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Verfahren und Gerät zum automatischen Steuern einer Gefriertrocknung
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum automatischen Steuern einer Gefriertrocknung
für Stoffe, deren Gefüge während des gesamten Trocknungsprozesses chemisch-physikalischen
Umwandlungen unterliegt. Eine solche Umwandlung ist z. B. die Änderung der Lösungsmittelkonzentration.
Nach dem erfindungsgemäßen Verfahren können z. B. natürliche biologische Substanzen,
wie Teile von Geweben lebender Wesen, oder extraktive biologische Substanzen, z.
B. Serum, Hormonen, Vitaminen, oder auch von gewissen anorganischen Stoffen, getrocknet
werden.
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Die meisten bekannten Vorrichtungen zum Gefriertrocknen steuern den
Vorgang auf der Grundlage der Temperaturmessung. Einige von ihnen haben Einrichtungen,
um einen vorbestimmten Verlauf dieser Temperatur während der Behandlung zu erzielen.
Es ist auch bekannt, den Gefriertrocknungsprozeß dadurch zu steuern, daß man die
Vakuumtrocknungskammer in bestimmten Zeitabständen kurz von der Kondensationsvorrichtung
für den Wasserdampf und der Vakuumpumpe trennt und den sich dann in der Kammer einstellenden
Dampfdruck mißt, der der jeweiligen Temperatur des im Trocknungsgut enthaltenen
Eises entspricht. Auch hier handelt es sich also um eine indirekte Temperaturmessung.
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Der Mangel dieser Steuerverfahren besteht darin, daß es nicht möglich
ist, auch unabhängig von der Temperatur die Veränderung der Struktur der Stoffe
während der Behandlung zu überwachen. Man erhält eine Globalanzeige, die es nicht
einmal gestattet, die Temperatur der trockenen Masse von derjenigen der gefrorenen
Masse im Innern jeder Probe zu unterscheiden. Infolge verschiedener chemisch-physikalischer
Erscheinungen reicht aber die Kenntnis der Temperatur für die Bestimmung der Struktur
nicht aus. Auch die außerhalb der Gefriertrocknung zum Steuern von Trocknüngsvorgängen
bekannte Verwendung elektrischer, von der Temperatur oder der Feuchtigkeit des Gutes
abhängiger Größen kann darüber keinen Aufschluß geben.
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Aus diesen Gründen war es bisher vor der Produktionsaufnahme unerläßlich,
mehrere Versuche durchzuführen, um für die jeweils zu behandelnden Stoffe die genauen
Werte zu ermitteln, die durch die Steuereinrichtung einzustellen sind. Diese Werte
müssen außerdem einen sehr großen Sicherheitszuschlag haben, wenn jede Schädigung
der Stoffe vermieden werden soll. Da dann die Behandlungstemperatur wesentlich unter
der optimal zulässigen Temperatur liegt, ist die Sublimationsgeschwindigkeit und
demzufolge die Leistung der Vorrichtung stark reduziert. Wird aber bei einer Temperatur
nahe dem optimalen Wert gearbeitet, so ist die Ausdeute an getrocknetem Gut, das
den Abnahmebedingungen entspricht, sehr gering.
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Es wurde ferner vorgeschlagen, eine mit eutektischer Lösung arbeitende
Kühleinrichtung mit elektrischen Mitteln auf Grund der Erscheinung zu steuern, daß
die eutektische Lösung beim Übergang vom festen in den flüssigen Zustand und umgekehrt
eine Änderung des elektrischen Widerstandes bewirkt, die groß genug ist, um auf
einen Anzeiger oder Regler einzuwirken. Auf beliebige Stoffe der eingangs genannten
Art ist dieses Verfahren nicht anwendbar. Einem anderen Steuerverfahren liegt die
Messung des zwischen den gefrorenen und flüssigen Teilen herrschenden Dampfdrucks
zugrunde. Dieses Verfahren erfordert eine komplizierte Apparatur mit großer Trägheit,
liefert aber auch keine zufriedenstellenden Ergebnisse, denn diese Messung ist nur
der nach dem Gutinnern wandernden Grenzfläche zugänglich zwischen dem schon trockenen
Teil und dem noch gefrorenen Teil des Gutes und gibt keinen Aufschluß über das Innere
des noch gefrorenen Teiles.
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Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur automatischen Steuerung
einer Gefriertrocknung von Stoffen, deren Gefüge in einer Phase oder mehreren
Phasen
des gesamten Trocknungsprozesses, d. h. beim Einfrieren, in gefrorenem Zustand,
bei der Sublimation oder beim Auftauen chemisch-physikalischen Umwandlungen unterliegt.
Diese Umwandlun-(Yen werden erfindungsgemäß durch Änderungen davon abhängiger elektrischer
Größen, insbesondere des Widerstandes oder` des Induktionsvermögens gemessen und
als Steuerimpulse verwendet.
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Eine systematische Untersuchung der Änderunaen dieser elektrischen
Größen bei der Gefriertrocknung von zahlreichen leicht verderblichen Stoffen hat
gezeigt, daß sich während des gesamten Trocknungsprozesses außer der Sublimation
des Eises noch andere chemisch-physikalische Umwandlungen im Gefüge des Trocknungsgutes
vollziehen. Hierzu gehört beispielsweise das Auftreten von Salzlösungen infolge
des Auftauens eutektis,cher Gemische. Die in diesen eutektischen Gemischen vorliegende
hohe Salzkonzentration hat einen sehr schädlichen Einfluß auf biologische Substanzen
mit hohem Molekulargewicht. insbesondere Lipoproteine. Zu diesen Umwandlungen gehört
ferner eine schleichende Umkristallisierung, die auf dem Verschmelzen kleiner Eiskristalle
zu größeren beruht und die zur Folge hat, daß die Struktur des Cytoplasmas und des
Zellkerns völlig auseinandergerissen wird. Die direkte Messung solcher Strukturumwandlungen
in dem der Gefriertrocknung unterworfenen System schließt eine kurzzeitige Überschreitung
kritischer Temperaturen, beispielsweise des Schmelzpunktes eutektischer Gemische,
mit Sicherheit aus.
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Die Änderungen der genannten elektrischen Größen stehen im direkten
Zusammenhang mit den chemisch-physikalischen Umwandlungen der Struktur. Beispielsweise
erreicht der spezifische Widerstand solcher Substanzen nach der Trocknung hohe Werte,
nimmt aber beim Übergang von der vollkommen gefrorenen Struktur zu immer flüssiger
werdenden Strukturen sehr stark ab. Die spezifischen Widerstände liegen bei den
verschiedenen Strukturzuständen der in Frage kommenden Stoffe dicht zusammen. Daher
können in den meisten Fällen die gleichen Steuerbedingungen angewendet werden, ohne
daß man gezwungen ist, neue Versuche durchzuführen, selbst wenn es sich um neue
Substanzen handelt, deren Eigenschaften noch nicht bekannt sind.
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Für die Umsetzung der elektrischen Größen wird dem Trocknungsgut selbst
oder einer den gleichen Bedingungen wie das Trocknungsgut ausgesetzten Probe durch
Einführen von Elektroden ein Strom von konstanter Spannung zugeführt, und die sich
ergebenden Änderungen einer elektrischen Größe werden dann ausgenutzt, um eine Steuervorrichtung
für die Gefriertrocknung zu betätigen. An Stelle einer einzigen Meßzelle, die den
zu behandelnden Stoff enthält, können auch mehrere Meßzellen verwendet werden, aus
deren Anzeigen ein Mittelwert gebildet wird, um die Betriebssicherheit des Gerätes
zu erhöhen. In Fällen, in denen das Gerät mit mehreren selbständigen Böden ausgestattet
ist, kann man auch jeden dieser Böden getrennt durch eine oder mehrere Meßzellen
überwachen, so daß auf den Böden nach Bedarf verschiedene Behandlungen vorgenommen
werden können.
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Die elektrischen Steuerimpulse stellen erfindungsaemäß die zu steuernden
Größen, also insbesondere die Beheizung und Kühlung der Vakuumtrocknungskammer auf
bestimmte Werte oder einen vorher festgelegten Ablauf ein. Abhängig von der Kapazität
der Stoffart und den an den Stoff gestellten Anforderungen kann eine Steuerlinie
eingehalten werden oder ein Steuerbereich zugelassen sein.
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Das neue Steuerverfahren bietet zahlreiche Vorteile bei der Gefriertrocknung,
denn außer einer Verminderung der eingangs geschilderten Nachteile bekannter Verfahren
und Vorrichtungen ermöglicht es eine Erhöhung der Ausbeute und der Leistung, indem
dicht bei der optimalen Temperatur gearbeitet werden kann und trotzdem jede Gefahr
des Schmelzens oder einer Schädigung der behandelten Stoffe praktisch ausgeschlossen
ist.
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Zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens dient ein Gerät
mit regelbarer Heizung und Kühlung. Es ist gekennzeichnet durch mindestens eine
Meßzelle, mit Stoffprobe eine Spannungsquelle. die so stabilisiert ist, daß alle
beim Gefriertrocknen auftretenden Gefügeumwandlungen der Probe genau reproduziert
werden und durch Steuerimpulsübertragungsmittel die Heizung und/oder Kühlung des
Trocknungsgerätes in Abhängigkeit von den Änderungen steuern.
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Damit werden alle Änderungen der gewählten elektrischen Größen, die
sich aus Änderungen der Struktur des Stoffes beim Gefrieren, Auftauen und während
der Sublimation ergeben, genau reproduziert, auch wenn die Temperatur praktisch
konstant bleibt.
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Die durch die Zellen gelieferten Anzeigen gestatten einerseits eine
genaue Überwachung des sich in dem Stoff abspielenden Vorganges und andererseits
ein völlig automatisches Arbeiten des Gerätes durch Einhalten des gewünschten Wertes
des spezifischen Widerstandes oder des spezifischen Induktionsvermögens. Dieses
Einhalten kann zur Folge haben, daß ein vorher festgelegter Ablauf der Steuergröße
oder auch eine Änderungskurve erzielt wird, die gleichzeitig aus den vorbestimmten
Bedingungen und den von der Meßvorrichung während des Betriebes gelieferten Anzeigen
resultiert.
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An Hand der Zeichnung und der Beispiele werden das beanspruchte Verfahren
und das dazugehörige Gerät näher erläutert.
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F i g. 1 zeigt ein Prinzipschema des gesamten Gerätes zur Durchführung
einer Gefriertrocknung mit steuerbarer Heizung und Kühlung.
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F i g. 2 zeigt eine mögliche Ausführungsform einer Meßzelle im senkrechten
Schnitt. Nach F i g. 1 steht auf dem Boden 2 der Trocknungskammer 1 eine Meßzelle
3 mit Elektroden, die in eine Probe 4 des . zu behandelnden Stoffes eintauchen.
Die Zelle 3 ist durch die Leiter 6 und 7 mit einer Quelle 5 für stetigen Gleichstrom
verbunden. In den so gebildeten Stromkreis sind ein in Reihe geschalteter Schutzwiderstand
8, ein Meßgerät 9 und ein Registrierer 10
für den spezifischen
Widerstand sowie ein Fühler 11
eingebaut. Die Änderung des spezifischen Widerstandes
der Stoffprobe während des Betriebes ruft eine Änderung der Spannung hervor, die
über den Fühler Il auf die Programmsteuerung 12 einwirkt, die in Abhängigkeit
von den erhaltenen Anzeigen und ihren Eigencharakteristiken das Schaltgerät 13 und
demzufolge die Heizung 14 und/oder die Kühlung 15 betätigen kann.
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Die dargestellte Meßzelle besteht aus einer Glasflasche
16 mit flachem Boden 17 und läuft oben in einen engen zylindrischen Hals
18 aus. Zwei parallele
Platindrähte 19 und 20 sind über die Schweißstellen
21 und 22 durch die Wände geführt. Am unteren Ende berühren diese Drähte den Boden
17 der Flasche 16. Am oberen Ende sind sie mit zwei Leitern 23 und 24 verbunden,
die gut isoliert und an die Leitungen 6 und 7 des Meßkreises angeschlossen sind.
Eine Isolierkappe 25 schützt den Austritt der Drähte, und eine Dichtung 26 hält
die Kappe in ihrer Lage.
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Die Arbeitsweise des Gerätes ergibt sich ohne weiteres aus den beiden
folgenden Beispielen. Im ersten Falle wird mit konstantem spezifischem Widerstand
und im zweiten Fall mit vorher eingestelltem bestimmtem Ablauf des spezifischen
Widerstandes gearbeitet.
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Beispiel l Die Meßzelle, die die Stoffprobe enthält, steht auf dem
Boden des Gerätes, das zur Erzeugung des Vakuums z. B. an eine zweistufige Flügelpumpe,
in Verbindung mit einer Diffusionspumpe angeschlossen ist. Die Sublimation des Eises
kann stattfinden, und die Steuervorrichtung tritt in Funktion, gleichgültig, ob
der Stoff vorher eingefroren wurde oder das Gefrieren durch Evakuieren nach Erreichen
eines genügenden Vakuums zwischen 10-2 und 10-4 mm Hg bei den allgemein angewendeten
Temperaturen stattfindet. Um eine annehmbare Sublimationsgeschwindigkeit zu ermöglichen,
wird die Zufuhr der notwendigen Wärme automatisch durch die Steuervorrichtung bewirkt.
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Der hohe spezifische Widerstand der gefrorenen Probe gestattet es
im allgemeinen, bereits von Beginn des Betriebes an das Heizsystem in Gang zu setzen.
Die sich daraus ergebende Temperaturerhöhung hat eine Senkung des spezifischen Widerstandes
zur Folge, durch die wiederum die Heizung abgeschaltet werden kann. Durch die gleichzeitige
Wirkung der Heizung und der auf die Sublimation zurückzuführendem Kühlung wird die
Behandlung so durchgeführt, daß der spezifische Widerstand konstant bleibt. In Fällen,
in denen der Wärmeentzug durch Sublimation weniger stark ist und die Temperatur
trotz des Abschaltens der Heizung steigt, würde die sich daraus ergebende zusätzliche
Senkung des spezifischen Widerstandes automatisch das Kühlsystem (Zirkulation von
Sole oder direkte Verdampfung eines von einem Kompressor kommenden Kühlmediums)
in Gang setzen und damit die gewünschte Temperatursenkung bewirken.
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Die automatische Steuerung des Gerätes ist also sichergestellt, indem
man den spezifischen Widerstand der Probe zwingt, zwischen zwei vorbestimmten, dicht
zusammenliegenden Werten zu bleiben. Hierdurch sind optimale Sicherheitsbedingungen
und maximale Geschwindigkeiten für den Betriebsablauf gewährleistet.
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Zum Schluß der Behandlung, wenn das Produkt fast vollkommen trocken
ist, steigt der spezifische Widerstand stetig. Der Temperaturanstieg ist ebenfalls
stetig, und die Apparatur wird abgeschaltet. wenn eine Temperatursonde klassischer
Art, die in der Probe angeordnet ist, einen Wert anzeigt, der einem vorher gewählten
Grenzwert entspricht. Diese von der Hauptregelvorrichtung unabhängige Temperatursonde
kann gleichzeitig ein akustisches Signal oder ein Lichtsignal betätigen.
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Beispie12 In diesem Fall wird die Behandlung derart vorgenommen, daß
der spezifische Widerstand nicht konstant bleibt, sondern einen vorher an der Programmsteuerung
12 eingestellten Verlauf nimmt. Die Meßzelle 3 überträgt hierbei in jedem Augenblick
über den Fühler 11 den Wert des spezifischen Widerstandes der Probe 4 zur
Programmsteuerung 12, die die Heiz- und Kühlkreise 14 und 15 über das Regelgerät
13 in Abhängigkeit vom Wert und der Richtung, in welcher der gemessene spezifische
Widerstand vom vorher eingestellten Wert abweicht, regelt.