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Verwendung von Polyvinylsulfonsäure oder deren Salzen bei der Papierleimung
Die Oberfiächenleimung von Papier mit Produkten tierischen Ursprungs, wie Gelatine,
Knochen- oder Hautleim, stammt bereits aus der frühen Zeit der Papierherstellung.
Sie wird auch heute noch für feinste Banknoten- und Dokumentenpapiere ausgeführt.
Die Leimung mit tierischem Eiweiß wird aber auch sehr häufig zusammen mit der Harzleimung
als Masseleimung angewendet. Hierbei wird die Eiweißlösung in den Faserbrei eingetragen.
Die so erhältlichen Papiere zeigen eine hohe innere Leimung, d. h., die Beschreibbarkeit
wird durch Abrieb, z. B. Radieren, nicht beeinträchtigt. Ferner erhalten sie Härte,
Klang und Griffigkeit, alles Wertbegriffe, die zur Beurteilung der Papiergüte dienen.
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Obwohl die Eiweißstoffe des Tierleims als hochmolekulare Hydrokolloide
eine gewisse Affinität zur hydratisierten Faseroberfläche haben, wird der Leim ohne
die Mitverwendung von Fällungsmitteln nur zu einem kleinen Teil von den Papierfasern
adsorbiert. Bei der tierischen Leimung muß der Leim daher ebenso wie bei der Harzleimung
mit Hilfe von Fällungsmitteln auf die Papierfasern niedergeschlagen werden. Das
für die Harzleimung übliche Fällungsmittel, das Aluminiumsulfat, hat für sich allein
bei Tierleim keine Wirkung. Auf der Suche nach Fällungsmitteln für Tierleim und
andere Eiweißstoffe fand man gewisse natürliche Polysaccharide, wie isländisches
Moos oder Karageen. Durch dieses Polysaccharid wird Tierleim in Gegenwart von Aluminiumsulfat
ausgefällt.
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Wegen Verfahrensschwierigkeiten, insbesondere wegen der häufig im
isländischen Moos enthaltenen Verunreinigungen, die jeweils von der heiß bereiteten
viskosen Lösung abgesiebt werden müssen, hat sich isländisches Moos als Fällungshilfsmittel
nicht allgemein durchgesetzt. Als Ersatz führten sich die billigen, leicht zu handhabenden
Kondensationsprodukte aus Phenol- oder Naphthalinsulfonsäuren und Formaldehyd ein.
Mit diesen Produkten kann Tierleim ebenfalls in Gegenwart von Aluminiumsulfat ausgefällt
werden.
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Die genannten Kondensationsprodukte haben neben vielen Vorzügen indessen
den Nachteil, daß sie nicht lichtecht sind; daher vergilben die damit hergestellten
Papiere allmählich bei Belichtung. Ferner können sie bei Berührung mit eisenhaltigen
Substanzen dunkelgefärbte Eisensalze bilden. Da aber die Eiweißleimung gerade zur
Herstellung hochwertiger Papiere aus gebleichten Zellstoffen angewendet wird, muß
man hierbei zwangläufig besonderen Wert auf einen unverminderten Weißgrad sowie
auf eine möglichst hohe Lichtechtheit legen. Es ist erwünscht, daß der Weißgrad
des als Rohstoff benutzten gebleichten Zellstoffes weder bei der Fabrikation noch
während des Gebrauchs des fertigen Papiers beinträehtigt wird.
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Es wurde nun gefunden, daß Polyvinylsulfonsäure oder deren Salze besonders
vorteilhafte Fällungsmittel bei der Leimung von Papier mit Gelatine oder Tierleim
sind. Diese polymeren Substanzen sind für sich allein ebensowenig Fällungsmittel
für Tierleim wie die bereits genannten Stoffe. In Gegenwart von Aluminiumsulfat
wird jedoch Eiweiß von Polyvinylsulfonsäure oder deren Salzen rasch und vollständig
in feinsten Flocken niedergeschlagen. Diese Flocken werden sehr gut im Papierstoff
zurückgehalten, so daß der zugesetzte Tierleim vollständig ausgenutzt wird.
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Die Gegenwart von Harzleim beeinträchtigt die Wirkung der Polyvinylsulfonsäure
nicht; man erhält vielmehr die besten Ergebnisse, wenn man Tierleim und Harzleim
gemeinsam verwendet. Obwohl die Vorteile dieser Erfindung besonders deutlich werden,
wenn man die Polyvinylsulfonsäure und/oder ihre Salze an Stelle von Karageen oder
den genannten Formaldehydkondensationsprodukten verwendet, liegt auch die zusätzliche
Verwendung solcher als Fällungsmittel schon bekannter Stoffe im Rahmen dieser Erfindung.
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Die Polyvinylsulfonsäure wird zweckmäßig in Form ihres Natriumsalzes
verwendet, da dieses in kaltem Wasser gut löslich ist. Nieder- und hochmolekulare
Polymerisate sind gleich gut zu verwenden; es konnte keine Abhängigkeit vom K-Wert
festgestellt werden. Die Polyvinylsulfonsäure und deren Salze wirken fällend auf
jede Art von Gelatine, Haut- und Knochenleim. Auch partiell abgebaute und modifizierte
Tierleime anionischer und kotionischer Natur werden mit den erfindungsgemäßen Fällungsmitteln
niedergeschlagen. Die Fällungen, die im Augenblick des Entstehens feinverteilte
Kolloide sind, sind in diesem Zustand längere Zeit stabil, wodurch
die
gleichmäßige Verteilung in der Fasersuspension sehr gefördert wird. Erst beim kräftigen
Schütteln flocken die Kolloide quantitativ aus, wobei das Wasser klar wird. Die
Vollständigkeit der Fällung ist an eine gewisse Mindestkonzentration von Aluminiumsulfat,
welches in der Regel zuletzt zugegeben wird, gebunden. Unter den bei der Papierfabrikation
üblichen Bedingungen hat es sich ergeben, daß so viel Aluminiumsulfat verwendet
werden muß, bis der pH-Wert etwa in dem Bereich 5 bis 4,5 liegt. Darüber hinaus
kann der pH-Wert ohne nachteilige Folgen für die Papierleimung weiter erniedrigt
werden.
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Die erforderliche Menge an Polyvinylsulfonsäure oder deren Salzen
ist sehr gering. Unter der Voraussetzung, daß der pH-Wert mit Aluminiumsulfat auf
mindestens 5,0 eingestellt wurde, erreicht man bereits mit 1% Polyvinylsulfonsäure,
bezogen auf die Menge des Tierleims oder der Gelatine, eine vollständige Ausfällung
dieser Eiweißstoffe. Wenn das Eiweiß, etwa durch längeres Stehen in der sauren Lösung,
teilweise abgebaut ist, muß etwas mehr Polyvinylsulfonsäure genommen werden. Im
allgemeinen wird man in dem Bereich von 1 bis 2011/o Polyvinylsulfonsäure oder deren
Salzen, bezogen auf die Menge des Eiweißes, eine gute Leimung erreichen.
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Das Verhältnis von Tierleim zu Harzleim kann im Bereich von
0,5: 1 bis 3: 1 schwanken. Wenn besonders klangharte Papiere erwünscht
sind, kann jedoch der Eiweißanteil weiter gesteigert werden.
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Die unter Verwendung der erfindungsgemäßen Fällungsmittel aus jeglichen
Papierrohstoffen hergestellten geleimten Papiere zeichnen sich durch hohe Tinten-
und Radierfestigkeit aus. Es läßt sich einfacher und störungsfreier arbeiten als
mit isländischem Moos; die Papiere behalten ihren Weißgrad und sind daher wertvoller
als die mit Phenol- oder Naphthalinsulfonsäure-Formaldehyd-Kondensationsprodukten
hergestellte Ware.
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Die in den Beispielen genannten Teile und Prozente sind Gewichtseinheiten.
Beispiel 1 In einen Faserbrei aus 9700 Teilen Wasser und 300 Teilen auf 35° SR (Schopper-Riegler)
ausgemahlenem gebleichtem Sulfitzellstoff wurden 1500 Teile einer l%igen Tierleimlösung
eingetragen und darin gleichmäßig vermischt. Mit dieser Fasersuspension wurden 3
Teile polyvinylsulfonsaures Natrium (K-Wert = 10) vermischt. Danach wurde der pH-Wert
durch Zugabe von 3 Teilen Aluminiumsulfat auf 4,8 eingestellt. Aus der so vorbereiteten
Fasersuspension wurde das Papier in üblicher Weise durch Entwässerung auf einem
Metalldrahtsieb und durch nachträgliches Trocknen hergestellt. Der Leimungsgrad
des Papiers beträgt nach der Tintenschwimmprobe bei 20° C das Fünffache als bei
einem Papier, das unter sonst gleichen Bedingungen mit 3 Teilen Karageen hergestellt
wurde. Beispiel 2 Eine l%ige Fasersuspension aus auf 40° SR gemahlenem gebleichtem
Sulfitzellstoff wurde nacheinander mit 2% Gelatine (Stickstoffgehalt 14,80/0) und
0,02"/o polyvinylsulfonsaurem Natrium (K-Wert =15) vermischt. Danach wurde die Suspension
in drei Teile geteilt und mit den in der folgenden Tabelle angegebenen Aluminiumsulfatmengen
versetzt; dabei stellten sich verschiedene pH-Werte ein. Die Ausbeute, d. h. der
Prozentsatz der auf die Papierfasern niedergeschlagenen Eiweißstoffe, wurde auf
Grund des Stickstoffgehaltes im Papier errechnet.
Zusatz Stickstoff Ausbeute |
an Aluminium- pg-Wert im Papier an Gelatine |
Sulfat |
°/o °l11 oio |
0,3 5,45 0,10 33,8 |
0,6 4,85 0,28 94,5 |
0,9 4,60 0,27 91,5 |
Beispiel 3 Es wurden Papiere aus gebleichtem Sulfitzellsto$ (40° SR) unter Zusatz
von 5% Tierleim, 111/o polyvinylsulfonsaurem Natrium (K-Wert = 50) bzw. 1% des Natriumsalzes
eines Formaldehyd-Naphthalinsulfonsäure-Kondensationsproduktes und 1% Aluminiumsulfat
bei pH 4,85 hergestellt. Ein Vergleichspapier wurde ohne jeden Zusatz unter den
sonst gleichen Bedingungen gefertigt. Bei Belichtung durch Tageslicht ergaben sich
die folgenden Weißgrade unter dem Zeiß-Elrepho-Photometer bei 457 ml, Wellenlänge:
Weißwerte von Papieren, hergestellt |
Belichtungs- mit |
lauer ohne mit Formaldehyd- |
Zusätze |
Polyvinyl- kondensations- |
Tage I sulfonsäure produkt |
I |
0 87,9 87,5 81,5 |
10 87,8 87,3 79,2 |
20 87,5 86,9 76,7 |
30 87,1 86,5 75,2 |
50 86,2 85,8 74,2 |
Das mit dem erfindungsgemäßen Zusatz hergestellte Papier zeigt gegenüber dem ungeleimten
Vergleichspapier nur eine geringe Abweichung im Weißgrad, während der Weißgrad des
mit dem Formaldehyd-Naphthalinsulfonsäure-Kondensationsprodukt hergestellten Papiers
stark abgenommen hat Beispiel 4 Ein Papier, hergestellt aus gebleichtem Sulfitzellstoff,
1% Tierleim, 0,1% polyvinylsulfonsaurem Natrium, 1% Harzleim und 2% Aluminiumsulfat
(entsprechend einem pH-Wert von 4,7) wurde hinsichtlich des Leimungsgrades mit einem
Papier, hergestellt aus gebleichtem Sulfitzellstoff, 2% Harz und 2% Aluminiumsulfat,
bei 20° C mit Hilfe der Tintenschwimmprobe verglichen. Während die Vergleichspapiere
nach 15 Minuten einen vollen Tintendurchschlag aufwiesen, war bei dem unter Verwendung
des erfindungsgemäßen Zusatzes geleimten Papier nach 45 Minuten die Tinte an keiner
Stelle durchgeschlagen.
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Beispiel s Ein Papierfaserbrei aus 60 Teilen Holzschliff und 40 Teilen
ungebleichtem Sulfitzellstoff wurde mit 2% Tierleim, 0,2% polyvinylsuifonsaurem
Natrium, 20/9 Harzleim und 3 0/11 Aluminiumsulfat bei pH 4,5 geleimt. Das
Vergleichspapier erhielt lediglich einen
Zusatz von 211/o Harz und
311/o Aluminiumsulfat. Das mit dem erfindungsgemäßen Fällungsmittel geleimte Papier
zeigte nach 120 Minuten Schwimmdauer noch keinen erkennbaren Tintendurchschlag,
während ein solcher beim Vergleichspapier bereits nach 40 Minuten sichtbar wurde.