 600mal so lang als ihr innerer Durchmesser. Der
innere Durchmesser der zur Verwendung kommenden rohrförmigen Reaktoren liegt zwischen
6 und 205 mm, vorzugsweise zwischen 25 und 76 mm. Normalerweise sind die Reaktoren
aus Weichstahl, Nickel oder einem anderen geeigneten Konstruktionsmaterial hergestellt,
das eine gewisse Korrosionsfestigkeit gegenüber den in Frage kommenden Gasen aufweist,
doch es können ebenso Metallreaktoren mit einer geeigneten korrosionsfesten Verkleidung
an den Innenwänden, z. B. einem Überzug aus keramischem Material und auch Reaktionsgefäße
aus Glas benutzt werden.
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Die für die Umsetzung bestimmten Gase werden so in die Oxychlorierungszonen
eingeleitet, daß sich ein Verhältnis w: f von 30 bis 120 ergibt. Der Ausdruck »Verhältnis
w: f« bedeutet das Gewicht des in der Schicht verwendeten Katalysators geteilt durch
die Fließgeschwindigkeit der der Katalysatorschicht zugeführten gasförmigen Stoffe
insgesamt. Vorzugsweise wird ein Verhältnis w: f von 55,5 eingehalten.
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Das Verfahren verläuft exotherm. Die Ableitung der Wärme aus den
Katalysatorzonen wird durch Wärmeaustauscher ermöglicht.
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Das erfindungsgemäße Verfahren kann in Wirbelschicht durchgeführt
werden, indem man die gasförmigen Reaktionsteilnehmer bei wechselnder Geschwindigkeit
aufwärts durch eine Schicht feinzerteilter fester, den Katalysator enthaltender
Teilchen führt.
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Es können auf diese Weise jedoch auch andere Bedingungen geschaffen
werden, je nachdem welche Geschwindigkeit das Gas hat, wie groß die Teilchen sind
usw.
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Als Träger können z. B. zur Verwendung kommen: Kieselsäure, Tonerde,
Fullererde, Kieselgur und Bimsstein. Zur Verwendung als Trägerstoff sowohl bei Festschichten
als auch bei Wirbelschichten hat sich als besonders wirksamerTrägerstoffkalzinierte
Diatomeenerde bewährt.
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Der Gehalt an Kupferchlorid bewegt sich zwischen 8 und 25 Gewichtsprozent,
bezogen auf das imprägnierte Trägermaterial. Das Verhältnis von Kupferchlorid zu
Kaliumchlorid zu Zinkchlorid liegt zwischen 0,8 und 1,5 Mol Kupferchlorid je Mol
Kaliumchlorid und zwischen 0,8 und 1,5 Mol Zinkchlorid je Mol Kaliumchlorid. Vorzugsweise
ist der Katalysator so zusammengesetzt, daß sich als Molverhältnis von Kupferchlorid
zu Kaliumchlorid zu Zinkchlorid das Verhältnis 1:1:1 ergibt.
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Um eine gute Imprägnierung des Trägers zu erreichen, werden in den
oben festgesetzten Molverhältnissen wäßrige Lösungen der Chloride gebildet und die
Trägerteilchen so lange mit der katalysatorhaltigen Lösung in Berührung gebracht,
bis die Teilchen eine angemessene Menge dieser Lösung adsorbiert haben.
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Nach der Adsorption wird überschüssiges Wasser
durch Verdampfen aus
den Trägerteilchen oder -kügelchen entfernt, und auf diese Weise erhält man Trägerstoffteilchen,
bei welchen das Verhältnis von Kupfer zu Kalium zu Zink vorzugsweise 1: 1: 1 ist.
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Die Isolierung des Chlorkohlenwasserstoffs erfolgt zweckmäßig, indem
man die gasförmigen Produkte aus dem Reaktor abzieht und kühlt und gleichzeitig
von Wasser und HCl trennt. Die resultierenden Gase leitet man in Kühlfallen (Trockeneis-Aceton),
die einen Kohlenwasserstoff, z. B. Oktan, enthalten. Die Chlorkohlenwasserstoffe
lösen sich in diesem Kohlenwasserstoff und lassen sich in an sich bekannter Weise
von diesem trennen.
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Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren erzielt man hohe Ausbeuten an
Vinylchlorid.
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Beispiel 1 Es wurde ein Katalysator hergestellt, indem ein Trägerstoff
mit einer Teilchengröße von 0,175 bis 0,5 mm (lichte Maschenweite des Siebes) mit
einer wäßrigen Lösung getränkt wurde, die Kupferchlorid, Kaliumchlorid und Zinkchlorid
enthielt. Der zur Verwendung kommende Trägerstoff bestand aus kalzinierter Diatomeenerde.
Es wurde eine Lösung von Kaliumchlorid und Kupferchlorid hergestellt, indem 440
g CuCl2 2H2O und 186,0 g KCl in 1000 cm3 Wasser gelöst wurden. Aus dieser Kaliumchlorid-Kupferchloridlösung
wurde eine Lösung hergestellt, die 1600 cm3 der Kupferchlorid-Kaliumchlorid-Lösung,
60,8 g Zinkchlorid und 40 cm3 konzentrierte Salzsäure (35 0/o) enthielt. 400 g Trägerstoff
wurden in eine erhitzte Drehtrommel gebracht, die auf eine Temperatur von 140"C
erwärmt wurde, und dem in der Drehtrommel enthaltenen Träger wurde durch tropfenweise
Zugabe das Lösungsgemisch von Kupferchlorid-Kaliumchlorid und Zinkchlorid zugesetzt.
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Nachdem die gesamte Lösung eingeführt worden war, wurde der imprägnierte
Trägerstoff noch 30 Minuten lang bei 140"C in der Drehtrommel getrocknet. Dann wurde
das Material bis auf eine Teilchengröße von 0,15 bis 0,65 mm (lichte Maschenweite)
ausgesiebt, damit es als Katalysator in einem Wirbelschichtreaktor verwendet werden
konnte. Bezogen auf das Gesamtgewicht von Trägerstoff und zugeleiteten Reaktionsteilnehmern
enthielt der auf diese Weise hergestellte Katalysator 15,7 g CuCl2 je 100 g Trägerstoff
oder, bezogen auf das Gewicht der imprägnierten Teilchen, 5,33 0/o Kupfer, 8,3 g
KCl je 100 g Träger oder, bezogen auf die imprägnierten Teilchen, 3,12 Gewichtsprozent
Kalium, und 15,5 g Zinkchlorid je 100 g Trägerstoff oder, bezogen auf das Gewicht
der imprägnierten Teilchen, 5,33 0/, Zink.
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Ein Reaktor aus Glas, innerer Durchmesser 50,8 mm, Höhe etwa 150cm,
wurde als Wirbelschichtreaktor benutzt. Von einem 30,5 cm vom Boden entfernten Punkt
an wurde der Reaktor etwa 45 cm hoch mit dem beschriebenen Katalysator gefüllt.
Das ganze Rohr wurde senkrecht in einen elektrischen Ofen eingeführt, wobei das
untere und obere Ende des Reaktionsgefäßes unten bzw. oben aus dem Ofen herausragten,
so daß die gesamte, in dem Reaktionsgefäß vorhandene Katalysatorschicht von dem
elektrischen Ofen umgeben war. Eine Einlaßöffnung war am Boden des Reaktionsgefäßes
unterhalb einer porösen Glasscheibe angebracht, die als Verteilerplatte diente und
30 cm vom Boden des Reaktionsrohres entfernt war. Mit dieser Öffnung waren durch
eine normale Gasleitung drei Leitungen für die Gaszufuhr verbunden,
eine
für Kohlenwasserstoff, eine für Chlor oder HCl und eine für Luft. Die durch die
Öffnung in den Reaktor eingeleiteten Gase strömten durch die Verteilerplatte hindurch
in die Katalysatorschicht ein.
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Eine Leitung zum Abziehen der Produkte war im oberen Teil des Reaktionsrohres
angebracht. Alle gasförmigen Produkte wurden durch diese Leitung aus dem Reaktionsgefäß
entfernt. Die auf diese Weise abgezogenen, gasförmigen Produkte wurden durch zwei
wassergekühlte Kühler geleitet, die mit einem gewöhnlichen Auffanggerät, in welchem
HCl und Wasser gesammelt wurden, verbunden waren. Dann wurden die Gase durch mit
einem Trockeneis-Aceton-Gemisch gekühlte Fallen geleitet, und die Chlorkohlenwasserstoffe
wurden hierbei in Isooctan aufgefangen.
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Unter Benutzung der oben beschriebenen Vorrichtung wurde eine Reihe
von Versuchen mit Äthan, Chlor und Luft als Beschickungsgas ausgeführt. Die Temperatur
der Katalysatorzone wurde bei 500°C gehalten. Das Molverhältnis von Äthan zu Chlor
zu Luft war bei den einzelnen Versuchen verschieden. Die Ergebnisse dieser Versuche
sind in TabelleI zusammengestellt: Tabelle I
Gaszufuhr Katalysator |
(Molverhältnis) aus CuCI2 - KCl - ZnCl2 |
C2H8 : Cl2: Luft N2 ! xo |
1,0: 0,50: 4,0 65 1,3 |
1,0:0,75: 4,0 75 1,3 |
1,0: 1,00: 4,0 92 1,6 |
1,0: 0,35: 5,0 59 1,1 |
1,0: 1,00: 10,0 84 1,6 |
*) N2U = gebildete ungesättigte C-Verbindungen in Molprozent des gesamten organischen
Produktes.
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**) X2u = durchschnittliche Zahl von Chloratomen an den ungesättigten
C2-Verbindungen.
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Das Beispiel zeigt, daß die Verwendung des Katalysators aus Kupferchlorid-Kaliumchlorid
und Zinkchlorid zur Bildung großer Mengen ungesättigter Chlorkohlenwasserstoffe
führt und daß die gebildeten ungesättigten Chlorkohlenwasserstoffe einen niedrigen
Chlorwert aufweisen.
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Beispiel 2 Unter Verwendung der im Beispiel 1 beschriebenen Vorrichtung
wurde eine Reihe von Versuchen durchgeführt, wobei der Katalysator aus Beispiel
1 verwendet wurde und in der Reaktionszone bei einer
Durchschnittstemperatur von
5000 C ein Verhältnis w: f von 55,5 vorherrschte. Äthan, Chlor und Luft wurden mit
dem Ziel umgesetzt, in erster Linie Vinylchlorid zu erzeugen. Die Ergebnisse dieser
Versuche sind in Tabelle II zusammengestellt: Tabelle II
C2H6 .................. 1,00 1,00 |
Cl2 .................... 0,75 0,50 |
Luft ................... 4,00 5,00 |
Gramm insgesamt ....... 412,1 310,70 |
Gramm je Minute ....... 3,43 2,59 |
CH2 = CHCl ........... 70,4 59,0 |
C2H2Cl2 ................ 12,5 15,7 |
C2HCl3 .................. 4,7 2,2 |
C2Cl4 .................. 0,4 0,5 |
CH2Cl2 ................ 4,7 4,6 |
CHCl3 ................. - 1,7 |
CCl4 .................. 0,4 0,7 |
CH3Cl ................. 2,5 3,4 |
C2H5Cl ................ 4,0 7,7 |
Die beschriebenen Umsetzungen können statt in Wirbelschicht auch in Ruheschüttung
durchgeführt werden. Dabei kann man Verfahren und Vorrichtung der USA.-Patentschrift
2 952 714 anwenden. So wird z. B. ein Reaktionsrohr entsprechend Beispiel 1 mit
dem imprägnierten Träger beschickt. Gase werden durch diese Katalysatorschicht geleitet.
Es werden ähnliche Bedingungen eingehalten wie im Beispiel 1 beschrieben.
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Auf diese Weise entstehen in erster Linie ungesättigte Chlorkohlenwasserstoffe.
Die gewünschten Stoffe, z. B. Vinylchlorid aus Äthan, entstehen in überwiegender
Menge, während gesättigte Chlorkohlenwasserstoffe nur in geringer Menge erzeugt
werden.